KNE legt aktualisierte Übersicht technischer Systeme zur Vermeidung von potenziellen Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Vögel vor

Berlin, 28. Juli 2020

KNE legt aktualisierte Übersicht technischer Systeme zur Vermeidung von potenziellen Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Vögel vor

Technische Detektionssysteme sollen automatisch erkennen, wenn kollisionsgefährdete Vogelarten einer Windenergieanlage gefährlich nahe kommen und eine Abschaltung der Anlage auslösen, um das Kollisionsrisiko zu vermindern. Jetzt hat das KNE eine aktuelle Übersicht der auf dem Markt bzw. in Entwicklung befindlichen Detektionssysteme veröffentlicht.

In den letzten Jahren wurden erhebliche Fortschritte hin zu einer sicheren Erkennung der Vogelart und Erfassung und Dokumentation der Position und Flugrichtung gemacht. Auch zeichnet sich ein Konsens über die Mindestanforderungen an einzelne Faktoren ab, die für die Wirksamkeit von Systemen ausschlaggebend sind. Für die Erkennung einzelner mittelgroßer bis großer Vögel wie etwa dem Rotmilan, Seeadler oder Schwarzstorch kommen (Stereo-)Kamerasysteme oder Radarsysteme in Frage. Einige Systeme kombinieren auch beide Technologien.

Die tabellarische Übersicht über die Systeme wurde gegenüber dem Stand vom 31. Januar 2018 aktualisiert und erweitert, ohne dabei Vollständigkeit zu beanspruchen. Der Fokus liegt auf Detektionssystemen, die dem Schutz tagaktiver Brutvögel dienen und eine ereignisbezogene Abschaltung vorsehen. Mit der Synopse tragen wir zur Verbreitung des Kenntnisstandes über die Technologieentwicklung bei. Interessierte können sich ein Bild über den erreichten Stand machen.

Der Einsatz technischer Systeme kommt insbesondere dann in Betracht, wenn angesichts der zunehmenden Verknappung konfliktarmer Flächen Lösungen benötigt werden, die einerseits für die Genehmigungsfähigkeit und andererseits für einen sicheren Schutz kollisionsgefährdeter Arten sorgen können.

Allerdings können auch technische Systeme, sollten sie einmal als geeignete und wirksame Schutzmaßnahme anerkannt sein, eine sorgfältige Standortwahl nicht ersetzen. Trotz technischer Lösungen können sich Standorte aus artenschutzrechtlichen Gründen als für die Windenergienutzung ungeeignet bzw. nicht genehmigungsfähig erweisen. Auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Anlagen unter einem bedarfsgerechten Abschaltregime wirtschaftlich betrieben werden können, ist noch zu klären. Dennoch sind Einsatzbereiche vorstellbar, in denen technische Systeme eine sinnvolle Lösung darstellen.

  • Das Wichtigste in Kürze und die Publikation finden Sie auch HIER.

Weitere Informationen und Veröffentlichungen zum Thema

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Die fabelhafte Welt der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen

Berlin, 22. Juli 2020

Die fabelhafte Welt der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen

Naturschutz und Energiewende haben vielfältige Berührungspunkte. Einer, der für nahezu jedes Projekt der Energiewende eine Rolle spielt, ist der Umgang mit Eingriffen in Natur und Landschaft. Ganz egal, was verschiedene Akteure zum Beispiel von einer Windenergieanlage oder einer Freileitung im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Energiewende halten mögen: Sie sind (auch) Bauvorhaben, die der gesetzlichen Eingriffsregelung unterliegen. Vor einer Genehmigung ist zuerst zu prüfen, welche Beeinträchtigungen für Natur und Landschaft vermieden werden können und dann müssen Maßnahmen zur Kompensation der unvermeidbaren Schäden gefunden werden.

