Ermittlung des Kollisionsrisikos von Vögeln durch Probabilistik?

Berlin, 18. Dezember 2023

Ermittlung des Kollisionsrisikos von Vögeln durch Probabilistik?

Fachgespräch zu den Ergebnissen aktueller Studien zur Ermittlung der Kollisionswahrscheinlichkeit (Probabilistik) und dem Ausweichverhalten des Rotmilans

Die Bundesregierung prüft die Einführung einer probabilistischen Methode zur Ermittlung der Kollisionswahrscheinlichkeit von Vögeln an Windenergieanlagen. Sie soll perspektivisch die Habitatpotenzialanalyse ergänzen und die abstandsbezogene Regelvermutung mit Mitteln der Wahrscheinlichkeitsrechnung überprüfen. Als Grundlage für eine solche Berechnung wurde ein neues Kollisionsrisikomodell – das sogenannte „Hybrid-Modell“ entwickelt.

Vor diesem Hintergrund informierte das KNE in einer Fachveranstaltung über das Modell hinsichtlich des Ansatzes, die zugrunde liegenden Parameter, die Prognosesicherheit und den damit verbundenen methodischen Paradigmenwechsel.

Dazu wurden zwei aktuelle Studien eingehend vorgestellt. Dr. Moritz Mercker (Bionum) legte den Modellierungsansatz aus der Pilotstudie „Erprobung Probabilistik“ dar. Dr. Marc Reichenbach (ARSU) vermittelte ferner die Ergebnisse des Fachgutachtens zur Ermittlung des Flugverhaltens des Rotmilans im Windparkbereich unter Einsatz von Detektionssystemen in Hessen. Dort wurde das Ausweichverhalten des Rotmilans untersucht. Das Ausweichverhalten ist ein zentraler Parameter in Kollisionsrisikomodellen.

Im Anschluss an die Vorstellung der Studienergebnisse wurden Rückfragen geklärt und weitergehende Aspekte im Rahmen einer Podiumsrunde mit eingeladenen Statementgebern besprochen. Darüber hinaus hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, Fragen über ein Online-Tool zu stellen. Die Auswertung ergab, dass besonders folgende Themen für die Akteure interessant waren:

  • Was wäre notwendig, bis ein solches Modell anwendungsfähig wäre?
  • Spiegelt das Modell das tatsächliche Verhalten des Rotmilans ausreichend gut wider?
  • Unter welchen Umständen könnte das Modell auch für andere kollisionsgefährdete Arten verwendet werden?

Diese Fragen konnten von den Referenten zum Teil schon beantwortet werden. Die Anwendung für andere kollisionsgefährdete Arten als den Rotmilan wird gegenwärtig geprüft, die Datenlage ist vielversprechend.  Mit dem „Hybrid-Modell“ ist die Methodenentwicklung einen großen Schritt weitergekommen, es ist das derzeit genaueste Kollisionsrisikomodell.

Die Veranstaltung machte insgesamt deutlich, dass das Thema sehr komplex und das Interesse und der Wissensbedarf der Akteure sehr groß ist.

Fachkontakt

Dr. Elke Bruns
Leiterin Fachinformation
elke.bruns@naturschutz-energiewende.de

Rotmilan im Flug_Sven-Lachmann_Pixabay

Aktuelles aus Bund, Ländern und Forschung

Berlin, 18. Dezember 2023

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 12/23

Aktuelles aus Bund, Ländern und Forschung

Bertelsmann Stiftung

Die Energiewende verspricht vor allem ländlichen EU-Regionen einen Aufschwung: Mehr Arbeitsplätze, mehr wirtschaftlicher Wohlstand und ein verbesserter wirtschaftlicher Zusammenhalt. Die ländlichen Regionen würden vom weiteren Ausbau erneuerbarer Energien besonders profitieren, zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Bertelsmann Stiftung. Für urbane Räume stellt sich die Energiewende gesellschaftlich und wirtschaftlich eher problematisch dar. Beispielsweise können die durch den Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung verloren gehenden Arbeitsplätze durch den Ausbau der Erneuerbaren nicht vollständig ausgeglichen werden.

