Die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur

Berlin, 25. Juli 2023

Die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur

Extrakte aus der EU 07/23

Mit einer knappen Mehrheit hat das EU-Parlament am 12. Juli 2023 seinen Standpunkt zum Gesetz zur Wiederherstellung der Natur angenommen (336 Ja-Stimmen, 300 Gegenstimmen und 13 Enthaltungen). Nach der Annahme des Standpunktes ist das Europäische Parlament nun bereit, Verhandlungen mit dem Rat der Europäischen Union über die endgültige Form der Rechtsvorschriften aufzunehmen.

Zum Hintergrund der Verordnung: Die Biodiversität in Europa nimmt trotz vielfältiger Bemühungen der Mitgliedstaaten stetig ab und zeigt in weiten Teilen Europas eine zunehmend negative Entwicklung. Über 80 Prozent der geschützten Lebensräume und Arten weisen aufgrund anhaltender Belastungen durch Veränderungen in der Land- und Meeresnutzung, durch Übernutzung und durch nicht nachhaltige Bewirtschaftungspraktiken einen schlechten oder bedenklichen Zustand auf (vgl. EEA Report No 10/2020). Die Verbesserung des Zustands der Ökosysteme ist unerlässlich, um dem Biodiversitätsverlust Einhalt zu gebieten, um unverzichtbare Ökosystemleistungen zu sichern, die für das Wohlergehen der Menschen notwendig sind, und um den Klimaschutz sowie die Anpassung an den Klimawandel zu fördern.

Wiederherstellungsziele

Der ursprüngliche Verordnungsentwurf der EU-Kommission vom 22. Juni 2022 legt ergänzend zu geltenden Rechtsinstrumenten (u. a. Vogelschutz- und Habitatrichtlinie, Wasserrahmenrichtlinie) verbindliche Wiederherstellungsziele und -verpflichtungen für ein breites Spektrum an Ökosystemen fest. Für Land-, Küsten- und Süßwasserökosysteme und Meeresökosysteme (Artikel 5) sind quantitative und qualitative Wiederherstellungsziele (Artikel 4 und 5) formuliert. In städtischen Ökosystemen wird angestrebt, einen Nettozuwachs an städtischen Grünflächen und Baumüberschirmungen zu erreichen (Artikel 6). Für Flusslebensräume und -ökosysteme ist die Vernetzung von Flüssen und die Wiederherstellung von Überschwemmungsflächen zu fördern (Artikel 7).  Ziel ist es, den Rückgang der Bestäuberpopulation bis 2030 umzukehren und anschließend einen positiven Trend zu erreichen (Artikel 8). In Agrarökosystemen sollen die biologische Vielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen erhöht und entwässerte Moorflächen wiedervernässt werden. Für Waldökosysteme wird angestrebt, die biologische Vielfalt zu steigern und eine positive Entwicklung des Zustands der Wälder zu erreichen (Artikel 10). Die Regelungen enthalten konkrete Vorgaben, was die Mitgliedstaaten bis zu welchem Zeitpunkt erreichen müssen. Zusammengenommen sollten sich diese Maßnahmen zur Wiederherstellung der Natur bis 2030 auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresgebiete der EU und bis 2050 auf alle Ökosysteme erstrecken, bei denen eine Wiederherstellung erforderlich ist.

Der Kommissionsvorschlag wurde vom Europäischen Parlament allerdings deutlich abgeschwächt. Unter anderem verwarf das Parlament in seiner Position den vorgeschlagenen Artikel über die Wiederherstellung landwirtschaftlicher Flächen, der auch die Wiederherstellung von Torfmooren einschließt, wodurch ein wesentlicher Hebel, um dem Verlust der Biodiversität entgegenzuwirken, entfällt. Das Weiteren wurde ein Änderungsantrag angenommen, der die Umsetzung des Gesetzes verzögern würde, bis eine Bewertung des Gesetzes zur europäischen Ernährungssicherheit durchgeführt wurde.