Martin Szaramowicz von der Flächenagentur Brandenburg GmbH und Marc Thiele von der Stiftung NaturSchutzFonds berichten in ihrem gemeinsamen Artikel über das Prinzip der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die Kompensation in Form von Ersatzgeld, regionale Flächenpools und die Arbeit der Flächenagentur und der Stiftung. Anschaulich und beispielhaft stellen sie erfolgreiche Maßnahmeprojekte in Brandenburg vor, die einen erheblichen Beitrag zum Landschafts- und Naturschutz und dem Erhalt der Biodiversität leisten. Von der Streuobstwiese, über die Sanierung eines Schornsteins zum Erhalt eines Storchennestes bis hin zu einem Beweidungsprojekt mit Wasserbüffeln.

K20 – Energiewende vor Ort

Das diesjährige rund 300 Seiten starke Jahrbuch des KNE widmet sich den Herausforderungen, Möglichkeiten und Projekten einer naturverträglichen Energiewende konkret vor Ort. Die Vielfalt der Beiträge der Autorenschaft in „K20 – Energiewende vor Ort“ spiegelt dabei die Spannbreite der Themen und die Komplexität der Anforderungen der Energiewende wider. Sie finden das KNE-Jahrbuch K20 auch im Download-Bereich.

Für Nachfragen und Interviews stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung:
Anke Ortmann
presse@naturschutz-energiewende.de
030 7673738-12.

Moderne Detektionssysteme haben großes Potenzial zum Schutz von Vögeln

Berlin, 22. Juli 2020

Moderne Detektionssysteme haben großes Potenzial zum Schutz von Vögeln

Neue Publikation von BfN, KNE und FA Wind fasst den Kenntnisstand zu technischen Systemen zur Minderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen zusammen

Wie können technische Systeme an Windenergieanlagen so eingesetzt werden, dass Vogelkollisionen vermieden werden? Wie lassen sich so Windenergieausbau und gleichzeitig Vogelschutz sicherstellen? Welche Schritte sind erforderlich, damit solche technischen Lösungen möglichst schnell angewandt werden können? Anhand dieser Fragestellungen haben die Autorinnen und Autoren einer neuen Publikation den aktuellen Stand zu modernen Detektionssystemen zusammengefasst. Die Ergebnisse haben das Bundesamt für Naturschutz (BfN), das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) und die Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) jetzt gemeinsam veröffentlicht.

„Wir hoffen, dass in absehbarer Zukunft technische Systeme leistungsfähig genug sein werden, um an einer Reihe von Standorten Kollisionen von Vögeln mit Windenergieanlagen wirksam zu vermeiden. Die Publikation gibt einen Überblick über den aktuellen Entwicklungsstand, bestehende Herausforderungen und liefert zugleich erste Antworten, um den Prozess der Anerkennung und Einführung von solchen Systemen zur Minderung von Vogelkollisionen zu begleiten und zu unterstützen“, so BfN-Präsidentin Prof. Dr. Beate Jessel.

„Seit 2017 haben wir verfolgt, wie die technische Entwicklung zur Erfassung und Erkennung von Vögeln im Luftraum fortgeschritten ist“, sagt KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke. „Mit den neuartigen Kamera- oder Radarsystemen kann der Luftraum um eine Anlage observiert werden. Kommt eine kollisionsgefährdete Art der Windenergieanlage gefährlich zu nahe, kann diese Anlage vorübergehend abgeschaltet werden. Die Erkennung der Vogelart und die Reaktion der Anlage darauf müssen zuverlässig sein.“

Damit die neuen Systeme zur Vermeidung und Minderung von Vogelkollisionen eingeführt werden können, sind eine Reihe von fachlichen, juristischen und wirtschaftlichen Fragen zu beantworten. Diese wurden in der Publikation auf Basis des aktuellen Kenntnisstandes systematisch zusammengetragen. „Diese Zusammenstellung ist eine gute Grundlage für die weitere Diskussion der fachlichen Anforderungen und für die weiteren Schritte zur Einführung der Systeme in die Praxis“, befindet auch die Geschäftsführerin der FA Wind, Dr. Antje Wagenknecht.