Die neue Studie der Bertelsmann Stiftung legt dar, dass das Bewältigen dieser Herausforderungen auch den wirtschaftlichen Zusammenhalt zwischen Europas Regionen stärken könnte. Es zeige sich: Regionen, die beim Ausbau der erneuerbaren Energie ohnehin schon führend seien, und ländliche Gebiete mit großem Potenzial zur Erzeugung erneuerbarer Energie, würden am meisten von der Energiewende profitieren.

Bund

Eine Kleine Anfrage (Drucksache 20/9109) der CDU/CSU Fraktion im Bundestag befasst sich mit dem Strukturwandel der Regionen Ostdeutschlands. Die Fraktion fragt spezifisch, wie es um Markt und Produktion von Photovoltaikmodulen steht. Die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen steige zwar, aber liege noch unter der Angebotsmenge. Mit dem Solarpaket I wolle die Bundesregierung die Nachfrage weiter vorantreiben und prüfen, welche Unterstützung man der Industrie anbieten könne, damit in Deutschland nachhaltig PV-Module mit einem attraktiven Preis-Leistungsverhältnis produziert werden könnten.

Die Bundesregierung und BMWK führen zudem aus, dass der derzeitige Preisverfall von PV-Modulen darauf zurück gehe, dass Module, die in China in Zwangsarbeit hergestellt werden, nicht mehr in den USA verkauft werden dürfen und nun in großen Mengen auf dem europäischen Markt angeboten werden. Die Bundesregierung stehe zu dieser Problematik in Kontakt mit der EU-Kommission, um handelspolitische Schutzmaßnahmen zu prüfen.

Schleswig-Holstein

Das schleswig-holsteinische Innenministerium legt einen Gesetzentwurf vor, um die Gemeindeöffnungsklausel mit der Regionalplanung Windenergie in Einklang zu bringen. Der Entwurf zur Änderung des Landesplanungsgesetzes gibt Leitlinien vor, wonach sich Gemeinden an denselben Zielen der Raumordnung orientieren müssen wie die Regionalplanung.

Mit der sogenannten Gemeindeöffnungsklausel hat der Bund den Kommunen die Möglichkeit eingeräumt, Windenergieflächen außerhalb von bestehenden Vorranggebieten zu planen. Die Gemeindeöffnungsklausel nach § 245e Abs. 5 des Baugesetzbuches tritt am 14. Januar 2024 in Kraft. Danach können Kommunen bei der Landesplanungsbehörde ein Zielabweichungsverfahren beantragen, um Windenergieflächen außerhalb von Vorranggebieten zu planen. Neben dem Zielabweichungsverfahren ist eine vollumfängliche gemeindliche Bauleitplanung inklusive Umweltprüfung, Öffentlichkeitsbeteiligung und Abstimmung mit den Nachbarkommunen erforderlich.

Fachkontakt
Thomas Schoder
Mitarbeiter Politikmonitoring
thomas.schoder@naturschutz-energiewende.de

Thomas Schoder - Extrakte

„Vom Winde verdreht?“

Berlin, 13. Dezember 2023

KNE-Lesetipp

„Vom Winde verdreht?“ – Studie der Otto-Brenner-Stiftung zu medialen Narrativen zur Windenergie

Georgiana Banita (2023): Vom Winde verdreht? Mediale Narrative über Windkraft, Naturschutz und Energiewandel

Die Energiewende in Deutschland wird derzeit massiv beschleunigt, entsprechend verändert sich die Präsenz in der Berichterstattung in den Medien. Die Berichte zum Ausbau der erneuerbaren Energien, speziell der Windenergie, und zum Naturschutz sind häufig kritisch geprägt.

Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung (OBS) hat mediale Narrative zu den vermeintlichen Konfliktfeldern Bekämpfung des globalen Klimawandels, Naturschutz und Windenergieausbau untersucht. Viele der kritischen Medienberichte übernehmen eingefahrene Denkmuster und Moralvorstellungen. Die befürwortenden Artikel sind stärker sachlich orientiert und pro Klimaschutz.

Die Autorin der Studie, Georgiana Banita, identifiziert folgende Schwerpunktthemen in der Berichterstattung zur Windenergie, auf die sie in der Studie ausführlich eingeht.

  • Waldmythos und Landschaftsästhetik
  • Artenschutz und Schonung des Lebensraums
  • Windenergie als (teure) Gefahr für die Demokratie
  • Ein gesundheitsgefährdender Fortschrittsglaube?

Welche Haltungen sind festzustellen?

