Wozu dienen die Prozentwerte für zumutbare Ertragsverluste durch Abschaltungen von Windenergieanlagen?

Berlin, 14. Mai 2024

Wozu dienen die Prozentwerte für zumutbare Ertragsverluste durch Abschaltungen von Windenergieanlagen?

In § 45b und in Anlage 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sind Prozentwerte für zumutbare Ertragsverluste festgelegt, die durch Abschaltungen von Windenergieanlagen entstehen, zum Beispiel wenn ein Antikollisionssystem als Schutzmaßnahme für Vögel eingesetzt wird. Welche Funktion haben diese Werte, und lässt sich daraus – im Sinne einer Deckelung – die Möglichkeit ableiten, abschaltungsbezogene Schutzmaßnahmen in der Betriebsphase unterjährig außer Kraft zu setzen? Und was gilt diesbezüglich bei Genehmigungen in Windenergiegebieten und damit im Anwendungsbereich von § 6 Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG)?

Diese Anfrage beantwortete das KNE bereits in diesem Februar und berichtete darüber auch im Newsletter. Die ursprüngliche Version der „Frage und Antwort“ fokussierte auf den Anwendungsfall der Signifikanzprüfung nach den Regelungen des § 45b BNatSchG. Die Überarbeitung bezieht nun auch die Konstellation mit ein, dass Windenergieanlagen (WEA) in Windenergiegebieten im Anwendungsbereich des § 6 WindBG beantragt werden.

Hier eröffnet das Gesetz – anders als außerhalb von Windenergiegebieten – die Möglichkeit, Schutzmaßnahmen in reduziertem Umfang umzusetzen, wenn diese die Zumutbarkeitsschwellen überschreiten. Dann sind allerdings ergänzende Zahlungen in Artenhilfsprogramme zu leisten.

Hier finden Sie die ausführliche „Frage und Antwort“ für zumutbare Ertragsverluste durch Abschaltungen von Windenergieanlagen.

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Holger Ohlenburg
Leiter Team Wind
holger.ohlenburg@naturschutz-energiewende.de

Gondel einer Windenergieanlage
Foto: Nicole Klesy auf Pixabay.

Solarpaket 1: Mindestkriterien können den Naturschutz im Solarpark stärken

Berlin, 14. Mai 2024

KNE-Wortmeldung

Solarpaket 1: Mindestkriterien können den Naturschutz im Solarpark stärken

Der Bundesrat hat am 26. April 2024 dem Gesetzesentwurf zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften („Solarpaket 1“) zugestimmt. Das Gesetz tritt damit am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Es bietet grundsätzlich Potenzial, um zu mehr Naturverträglichkeit im Solarpark zu gelangen. Bei der konkreten Ausgestaltung der neuen Regelungen sollten aber noch Präzisierungen vorgenommen werden.

Mit dem Solarpaket 1 soll der Ausbau der Photovoltaik (PV) beschleunigt und entbürokratisiert, aber auch die naturverträgliche Gestaltung von Solarparks gefördert werden. In seiner Einordnung und Bewertung fokussiert sich das KNE auf zwei Neuerungen:

  • die Erweiterung der Kulisse der nach EEG vergütungsfähigen Flächen und
  • die fünf naturschutzfachlichen Mindestkriterien.

Hier geht es zur ausführlichen Wortmeldung und zum Download.

 

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Antikollisionssysteme – aktuelle Entwicklungen und Probleme in der Praxis

Berlin, 13. Mai 2024

Antikollisionssysteme – aktuelle Entwicklungen und Probleme in der Praxis

Zwei Webinare im Rahmen des FuE-Projektes

Das KNE-Forschungsprojekt „Antikollisionssysteme in der Praxis“ befasst sich mit der Frage, wie Antikollisionssysteme (AKS) als eine der in § 45b Absatz 6 Bundesnaturschutzgesetz genannten Schutzmaßnahmen Eingang in die Genehmigungspraxis finden können. Im Rahmen des Projektes wurden nun zwei Webinare zu den Themen „Genehmigung von AKS – Basiswissen und aktuelle Entwicklungen“ und „AKS als Schutznahmen im BNatSchG – alle Probleme gelöst?“ durchgeführt.

Webinar 1 „Genehmigung von AKS – Basiswissen und aktuelle Entwicklungen“

Das erste Webinar am 30. April 2024 richtete sich an Vertreterinnen und Vertreter von. Dort wurde der aktuelle Wissenstand rund um die grundlegenden Fragen zum Einsatz von AKS präsentiert. Dr. Elke Bruns (Projektleiterin) gab im ersten Teil der Online-Veranstaltung einen Überblick über die technische Ausstattung, den Entwicklungsstand von Detektionssystemen, wie sie funktionieren und was sie leisten müssen, um als wirksam zu gelten.

