Aktuelles aus den Ländern

Berlin, 27. September 2022

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 09/22

Aktuelles aus den Ländern

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Baden-Württemberg

In einem Berichtsantrag  (Landtags-Drucksache 17/2904) der Abgeordneten Dr. Hans-Ulrich Rülke und Daniel Karrais u. a. (FDP/DVP) wurde die Landesregierung Baden-Württemberg dazu aufgefordert, über „ökonomische und ökologische Potenziale der Kombination von Photovoltaik und Dachbegrünung“ zu berichten. Im Grundsatz könne laut Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg bei einer extensiven Dachbegrünung davon ausgegangen werden, dass eine gute Vereinbarkeit mit Photovoltaikanlagen bestehe. Vorteile der Kombination bestehen insbesondere in der „Doppelnutzung“ der Flächen und den positiven Effekten einer Dachbegrünung für das örtliche Mikroklima. Insbesondere seien die Verdunstungskühlung, Wasserretention und die Erhöhung der Biodiversität zu nennen. Ob und in welchem Umfang durch die kühlende Wirkung der Dachbegrünung Ertragssteigerungen bei der Photovoltaikanlage hervorgerufen werden könnten, hänge von der konkreten Ausgestaltung der Dachbegrünung und vom jeweiligen Vergleichsfall für die Dachgestaltung ab. Grundsätzlich seien Ertragssteigerungen im niedrigen einstelligen Prozentbereich möglich.

Bayern

Ein wohl eher spezifisch bayerisches Thema dürfte die „Photovoltaik im Hopfenanbau“ sein. PV-Anlagen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen werden in Bayern in einigen privatwirtschaftlichen und staatlichen Pilotprojekten erprobt. In Au in der Hallertau wurde nun eine Demonstrationsanlage für PV-Stromerzeugung über Hopfenpflanzen errichtet. Die PV-Module böten dem Hopfen weniger Verdunstung und mehr Schatten. Um die Stabilität der Anlage in sieben Meter Höhe zu sichern, werde man bei der realen Anlage, die im Frühjahr errichtet werden soll, Betonpfeiler rund um das Hopfenfeld einlassen. Eine Rahmenkonstruktion für besonders leichte PV-Röhrenmodule werde darauf lagern. Mit ihrer Hopfenanbaufläche von etwa 20.000 Hektar biete die Hallertau, unter Annahme einer 20-prozentigen Nutzung, ein technisches Potenzial von etwa 2,4 GWp. Auch andere landwirtschaftliche Kulturen in Bayern wie Erdbeeren oder Wein sollen dahingehend geprüft werden, ob die Sonnenstromerzeugung mit der landwirtschaftlichen Nutzung sinnvoll kombinierbar sei (PM 08/2022).

Brandenburg

Brandenburg will bis spätestens 2045 klimaneutral wirtschaften und leben (PM 08/2022). Das Ziel hat die Landesregierung in ihrer gestrigen Sitzung mit zwei wichtigen Beschlüssen untermauert: Zum einen verabschiedete das Kabinett die von Energieminister Jörg Steinbach vorgestellte neue Energiestrategie 2040. Zum anderen beschloss es den von Klimaschutzminister Axel Vogel vorgeschlagenen Pfad mit Zwischen- und Sektorenzielen für den Klimaplan, der derzeit unter breiter Öffentlichkeitsbeteiligung. Insgesamt soll der Stromverbrauch bis 2030 zu 100 Prozent und bis 2040 der Anteil des Wärmeverbrauchs zu 82 Prozent aus erneuerbaren Energien gedeckt werden.