Es werden zwei wesentliche Haltungen und Ausrichtungen in den Medienberichten festgestellt.

Auf der einen Seite stehen Beiträge, die einen Erhalt heimatlicher Natur und Kultur betonten und das Thema bisweilen sehr emotional besetzten. Banita legt dar, dass insbesondere in diesen vielfach häufig auf „kulturelle Konstrukte“ zurückgegriffen werde, beispielweise auf den „Nationalmythos des deutschen Waldes“. Dabei würden wissenschaftliche Erkenntnisse und Fakten mehr oder weniger ignoriert und die Auswirkungen des Klimawandels unterbewertet.

Auf der anderen Seite stehen jene Berichte, die die Energiewende befürworten, ihren Beitrag zum Klimaschutz herausstellen und stärker sachlich orientiert seien. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Fakten werden miteinbezogen. Der technologische Fortschritt wird optimistisch bewertet.

Welche Empfehlungen werden ausgesprochen?

Für eine gesicherte und seriöse Medienarbeit empfiehlt die Autorin Journalistinnen und Journalisten, wissenschaftliche Erkenntnisse verständlicher zu vermitteln und bei speziellen Fragen die Expertise von Wissenschaftlerinnen und Experten zu berücksichtigen – und diese Kompetenz im Artikel klar zu benennen. Darüber hinaus plädiert sie für mehr Klarheit und Plausibilität hinsichtlich noch offener Fragen. So ist es beispielsweise wissenschaftlich nicht abschließend geklärt, wie die die gesundheitlichen Auswirkungen von Windenergieanlagen in unterschiedlichen Abständen zu Wohngebieten sind. Das sollte dann auch so kommuniziert werden.

Darüber hinaus wären ein stärkerer Bezug auf die Geschichte der Energieträger, mehr Bereitschaft zur sachlichen Debatte und zur Selbstreflexion über die eigenen Werte einer ausgewogene Berichterstattung dienlich.

Mit welcher Methode wurden die Ergebnisse ermittelt?

Die Autorin analysierte 40 kritische und befürwortende Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der WELT, dem SPIEGEL und der Süddeutschen Zeitung hinsichtlich sinn-, identitäts- und stimmungsstiftender Zusammenhänge. Die betrachteten Artikel erschienen zwischen Januar 2011 und Dezember 2021 und durchliefen einen systematischen Auswahlprozess. Für die Untersuchung der Narrative setzte Georgina Banita ein qualitatives Forschungsdesign ein.

Quelle: Georgiana Banita (2023): Vom Winde verdreht? Mediale Narrative über Windkraft, Naturschutz und Energiewandel, OBS-Arbeitspapier 60, Hrsg. OBS, 84 S.

Windenergie und Landschaft
Viele der kritischen Medienberichte übernehmen eingefahrene Denkmuster und Moralvorstellungen. Bild von 12019 auf Pixabay

KNE-Forum „Naturverträgliche Solarparks“ – Raum für Vernetzung, Perspektivwechsel und Austausch

Berlin, 8. Dezember 2023

KNE-Forum „Naturverträgliche Solarparks“

Raum für Vernetzung, Perspektivwechsel und Austausch

Am 7. Dezember traf sich zum achten Mal das KNE-Forum “Naturverträgliche Solarparks”. In der Veranstaltung diskutierten die geladenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem Fragen zum Solarpaket, interessante Praxisprojekte, Neuigkeiten aus der Forschung und Erfahrungen mit dem Thema Folgenutzung in Solarpark.

„Quo vadis Solarpaket der Bundesregierung? Naturverträgliche Solarparks zwischen Nische und Mainstream“ war die Diskussionsrunde überschrieben, mit der das Forum diesmal startete. Das Solarpaket der Bundesregierung befindet sich aktuell im parlamentarischen Prozess. In einer Anhörung Mitte November wurden von vielen Akteuren nochmal Stellungnahmen eingebraucht. Welche Anregungen aus Landwirtschaft, Solarbranche und Naturschutz insbesondere mit Blick auf die naturverträgliche Gestaltung von Solarparks nun im weiteren Prozess aufgegriffen werden, bleibt abzuwarten. Hier blicken die Forums-Teilnehmenden mit Spannung auf die weitere Entwicklung.

