Ein digitales Dialogtool zur Entscheidungsunterstützung im Rahmen der Energiewende

Berlin, 8. Mai 2024

KNE-Lesetipp

Ein digitales Dialogtool zur Entscheidungsunterstützung im Rahmen der Energiewende

Thiele, J. et al. (2024): Bürgerbeteiligung 3.0 – ein digitales Dialogtool zur Entscheidungsunterstützung im Rahmen der Energiewende

Auf Basis verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse wurde ein digitales Dialogtool entwickelt, um die Bürgerbeteiligung bei Planungen von Windenergie- und Photovoltaikanlagen auf Gemeindeebene zu verbessern. Das Tool simuliert die Allokation der Anlagen auf einer interaktiven Karte.

Die Zustimmung der Menschen zur Energiewende ist nach wie vor steigend, dennoch stoßen konkrete Planungen für neue Erneuerbare-Energien-Projekte vor Ort häufig auf Kritik oder Widerstand. Bei der Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien ist es daher wichtig, sowohl den Schutz von Natur und Landschaft als auch die Bürgerbeteiligung im Blick zu behalten.

Statt einer Einschränkung der Beteiligungsmöglichkeiten werden neue Formate benötigt, die Gemeindemitglieder aktiver und verantwortungsvoller in die Gestaltung der Energielandschaft vor Ort einbeziehen. Zu diesem Zweck wurde von Julia Thiele, Jule Kinzinger und Christina von Haaren (Universität Hannover) auf Basis verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse ein digitales Dialogtool entwickelt. In der Mai-Ausgabe der Zeitschrift „Natur und Landschaft“ ist dazu nun ein Artikel erschienen.

Kernelemente des Tools sind die Vorgabe eines von der Bundesebene räumlich herunterskalierten Zielstromertrags für den Planungsraum und Informationen über räumliche Grenzen für eine gesellschaftlich akzeptierte und naturverträgliche Allokation von Wind- oder Solarenergieanlagen. In Workshops simulierten Gemeindemitglieder auf einer interaktiven Karte die Verteilung der Anlagen, um den Zielstromertrag zu erreichen. Das digitale Dialogtool wurde in drei Gemeinden evaluiert. Im Ergebnis zeigte sich, dass Dialogprozesse und das lokale Verantwortungsbewusstsein sowie die Akzeptanz der erneuerbaren Energien vor Ort gefördert wurden. Die Resultate können in der Regional- oder Bauleitplanung als Beitrag der Bürgerbeteiligung genutzt werden.

Quelle: Thiele, J., Kinzinger, J., von Haaren, C. (2024): Bürgerbeteiligung 3.0 – ein digitales Dialogtool zur Entscheidungsunterstützung im Rahmen der Energiewende. „Natur und Landschaft“ 99. Jahrgang (2024) – Ausgabe 5, S. 217-227

Häuser mit Himmel und Windenergieanlage
Bürgerbeteiligung und -teilhabe sind für eine erfolgreiche Energiewende wichtig. Bild: Alexander Fox | PlaNet Fox, Pixabay.

Aktuelles aus den Ländern und der Forschung

Berlin, 30. April 2024

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 04/24

Aktuelles aus den Ländern und der Forschung

Öko-Institut

In Deutschland stehen mehr Flächen für den Ausbau von PV-Freiflächenanlagen zur Verfügung, als nach aktuellen Abschätzungen für ein vollständig erneuerbares Stromsystem benötigt werden. Laut Überblicksstudie des Öko-Instituts könnten allein an Seitenrandstreifen, über Parkplätzen sowie auf Industrie- und Gewerbeflächen 287 Gigawatt Solarenergie installiert werden. Das ist deutlich mehr als die Zielgröße des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) von 200 Gigawatt PV-Freiflächenanlagen bis zum Jahr 2040. Landwirtschaftliche Flächen mit geringerem Ertrag müssten dann nur in sehr geringem Umfang in Anspruch genommen werden. Knapp 5.000 GW stünden darüber hinaus zur Verfügung, wenn technische Potenziale ausgeschöpft würden, die Synergien herstellen mit Moorflächen, Gewässern oder weiteren landwirtschaftlich hochwertigen Flächen (PM 04/2024).

