Aktuelles aus Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen

Berlin, 27. Januar 2022

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 01/22

Aktuelles aus Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Prognos AG

Die Vereinigung der Bayrischen Wirtschaft e. V. hat von der Prognos AG das „10. Monitoring der Energiewende“ erstellen lassen, das im Januar 2022 veröffentlicht wurde. Die Studie zieht eine Zwischenbilanz zum Stand der Energiewende in Deutschland und Bayern auf der Datenbasis des Jahres 2020. Fazit: „Anspruch und Wirklichkeit fallen bei der Energiewende deutlich auseinander.“ Das Monitoring erfolgt anhand der Bewertung (Ampelschema) ausgewählter Indikatoren: Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Effizienz und erneuerbare Energien sowie Umweltverträglichkeit. Die Versorgungssicherheit in Bayern sei „noch gewährleistet“, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit seien „unzureichend“. Die Klimaziele seien durch die Bayerische Staatsregierung zwar im November 2021 erhöht worden, allerdings habe es schon bei den alten Zielen eine deutliche Zielverfehlung gegeben. Der Verkehr ist der einzige Sektor, dessen CO2-Emissionen seit 1990 nicht signifikant gesunken sind; 98 Prozent der Emissionen waren auf den Straßenverkehr zurückzuführen. Der Bereich Gewerbe/Handel/Dienstleistungen verzeichnet sogar seit 2012 eine deutliche Zunahme der Emissionen. Wichtige Indikatoren der Energiewende verbleiben damit in Deutschland und in Bayern im kritischen und negativen Bereich.

Sachsen

Aus der Antwort des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft vom 16. Dezember 2021 auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Andreas Heinz (CDU) auf Drucksache 7/8175 geht hervor, dass in den vergangenen zehn Jahren im Freistaat Sachsen 92 genehmigungsbedürftige Windenergieanlagen (ab einer Gesamthöhe von 50 Metern) neu errichtet und 40 zurückgebaut wurden (Aufschlüsselung nach Landkreisen). Zehn wurden genehmigt, aber nicht errichtet. 24 Genehmigungen wurden beklagt (Übersicht der beklagten Genehmigungen mit Angabe des Rechtsgebiets und dem aktuellen Stand), sechs Mal auch aus Artenschutzgründen. Aktuell lägen 12 Anträge auf Genehmigung der Errichtung von Windenergieanlagen vor sowie fünf Anträge auf sogenanntes Repowering.

Baden-Württemberg

Die baden-württembergische Landesregierung möchte in den nächsten Jahren die Agri-Photovoltaik als flächeneffiziente Landnutzungsform fest etablieren. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die beiden zuständigen Ministerien für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft sowie Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz bis 2024 fünf Pilotanlagen zur Agri-PV in Baden-Württemberg mit rund 2,5 Millionen Euro fördern. Das teilten Umweltministerin Thekla Walker und Landwirtschaftsminister Peter Hauk gemeinsam mit: „Die neue Technologie bietet tolle Möglichkeiten, weil sich mit ihr gleichzeitig Sonne und Obst ernten lassen.“ Mit dem Bau und der Analyse der Pilotanlagen sollen Potenziale und Schwierigkeiten der Agri-PV identifiziert und die Entwicklung der innovativen Technologie landesweit vorangetrieben werden. Die fünf Demonstrationsanlagen mit einem Schwerpunkt auf Kernobst- und Beerenbau sollen eine geplante Gesamtleistung von mindestens 1.650 Kilowatt peak (kWp) erreichen und in Ravensburg, Weinsberg, Karlsruhe, Kressbronn und Nußbach errichtet werden. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE wird das Projekt leiten und zusammen mit der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl realisieren (PM 01/2022).