Im Rahmen eines Praxisbeitrags, diesmal zum Thema „Die Kuh im Solarpark“ wurde anhand eines interessanten Beispiels aus Schleswig-Holstein diskutiert, wie sich Photovoltaik, Landwirtschaft und Naturschutz auf der selben Fläche realisieren lassen und welche Synergieeffekte es insbesondere mit der Weidehaltung von Rindern bei der Förderung von mehr Biodiversität im Solarpark gibt.

Neben Neuigkeiten aus der Forschung waren gegen Ende des Forums zudem Herausforderungen, Wege und Erfahrungen bei der Folgenutzung von Solarparks Gegenstand des Austauschs. Eine Umfrage unter den Teilnehmenden zeigte, dass in fast der Hälfte der in der Runde bekannten Solarparkprojekte Folgenutzungsfragen sehr präsent sind. Einen Teil der damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen hat das KNE in zwei Publikationen aufgegriffen (siehe unten). Die Diskussion im Forum zeigte jedoch, dass bei diesem komplexen Thema durchaus auch noch viele Fragen offen sind.

Das KNE-Forum

Die Teilnehmenden kommen aus Naturschutzorganisationen, aus der Solarbranche, Naturschutzbehörden, Bundes- und Landesministerien, Energieagenturen, Landwirtschaftsverbänden und der Wissenschaft und diskutieren regelmäßig zu selbst gewählten Themen. Mit dem Forum möchte das KNE einen Beitrag zu einem Austausch bundesweit interessierter Akteure leisten. Im Vordergrund des Forums steht der offene Austausch zu Themen, die den Teilnehmenden besonders am Herzen liegen. Das Forum findet zweimal im Jahr statt.

Fachkontakte

Tina Bär
Dialogestalterin
tina.baer@naturschutz-energiewende.de

Dr. Julia Wiehe
Referentin naturverträgliche Solarenergie
julia.wiehe@naturschutz-energiewende.de

Fledermausschutz und Windenergie zusammendenken – das KNE bei der NUA-NRW

Berlin, 1. Dezember 2023

Fledermausschutz und Windenergie zusammendenken – das KNE bei der NUA-NRW

Am 30. November lud die Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW (NUA) zur Veranstaltung „Fledermäuse in der Eingriffsplanung 2023“ nach Essen ein. Rund 350 Vertreterinnen und Vertreter des ehrenamtlichen und hauptamtlichen Naturschutzes, aus Verbänden, Behörden und Gutachterbüros, der Biologischen Stationen und der Wissenschaft tauschten sich zu dieser Thematik aus.

Insbesondere am Nachmittag der Veranstaltung stand das Thema Windenergie und Fledermäuse im Fokus. Holger Ohlenburg vom KNE gab in seinem Vortrag „Geänderte Rahmenbedingungen für den Ausbau der Windenergie, basierend auf bundesrechtlichen Vorgaben – Bedeutung für die Fledermausfauna“ einen Überblick über die Neuregelungen zur Beschleunigung des Windenergieausbaus und den Implikationen für den Fledermausschutz in Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen. Rechtsanwalt Patrick Harbor erörterte in seinem Beitrag die Frage, inwiefern der Fledermausschutz bzw. diesbezügliche Vermeidungsmaßnahmen Gegenstand der Eingriffsregelung sein können. In einem dritten Fachvortrag ging Dr. Christian Voigt vom IZW auf die jüngeren Erkenntnisse der Forschung zu Fledermäusen und Windenergie und die daraus resultierenden Herausforderungen ein.

In der Podiumsdiskussion diskutierten Ohlenburg, Harbor, Voigt und Rebekka Blessenohl vom NABU-Bundesverband mit dem Auditorium die Frage, wie es um den Fledermausschutz im Kontext des Windenergieausbaus jetzt und perspektivisch bestellt ist. Dabei waren die Aspekte vielfältig. Es ging von den Herausforderungen im Zusammenhang mit dem zeitlichen Druck der Flächenausweisungen, der Beschleunigung von Genehmigungen, die heterogene und lückenhafte Datenlage zu Fledermäusen über denkbare Standardisierungen zu Fledermäusen auf Bundesebene bis hin zu möglichen Implikationen der Anfang November in Kraft getretenen RED III, die erst noch in deutsches Recht umgesetzt werden muss. Die Diskussionen machten deutlich, dass in der Praxis noch Unsicherheiten bestehen, wie die neuen Regelungen in Bezug auf Fledermäuse angewendet werden sollen. Auch besteht von Seiten des Naturschutz Besorgnis, dass noch ausstehende Standardisierungen und weitere Beschleunigungsregelungen für die Windenergie mit einem Abbau des Schutzniveaus für Fledermäuse bei Windenergievorhaben einhergehen könnten.