Baden-Württemberg

In einem Berichtsantrag (Landtags-Drucksache 17/6356) fragt die Abgeordnete Gabriele Rolland unter anderem danach, welche Fortschritte es bislang hinsichtlich des Schutzes vorhandener Greifvögel durch Abschalteinrichtungen gebe und bei wie vielen Anlagen diese bereits genutzt werden. Laut der baden-württembergischen Landesregierung laufen derzeit verschiedene Aktivitäten, um Antikollisionssysteme (AKS) weiterzuentwickeln. So führt das KNE im Auftrag des Bundesamts für Naturschutz (BfN) momentan ein Forschungsvorhaben zu AKS in der Praxis durch. Das Land Schleswig-Holstein erstellt derzeit einen Prüfrahmen für AKS, der als Grundlage für eine technische Zertifizierung der Systeme dienen könne. Darüber hinaus fördere das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft finanziell die Entwicklung eines weiteren AKS im Windenergietestfeld auf der Schwäbischen Alb im Landkreis Göppingen. Der Einsatz von AKS spiele im Land für den ganz überwiegenden Teil der Genehmigungsverfahren derzeit noch keine Rolle. Bisher kommen die Systeme in Baden-Württemberg an einzelnen Anlagen im Hohenlohekreis und in diesem Jahr an einem Standort mit zwei Anlagen im Alb-Donau-Kreis zum Einsatz.

Hamburg

Eine Schriftliche Kleine Anfrage (Senats-Drucksache 22/14870) des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) adressiert den Windenergieausbau in der Freien Hansestadt Hamburg. Laut der Antwort des Senats werde die Umsetzung des Flächenbeitragswertes nach Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) in Hamburg über die Ausweisung von Windenergiegebieten im Flächennutzungsplan erfolgen. Hierbei seien ergebnisoffene Änderungsverfahren nach Baugesetzbuch (BauGB) durchzuführen und die dort vorgegebenen Verfahrensschritte einzuhalten. Die betroffenen Bezirksverwaltungen seien seit 2022 im Rahmen von kontinuierlich tagenden Arbeitsgruppen in den Prozess der Potenzialflächensuche zur Vorbereitung des formellen Änderungsverfahrens eingebunden. Der Senat strebt an, das – vom Bund vorgegebene – Gesamtflächenziel von 0,5 Prozent der Landesfläche bereits bis Ende 2027 zu erreichen. Zur Erreichung der bundesgesetzlichen Flächenziele sei die Ausweisung zusätzlicher Flächen notwendig. Eine entsprechende Potenzialflächenkulisse werde derzeit erarbeitet und im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit in diesem Jahr vorgestellt werden.

Schleswig-Holstein

Im Zuge einer Kleinen Anfrage (Landtags-Drucksache 20/2035) fragte der Abgeordnete Marc Timmer (SPD) nach der „Dauer der Genehmigungsverfahren von Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein“. Die durchschnittliche Genehmigungsdauer ab Antragstellung bei den im Jahr 2024 bisher genehmigten Anlagen lag, laut der Landesregierung, bei 16,9 Monaten. Um die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, wurden seit 2020 in den Haushaltsaufstellungen 13 wiederkehrend neue Personalstellen für das LfU zur personellen Verstärkung bei der Bearbeitung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren eingeworben. Darüber hinaus werden Maßnahmen zur Organisationsoptimierung durchgeführt. Weiterhin wurden Projekte zur Identifizierung von Beschleunigungspotentialen durch Digitalisierung von Teilschritten wie z. B. Beteiligungsprozessen im Genehmigungsverfahren initiiert.

Fachkontakt
Thomas Schoder
Mitarbeiter Politikmonitoring
thomas.schoder@naturschutz-energiewende.de

Thomas Schoder - Extrakte

KNE-Podcast: Nach Fukushima: Einblicke in die japanische Energiewende

Berlin, 29. April 2024

KNE-Podcast: Nach Fukushima: Einblicke in die japanische Energiewende

Die Nuklearkatastrophe in Fukushima im Jahr 2011 sorgte dafür, dass die japanische Regierung der Kernkraft den Rücken kehrte, und bekanntermaßen auch die deutsche Regierung eine Kehrtwende in der Energiepolitik vollzog. Nach der Katastrophe gab es einen starken Anstieg des Interesses an erneuerbaren Energien, die zu diesem Zeitpunkt nur einen Anteil von knapp 5 Prozent an der Stromversorgung in Japan hatten.