Dennoch unterstrichen die EU-Abgeordneten mit der Annahme des Standpunktes, dass sie die Wiederherstellung der Ökosysteme als den Schlüssel zur Bekämpfung des Klimawandels und des Verlusts der biologischen Vielfalt betrachten (PM EU-Parlament 07/2023). Es wurde zudem betont, dass der Gesetzentwurf weder die Schaffung neuer Schutzgebiete in der EU vorschreibe, noch den Ausbau erneuerbarer Energien behindere, da ein neuer Artikel hinzugefügt worden sei, in dem betont werde, dass solche Anlagen im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen. Nach den Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union wird sich zeigen, was vom ursprünglichen Entwurf der EU-Kommission letztendlich übrig bleiben wird.

Ab sofort informiert das KNE zu europarechtlichen Regelungen!

Europarechtliche Regelungen werden zunehmend wichtiger – auch  für die naturverträgliche Energiewende in Deutschland. Das KNE beschäftigt sich aufgrund der aktuellen Entwicklungen vertieft mit der Politik der EU-Institutionen. An dieser Stelle werden wir regelmäßig über die für die Akteure des Naturschutzes und der Energiewende relevanten Entscheidungen und Prozesse informieren. Wir starten daher mit der Ausgabe 07/23.

Fachkontakt
Thomas Schoder
Mitarbeiter Politikmonitoring
thomas.schoder@naturschutz-energiewende.de

Illustration: EU-Sterne auf blauem Grund

KNE-Podcast: Stark wie ein Baum – was schützt den Baum, wenn er Dach-PV verschattet?

Berlin, 24. Juli 2023

KNE-Podcast: Stark wie ein Baum – was schützt den Baum, wenn er Dach-PV verschattet?

Im Sommer produzieren Dach-Photovoltaik-Anlagen (Dach-PV) mehr als zwei Drittel des jährlichen Ertrags. Das KNE erreichen zunehmend Berichte von Kommunen, dass Immobilienbesitzende Baumfällungen beantragen, da diese geplante PV-Anlagen beschatten würden. Das führt zu der Frage: Müssen Fällgenehmigungen grundsätzlich erteilt werden, obwohl Bäume positive und wichtige Funktionen, insbesondere in der Stadt, erfüllen?

In unserer neuen Episode von „Naturschutz und Energiewende“ ist Moderator Dr. Torsten Raynal-Ehrke dazu im Gespräch mit Dr. Silke Christiansen, Leiterin der Rechtsabteilung im KNE. Sie erörtern, welche Konflikte es mit dem Baumschutz bei der Umsetzung von Dach-PV geben kann und wie diese gelöst werden können.

Welche Naturschutzregelungen sind hier betroffen? Welche „Rechte“ hat der Baum und wann darf er gefällt werden? Wie können Behörden und Kommunen mit Konflikten umgehen? Und wie kann der Gesetzgeber den Ausbau von Dach-PV wirtschaftlich erleichtern und gleichzeitig den Schutz des Baumbestandes im städtischen Bereich zu gewährleisten?

Diese Fragen und mehr im Podcast. Jetzt anhören!

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Weitere Informationen zum Thema

Der KNE-Podcast

Dialoge – Debatten – Denkanstöße: Der KNE-Podcast beschäftigt sich mit aktuellen Fragen rund um die naturverträgliche Energiewende. Wie können Vogelkollisionen an Windenergieanlagen vermieden werden, wie lassen sich Konflikte beim Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort klären, und was alles muss berücksichtigt werden, damit eine Erneuerbaren-Anlage genehmigt werden kann? Zu diesen und vielen weiteren Fragen kommen unterschiedlichste Expertinnen und Experten im Podcast zu Wort.