Rheinland-Pfalz

Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität Rheinland-Pfalz informiert in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Lars Rieger (CDU) auf Landtags-Drucksache 18/4023 über den „Sachstand zum Ausbau von Windenergieanlagen“ im Land. Zum Stand 30. Juni 2022 seien insgesamt 1.744 WEA in Rheinland-Pfalz in Betrieb, 231 WEA im Genehmigungsprozess und 65 WEA in der Planungsphase gewesen. Im Jahr 2021 seien 16 WEA in Betrieb genommen und neun WEA stillgelegt worden. Der Genehmigungsprozess für WEA dauere in Rheinland-Pfalz aktuell durchschnittlich circa 28 Monate. In seiner Antwort auf eine Frage zur Flächeninanspruchnahme bei der Windenergie bezieht sich das Ministerium auf eine Publikation des UBA zum Thema „Flächenrucksäcke von Gütern und Dienstleistungen – Teilbericht III“. Darin werde eine durchschnittliche Flächeninanspruchnahme für das Fundament einer WEA von 380 m² (davon 30 m² für den Turmfuß) sowie den Kranstellplatz im Offenland von 1.500 m², im Wald von 1.800 m² und die Zuwegung im Offenland von 1.000 m² und im Wald von 1.500 m² angenommen. Bei der gegebenen Anzahl von WEA, von denen circa 73 Prozent im Offenland und circa 27 Prozent im Wald betrieben werden, ergebe sich demnach für Rheinland-Pfalz eine durch WEA beanspruchte Fläche von rein rechnerisch insgesamt 5,4 km². Dies entspreche etwa 0,027 Prozent der gesamten Landesfläche.

Thomas Schoder - Extrakte

KNE-Podcast: „Wenn zwei sich streiten…“

Berlin, 27. September 2022

KNE-Podcast: „Wenn zwei sich streiten …“

Wie Mediation helfen kann, die naturverträgliche Energiewende zu beschleunigen.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien bringt Veränderungen in Natur, Landschaft und Ökosystemen sowie mitunter auch in der Umgebung der Menschen mit sich. Konflikte bleiben dabei nicht aus. Mediation kann hier ein ausgesprochen wirksames Instrument sein, um diese Auseinandersetzungen und Gesprächsblockaden zwischen den Beteiligten lösen zu helfen.

Wie genau läuft aber eine Mediation ab? Wo kann sie die naturverträgliche Energiewende in Deutschland unterstützen und wo nicht? Und warum dürfen Dritte bei einer Mediation nie dabei sein? Um diese und weitere Fragen rund um Mediation dreht sich alles in dieser Folge von „Naturschutz und Energiewende“, dem KNE-Podcast.

Die Gesprächspartnerinnen von Moderatorin Elke Thiele sind die Mediatorinnen Emanuela Boretzki und Wiebke Heider. Beide sind ausgebildete Mediatorinnen und seit vielen Jahren im Bereich der Vermittlung und Beratung tätig. Seit langem sind sie Mitglieder im KNE-Mediatorinnen-und-Mediatoren-Pool (MuM-Pool) und damit auf die Mediation im Bereich der naturverträglichen Energiewende spezialisiert. Mit ihrer insgesamt jeweils mehr als 280-stündiger Ausbildung und stetigen Fortbildungen sind Boretzki und Heider bestens dafür gerüstet, vor Ort konkrete und qualitativ hochwertige Unterstützung bei der Bearbeitung und Beilegung von Konflikten und der Umsetzung einer naturverträglichen Energiewende zu leisten.

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Der KNE-Podcast

Dialoge – Debatten – Denkanstöße: Der KNE-Podcast beschäftigt sich mit aktuellen Fragen rund um die naturverträgliche Energiewende. Wie können Vogelkollisionen an Windenergieanlagen vermieden werden, wie lassen sich Konflikte beim Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort klären, und was alles muss berücksichtigt werden, damit eine Erneuerbaren-Anlage genehmigt werden kann? Zu diesen und vielen weiteren Fragen kommen unterschiedlichste Expertinnen und Experten im Podcast zu Wort.