„Es zeigt sich, dass Fragen rund um die Leistungsfähigkeit der Systeme heute bereits beantwortet werden können. Auch zeichnet sich ein Konsens über die Mindestanforderungen an einzelne Faktoren ab, die für die Wirksamkeit von Systemen ausschlaggebend sind“, stellt Torsten Raynal-Ehrke fest. Technisch-wirtschaftliche Aspekte sowie Fragen zur Umsetzung bei den unterschiedlichsten Projekt- bzw. Standortkonstellationen sind, teilweise durch Einzelfallprüfungen, noch zu beantworten.

Die offenen Fragen und Anforderungen werden derzeit mit einem Kreis von Expertinnen und Experten im Rahmen der BfN/KNE-Workshopreihe „Anforderungen an technische Überwachungs- und Abschaltsysteme an Windenergieanlagen“ diskutiert. Die Ergebnisse werden in die Fortschreibung der Publikation einfließen.

Wertvolle Erfahrungen zu unterschiedlichen Systemen werden aktuell auch durch Forschungsprojekte, etwa „NatForWINSENT“, im Rahmen des Forschungsschwerpunktes Naturschutz und erneuerbare Energien gesammelt. Diese Forschungen werden ergänzt durch Erprobungen in der Praxis durch Hersteller und Betreiber, indem Vogelbeobachtungen und Leistungsmerkmale der Systeme an verschiedenen Standorten in Deutschland verglichen werden. „Diese vielfältigen Teilergebnisse sollen in den kommenden zirka zwei Jahren schrittweise zusammengeführt werden. Damit wird ein weiterer Baustein geschaffen, um den notwendigen Ausbau der Windenergie naturverträglich zu gestalten“, resümiert Beate Jessel. Erstellt wurde die Publikation gemeinsam von BfN, KNE und FA Wind auf der Basis der vielfältigen Erfahrungen aus eigenen Konferenzen, Fachgesprächen und Forschungsprojekten.

Bezug:

Ammermann, K., Bruns, E., Ponitka, J., Schuster, E., Sudhaus, D. & Tucci, F. (2020): Technische Systeme zur Minderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen. – Entwicklungsstand und Fragestellungen – BfN-Skripten 571, 29 S.

Weitere Informationen zum Thema:

Die Signifikanzschwelle – ein Verfahren zur Bewertung des Tötungsrisikos geschützter Arten

Berlin, 22. Juli 2020

KNE-Lesetipp

Die Signifikanzschwelle – ein Verfahren zur Bewertung des Tötungsrisikos geschützter Arten

Titel: Brand, C., Langeleh, D., Männel, T. (2020): Die Signifikanzschwelle nach § 44 (5) Nr. 1 BNatSchG – ein Verfahren zur Bewertung des Tötungsrisikos geschützter Arten im Gefahrenbereich von Windenergieanlagen.

Der Artikel greift die Problematik auf, dass die Signifikanzschwelle für erhöhte Tötungsrisiken und ihre Unter- bzw. Überschreitung bisher zumeist nicht eindeutig und für „fachkundige Dritte“ nachvollziehbar bestimmt werden kann.

„In der heutigen, gängigen Genehmigungspraxis wird üblicherweise entsprechend der Artenschutzleitfäden [der Länder; d. Verf.] vorgegangen und anhand von vertiefenden Untersuchungen (Raumnutzungsanalysen, Telemetriestudien, Literatur etc.) in den Genehmigungsanträgen argumentiert, dass eine Unterschreitung der Signifikanzschwelle sichergestellt ist. Dieser allgemein üblichen Vorgehensweise fehlt es leider an einem klaren, objektiven Maßstab für die Bemessung der Signifikanzschwelle und der dadurch messbaren Einordnung in den § 44 (5) Nr. 1 BNatSchG“,  fassen Brand et al. (S. 9 ) die Problemlage zusammen.