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Aktuelles aus den Ländern

Berlin, 21. Juli 2023

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 07/23

Aktuelles aus den Ländern

Bayern

Der Verband der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) weist darauf hin, dass der Flächenverbrauch bei der Windenergie sehr gering sei. Die tatsächlich versiegelte Fläche liege bei einer 3 Megawatt Anlage lediglich bei rund 350 Quadratmetern. Unter Berücksichtigung von Zufahrtswegen, freigehaltenem Platz für Wartungen sowie Transformatoren betrage der dauerhafte Platzbedarf zwischen 2.000 und 4.000 Quadratmeter, bei größeren 5,5 Megawatt Anlagen maximal 5000 Quadratmeter je Anlage. Laut der Studie „Bayernplan Energie 2040“ benötige Bayern von 2019 bis 2040 jede Woche den Neubau zwei solcher 5,5 MW Windkraftanlagen, um die Klimaneutralität erreichen zu können, also rund 2.200 Anlagen bzw. 12 GW insgesamt. Selbst unter der sehr konservativen Annahme, dass die bestehenden 1.269 Windenergieanlagen in Bayern (Stand: Ende 2021) ebenfalls je 5.000 Quadratmetern versiegelte Fläche benötigen würden, errechne sich ein gesamter Flächenbedarf für die bayerische Windenergie von 17 Quadratkilometern. Dies entspräche 0,02 Prozent der Landesfläche (VBEW PM 07/2023).

Brandenburg

Renaturierte Gewässer, neue Hecken und Bäume oder Amphibientunnel: 2022 habe die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg landesweit 48 Projekte Dritter gefördert sowie 35 eigene realisiert. Aus der kürzlich von Brandenburgs Umwelt- und Klimaminister Axel Vogel vorgestellten Jahresbilanz der Stiftung geht hervor, dass im vergangenen Jahr insgesamt 9,9 Millionen Euro in Projekte für den Naturschutz im Land investiert wurden. Ein wichtiges finanzielles Fundament für die Arbeit des NaturSchutzFonds seien Ersatzzahlungen. Sie werden von den Verursachern von Eingriffen wie etwa dem Bau einer Windenergieanlage (WEA) geleistet, wenn die entstehenden Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft nicht vermieden oder durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert werden können. Die Stiftung verwalte die Ersatzzahlungen und sorge dafür, dass die Gelder wieder in den Landkreisen und Naturräumen eingesetzt werden, in denen die Eingriffe verursacht wurden. Seit ihrer Errichtung vor 28 Jahren habe die Stiftung mehr als 81 Millionen Euro für den Naturschutz im Land bereitstellen können. Gemeinsam mit ihren zahlreichen Partnern seien mit ihrer Hilfe rund 94 Millionen Euro an Drittmitteln für das Land gesichert worden. In Summe ergibt das mehr als 175 Millionen Euro für den Schutz der biologischen Vielfalt in Brandenburg (MLUK PM 06/2023).

Hamburg

Der Klimabeirat Hamburg fordert in seiner neuesten Publikation „Photovoltaik in Hamburg. Chancen für Klimaschutz und Energiewende“ eine umfassende Photovoltaik-Strategie des Senats. Aus Sicht des Klimabeirates gebe es zwar eine Reihe von Einzelaktivitäten zur Photovoltaik in Hamburg, aber diese entfalteten bislang keine ausreichende Dynamik. Dabei attestiere eine aktuelle Studie des Clusters Erneuerbare Energien Hamburg der Hansestadt, dass bilanziell rund zwei Drittel des Hamburger Strombedarfs über Photovoltaik wirtschaftlich erzeugt werden können. Neben der PV-Strategie für Hamburg schlägt der Klimabeirat weitere konkrete Maßnahmen vor, die dazu beitragen könnten, das solare Potenzial in Hamburg zu heben. „Die Dächer sind da, die Wirtschaftlichkeit ist gegeben, der Senat hat Zugriff auf den Netzbetreiber und mit der SAGA auf ein großes kommunales Wohnungsunternehmen. Ein PV-Gipfel des Senats wäre jetzt das richtige Aufbruchssignal, damit wir in Hamburg mit mehr Mieterstrom, innovativen PV-Projekten und einem smarten Stromnetzmanagement zum solaren Aushängeschild Norddeutschlands werden“ (Hamburger Klimabeirat PM 07/2023), so Prof. Dr. Hans Schäfers, Experte für erneuerbare Energien im Klimabeirat.