Oktober 2020 kündigt die japanische Regierung an, dass das Land bis 2050 CO2-neutral werden soll. Bis 2030 sollen in Japans Energiemix die erneuerbare Energien deutlich an Zuwachs gewinnen und 36 bis 38 Prozent der Stromproduktion ausmachen. Momentan liegt der Anteil der Erneuerbaren bei 23 Prozent, hauptsächlich durch Photovoltaik.

In Folge 35 des KNE-Podcasts geht es darum, wo Japan heute beim Ausbau der erneuerbaren Energien steht. Wie hoch ist die Akzeptanz für die Energiewende? Welche besondere Bedeutung hat die Agri-Photovoltaik? Und welche Rolle spielen der Natur- und Landschaftsschutz?

Über diese Fragen und mehr spricht Moderatorin Anke Ortmann mit Christian Doedt, Forscher am Japanischen Institute for Sustainable Energy Policies (ISEP).

Das ISEP in Japan beschäftigt sich damit, wie die Energiewende in Japan umgesetzt werden kann. Das KNE steht bereits mit dem Institut schon länger in Kontakt. Unter anderem gab es im November 2021 einen intensiven Austausch zur Thematik der Konfliktbearbeitung in der Energiewende, und 2022 war Christian Doedt mit Mitarbeitenden des KNE zu Besuch beim Brandenburger Erprobungsvorhaben zum Einsatz von Antikollisionssystemen.

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Mehr zum Thema

Beitrag über Christian Doedts Besuch beim Erprobungsvorhaben zum Einsatz von Antikollisionssystemen in Brandenburg

Der KNE-Podcast

Dialoge – Debatten – Denkanstöße: Der KNE-Podcast beschäftigt sich mit aktuellen Fragen rund um die naturverträgliche Energiewende. Wie können Vogelkollisionen an Windenergieanlagen vermieden werden, wie lassen sich Konflikte beim Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort klären, und was alles muss berücksichtigt werden, damit eine Erneuerbaren-Anlage genehmigt werden kann? Zu diesen und vielen weiteren Fragen kommen unterschiedlichste Expertinnen und Experten im Podcast zu Wort.

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Kommunale Akteure auf Exkursion im Solarpark Oberndorf

Berlin, 25. April 2024

Kommunale Akteure auf Exkursion im Solarpark Oberndorf

Regionaler Workshop in Bayern im Rahmen des FuE-Projektes SuN-divers

Wie sehen naturverträgliche Solarparks in der Praxis aus? Am 23. April fand in Landshut der erste regionale Workshop im Rahmen des FuE-Projektes „Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen“ (SuN-divers) statt. Teil des Workshops war auch die Besichtigung des Solarparks Oberndorf in der Gemeinde Bodenkirchen.

Wie Vielfalt und der Ausbau der erneuerbaren Energien miteinander gelingen, sieht man am besten mit eigenen Augen vor Ort. Dafür wurden im Rahmen des Projektes regionale Workshops mit Exkursionen für kommunale Akteure konzipiert. Am 23. April fand in Landshut (Bayern) der erste Workshop statt. Die Gruppe der rund 20 Teilnehmenden kamen aus den unteren und oberen Naturschutzbehörden, aus dem bayrischen Staatsministerium, aus einer Kommune sowie aus Planungsbüros, Verbänden und aus der Projektentwicklung. Die Veranstaltung fand im Gründerzentrum in Landshut in Kooperation mit regionalwerke statt.

Informationsaustausch und Diskussion

Konzipiert und moderiert wurde der Workshop von Simone Zeil (KNE). Nach einer Vorstellungsrunde und einem Kennenlernen der Teilnehmenden, stellte Elisabeth Wolfram (KNE) dar, welche Wirkungen Solarparks auf die verschiedene naturschutzfachlichen Bereiche Boden, Wasser, Landschaftsbild und auf Flora und Fauna haben. Darüber hinaus wurden die bestehenden sowie die, im Rahmen des Solarpakets, voraussichtlich neu eingeführten Instrumente zur Steigerung der Biodiversität in Solarparks vorgestellt. Maßnahmen, wie Naturverträglichkeit in die jeweiligen Verfahren integriert werden könnte, wurden erläutert.