Bayern

In der Gemeinde Fuchstal (Landkreis Landsberg) erprobt ein Forschungsprojekt ab Frühjahr 2022 an einem Waldstandort ein kamerabasiertes Abschaltsystem zum Vogelschutz. Das Forschungsvorhaben soll zeigen, welche Kriterien kamerabasierte Kollisionsvermeidungssysteme erfüllen müssen, damit sie in Genehmigungsverfahren als technische Vermeidungsmaßnahmen an konfliktreichen Standorten Anerkennung finden können. Die Ergebnisse können sich (positiv) auf die Genehmigungspraxis in Bayern auswirken. Im südlichen Waldgebiet der Gemeinde Fuchstal wird zunächst eine Untersuchung mit zwei Kamerasystemen zu Beginn der Brutsaison 2022 starten. Bis zum Bau der drei Windenergieanlagen und deren tatsächlichen Inbetriebnahme im Herbst 2023 simuliert eine virtuelle Anlage die vogelbedingte Abschaltung der Rotoren. Mit ersten Forschungsergebnissen aus dieser Projektphase wird ab Ende 2022 gerechnet. Nach der Errichtung der Windenergieanlagen wird das Kamerasystem dann im Realbetrieb bis ins Jahr 2026 getestet. Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende arbeitet in der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe (PAG) mit (PM 12/2021).

Mit Solarparks einen Beitrag zum Artenschutz leisten

Berlin, 26. Januar 2022

Mit Solarparks einen Beitrag zum Artenschutz leisten

Neue KNE-Broschüre „Wie Sie den Artenschutz in Solarparks optimieren“ für kommunale Akteure

Mit einer beschleunigten Energiewende wird der Bau von Solarparks im ländlichen Raum weiter zunehmen. Werden die Solarparks naturverträglich gestaltet, leisten sie einen wertvollen Beitrag zum Natur- und Artenschutz und sichern der Kommune eine klimaneutrale und zukunftssichere Energieversorgung.

„Mit den neuen Ausbauzielen der neuen Bundesregierung für Photovoltaik mit 200 Gigawatt bis zum Jahr 2030 geht eine Verdreifachung der installierten Leistung gegenüber 2020 einher. Das bedeutet, dass es einen enormen Zubau an Photovoltaikanlagen, insbesondere im ländlichen Raum geben wird – eine große Herausforderung für viele Kommunen. Aber auch eine Chance. Denn die Kommunen verfügen über viele Möglichkeiten, eine naturverträgliche Gestaltung von Solarparks zu fördern. In unserer neuen Broschüre geben wir praktische Hinweise, wie sie bereits bei der Planung und Genehmigung darauf hinwirken können, dass mit dem Bau der Anlage auch ein Beitrag zur biologischen Vielfalt geleistet wird,“ betont KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke.

Die Broschüre zeigt zunächst die Artenschutz-Potenziale von Solarparks auf. Mit einem guten naturschutzfachlichen Entwicklungskonzept können die zuvor häufig intensiv genutzten oder versiegelten Flächen ökologisch erheblich aufgewertet werden. Hinweise zur Standortwahl sollen dabei helfen, möglichst konfliktarme Flächen zu finden und geeignete Standorte zu identifizieren. Wie und mit welchen Instrumenten bereits im Bebauungsplanverfahren der Naturschutz mitgedacht werden kann, darüber gibt ein weiteres Kapitel Auskunft.

Die Broschüre gibt außerdem Hinweise, was die Kommunen, über die obligatorischen Ausgleichsmaßnahmen hinaus, tun bzw. mit dem Projektierer vereinbaren können, damit sich die Situation von Flora und Fauna in und um einen Solarpark deutlich verbessert und wertvolle, störungsarme Lebensräume entstehen.

In einer digitalen Begleitveranstaltung für kommunale Akteure informieren wir am 10. Februar 2022 über Anliegen und Inhalt der Broschüre und bieten die Gelegenheit zum Nachfragen und Gedankenaustausch. Programm und Anmeldung.