Saarland

Anhand einer Kleinen Anfrage (Landtags-Drucksache 17/461) erkundigen sich Abgeordnete der CDU-Fraktion im Saarländer Landtag nach dem Windenergieausbau im Bundesland. Auf die Frage hin, wie hoch der Anteil der Fläche im Land sei, die für die Nutzung durch Windenergieanlagen (WEA) ausgewiesen sei, antwortet die Landesregierung, dass im Saarland insgesamt 1,8 Prozent der Landesfläche für WEA ausgewiesen seien. Das  Bundesministerium  für  Wirtschaft  und  Klimaschutz  (BMWK)  hat  für alle Länder pauschal die Auswirkungen einer maximalen Rotor-außerhalb-Umrechnung im Vergleich zu den Zwischenzielen des „Gesetzes zur Festlegung von Flächenbedarfen  für  Windenergieanlagen  an  Land  (WindBG)“ berechnet. Diese Anforderung ergibt sich aus einer Regelung des WindBG, wonach Flächen von Seiten des Bundes künftig nicht mehr vollumfänglich angerechnet werden, wenn planerisch geregelt ist, dass der Rotor innerhalb der Ausweisung liegen muss. Demnach sind aktuell lediglich 0,8 Prozent an Flächen für Windenergie im Saarland planerisch gesichert. Nach einer  datentechnischen  Analyse  der  Fachagentur  Windenergie  an  Land standen im Saarland 2022 theoretisch noch rund 48 Prozent der ausgewiesenen Fläche für WEA zur Verfügung.

Fachkontakt
Thomas Schoder
Mitarbeiter Politikmonitoring
thomas.schoder@naturschutz-energiewende.de

Thomas Schoder - Extrakte

30 Prozent Flächennaturschutz bis 2030 – Kriterien und Prioritäten

Berlin, 19. Juli 2023

KNE-Lesetipp

30 Prozent Flächennaturschutz bis 2030 – Kriterien und Prioritäten

Beierkuhnlein, C., Stahlmann, R., Geist, J. (2023): Erfüllung der Ziele im Flächennaturschutz bis zum Jahr 2030 – Kriterien und Prioritäten

Deutschland hat sich international verpflichtet 30 Prozent der Bundesfläche bis 2030 als Schutzgebiete auszuweisen. Bisher sind erst 15,5 Prozent der terrestrischen Fläche Deutschlands durch Natura 2000 geschützt. Beierkuhnlein und seine Kollegen zeigen auf, wie eine systematische, effiziente und evidenzbasierte Erweiterung der Schutzgebiete umgesetzt werden könnte. Den Autoren gelingt es, die Herausforderungen und Potenziale der aktuellen Erfordernisse kompakt auf den Punkt zu bringen und ein bündiges und nachvollziehbares Fazit für die Praxis zu entwickeln.

Hintergrund

Schutzgebiete sind ein wesentliches Instrument für den Biodiversitätsschutz. Jedoch gehen die Artenvielfalt und die Biomasse auch in diesen Gebieten stark zurück. Zunehmend wird erkannt, dass die bisherige Schutzgebietspraxis nicht ausreicht, um den Biodiversitätsverlust zu stoppen. Potenziell steigt das Risiko von Zielkonflikten durch die Gleichzeitigkeit von Schutzinteressern wie Arten-, Boden-, Gewässer- und Klimaschutz sowie der Nutzinteressen wie Lebensmittel- und Energieproduktion. Zudem ist die notwendige räumliche Verknüpfung bzw. Beseitigung von Ausbreitungsbarrieren zwischen Schutzgebieten bisher noch mangelhaft, und wichtige Elemente des Bundeskonzeptes „Grüne Infrastruktur“ von 2017 sind noch immer nicht umgesetzt. Mobilen Arten können so nicht die nötigen Anpassungs-Wanderungen an den stattfindenden Klimawandel vollziehen.