Der Beitrag nimmt eine juristische Einordnung der Bedeutung des Signifikanzkriteriums vor, bespricht einzelne Aspekte jüngerer Entscheidungen und zeigt auf, warum es aus an einem geeigneten Verfahren zur Bewertung der Signifikanzschwelle für Tötungsrisiken mangelt. Als unzulänglich werden unter anderem die von der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW 2015) vorgeschlagenen Abstandsempfehlungen aufgefasst. Diese seien – aus formellen wie aus fachlichen Gründen – nicht pauschal als (freizuhaltende) Mindestabstände für kollisionsgefährdete Arten geeignet. Allenfalls könnten sie – wie in den meisten Bundesländern vorgesehen – als Prüfradien betrachtet werden, die eine Einzelbetrachtung am jeweiligen Standort der Windenergieanlagen auslösten. Diese Prüfung – so ist zu schlussfolgern – müsste dann nach eindeutigen (messbaren?) Kriterien und Maßstäben erfolgen.

Neu an dem von Brand et al. entwickelten Vorschlag zur Behebung des Mangels ist, dass er sich nicht nur auf die spezifischen, biologischen Eigenschaften der jeweiligen Art, die durch Untersuchungen am Standort sowie aus Studien und der Literatur ermittelt werden, stützt. Vielmehr werden diese art- und verhaltensspezifischen („phänologischen“) Aspekte der Signifikanzprüfung mit Methoden und Normen aus der Probabilistik verbunden.

„Zur Erreichung einer einheitlichen Genehmigungspraxis“, so die Autoren, „erscheint eine Beurteilung des Tötungsrisikos und insbesondere seiner Signifikanz anhand von probabilistischen Gutachten sinnvoll.“ Zur Signifikanzbewertung würde eine Risikoanalyse durchgeführt. Diese solle – analog zu anderen Anwendungsbereichen – durch die quantitative Abschätzung und Berechnung von Wahrscheinlichkeiten vorhersagen, wie wahrscheinlich Störfälle [hier: Kollisionen; d. Verf.] sind bzw. inwieweit die Situation beherrschbar ist.

Eine solche „Berechnungsmethode“ sollte nach den Vorstellungen der Autoren eine Alternative zur herkömmlichen Signifikanzbewertung auf Grundlage von Abstandsempfehlungen, Habitatpotenzial oder Raumnutzungsanalyse darstellen. Der Ansatz wurde in Analogie zu einem Verfahren, dass vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) zur Bestimmung von Mindestabständen von Windenergieanlagen (WEA) zu einem Schutzobjekt (Pipeline, Gebäude) anerkannt ist, entwickelt.

Die „Berechnungsmethode“ enthält – mangels Abstraktionsfähigkeit und Standardisierbarkeit – jedoch nicht nur mess- und berechenbare Größen, sondern auch deskriptive bzw. qualitative gutachterliche Verhaltensbeschreibungen und Einschätzungen des Einzelfalls, unter anderem durch „sachkundige Ornithologen“. So soll die Anwesenheit der Art (z. B.  x Tage pro Jahr), das Flugverhalten bei diversen Wetterbedingungen und ähnliche artspezifische Verhaltensweisen sowie technische Daten der WEA (Abmessungen, Betriebszeiten) als Basis für ein Berechnungsmodell genutzt werden.

Durch die Kombination der verschiedenen ermittelten Wahrscheinlichkeiten, dass

  • der Vogel sich im Flug und im Gefährdungsbereich aufhält,
  • die WEA in Betrieb ist und
  • eine Kollision stattfindet,

ließe sich dann die Kollisionswahrscheinlichkeit (hier gleichzusetzen mit Tötungswahrscheinlichkeit) für ein Individuum berechnen.