Im Weiteren wurden in mehreren Diskussionsrunden die Unterstützungsbedarfe der Teilnehmenden auf kommunaler Ebene (Gemeinden und Landkreise) ermittelt. Dr. Julia Thiele (KNE) unterstützte die Diskussion mit weiteren natruschutzfachlichen Beiträgen. Jeremias Kempt (Bundesamt für Naturschutz) brachte die naturschutzfachliche Sicht auf Bundesebene ein.

Exkursion zum Solarpark Oberndorf

Am Nachmittag besichtigten die Teilnehmenden den nahegelegenen Solarpark in Oberndorf in der Gemeinde Bodenkirchen. Andreas Engl (regionalwerke, EULE Projekt) informierte anschaulich über den Natur- und Artenschutz fördernden Solarpark: Er wurde 2012 auf einer alten Lehmbaugrube, die später landwirtschaftlich intensiv genutzt wurde, erbaut. Auf rund 1,6 Hektar des insgesamt 2,6 Hektar großen Solarparks wurden verschiedene Biotope angelegt – unter anderem Lesesteinhaufen, Erdflächen, Steinstufen, Wasserflächen und Totholzhaufen. Durch eine dreireihige Hecke und altem Baumbestand an mehreren Seiten sowie Obstbäume und einen Weiher sind die nach Süden ausgerichteten Solarmodule in der gut 1 Hektar großen eingezäunten Fläche kaum einsehbar. Die Fläche liegt etwas tiefer als die umliegenden Felder und fällt daher im Landschaftsbild nur durch die Baumreihen und die Vielfalt an Arten (Vögel, Eidechsen, Tag- und Nachfalter sowie verschiedene Säugetiere, die sich in dem geschützten Areal aufhalten) auf.

Die Pflege der Fläche erfolgt durch die Beweidung mit Schafen, einer Mahd mit Balkenmäher und dem Abtransport des Mulchs. Alle Teilnehmenden konnten in diesem Solarpark sehen, wie mit relativ wenig Aufwand, ein lebendiges Ökosystem in Verbindung mit Freiflächen-Photovoltaik auf einer Fläche geschaffen werden können. Der Solarpark ist eng mit regionalen Partnern und den Bewohnerinnen und Bewohnern in Bodenkirchen verbunden, deren gut 340 Haushalte mit dem erzeugten Strom verlässlich versorgt werden.

In der Abschlussrunde wurde viel positives Feedback zum persönlichen Austausch, dem interaktiven Veranstaltungsformat und der anschaulichen Besichtigung eines sehr gelungenen Beispiels eines naturfördernden Solarparks geteilt. Gleichzeitig sind viele Fragen offen, zum Beispiel: Wie können solche Beispiele in die Fläche gebracht werden? Wie kann ein verlässliches Monitoring der Vereinbarungen in den Genehmigungsverfahren und Vorgaben durch die Naturschutzbehörden nachgehalten werden? Wie können noch mehr Kommunen motiviert werden, sich aktiv und gestaltend in eine naturverträgliche Energiewende einzubringen?

Vielen Dank an alle Beteiligten für diesen sehr interessanten und aufschlussreichen Workshop.

Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen

Das FuE-Projekt „Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen – SuN-divers“ soll dazu beitragen, dass Naturschutzbelange bei der Implementierung von Solarparks auf kommunaler Ebene stärker als bisher Berücksichtigung finden. Um diese Ziele zu erreichen, werden verschiedene Veranstaltungsformate genutzt. Hierzu zählen online durchgeführte Workshops, Werkstattgespräche in kleiner Runde und bundesweite Veranstaltungen für eine große Teilnehmendenzahl sowie die regionalen Workshops vor Ort mit Exkursionen zu guten Beispielen von naturverträglich gestalteten Solarparks. Die Ergebnisse aus den Fachgesprächen und dem Artenschutzgutachten werden zusammengeführt und in einer Informationsbroschüre für die an Solarparks beteiligten Akteure aus Kommunen/Kreisen, Verbänden und Landwirtschaft aufbereitet.