Weitere Aktivitäten und Informationen zum Thema Photovoltaik

Fachkontakt
Dr. Elke Bruns
Leiterin Fachinformation
030 – 7673738-20
elke.bruns@naturschutz-energiewende.de

Photovoltaik und Landwirtschaft – Chance und Herausforderung für Kommunen

Berlin, 24. Januar 2022

Photovoltaik und Landwirtschaft – Chance und Herausforderung für Kommunen

Im Rahmen des digitalen Workshops „Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen – kommunale Handlungsoptionen“ des kommunalpolitischen forums Land Brandenburg e. V. tauschten sich rund 100 Teilnehmende aus Politik, Verwaltung und Landwirtschaft zu den künftigen Herausforderungen im Bereich des Ausbaus der Freiflächen-Photovoltaik aus.

Natalie Arnold, Referentin für naturverträgliche Solarenergie im KNE, informierte in diesem Rahmen über die Kriterien für eine naturverträgliche Standortwahl und Gestaltung sowie über Handlungsoptionen und Steuerungsinstrumente der Kommunen. Grundsätzlich sprach sie sich dafür aus, dass die Gemeinden sich aktiv Gedanken über die Standortwahl machen und nicht auf Anfragen von Landeigentümern und Projektierern warten sollten. Auch auf die Quantität und Qualität der Verminderungs- und Ausgleichsmaßnahmen hinsichtlich des Eingriff in Natur und Landschaft könnten die Kommunen gut Einfluss nehmen. Schließlich betonte Arnold noch die Chancen und die vielfältigen Möglichkeiten der Kommunen bei einer naturverträglichen Gestaltung etwas für den Artenschutz und – bei entsprechender Planung – den Landschaftsschutz vor Ort zu tun.

Die Teilnehmenden diskutierten insgesamt die unterschiedlichen Fragestellungen unter Berücksichtigung der Situation in Brandenburg. Insbesondere potenzielle Konflikte mit der Landwirtschaft standen dabei im Fokus.

Hintergrund

Nach den Plänen der Koalition sollen bis zum Jahr 2030 rund 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen. Das bedeutet, dass es einen Ausbauboom auch an Photovoltaikanlagen, insbesondere im ländlichen Raum auf den Freiflächen geben wird. Seit 2015 dürfen Photovoltaik-Freiflächenanlagen nicht nur beispielsweise auf Konversionsflächen, Randstreifen von Autobahnen gebaut werden, sondern auch auf Ackerflächen in benachteiligten Gebieten. In Brandenburg gelten rund 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen seit 2018 als benachteiligt. Dies hat einen Ansturm von Investoren auf diese Flächen ausgelöst. Für die Kommunen, die hier die Planungshoheit haben, ist es eine große Herausforderung.

Weitere Aktivitäten und Informationen zum Thema Photovoltaik

Fachkontakt
Natalie Arnold
Referentin naturverträgliche Solarenergie
natalie.arnold@naturschutz-energiewende.de
030-7673738-26

Landwirtschaft und Photovoltaik, Foto: © Jeson – adobe.stock.com
Foto: © Jeson – adobe.stock.com

Das KNE beim dritten Leipziger Windrechtsforum

Berlin, 21. Januar 2022

Das KNE beim dritten Leipziger Windrechtsforum

Das 3. Leipziger Windrechtsforum fällt in eine Zeit des klimapolitischen Aufbruchs. Angestoßen durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz im März 2021 und vorangetrieben durch die Pläne der neuen Bundesregierung, sind in diesem Jahr bedeutende Impulse für die Energiewende zu erwarten. Gleichzeitig muss der forcierte Ausbau der erneuerbaren Energien naturverträglich gestaltet werden.

Ein von den Bundesländern in den Planungs- und Genehmigungsverfahren zunehmend eingesetztes Instrument zur Auslegung des Artenschutzrechts stellen Dichtezentren für windenergiesensible und reviertreue Arten dar. Bereits im vergangenen Jahr hat das KNE rechtliche wie fachliche Forschungsergebnisse zu Dichtezentren sowie eine rechtliche Einordnung eines Ansatzes für mehr Artenschutz erarbeitet.