Deutschland verpflichtet sich sowohl gegenüber der „Post 2020“ Strategie des GBF (Global Biodiversity Framework) als auch als Teil der EU-Biodiversitätsstrategie zu einer umfassenden Erweiterung des Schutzgebietsnetzwerks bis 2023 auf 30 Prozent der Fläche Deutschlands. Ziel ist es, den dramatischen Biodiversitätsverlust zu stoppen und die Ökosystemfunktionen und -dienstleistungen für den Menschen zu sichern („30-by-30“). Durch das Natura-2000-Netzwerk sind bisher 15,5 Prozent der terrestrischen Fläche Deutschlands und 45 Prozent der marinen Flächen geschützt.

Biodiversitätsschutz in Deutschland

Vor dem Hintergrund der bis 2030 neu auszuweisenden Schutzgebiete beleuchten die Autoren in ihrem Artikel kritisch den derzeitigen Stand des Biodiversitätsschutzes in Deutschland.

Obwohl in Deutschland bereits eine große Zahl an Schutzgebieten unterschiedlicher Kategorien ausgewiesen ist, seien die verantwortlichen Projektträger und Behörden finanziell und personell nicht ausreichend ausgestattet, um ein effizientes Management und Monitoring dieser Flächen zu erreichen. Neben den quantitativen Flächenbeiträgen seien bessere qualitative Standards, die den Arten- und Naturschutz zum Ziel haben, notwendig.

Auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse der funktionellen Biodiversitätsforschung leiten sie aus ihrer Analyse Empfehlungen für die Praxis des Flächennaturschutzes ab.

Kriterien für die Ausweisung zusätzlicher Flächen

Als Kernproblematik werden die Kleinteiligkeit und Vereinzelung der Schutzgebietskulisse, die mangelnde Funktion der Schutzgebiete als Biotopverbund und die unzureichende Pflege sowie das Monitoring der Schutzgebiete angesehen. Bisherige Schutzgebiete seien in der Regel zu klein, weshalb negative Effekte der Umgebung (Bsp.: Pestizid- und Nährstoffeinträge) besonders stark bis in Schutzgebiete wirken können. Wo es die Umgebung und Rahmenbedingungen zulassen, wird die Vergrößerung durch Pufferzonen und die Verbindung bestehender kleiner Schutzgebiete empfohlen: „Es sollten Prioritäten dort gesetzt werden, wo besonders wertvolle oder gefährdete Biotope und Ökosysteme bekannt sind oder entwickelt werden sollen, und nicht dort, wo Flächen ohne Konflikte auszuweisen sind“. Bei Neuausweisungen sollten unter anderem die künftige Entwicklung des lokalen Klimas und die Entwicklungsfähigkeit von Ökosystemen berücksichtigt werden. Unter diesem Aspekt raten die Autoren zu einer Neuorientierung des Schutzgebietsnetzes als Biotopverbundsysteme. Die Autoren betonen, dass bei neuen Projekten auf Multifunktionalität zu achten und Synergieeffekte zu nutzen seien. Diese ließen sich in eine gute Kommunikation der Projekte einbinden und würden die Akzeptanz erhöhen. Doch ohne eine Verbesserung der Ausstattung von Naturschutzbehörden und des Monitorings könnten Erfolge schlechter erzielt und nachgewiesen werden.

Quelle: Beierkuhnlein, C., Stahlmann, R., Geist, J. (2023): Erfüllung der Ziele im Flächennaturschutz bis zum Jahr 2030 – Kriterien und Prioritäten. Naturschutz und Landschaftsplanung 55 (7), 16-21.