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Neue KNE-Publikation: Photovoltaiknutzung auf Gebäuden ausbauen

Berlin, 23. September 2022

Neue KNE-Publikation: Photovoltaiknutzung auf Gebäuden ausbauen

Ein Großteil der Dachflächen in Deutschland wird nach wie vor zur Stromerzeugung aus Solarenergie nicht genutzt. Dabei besteht im Bereich der Dach-Photovoltaik (Dach-PV) ein erhebliches Potenzial hinsichtlich einer Dezentralisierung der Energieversorgung, einer stärkeren Bürgerbeteiligung an der Energiewende sowie einer mittelbaren Schonung von Freiflächen insbesondere im ländlichen Raum, was sich günstig auf Naturschutzbelange auswirkt.

Aus gemeldeten Zahlen geht hervor, dass im Juni 2022 in Deutschland insgesamt rund 2,4 Millionen Photovoltaik-Anlagen auf Dächern und Grundstücken mit einer Leistung von 62,873 Megawatt installiert waren. Die tatsächlichen Zahlen dürften höher liegen, da von einer gewissen Anzahl nicht erfasster Anlagen auszugehen ist. Dies veranschaulicht die enormen Möglichkeiten ohne weiteren Landverbrauch den Energiewende- und Klimazielen näher zu kommen. Wenn man zudem berücksichtig, dass bislang nur zirka fünf Prozent aller Gebäude mit Dach-PV ausgestattet wird, wird das außerordentliche Potenzial deutlich.

Die KNE-Publikation „Photovoltaiknutzung auf Gebäuden ausbauen – Natur- und Landwirtschaftsflächen entlasten“ befasst sich vorrangig mit Anlagen, die entweder auf öffentlichen, betrieblichen oder auf Gebäuden in Privateigentum errichtet und unmittelbar angeschlossen werden.

Mit der Nutzung dieser Dachflächen gehen auch rechtliche Fragen und Verwaltungsrestriktionen einher: Welche Anlagentypen sind unter Dach-PV genau zu verstehen? Was bietet der Förderrahmen des neuen EEG 2023? Aber auch andersherum – welche neuen Konflikte mit dem Naturschutz entstehen durch Dach-PV?

Jene und weitere Aspekte werden in dieser Ausarbeitung skizziert, um Beteiligten und Interessierten einen Überblick zu verschaffen.

Weitere Aktivitäten und Informationen zum Thema Photovoltaik

Fachkontakt
Peer Michaelis
Rechtsreferent
peer.michaelis@naturschutz-energiewende.de

Titelbild: Foto: © anatoliy_gleb – adobe.stock.com

Erste Ergebnisse im Erprobungsvorhaben zu Antikollisionssystemen vielversprechend

Peetzig, 21. September 2022

Erste Ergebnisse im Erprobungsvorhaben zu Antikollisionssystemen vielversprechend

Am 21. September traf sich die projektbegleitende Arbeitsgruppe (PAG) des Erprobungsvorhabens zum vierten Mal. Erstmalig  fand eine physische Sitzung statt. Diese wurde am Erprobungsstandort in Peetzig durchgeführt.

Die Mitglieder aus den Ministerien, Behörden, Planungsgemeinschaften und den Verbänden diskutierten den Stand der Erprobung der kamera- und radarbasierten Detektionssysteme zur Vermeidung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen. Die ersten Ergebnisse zeigen erfreulich viel Flugaktivitäten von Rotmilan und Seeadler sowie von anderen windenergierelevanten Arten am Standort. Die geforderte Zahl an Tracks wurde erreicht. Die Auswertung der Daten wird nach Abschluss der Erprobung vor Ort – also voraussichtlich ab Ende November – beginnen. Die Mitglieder diskutierten die ersten Ergebnisse und bezogen diese auf die geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen seit der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes im Sommer. Vor allem waren dabei Fragen rund um die Abschaltung und den wirtschaftlichen Betrieb relevant.

Zum Erprobungsvorhaben

Am 1. Juni startete das Projekt „Durchführung von Leistungsnachweisen für Detektionssysteme zur Verminderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen in Brandenburg“, welches vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg (MWAE) gefördert wird. Dabei erprobt die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) automatische Vogeldetektionssysteme, die verhindern sollen, dass windenergiesensible Greif- und Großvogelarten mit Windenergieanlagen kollidieren.