Mit Hilfe der Kollisionswahrscheinlichkeit könnte dann die Signifikanz der Erhöhung von Tötungsrisiken gegenüber einem „individuellen Risiko-Grenzwert“ bestimmt werden.

Ob die entwickelte Vorgehensweise eine tragfähige Alternative darstellt und die bei der Signifikanzbewertung identifizierten Mängel (Intransparenz, fehlende Nachvollziehbarkeit bzw. Vorhersehbarkeit, fehlende Konkretisierung, Rechtsunsicherheit) ihrerseits vermeidet, wird sich zeigen müssen. In jedem Fall liefert der Artikel einen interessanten Diskussionsbeitrag, der im Rahmen der „untergesetzlichen Maßstabsbildung“ für die Signifikanz berücksichtigt werden sollte. Machen Sie sich selbst ein Bild.

Quelle: Titel: Brand, C., Langeleh, D., Männel, T. (2020): Die Signifikanzschwelle nach § 44 (5) Nr. 1 BNatSchG – ein Verfahren zur Bewertung des Tötungsrisikos geschützter Arten im Gefahrenbereich von Windenergieanlagen. ZNER – Zeitschrift für Neues Energierecht. S. 7–14.

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Erfolgreiche Expertenworkshops zu Detektions- und Abschaltsystemen an Windenergieanlagen

Berlin, 20. Juli 2020

Erfolgreiche Expertenworkshops zu Detektions- und Abschaltsystemen an Windenergieanlagen

Im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens „Anforderungen an technische Überwachungs- und Abschaltsysteme an Windenergieanlagen“ fanden im Mai und Juni 2020 insgesamt vier Online-Expertenworkshops statt.

Die Workshopreihe diente dazu, Empfehlungen zu den Anforderungen an Kamera- und Radarsysteme zu formulieren, damit diese anfliegende Vögel sicher erkennen und entsprechend die Windenergieanlagen abschalten können, um eine Kollision zu vermeiden.

Dr. Elke Bruns und Eva Schuster (beide KNE) stellten jeweils den fachlichen Hintergrund und verbleibenden Klärungsbedarf vor. Die Teilnehmenden diskutierten ausgewählte Aspekte wie die sichere Erfassungsrate einer Zielart in ausreichender Reichweite und mögliche Anwendungsbereiche in Abhängigkeit der planungs- und genehmigungsrechtlichen Ausgangslage.

Die Teilnehmenden setzten sich aus Vertretern und Vertreterinnen der Landesministerien, der Landesumweltämter, der Fach- und Genehmigungsbehörden, der staatlichen Vogelschutzwarten sowie aus Gutachterinnen und Gutachtern sowie Juristen und Juristinnen zusammen.

Die Expertinnen und Experten schätzten die Herausforderungen für die Einführung der Systeme insgesamt als überwindbar ein. Bis zur Anerkennung der technischen Systeme als geeignete Schutzmaßnahme und ihrem Einsatz in der Praxis gibt es jedoch noch einige Fragen zu klären. Nach mehrheitlicher Einschätzung können Abschaltungen auf Basis einer automatisierten Erkennung von Vögeln einen relevanten Lösungsbeitrag zu einer naturverträglichen Energiewende leisten.

  • Ausführliche Informationen zu den Inhalten und Ergebnissen der vier Expertenworkshops finden Sie auf der Projekt-Internetseite.

Das Projekt wird finanziert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.

Rotmilan im Flug

Rotmilan im Flug. Foto: Roy-Buri auf Pixabay.