Fachkontakt
Holger Ohlenburg
Referent naturverträgliche Windenergie
holger.ohlenburg@naturschutz-energiewende.de

Personengruppe
Sie diskutierten, moderiert von Saskia Helm (NUA-NRW), auf dem Podium zu den Herausforderungen und Bedarfen zum Fledermausschutz an Windenergieanlagen (li. H. Ohlenburg, KNE).

KNE-Podcast: Erneuerbare Energien im Biosphärenreservat – passt das?

Berlin, 29. November 2023

KNE-Podcast: Erneuerbare Energien im Biosphärenreservat – passt das?

In Deutschland gibt es 18 UNESCO-Biosphärenreservate. Diese sind nicht nur repräsentativ für die Vielfalt der Lebensräume, der Fauna und Flora hierzulande, sondern sind auch Modellregionen für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in einem Schutzgebiet.

Aufgaben und Ziele dieser Landschaften werden im Aktionsplan von Lima festgehalten. Dazu zählt auch, dass Biosphärenreservate zum Pariser Klimaabkommen und der Agenda 2030 beitragen müssen. Erneuerbare Energien sind also ein wichtiges Thema.

Wie aber gelingt es in den Biosphärenreservaten Deutschlands, sich für den Naturschutz einzusetzen und gleichzeitig einen Beitrag zur Energiewende zu leisten? Welche Erfahrungen liegen hierzu vor?

In Folge 32 von Naturschutz und Energiewende spricht Moderator Dr. Torsten Raynal-Ehrke mit Dr. Gerhard Mörsch, dem Geschäftsführer des Zweckverbandes Biosphärenreservat Bliesgau. Die Biosphäre Bliesgau liegt im Süden des Saarlands, hat seit 2009 den UNESCO-Status und war dieses Jahr Sieger des BMUV-Bundeswettbewerbs Nachhaltige Tourismusdestinationen.

Im Gespräch werden Funktionen und Schutzbereiche dieser Landschaften näher erklärt. Was unterscheidet ein Biosphärenreservat von einem Naturpark? Wie funktioniert die Aufteilung der verschiedenen Zonen, der Kern-, Pflege- und Entwicklungszone? Und wie können Erneuerbare-Energien-Projekte umgesetzt werden?

Darüber hinaus geht es auch um die praktischen Erfahrungen. Welche Arten von Erneuerbaren gibt es bereits im Bliesgau und worauf musste bei deren Planung geachtet werden? Was waren die Erfahrungen mit Mediation, als ein Windenergieprojekt auf Widerstand bei der Bevölkerung stieß?

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Der KNE-Podcast

Dialoge – Debatten – Denkanstöße: Der KNE-Podcast beschäftigt sich mit aktuellen Fragen rund um die naturverträgliche Energiewende. Wie können Vogelkollisionen an Windenergieanlagen vermieden werden, wie lassen sich Konflikte beim Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort klären, und was alles muss berücksichtigt werden, damit eine Erneuerbaren-Anlage genehmigt werden kann? Zu diesen und vielen weiteren Fragen kommen unterschiedlichste Expertinnen und Experten im Podcast zu Wort.

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Aktuelles aus Bund und Ländern

Berlin, 27. November 2023

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 11/23

Aktuelles aus Bund und Ländern

Bund

Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie am 15. November, stießen die von der Bundesregierung im sogenannten Solarpaket I geplanten gesetzlichen Neuregelungen zum Ausbau der Photovoltaik (Drucksache 20/8657) grundsätzlich auf Zustimmung. Es wurden jedoch weitere Änderungen angemahnt, damit der jährliche Leistungszubau bei PV-Anlagen wie geplant bis auf 22 Gigawatt gesteigert und für die Folgejahre auf diesem hohen Niveau stabilisiert werden kann. Durch das Gesetz soll unter anderem die Förderung für besondere Solaranlagen, sogenannte Agri-PV, Floating-PV, Moor-PV und Parkplatz-PV, neu geregelt werden. Birthe März, Referentin für Klima- und Transformationspolitik beim Deutschen Naturschutzring (DNR) erklärte, dass bei der Umwandlung unversiegelter und landwirtschaftlicher Flächen zu Standorten für Solar-Freiflächenanlagen Anforderungen des Naturschutzes eingehalten werden müssten. So könnten Naturschutz und eine beschleunigte Energiewende in Einklang gebracht werden. Ein Mehr an Biodiversität stärke zudem die Akzeptanz vor Ort.