Ansprechpartnerin
Karen Thormeyer
karen.thormeyer@naturschutz-energiewende.de

Arbeistgruppe am Forschungsstandort Peetzig
Die Mitglieder der PAG informieren sich über erste Ergebnisse direkt am Erprobungsstandort. Foto: Michael Krieger

Wie leistungsfähig sind Antikollisionssysteme?

Berlin, 21. September 2022

Wie leistungsfähig sind Antikollisionssysteme?

Onlineveranstaltung für Praxisakteure zur neuen KNE-Synopse „Detektionssysteme zur ereignisbezogenen Abschaltung von Windenergienanlagen zum Schutz von tagaktiven Brutvögeln“

Das KNE hat eine aktuelle Systemübersicht „Detektionssysteme zur ereignisbezogenen Abschaltung von Windenergienanlagen zum Schutz von tagaktiven Brutvögeln“ mit den wichtigsten Daten und Kennzahlen zusammengestellt. Die dritte Fortschreibung liefert einen Überblick über die Funktionsweise und den aktuellen Erkenntnisstand über die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Technologien.

Für Interessierte führte das KNE nachfolgend zur Veröffentlichung ein Rückfragekolloquium durch, in dem den Praxisakteuren die Möglichkeit zur vertiefenden Erörterung der Thematik gegeben wurde. Eva Schuster, freiberufliche Gutachterin und vom KNE beauftragte Autorin der Synopse, gab den Teilnehmenden zunächst einen umfassenden Überblick zu der Synopse und ordnete schließlich den aktuellen Wissensstand ein.

Die Teilnehmenden waren an verschiedenen Aspekten interessiert, beispielsweise: Gibt es in Deutschland bereits BImSchG-Genehmigungen, die ein Antikollisionssystem umfassend als Maßnahme akzeptieren? Wie sehen die rechtlichen Rahmenbedingungen aus? Welche begleitenden Maßnahmen zur Erfolgskontrolle gemäß Bundesnaturschutzgesetz wären beim Testbetrieb zu empfehlen? Gibt es schon Systeme die genehmigungsfähig sind?

Zur Perspektive führte Eva Schuster aus, dass die Datenlage und die Datenqualität in den meisten Fällen nicht ausreichend seien, um eine Einordnung aktuell fundiert vornehmen zu können, es habe sich seit 2020 aber viel getan. In den kommenden ein bis zwei Jahren sei zu erwarten, dass mehrere Systeme in der Praxis eingesetzt werden könnten.

Weitere Aktivitäten und Veröffentlichungen zum Thema

Fachkontakt
Dr. Elke Bruns
Leiterin Fachinformation
elke.bruns@naturschutz-energiewende.de

Windenergieanlage mit Rotmilan, © Kara - adobe.stock.com
© Kara - adobe.stock.com

Was ist neu am neuen Bundesnaturschutzgesetz?

Berlin, 20. September 2022

Was ist neu am neuen Bundesnaturschutzgesetz?

Veranstaltung des KNE thematisiert Änderung des BNatSchG zur Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie

Mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG)  sollen die Genehmigungsverfahren für den Ausbau der Windenergie an Land vereinfacht und beschleunigt werden.

Das Vierte Gesetz konkretisiert die Signifikanzprüfung bezüglich der Tötungs- und Verletzungsrisiken ausgewählter Brutvogelarten und trifft Klarstellungen bezüglich Ausnahmegenehmigungen. Daneben treffen die neuen Regelungen Festlegungen zur Inanspruchnahme von Landschaftsschutzgebieten durch die Windenergie an Land, überführt die artenschutzrechtlichen Regelungen zum Repowering von Bundesimmissionsschutz- in das Bundesnaturschutzgesetz und bestimmt, dass nationale Artenhilfsprogramme geschaffen werden.