C.A.R.M.E.N.-Veranstaltung lotete Potenziale der Windenergie in Bayern aus

Berlin, 17. Juli 2020

C.A.R.M.E.N.-Veranstaltung lotete Potenziale der Windenergie in Bayern aus 

Ende 2019 verkündete die bayerische Staatsregierung das Vorhaben, 300 neue Windräder im Freistaat zu installieren, um einen Beitrag zu den klimapolitischen Landeszielen zu leisten. Mit der Errichtung von Windenergieanlagen können jedoch auch Konflikte mit dem Natur- und Artenschutz vor Ort einhergehen. Welche Handlungsansätze existieren, um Windparkprojekte unter Einbindung und Beteiligung der lokalen Bevölkerung umzusetzen? Welche Potenziale gibt es beim Windenergie-Ausbau und wie können diese genutzt werden? Welche Zukunft hat der Windenergie-Ausbau in Bayern und wie ist dieser unter Naturschutz-Aspekten zu bewerten? Dies waren einige der Themen, um die es bei der Webkonferenz „Windenergie – Potenziale erkennen und nutzen!“ am 14. Juli 2020 ging. Organisiert wurde die Konferenz von C.A.R.M.E.N. e.V., dem Centralen Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk.

Dr. Martin Köppel, Leiter der Außenstelle Süd und Konfliktberater des KNE, nutzte die Gelegenheit, sich über aktuelle Handlungsansätze und Entwicklungen in Bayern zu informieren.

Den Beginn machte MDirig. Dr. Johann Nigg vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, der in seinem Vortrag zum Thema „Windenergie – Potenziale erkennen und nutzen“ betonte, dass es zwar viele Herausforderungen durch die Energiewende gebe, Bayern sich diesen aber gewachsen fühle. Windenergie werde von der bayrischen Landesregierung als ein wichtiger Baustein neben den anderen erneuerbaren Energien gesehen. Wichtig sei es, die Windenergie nicht gegen den Willen der Bevölkerung durchzudrücken. Akzeptanz für die Umsetzung konkreter Projekte vor Ort sei daher sehr wichtig. Daher gelte in Bayern auch die 10H-Regelung. Allerdings hat diese dazu geführt, dass der Windenergie-Ausbau in Bayern nahezu zum Erliegen gekommen ist. Die 10H-Regelung werde dennoch in Bayern fortbestehen, da dies im Koalitionsvertrag festgeschrieben sei. Dennoch wolle die bayerische Landesregierung innerhalb dieses Rahmens den Windenergie-Ausbau ermöglichen. Aktuell habe das bayerische Wirtschaftsministerium daher das Projekt „Aufwind“ ins Leben gerufen. Hiermit sollen Kommunen dabei unterstützt werden, Akzeptanz für konkrete Windenergievorhaben vor Ort zu erreichen. Unterstützt werden diese durch sogenannte „Windkümmerer“, die vor allem die Kommunen bei der Planung, Beteiligung und Moderation rund um Windenergie-Verfahren unterstützen sollen. Weitere Maßnahmen, die aktuell von Seiten der bayerischen Landesregierung umgesetzt werden, sind u.a. die Förderung neuer technischer Möglichkeiten zur Reduzierung von Konflikten bei Windenergieanlagen (v.a. Radar-Maßnahmen zum Schutz von Vögeln), eine Überarbeitung des bayrischen Windenergieerlasses, um die Rechtssicherheit zu erhöhen sowie das Einsetzen für einen Regionalisierungsbonus für Windenergieanlagen auf Bundesebene.

Weitere spannende Vorträge gab es von Dr. Petra Hutner vom Bundesverband WindEnergie e.V., Landesverband Bayern, zum Thema „Zukunft der Windenergie in Bayern“, von Martin Geilhufe vom Bund Naturschutz in Bayern e.V., der die Windenergienutzung aus Sicht des Naturschutzes darstellte, Frank Sondershaus von der Fachagentur Windenergie an Land e.V zum Thema „Beteiligung und Akzeptanz“ sowie von Kristina Willkomm vom Ingenieurbüro Sing GmbH zum Thema „Energiewende vor Ort – die Bürgerwindkraft Fuchstal“.