Brandenburg

Eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Thomas Domres (DIE LINKE) befasst sich mit dem „Artenschutzprogramm Adler“, das 2005 in Brandenburg veröffentlicht wurde. Neben konkreten Schutzmaßnahmen, die das Programm vorschlug, sollte das Interesse für die berühmten Großvögel geweckt werden. Aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage (Landtags-Drucksache 7/8673) geht hervor, dass sich die Anzahl der Reviere von Fischadler und Seeadler deutlich positiv entwickelt haben. Beim Schreiadler sei zumindest von einer Stabilität des Bestandes auszugehen. Das bestehende Horstbetreuersystem und die Horstschutzzonen nach § 19 BbgNatSchAG hätten sich bewährt. Beim Fischadler gebe es zudem eine gute Zusammenarbeit mit den Energieversorgungsunternehmen. Hinsichtlich des Verlustgeschehens gebe es kaum noch Verluste durch Stromschlag. Verluste an Windenergieanlagen seien vor allem bei Schrei- und Seeadler relevant. Beim Seeadler gebe es zudem immer noch Bleivergiftungen und eine hohe Zahl an Bahnopfern.

Saarland

Wirtschafts- und Energieminister Jürgen Barke (SPD) und Klimaministerin Petra Berg (SPD) haben Anfang November ein Gesetzespaket zum Ausbau der erneuerbaren Energien im Saarland vorgestellt. Mit dem Saarländischen Flächenzielgesetz soll den Vorgaben des Windenergieflächenbedarfsgesetztes (WindBG) des Bundes entsprochen werden. Für das Saarland gelten demzufolge Flächenbeitragswerte von 1,1 Prozent der Landesfläche bis Ende 2027 und 1,8 Prozent bis Ende 2032. Die Landesregierung beabsichtigt, ihre Verpflichtung deutlich schneller zu erfüllen und insgesamt 2,0 Prozent der Landesfläche bis zum 31. Dezember 2030 nach Maßgabe des Energiefahrplans aus dem Jahr 2021 auszuweisen. Das Saarländische Flächenzielgesetz enthält Teilflächenziele auf kommunaler Ebene. Die Planungshoheit und damit die Steuerung des Windenergieausbaus werden dadurch auch zukünftig bei den Kommunen liegen. Zudem werde es ein Saarländisches Gemeindebeteiligungsgesetz und eine Änderung des Landeswaldgesetzes geben (PM Ministerium für Umwelt Saarland 11/2023).

Fachkontakt
Thomas Schoder
Mitarbeiter Politikmonitoring
thomas.schoder@naturschutz-energiewende.de

Thomas Schoder - Extrakte

Das KNE auf dem ANU-Fachtag zu Zielkonflikten zwischen Energiewende und Naturschutz

Berlin, 23. November 2023

Das KNE auf dem ANU-Fachtag zu Zielkonflikten zwischen Energiewende und Naturschutz

Die Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung (ANU) lud am 20. November Akteure zum Fachtag „Zielkonflikte zwischen Energiewende und Naturschutz im Kontext von BNE“ nach Hannover ein. Etwa 1300 Umweltzentren, Einrichtungen, Verbände, Initiativen und Personen, die in der außerschulischen Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) tätig sind, haben sich im Dach- und Fachverband ANU zusammengeschlossen.