AKS gelten laut Gesetz als fachlich geeignet. Sie versprechen ein hohes Schutzniveau, da das Kollisionsrisiko für  Brutvogelarten dadurch – auch über einen längeren Zeitraum hinweg bedarfsgerecht verringert werden kann.  In der Praxis stellt sich die Anwendung jedoch als nicht so einfach dar. Zum einen gilt bisher erst ein einziges Detektionssystem als wirksam. Es kann zum Schutz des Rotmilans, in zwei Bundesländern auch zum Schutz des Seeadlers eingesetzt werden. Weitere Systeme sind noch in der Erprobung, Die Vertreter und Vertreterinnen der Unteren Naturschutzbehörden wünschten sich eine Klärung, wer für die Anerkennung zuständig ist und wie das Prozedere der Anerkennung abläuft. Hierzu konnte das FuE-Projekt nur vorläufige Angaben machen.

Zum andern setzen, wie Maik Pommeranz (Projektmitarbeiter) erläuterte, die Zumutbarkeitsbeschränkungen für Schutzmaßnahmen insbesondere der Anwendung von kostenintensiven AKS Grenzen. Dies gilt vor allem  an den weniger ertragreichen Standorten, da dort die Grenze der wirtschaftlichen Zumutbarkeit schneller erreicht ist. Wenn ein AKS hingegen mehrere WEA abdecken kann und die Kosten aufgeteilt werden können, erhöhen sich die Spielräume für den Einsatz der Systeme. Die Teilnehmenden kritisierten in ihren Rückmeldungen, dass es an konkreten Vollzugshinweisen fehle, wann AKS eingesetzt werden sollten.

Unsicherheiten bestehen auch bei der Frage, wie AKS im Genehmigungsbescheid zu behandeln sind. In dem Webinar wurde ein aktuelles Urteil thematisiert, wonach der Behörde ein Abschaltkonzept vorliegen müsse, so dass die Vermeidungswirksamkeit der Maßnahme beurteilt werden kann. Die Teilnehmenden bestätigten, dass eine Handreichung für die rechtssichere Anordnung von AKS bei Änderungen und oder Neugenehmigungen hilfreich sei.

Webinar 2 „AKS als Schutznahmen im BNatSchG – alle Probleme gelöst?“

Das zweite Webinar fand am 7. Mai 2024 statt und richtete sich speziell an Naturschutz- und Umweltverbände. Ziel war es auch hier zunächst Basiswissen über die Funktionsweise einer automatisch gesteuerten Abschaltung zu vermitteln. Die Verbandsvertreter und -vertreterinnen konnten sich im Zuge des Webinars ein Bild über den Stand der technischen Entwicklungen sowie über die Anerkennung wirksamer Detektionssysteme machen und zahlreiche Fragen stellen.

Skepsis und Wissensbedarf bleiben

Einige Webinarteilnehmerinnen und -teilnehmer zeigten sich skeptisch, ob die Systeme insbesondere an Standorten mit mehreren Brutpaaren kollisionsgefährdeter Arten und zugleich hohem Aufkommen an Nahrungsgästen zurechtkommen würden. Gefragt wurde auch nach den Möglichkeiten einer nachträglichen Ausstattung von WEA mit einem AKS. Wiederum andere Teilnehmer und Teilnehmerinnen meldeten, dass sie in ihrem Zuständigkeitsbereich in den letzten zwei Jahren noch keine AKS als Genehmigungsauflage auf dem Tisch gehabt hätten. Insgesamt überwog in der Runde die Skepsis darüber, welche Zukunft die AKS unter den gesetzlichen Rahmenbedingungen haben könnten.

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Dr. Elke Bruns
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elke.bruns@naturschutz-energiewende.de

Titelbild: Illustration Tino Herrmann

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Illustration Rotmilan i Flug vor Windenergieanlage
Ziel des FuE-Vorhabens ist es, die Rahmenbedingungen für den Einsatz von Antikollisionssystemen (AKS) zu klären, um deren Anwendung in Genehmigungsverfahren auf eine fachwissenschaftlich abgesicherte Grundlage zu stellen.

Bürgergespräch zum Thema „Solarstrom vom Acker?“

Berlin, 13. Mai 2024

Bürgergespräch zum Thema „Solarstrom vom Acker?“

Der Heimatverein Ringenwalde e. V. lud am 5. Mai zur Information und zur Diskussion über Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) nach Bremen ein. Rund 50 Interessierte nahmen teil und informierten sich über den Solarparkausbau in ihrer Region und den verbundenen Herausforderungen und Chancen.