In (bislang) zwei Online-Veranstaltungen am 15. und 19. September mit insgesamt gut 350 Teilnehmenden stellten Dr. Silke Christiansen und Holger Ohlenburg vom KNE in einem interdisziplinären Vortrag die Neuerungen des geänderten Bundesnaturschutzgesetzes aus rechtlicher und fachlicher Sicht vor. Dabei lag der Fokus auf dem neuen Paragrafen 45b BNatSchG und der dazugehörigen Anlage 1 des Gesetzes zu den Bereichen kollisionsgefährdeter Brutvogelarten und den fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen.

Erste Kommentierungen aus der Praxis von Seiten der Windenergiebranche und der Naturschutzverbände verdeutlichten darüber hinaus, wo in der Praxis Herausforderungen und Risiken in Bezug auf die neue Rechtslage bestehen, wo aber auch mögliche Chancen liegen.

Die Diskussion zeigte: Es gibt noch offene Fragen und weiteren Gesprächsbedarf

Die Teilnehmenden erörterten in kleinen Gruppen individuelle Bedarfe und Sichtweisen. In der abschließenden Runde zeigte sich, dass insgesamt noch viele Fragen bezüglich des neuen Gesetzes zu klären sind. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Regelungen in der Praxis mit Leben gefüllt werden und ob es zu guten Lösungen im Genehmigungsverfahren kommt. Das KNE regt einen frühen Austausch der relevanten Akteure an.

  • Eine weitere Veranstaltung zu dem Thema findet am 13. Okobter statt: zur Anmeldung.

Fachkontakt

Dr. Silke Christiansen
Leiterin Recht
silke.christiansen@naturschutz-energiewende.de
+49 30-7673738-21

Holger Ohlenburg
Referent naturverträgliche Windenergie
holger.ohlenburg@naturschutz-energiewende.de
+49 30-7673738-22

Paragraph, Foto: ©malp - adobe.stock.com
Foto: ©malp - adobe.stock.com

Austausch zur Konfliktvermeidung beim Windenergieausbau

Stralsund, 15. September 2022

Austausch zur Konfliktvermeidung beim Windenergieausbau

Wie wir den Ausbau der Windenergie vor Ort konfliktarm und naturverträglich gestalten können, stand im Mittelpunkt des Austausches der Landesenergieagenturen in Stralsund am 15. und 16. September. KNE-Geschäftsführer Michael Krieger stellte dort Möglichkeiten vor, wie die Rahmenbedingungen für die Konfliktarbeit vor Ort verbessert werden können. Neben den bereits mit einigen Landesenergieagenturen geschlossenen Kooperationen mit dem Kompetenzzentrum, empfiehlt das KNE die ausreichende Ausstattung der Agenturen mit Fonds, um Mediatorinnen und Mediatoren vor Ort einzusetzen. Außerdem wird eine Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Genehmigungsbehörden in wesentlichen Bausteinen der Konflikterkennung und Konfliktarbeit als zielführend empfunden.

Andere Themen des Treffens waren die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Ausbau der Windenergie, der Einsatz von Schwefelhexafluid in Rotorblättern als klimaschädlicher Verbundwerkstoff und die aktuellen Gesetzesinitiativen auf Bundesebene. Das nächste bundesweite Treffen der Landesenergieagenturen wird im Frühjahr 2023 im niederbayerischen Straubing stattfinden.

Das KNE unterstützt bei der Bearbeitung von Konflikten

Als unabhängige und neutrale Einrichtung unterstützt das KNE dabei, bei Konflikten naturverträgliche und gemeinschaftlich getragene Lösungen zu finden. Dabei ist es entscheidend, die Interessen aller Beteiligten gleichermaßen zu berücksichtigen und gemeinsam und auf Augenhöhe Lösungen zu erarbeiten. Bei Bedarf vermittelt das KNE Mediatoren und -Mediatorinnen aus der jeweiligen Region zur Unterstützung der Konfliktlösung vor Ort.