Der Fachtag richtete sich damit an Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der BNE, in deren Arbeitsbereichen das Thema Zielkonflikte eine Rolle spielt und die zu diesem Thema Bildungsangebote erarbeiten. Kathrin Schwarz, Referentin Biodiversität in der Energiewende im KNE, stellte in ihrem Vortrag „Zielkonflikte in der Energiewende“ die sogenannte Triple-Krise (Biodiversitätsverlust, Klimawandel und Energiekrise) dar. Beispielhaft wurden die KNE-Arbeitsbereiche „Windenergie und Vogelschutz“ sowie „Solarenergie und Flächenverbrauch“ vorgestellt und Lösungsansätze von Zielkonflikten, wie beispielsweise der Einsatz von Antikollisionssystemen zur Vermeidung von Vogelkollisionen und der Doppelnutzung von Flächen mittel Agri-Photovoltaik, aufgezeigt. Zudem gab Kathrin Schwarz eine Einführung in die Historie und den Kontext der Debatten rund um die Zielkonflikte, um Hintergrundwissen für Bildungsangebote mit auf den Weg zu geben. Im weiteren Verlauf wurden BNE-Ansätze zur Thematik vorgestellt und mehrere Planspiele, sowohl für die schulische Bildung als auch für die Erwachsenenbildung, erklärt und getestet.

Konsens herrschte schließlich darüber, dass die Ausbauziele erreicht werden müssen, jedoch dürfe der Artenschutz trotz der Beschleunigung der erneuerbaren Energien nicht vernachlässigt werden und muss entsprechend Berücksichtigung finden. Dahingehend sollte auch zukünftig gehandelt werden.

Fachkontakt
Kathrin Schwarz
Referentin Biodiversität in der Energiewende
kathrin.schwarz@naturschutz-energiewende.de

Grafik zur Dreifachkrise
Quelle: KNE

Verordnung über die Wiederherstellung der Natur: Rat und Parlament erzielen Einigung

Berlin, 23. November 2023

Verordnung über die Wiederherstellung der Natur: Rat und Parlament erzielen Einigung

Extrakte aus der EU 11/23

Der Vorsitz des Rates der Europäischen Union und die Vertreter und Vertreterinnen des Europäischen Parlaments haben am 9. November 2023 eine vorläufige politische Einigung über eine Verordnung über die Wiederherstellung der Natur erzielt. Gemäß dieser Verordnung müssen die Mitgliedstaaten Maßnahmen festlegen und umsetzen, mit denen bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresgebiete der EU wiederhergestellt werden. Für die in der Verordnung aufgeführten Ökosysteme – von landwirtschaftlichen Flächen und Wäldern bis hin zu Meeres-, Süßwasser- und städtischen Ökosystemen –  werden spezifische rechtsverbindliche Ziele und Verpflichtungen für die Wiederherstellung der Natur festgelegt.

Die Verordnung ist ein zentraler Bestandteil der Biodiversitätsstrategie für 2030 und soll der EU dabei helfen, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen, insbesondere jenen des Globalen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal der Vereinten Nationen, der auf der Konferenz der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt (COP 15) 2022 vereinbart wurde.

Die vorläufige Einigung muss nun von den beiden gesetzgebenden Organen gebilligt und förmlich angenommen werden, ehe sie in Kraft treten kann (PM Rat der Europäischen Union 11/2023).

Extrakte aus der EU

Europarechtliche Regelungen werden zunehmend wichtiger – auch für die naturverträgliche Energiewende in Deutschland. Das KNE beschäftigt sich aufgrund der aktuellen Entwicklungen vertieft mit der Politik der EU-Institutionen. An dieser Stelle informieren wir regelmäßig über die für die Akteure des Naturschutzes und der Energiewende relevanten Entscheidungen und Prozesse.

Fachkontakt
Thomas Schoder
Mitarbeiter Politikmonitoring
thomas.schoder@naturschutz-energiewende.de

Illustration: EU-Sterne auf blauem Grund

Zur räumlichen Bündelung von Verkehrswegen und PV-FFA aus naturschutzfachlicher Perspektive

Berlin, 22. November 2023

KNE-Lesetipp

Zur räumlichen Bündelung von Verkehrswegen und PV-FFA aus naturschutzfachlicher Perspektive

Peter et al. (2023): Lebensraumverbund und Wildtierwege – erforderliche Standards bei der Bündelung von Verkehrswegen und Photovoltaik-Freiflächenanlagen

Die räumliche Steuerung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) ist im Zuge des verstärkten und beschleunigten Ausbaus von großer Bedeutung. Die Flächen entlang von bestehenden Infrastrukturen gelten aufgrund ihrer Vorbelastung als konfliktarm und vorrangig nutzbar. Um eine Lenkung auf diese Flächen zu erreichen, wurde in §35 Baugesetzbuch (BauGB) eine Teilprivilegierung und damit ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für PV-FFA im Nahbereich (bis 200 m) zu Autobahnen, mehrgleisigen Schienen und parallel zu Verkehrswegen eingeführt (§35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB). Zudem macht die Vergütung nach §37 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für PV-FFA in bis zu 500 Meter Entfernung zu Autobahnen und mehrgleisigen Schienenwegen die Nutzung dieser Flächen attraktiv (§37 Abs. 1Nr. 2c EEG).