Luftaufnahme Kulturlandschaft - Baueme und Gras
Quelle: Canva

Machbarkeitsstudie zur Erstellung eines satellitengestützten Monitorings von Solarparks veröffentlicht

Berlin, 18. Juli 2023

Machbarkeitsstudie zur Erstellung eines satellitengestützten Monitorings von Solarparks

Studie im Auftrag des KNE veröffentlicht

Das KNE beschäftigt sich bereits seit Längerem mit Biodiversität in Solarparks. In der Photovoltaik-Strategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vom Mai 2023 wird eine Zukunftsvision entworfen, nach der im Jahr 2035 Biodiversitäts-Solarparks Standard sein sollen und „neue Lebensräume für Tier- und Pflanzenwelt schaffen“.

Für diese Integration des Artenschutzes in PV-Freiflächenanlagen gibt es zahlreiche Vorschläge und Leitfäden. Ob diese Bemühungen auch erfolgreich sind und verpflichtende sowie freiwillige Maßnahmen zu den erwünschten Effekten führen, müsste allerdings durch vor-Ort-Kontrollen mit hohem personellen Aufwand ermittelt werden.

In diesem Kontext verfolgt das KNE die Frage, wie vorgegangen werden müsste, um mit vertretbarem Aufwand einen guten Überblick über die Entwicklung im Solarpark zu bekommen. Zu diesem Zweck wurde das Büro Luftbild Umwelt Planung GmbH beauftragt, zu untersuchen, inwieweit sich das Monitoring auf Fernerkundungsdaten stützen kann. Ziel war es, zunächst eine Machbarkeitsstudie durchzuführen. Die „Machbarkeitsstudie zur Erstellung eines satellitengestützten Monitorings von Solarparks“ zeigt, dass ein Biodiversitätsmonitoring auf Freiflächenanlagen mit den aktuell verfügbaren Fernerkundungsdaten und -methoden möglich ist.

In der Studie werden zunächst die relevanten Habitate, Pflegemaßnahmen und technischen Parameter eines Solarparks dargestellt. Weiterhin werden die für ein Biodiversitätsmonitoring notwendigen Fernerkundungsdaten und -methoden erläutert. Abschließend wird ein Monitoringkonzept aus drei Ebenen vorgeschlagen:

  • ein Hintergrundmonitoring mit kostenfreien Satellitendaten zur Identifizierung und Überwachung bestehender Solarparks,
  • ein landesweites Monitoring mit amtlich verfügbaren Daten zur Bestimmung technischer Parameter und Erkennung ausgewählter Biotoptypen sowie
  • ein spezifisches Stichprobenmonitoring mit Drohnen für die detaillierte Erfassung von Biotopen und ihrer Ausprägung.

Einschätzung des KNE

Aus Sicht des KNE ist ein qualifiziertes Monitoring der bestehenden Solarparks von grundlegender Bedeutung, um die Entwicklung von Biodiversität auf den großen Anlagenflächen und während der langen Laufzeit der Solarparks dokumentieren zu können. Insbesondere die Umsetzung der Ausgleichsverpflichtungen oder die aktuell diskutierten speziellen Zertifizierungssysteme bzw. Vergütungsregelungen für Biodiversitäts-PV, erfordern verstärkte Erfolgskontrollen vor Ort. Mit der vorliegenden Machbarkeitsstudie wird die Idee eines mit möglichst geringem Personaleinsatz umsetzbaren Monitorings skizziert, die nun aufgegriffen und konkretisiert werden kann.