Gruppenfoto AK Windenergie des LEE
Der AK Windenergie beim Fachaustausch im Rathaus Stralsund.

Biodiversitätskrise – unterschätzt?

Berlin, 19. September 2022

KNE-Lesetipp

Biodiversitätskrise – unterschätzt?

Isbell et al. (2022): Expert perspectives on global biodiversity loss and its drivers and impacts on people.

Neben der Klimakrise rückt die rasante Abnahme der lokalen und globalen Artenvielfalt langsam, aber sicher ins öffentliche Bewusstsein. Jüngst äußerte sich der Vize-Präsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermanns, in einem Interview im Guardian dazu: “We are killing species at an unprecedented rate. And killing those species will make our survival less likely. If we can get that concept into people’s minds more broadly, I am sure politicians will have to react to people’s outcry: ‘Well, fix this before you kill us.” [1] Timmermanns stützt sich dabei auf die Zahl von einer Million vom Aussterben bedrohten Arten, aus dem Global Assessment Report 2019 des IPBES (Weltbiodiversitätsrat der Vereinten Nationen).

Welchen Wert hat Artenvielfalt eigentlich, wie schützt man sie?

Sogenannte Entscheider – das meint sowohl politische Amtsträger und Amtsträgerinnen als auch Personen in Führungspositionen in der freien Wirtschaft –  stehen heutzutage oftmals vor einem Informationsdilemma. So gibt es eine Fülle an Informationen und „Experten und Expertinnen“, die den Zustand der Umwelt und insbesondere der Biodiversität vermeintlich darlegen können. Dabei besteht jedoch das große Risiko, dass hierbei auf „eingefahrene“ Mainstream-Ansichten zurückgegriffen wird, die nicht selten im konkreten Fall ineffizient, ineffektiv oder gar gänzlich kontraindiziert sind.

Mit dieser Thematik befasst sich die Studie „Expert perspectives on global biodiversity loss and its drivers and impacts on people im Fachmagazin Frontiers in Ecology and the Environment, die auf Umfragen basiert. Sie zeigt unter anderem auf, dass mehrere klar identifizierbare Schädigungsfaktoren hinsichtlich der Artenvielfalt sich gegenseitig verstärken und, dass Wissenslücken oftmals durch „Fachmeinungen“ gefüllt werden. Hierzu wird die verstärkte Konsultation von Experten und Expertinnen nahegelegt, welche einer sonst unterrepräsentierten Minderheit angehören.

Welche Informationen werden zugrunde gelegt?

Wesentlicher Hinweis der an der Studie Beteiligten vorweg: aufgrund der Komplexität der weltweiten Ökosysteme kann es keine „all-inclusive-Lösungen“ geben. Denn, insbesondere die taxonomischen und geografischen Wissenslücken seien immens. So wurde in den letzten 20 Jahren nur etwa 1 Prozent der bekannten Spezies überhaupt auf das Risiko des Aussterbens hin untersucht – diese fundamentale Unkenntnis an sich sei bereits bemerkenswert. Die befragten Fachleute gingen davon aus, dass im Mittel zirka 30 Prozent aller Spezies seit dem Jahr 1500 (auslaufendes Mittelalter) entweder bereits ausgerottet oder davon bedroht sind. In der Fachwelt bestehe Einigkeit darüber, dass die Artenvielfalt in Zukunft weiter abnehmen werde. Dementsprechend würden die Funktionsweise von Ökosystemen und die für den Menschen lebensnotwendigen sog. „ecosystem services“ (Ökosystemdienstleistungen) erheblich beeinträchtigt. Durch die Befragung von bisher „vernachlässigten“ Perspektiven und wenig betrachteten Lebensräumen, spreche vieles für eine deutliche Negativkorrektur der bisherigen Prognosen. Hervorzuheben sei in diesem Zusammenhang, dass vermehrt weibliche Expertinnen und solche des „globalen Südens“ zu divergierenden Einschätzungen und Erkenntnissen kämen. Ihre Stimmen seien daher besonders wertvoll, um Wissenslücken besser zu schließen.