Der Artikel widmet sich der räumlichen Bündelung von Verkehrswegen und PV-FFA aus naturschutzfachlicher Perspektive und wurde in Folge eines Workshops an der internationalen Naturschutzakademie auf der Insel Vilm (INA) erstellt.

Die Autorinnen und Autoren gehen zunächst auf den politischen und rechtlichen Kontext ein und zeigen die Bedeutung der Bündelung von PV-FFA und Verkehrswegen auf. Durch eine Nutzung dieser Flächen für PV-FFA können zusätzliche Landschafts- und Habitat-Zerschneidungen vermieden und ein besserer Biotopverbund geschaffen werden. Des Weiteren werden auch mögliche negative Folgen der Bündelung thematisiert. Hierbei werden beispielsweise die kumulative Wirkung der PV-FFA, eine erhöhte Mortalitätsrate für Wildtiere und fehlende Ruhebereiche für die Tiere nach Querung der Verkehrswege erwähnt. Zudem wird der Begriff der „Bündelung“ genauer erläutert, unterschiedliche Definitionen sowie Beispiele aus der Praxis werden angeführt. Anschließend werden zu beachtende Aspekte im Planungs- und Abwägungsprozess der Bündelung erläutert, wie beispielsweise die Sicherung von Wildtierkorridoren, die Beachtung der Flächen des Biotopverbundes und der übergeordneten Regelungen der Bundesländer. Als Abschluss der Veröffentlichung werden Hinweise zu erforderlichen Standards der Standortwahl und zur Gestaltung der PV-FFA an Verkehrswegen formuliert. Hierbei werden acht Ergebnisse präsentiert. Es wird empfohlen, dass

  1. obligate Tabuflächen für die Errichtung von PV-FFA entlang von Verkehrswegen freizuhalten sind. Dazu gehören beispielsweise ausgewiesene Flächen des Biotopverbundes und prioritäre Bereiche für Wiedervernetzungsmaßnahmen.
  2. keine wilddichten Zäune um die PV-FFA errichtet werden.
  3. eine Barrierewirkung durch eutrophe und/oder dicht und hochwachsende Begrenzungssäume vermieden wird.
  4. durch die obligate Errichtung von Wildtierkorridoren eine Mindestdurchlässigkeit für Tiere erhalten werden soll.
  5. Freihalteflächen im Umkreis von Querungshilfen an Verkehrswegen vorgesehen werden.
  6. Mindestabstände von PV-FFA zu Gewässern, kleineren Querungshilfen und Waldrändern berücksichtigt werden.
  7. die Ausgestaltung und Pflege der Wildtierkorridore auf den Landschaftsraum und die Ziele des jeweiligen Lebensraumverbunds ausgerichtet sein sollten.
  8. Beleuchtung zu vermeiden ist, welche auf die Tiere abschreckend, störend oder attrahierend wirken könnte.

Der Artikel gibt einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand des Wissens zum Thema der Einbindung von PV-FFA in den Lebensraumverbund und bietet eine Orientierungshilfe für Genehmigungsbehörden. Durch die erwähnten neuen gesetzlichen Regelungen werden die Flächen entlang von Verkehrswegen immer wichtiger für den Ausbau von PV-FFA. Eine standortangepasste und naturverträgliche Gestaltung dieser Anlagen ist daher entscheidend, um mögliche negative Folgen der Bündelung zu verhindern und die positiven Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen.

Quelle: Peter, F., Reck, H., Trautner, J., Böttcher, M, Strein, M., Herrmann, M., Meinig, H., Nissen, H., Weidler, M. (2023): Lebensraumverbund und Wildtierwege – erforderliche Standards bei der Bündelung von Verkehrswegen und Photovoltaik-Freiflächenanlagen. „Natur und Landschaft“ 98. Jahrgang (2023) – Ausgabe 11, S. 507-515

Strasse und Solarpark mit Landschaft
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