„Wenn Konflikte beim Ausbau erneuerbarer Energien entstehen, wird häufig übereinander, aber zu wenig miteinander gesprochen“, resümiert Dr. Martin Köppel. „Als neutrale Instanz bietet das KNE Konfliktparteien eine individuelle Beratung bis hin zur Vermittlung spezialisierter Mediatorinnen und Mediatoren an. Konflikte mit dem Naturschutz entstehen oft durch mangelnde oder falsche Informationen, umstrittene Gutachten, unzureichende Kommunikation oder Beteiligung. Das führt nicht selten zu langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen. Ziel unseres Beratungsangebots ist es, Konflikten tatkräftig vorzubeugen oder diese zielstrebig zu klären.“

Windenergieanlage und Landschaft

Neues KNE-Erklärvideo: Artenschutzrechtliche Ausnahmen für die Windenergie

Berlin, 14. Juli 2020

Neues KNE-Erklärvideo: Artenschutzrechtliche Ausnahmen für die Windenergie – Worum genau geht es da eigentlich? 

Die Energiewende kann nur gelingen, wenn die Windenergie erheblich ausgebaut wird. Flächen ohne Konfliktpotenzial mit dem Arten- und Naturschutz sind jedoch kaum noch verfügbar. Die Vorgaben aus dem Bundesnaturschutzgesetz sind aber sehr weitgehend: Wenn ein einzelnes Exemplar einer besonders geschützten Art mit einer Windenergieanlage kollidieren könnte und diese Kollision nicht durch Maßnahmen vermieden werden kann, kann dies bereits ein artenschutzrechtliches Verbot auslösen. Der Bau von Windenergieanlagen wäre in diesen Fällen damit faktisch ausgeschlossen. In einem neuen Video erklärt das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE), unter welchen strengen artenschutzrechtlichen Bedingungen Windenergieanlagen auch an Standorten errichtet und betrieben werden können, an denen das Vorhaben in der Regelgenehmigung an artenschutzrechtlichen Verboten scheitern würde.

„Bei der Ausnahme im besonderen Artenschutzrecht steht der Erhaltungszustand der Population einer Art im Vordergrund, der sich durch die neue Windenergieanlage insgesamt nicht verschlechtern darf“, erläutert Dr. Silke Christiansen, Rechtereferentin im KNE. „Es geht dabei nicht, wie der Begriff suggerieren kann, um eine Ausnahme vom Artenschutz, sondern vielmehr um einen Perspektivwechsel weg vom Individuen- und hin zum Populationsschutz“, so Christiansen weiter.

KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke betont: „Aus unserer Sicht ist die Ausnahme zwar kein Allheilmittel für artenschutzrechtliche Konflikte, sie trägt im Einzelfall jedoch dazu bei, artenschutzrechtliche Konfliktlagen zu überwinden sowie Energiewende und Naturschutz gleichermaßen voranzubringen. Wir plädieren daher für eine differenzierte Auseinandersetzung auf rechtlicher und fachlicher Ebene, für die das KNE als unabhängiger Gesprächspartner und Organisator von Austausch- und Einigungsprozessen zur Verfügung steht.“


Hintergrund

Die Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Nr. 5 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) soll nach dem Willen des Gesetzgebers als letztes Mittel dienen, um im Einzelfall Verbotstatbestände zu überwinden und Projekte zuzulassen. Sie kann daher nicht als grundsätzliche Lösung für eine stockende Energiewende dienen. Es müssen zunächst andere Lösungswege gesucht werden, die eine Regelgenehmigung ermöglichen könnten. Insbesondere sollten Standorte für Windenergieanlagen gewählt werden, die artenschutz-rechtlich möglichst unproblematisch sind. Allerdings wird es – aus verschiedenen Gründen – immer schwieriger, konfliktfreie Standorte zu finden. Eine aktuelle Studie des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) kommt zu dem Ergebnis, dass nur noch wenige konfliktfreie Flächen zur Verfügung stehen.

Weitere KNE-Dokumente zur Ausnahme im besonderen Artenschutzrecht:

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