Weiterhin gehen einige Experten davon aus, dass durch eine gezielte und nachhaltige Steigerung der Bemühungen für einen wirksamen Artenschutz zumindest eine von drei gefährden Arten bis zum Jahr 2100 gerettet werden könnte. Das herkömmliche Schutzprinzip: Ein Schutzgebiet definieren und vorwiegend dort Artenschutz betreiben – hat sich jedoch als nicht wirkungsvoll genug herausgestellt.

Fazit

Die anspruchsvolle Wissenschaftsstudie liefert eine breit zugängliche und qualitativ hochwertige Entscheidungshilfe in Umwelt- und Biodiversitätsfragen. Die Studie ist mit Illustrationen und Darstellungen gut verständlich aufbereitet. Die Botschaft an die Leserschaft: „Wir drehen uns selbst den Hahn ab“ – sehr salopp ausgedrückt. Viele der Kern-Erkenntnisse decken sich mit bisher bekannten Tendenzen, nämlich, dass der Artenschutz in seiner aktuellen Form nur unzureichende Wirkung entfaltet – die Gründe differieren hierbei je nach Region bzw. Lebensraum. Sehr positiv und hilfreich ist die aufgezeigte Förderung einer pluralistischen Expertenkultur. Durch die Anhörung von bisher unterrepräsentierten Experten und Expertinnen könnten die (politischen) Wissenslücken ggf. deutlich wirkungsvoller geschlossen werden. Darüber hinaus dürfte eine inklusive Entscheidungskultur in Umweltfragen tendenziell die Akzeptanz der jeweiligen Strategien stärken. [1] „Wir vernichten Arten in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. Wenn wir diese Arten töten, wird unser Überleben unwahrscheinlicher. Wenn es uns gelingt, dieses Bewusstsein zu schärfen, werden die Politiker sicher auf den Aufschrei der Menschen reagieren müssen: Bringt das in Ordnung, bevor ihr uns umbringt.“

Quelle:  Isbell et al. (2022): Expert perspectives on global biodiversity loss and its drivers and impacts on people. 10 S.

Wilde Wiese, Bild von David Seifert auf Pixabay
Foto: David Seifert auf Pixabay

Neue KNE-Publikation: Fortschreibung der Synopse zu Antikollisionssystemen zur Verminderung von Vogelkollisionen

Berlin, 12. September 2022

Neue KNE-Publikation: Fortschreibung der Synopse zu Antikollisionssystemen zur Verminderung von Vogelkollisionen

Mit der Synopse „Detektionssysteme zur ereignisbezogenen Abschaltung von Windenergieanlagen zum Schutz von tagaktiven Brutvögeln“ stellt das KNE eine aktualisierte Systemübersicht mit den wichtigsten Daten und Kennzahlen zu Antikollisionssystemen vor. Die dritte Fortschreibung der Synopse liefert einen Überblick über die Funktionsweise und den aktuellen Erkenntnisstand über die Leistungsfähigkeit der verschiedenenen Technologien. Bisher bekannte Einschränkungen und geplante Vorhaben zur weiteren Entwicklung und Erprobung sind aufgelistet. Erstmalig werden auch Systeme zur Abschaltung während landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsereignisse aufgenommen.

Die von der Autorin Eva Schuster erstellte Übersicht umfasst eine Auswahl derjenigen Systeme, die nach Einschätzung des KNE das Potenzial besitzen als Schutzmaßnahme eingesetzt zu werden. Die Informationen, insbesondere zur Erfassungsreichweite und Erfassungsrate, bieten Orientierung für die Einschätzung der grundsätzlichen Eignung. Die Angaben in der Synopse stammen von den Systemherstellern und geben Ergebnisse aus veröffentlichten Erprobungsvorhaben wider.