Dr. Julia Thiele, Fachreferentin naturverträgliche Solarenergie im KNE, informierte im Rahmen ihres Vortrags „Mehr Biodiversität in unsere Solarparks – wie schaffen wir das?“ im Wesentlichen über die Auswirkungen von Solarparks auf Natur und Landschaft, über ökologisch wertvolle Gestaltungsmöglichkeiten und über die Steuerungsmöglichkeiten von Gemeinden, damit ein naturverträglicherer Ausbau erreicht werden kann. Weiteren Input lieferten Katja Neels zur Bürgerbeteiligung in der Gemeinde Nordwestuckermark und Dieter Arndt mit einem Erfahrungsbericht aus der politischen Praxis.

In der anschließenden Diskussion interessierten sich die Teilnehmenden unter anderem für die Fragen: Wie lassen sich Chancen und Risiken möglichst fair verteilen? Welche Inhalte können Grundsatzbeschlüsse enthalten? Werden Solarparks auch in Schutzgebieten zugelassen? Warum werden nicht nur oder wesentlich mehr Verkehrsflächen für den Ausbau der PV-FFA genutzt? Wie viel Fläche würden Solarparks für die Zielsetzung nach dem EEG benötigen, wenn sie naturverträglich gestaltet werden? Wann wird ein Solarpark als ökologisch hochwertig bemessen?

Darüber hinaus ging es auch um die Möglichkeiten der finanziellen Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Solarparks und die Herausforderung für die Gemeinden, mit den vielen Anfragen von Betreibern umzugehen.

Fachkontakt

Dr. Julia Thiele
Fachreferentin naturverträgliche Solarenergie
julia.thiele@naturschutz-energiewende.de

 

Photovoltaikanlagen auf der Freifläche, Foto: Natalie Arnold
Foto: Natalie Arnold

Ein digitales Dialogtool zur Entscheidungsunterstützung im Rahmen der Energiewende

Berlin, 8. Mai 2024

KNE-Lesetipp

Ein digitales Dialogtool zur Entscheidungsunterstützung im Rahmen der Energiewende

Thiele, J. et al. (2024): Bürgerbeteiligung 3.0 – ein digitales Dialogtool zur Entscheidungsunterstützung im Rahmen der Energiewende

Auf Basis verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse wurde ein digitales Dialogtool entwickelt, um die Bürgerbeteiligung bei Planungen von Windenergie- und Photovoltaikanlagen auf Gemeindeebene zu verbessern. Das Tool simuliert die Allokation der Anlagen auf einer interaktiven Karte.

Die Zustimmung der Menschen zur Energiewende ist nach wie vor steigend, dennoch stoßen konkrete Planungen für neue Erneuerbare-Energien-Projekte vor Ort häufig auf Kritik oder Widerstand. Bei der Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien ist es daher wichtig, sowohl den Schutz von Natur und Landschaft als auch die Bürgerbeteiligung im Blick zu behalten.

Statt einer Einschränkung der Beteiligungsmöglichkeiten werden neue Formate benötigt, die Gemeindemitglieder aktiver und verantwortungsvoller in die Gestaltung der Energielandschaft vor Ort einbeziehen. Zu diesem Zweck wurde von Julia Thiele, Jule Kinzinger und Christina von Haaren (Universität Hannover) auf Basis verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse ein digitales Dialogtool entwickelt. In der Mai-Ausgabe der Zeitschrift „Natur und Landschaft“ ist dazu nun ein Artikel erschienen.

Kernelemente des Tools sind die Vorgabe eines von der Bundesebene räumlich herunterskalierten Zielstromertrags für den Planungsraum und Informationen über räumliche Grenzen für eine gesellschaftlich akzeptierte und naturverträgliche Allokation von Wind- oder Solarenergieanlagen. In Workshops simulierten Gemeindemitglieder auf einer interaktiven Karte die Verteilung der Anlagen, um den Zielstromertrag zu erreichen. Das digitale Dialogtool wurde in drei Gemeinden evaluiert. Im Ergebnis zeigte sich, dass Dialogprozesse und das lokale Verantwortungsbewusstsein sowie die Akzeptanz der erneuerbaren Energien vor Ort gefördert wurden. Die Resultate können in der Regional- oder Bauleitplanung als Beitrag der Bürgerbeteiligung genutzt werden.

Quelle: Thiele, J., Kinzinger, J., von Haaren, C. (2024): Bürgerbeteiligung 3.0 – ein digitales Dialogtool zur Entscheidungsunterstützung im Rahmen der Energiewende. „Natur und Landschaft“ 99. Jahrgang (2024) – Ausgabe 5, S. 217-227

Häuser mit Himmel und Windenergieanlage
Bürgerbeteiligung und -teilhabe sind für eine erfolgreiche Energiewende wichtig. Bild: Alexander Fox | PlaNet Fox, Pixabay.