Im Rahmen der zweitägigen Veranstaltung befasste sich Bernd Wittenbrink, Rechtsreferent im KNE, in einem Vortrag mit der Frage, ob sich Dichtezentren rechtlich wie fachlich dazu eignen, sowohl den Artenschutz zu fördern als auch mehr Windenergie zuzulassen. So stellen Dichtezentren Gebiete dar, in denen Populationen windenergiesensibler und reviertreuer Vogelarten eine hohe Siedlungsdichte aufweisen. Zur Bestandssicherung dieser Vogelarten sollen die Dichtezentren von Windenergieanlagen möglichst freigehalten werden. Im Gegenzug besteht teilweise die Aussicht, dass sich die Windenergieanlagen außerhalb der Dichtezentren im Rahmen von Ausnahmegenehmigungen sowie in ausgewiesenen Konzentrationszonen leichter durchsetzen können.

Wittenbrink zufolge dienen Dichtezentren in erster Linie dem bestandserhaltenden Artenschutz, jedoch könne auch der Ausbau der Windenergie profitieren. Dafür seien die Regelungen für Dichtezentren in ihrer fachlichen Belastbarkeit und Rechtssicherheit weiterzuentwickeln.

KNE-Publikationen zum Thema

Das KNE im Press Briefing des Science Media Center

Berlin, 17. Januar 2022

Das KNE im Press Briefing des Science Media Center

Dr. Elke Bruns zu Artenschutz und Windenergie

Die Bundesregierung will zwei Prozent der Landesfläche Deutschlands für Windenergie ausweisen, doch aus verschiedenen Gründen geht der Ausbau nur schleppend voran. Aus aktuellem Anlass hat sich das Science Media Center Germany (SMC) daher mit der Frage „Was bedeutet der Windkraftausbau für den Artenschutz?“ befasst und dazu mit Expertinnen und Experten diskutiert – eingeladen war auch Dr. Elke Bruns, Leiterin der KNE-Fachinformation.

Sie betonte in Ihrem Statement: „Die Vermeidung von Kollisionsrisiken durch räumliche Steuerung, sorgfältige Standortwahl und Schutzmaßnahmen vor Ort müssen auch im Rahmen des verstärkten Windenergieausbaus einen hohen Stellenwert haben, wenn das Schutzniveau nicht abgesenkt werden soll.“

Weitere Teilnehmende der Expertinnen- und Expertenrunde

Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese (Direktorin Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung), Thorsten Müller (Wissenschaftlicher Leiter, Stiftung Umweltenergierecht) und Dr. Christian Voigt (Abteilungsleiter Evolutionäre Ökologie, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung).

Windenergieanlagen im Sonnenuntergang

KNE-Interview im klimareporter° zu Artenschutz und Windenergieausbau

Berlin, 13. Januar 2022

Erfolgreicher Artenschutz und Windenergieausbau können gleichzeitig gelingen

KNE-Interview im klimareporter°

In einem zweiteiligen Interview widmen sich Dr. Silke Christiansen, Leiterin der Rechtsabteilung, und Holger Ohlenburg, Referent naturverträgliche Windenergie, im klimareporter° dem Thema Artenschutz und Windenergieausbau.

Die neue Bundesregierung hält an dem Ziel fest, den Flächenanteil für die Windenergie zwei Prozent zu erhöhen. Der Artenschutz gilt vielen dabei als das Haupthindernis.

Im Interview mit Jörge Staude erläutern Christiansen und Ohlenburg, dass das Spektrum an bestehenden Restriktionen und Hindernissen breit sei. Der Artenschutz sei dabei ein Restriktionsfaktor, auch wenn er nicht das Haupthindernis für den Windenergieausbau ist. An Lösungen müsse parallel auf verschiedenen Ebenen gearbeitet werden – auf der Ebene der Flächenbereitstellung, und auch bei der artenschutzrechtlichen Prüfung in der Genehmigung. Das KNE begrüßt in dem Zusammenhang die geplante Auflegung eines nationalen Artenhilfsprogramms für besonders von den erneuerbaren Energien betroffenen Arten. Fragen der Umsetzung und Einbindung in das Zulassungsverfahren seien dabei dringend zu klären.

Lesen Sie hier das ausführliche Interview!

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Foto: Anke Ortmann