Fachkontakt im KNE
Dr. Julia Wiehe
Referentin naturverträgliche Solarenergie
julia.wiehe@naturschutz-energiewende.de

Den beschleunigten Ausbau der Photovoltaik naturverträglich gestalten

Berlin, 7. Juli 2023

KNE-Forum „Naturverträgliche Solarparks“

Den beschleunigten Ausbau der Photovoltaik naturverträglich gestalten

Am 4. Juli traf sich zum siebten Mal das KNE-Forum “Naturverträgliche Solarparks”. Im Zentrum standen der Austausch zu aktuellen politischen Herausforderungen und fachliche Fragen aus Forschung und Praxis.

In der einleitenden Forumsdiskussion kamen Perspektiven aus der Solarbrache, der Landwirtschaft und dem Naturschutz zu Wort. Impulse dafür setzten zu Beginn Teilnehmende der UKA-Gruppe, des Bauernverbands und des LNV Baden-Württemberg und lösten eine angeregte, in gewohnter Weise konstruktive Diskussion unter den Teilnehmenden aus.

Diese kommen bundesweit aus Naturschutzverbänden, der Solarbranche, Ministerien und Behören, Energieagenturen und Beratern, der Wissenschaft und zunehmend der Landwirtschaft, was die Forumsdiskussion in fruchtbarer Weise bereichert. Der Landwirtschaft kommt beim beschleunigten Aus-bau der Freiflächenphotovoltaik eine zunehmend wichtige Rolle zu. Es geht darum, Flächen für die Energiewende bereitzustellen und den Ausbau gleichzeitig naturverträglich und landwirtschaftsverträglich zu gestalten.

Perspektiven aus Energiewirtschaft, Landwirtschaft und Naturschutz

Dazu gibt es – wenig überraschend – unterschiedliche Positionen. Die Fragen, welche Böden unbedingt der landwirtschaftlichen Produktion vorbehalten bleiben sollten, wie sich über extensive Landwirtschaft und Biodiversitäts-PV sinnvolle Synergien zwischen Landwirtschaft, Energiewende und Naturschutz finden lassen, sind beispielhafte Themen, zu denen ein Austausch nötig ist. Das Forum leistet hier einen wichtigen Beitrag zur Verständigung und zum Wissenstransfer zwischen verschiedenen Akteursgruppen.

Auch die Frage danach, was notwendigerweise auf Bundesebene einheitlich geregelt werden sollte und wie zudem trotzdem standortspezifisch von Solarpark zu Solarpark geschaut werden müsse, was vor Ort sinnvolle Maßnahmen einer naturverträglichen Gestaltung sind, war wiederholt Thema. Beides muss klug verbunden werden, will man Klimakrise und Biodiversitätskrise auch beim boomenden Solarparkausbau zusammendenken und gestalten.

Im zweiten Teil des Forums wurden fachliche Fragen vertieft. Herausforderungen und Chancen für den Schutz und Erhalt von Ackerwildkräutern in Solarparks wurden in Impulsbeiträgen ebenso thematisiert wie die Fragen, ob Insekten ein geeigneter Indikator für die Erfolgskontrolle und die Bewertung von Biodiversitäts-Solarparks sein könnten.

Das KNE-Forum

Das KNE lädt gezielt ausgewählte Akteure ein. Die Teilnehmenden kommen aus Naturschutzorganisationen, aus der Solarbranche, Naturschutzbehörden, Bundes- und Landesministerien, Energieagenturen, Landwirtschaftsverbänden und der Wissenschaft und diskutieren regelmäßig zu selbst gewählten Themen. Mit dem Forum möchte das KNE einen Beitrag zu einem Austausch bundesweit interessierter Akteure leisten. Im Vordergrund des Forums steht der offene Austausch zu Themen, die den Teilnehmenden besonders am Herzen liegen. Das Forum findet zweimal im Jahr statt.

Fachkontakte

Tina Bär
Dialogestalterin
tina.baer@naturschutz-energiewende.de

Dr. Julia Wiehe
Referentin naturverträgliche Solarenergie
julia.wiehe@naturschutz-energiewende.de

Weitere Aktivitäten und Informationen zum Thema Photovoltaik

Woerter in Wolke