Technische Detektionssysteme zur ereignisbezogenen Abschaltung von Windenergieanlagen, auch Antikollisionssysteme genannt, besitzen das Potenzial, Vogelkollisionen wirkungsvoll zu vermeiden: die Windenergieanlage wird in den Trudelmodus versetzt, wenn sich eine kollisionsgefährdete Vogelart dem Gefahrenbereich einer Anlage nähert. Eine ausreichende Leistungsfähigkeit vorausgesetzt, kann ein Antikollisionssystem dadurch ein rechtlich relevantes Tötungsrisiko senken.

Für interessierte Praxisakteure und Fachbehörden bietet das KNE am 20. September ein Rückfragekolloquium zur Synopse an. Welche Informationen sind der Synopse zu entnehmen? Beziehungsweise, wie ist die Synopse zu lesen und zu interpretieren? Sind neue Systeme gegenüber der Vorgängerversion hinzugekommen? Wo gibt es neue Wissensstände? Welches sind die wesentlichen technischen Neuerungen?

Fachkontakt
Dr. Elke Bruns
Leiterin Fachinformation
elke.bruns@naturschutz-energiewende.de

Erneuerbare Energien „gehen in die Schule“

Berlin, 9. September 2022

Erneuerbare Energien „gehen in die Schule“

Mit der Klimakrise, den erneuerbaren Energien und einer naturverträglichen Energiewende kann man sich nicht früh genug auseinandersetzen. Pünktlich zum Start des neuen Schuljahres haben daher Prof. Barbara Brüning, Burkhart Brüning und KNE-Geschäftsführer Michael Krieger beim Cornelsen-Schulbuchverlag gemeinsam das Themenheft „Erneuerbare Energien im Diskurs“ veröffentlicht.

Das nun vorliegende Heft umfasst Literatur, Beispiele, Übungen und Kopiervorlagen für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe. Es bietet einen generellen Überblick über erneuerbare Energien – von der Windenergieanlage bis zur Gezeitenkraft – und behandelt die verschiedenen ethischen, sozialen, technischen und konfliktären Themen rund um die Energiewende.

Kinder und Jugendliche können unter anderem anhand von Praxisbeispielen die Entstehung von Konflikten beim Ausbau der erneuerbaren Energien – insbesondere mit dem Landschaftsbild und dem Artenschutz – kennenlernen und selbst Lösungen erarbeiten. Der beispielhafte Umgang mit Konflikten orientiert sich am Vorgehen des KNE und dessen Mediatorinnen und Mediatoren.

Aus dem Inhalt

  • Urstoffe als Grundlage erneuerbarer Energien.
  • Was sind erneuerbare (regenerative) Energien?
  • Technische Anwendungen erneuerbarer Energien.
  • Erneuerbare Energien und ethische Fragen.
  • Erneuerbare Energien und Akzeptanz vor Ort.
  • Eine klimaneutrale Schule gestalten.

Weitere Informationen zum Themenheft Erneuerbare Energien im Diskurs

Quelle: Brüning, B.; Brüning, B.; Krieger, M. (2022): Erneuerbare Energien im Diskurs · Mit Projektideen für eine klimanteutrale Schule (2022). Themenhefte Sekundarstufe. Fächerübergreifend · Klasse 7-10. Cornelsen Pädagogik. 80 S.

Diskurs: Nur noch kurz die Welt retten

Im neuen KNE-Jahrbuch K 22 erläutert Autorin Barbara Brüning, wie Bildung von der Kita bis zur Sekundarstufe II das Fundament für das Verständnis von technischer Produktion, effizienter Nutzung und nachhaltigem Verbrauch, von gesellschaftlicher Bedeutung und individueller Verantwortlichkeit legt und umreißt damit eine der bedeutendsten Querschnittsaufgaben unseres Bildungssystems.

Schulunterricht zu erneuerbaren Energien, Foto: © Gorodenkoff – adobe.stock.com
Foto: © Gorodenkoff – adobe.stock.com