Die nächsten regionalen Workshops mit Besichtigungen von Solarparks sind bereits geplant Alle Informationen dazu sind auf der Internetseite zum FuE-Projekt „SuN-divers“ zu finden.

Das Projekt „SuN-divers“ wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.

Fachkontakt

Dr. Julia Wiehe
Leiterin Team Solar
julia.wiehe@naturschutz-energiewende.de

Elisabeth Wolfram
Fachreferentin Solarenergie Projekt „SuN-divers“
elisabeth.wolfram@naturschutz-energiewende.de

Simone Zeil
Dialoggestalterin Projekt „SuN-divers“
simone.zeil@naturschutz-energiewende.de

Das Solarpark in Oberndorf liefert mehr als Strom. Verschiedene Biotopstrukturen, eine Beweidung mit Schafen und eine Mahd mit Balkenmäher fördern die Arnvielfalt. Fotos: KNE gGmbH.

Biodiversitätsschutz und Energiewende – Möglichkeiten und Herausforderungen

Berlin, 23. April 2024

Biodiversitätsschutz und Energiewende – Möglichkeiten und Herausforderungen

Die digitale Frühjahrstagung des NaturFreunde-Fachbereichs Naturschutz, Umwelt und Sanfter Tourismus (NUST) am 19. und 20. April widmete sich dem Spannungsfeld zwischen Klimaschutz, erneuerbare Energien und Naturschutz.

Im Rahmen dieser Veranstaltung beleuchtete Kathrin Schwarz, Referentin für Biodiversität und Klimawandel im KNE, in ihrem Vortrag die Zielkonflikte in der Energiewende und ging dabei insbesondere auf die Herausforderungen beim Ausbau der Photovoltaik-Freiflächenanlagen ein. Bei den Rahmenbedingungen stellte sie heraus, dass Zielkonflikte im Zusammenhang der Energiewende dadurch geprägt sind, dass sich mindestens zwei legitime und wichtige Ziele entgegenstehen: der Zielkonflikt Biodiversitätsschutz und Energiewende.

Beim Ausbau der Photovoltaik-Freiflächenanlagen erläuterte sie unter anderem die Herausforderungen, die sich aus dem Flächenbedarf ergeben und informierte zu Möglichkeiten der Förderung der Biodiversität und des Naturschutzes. Dabei ging sie auf verschiedene Möglichkeiten der Flächenauswahl und Gestaltung von Solarparks ein. Bei der Auswahl sollten Naturverträglichkeitskriterien berücksichtigt werden, Größe und Ausrichtung des Solarparks sollten sich an lokalen Gegebenheiten orientieren und Habitate für regionaltypische Arten der Kulturlandschaft sollten integriert werden. Bei der Agri-Photovoltaik bietet sich zudem die Möglichkeit der Kombination von landwirtschaftlicher Produktion und Energiegewinnung.

In der anschließenden Diskussion ging es vorrangig um die Photovoltaik. Der Ausbau von Dach-PV-Anlagen war stark befürwortet worden. Ebenso wurde die Agri- Photovoltaik sehr positiv bewertet.

Fachkontakt

Kathrin Schwarz
Referentin Biodiversität in der Energiewende
kathrin.schwarz@naturschutz-energiewende.de

Agri-Photovoltaik und ökologischer Obstanbau
Agri-Photovoltaik und ökologischer Obstanbau, Foto: © Anke Ortmann

Intensiver Austausch auf der 18. KNE-Beiratssitzung

Berlin, 22. April 2024

Intensiver Austausch auf der 18. KNE-Beiratssitzung

Am 19. April fand die 18. KNE-Beiratssitzung statt. Auf Grundlage des von der Geschäftsführung vorgelegen Berichts wurden Aktivitäten, Planungen und Herausforderungen des KNE erörtert. Einblicke in die Facharbeit gaben Dr. Elke Bruns, Dr. Mathis Danelzik und Thomas Schoder.

Aufgrund zahlreicher fortlaufender Rechtssetzungsprozesse auf Bundes- und EU-Ebene, aber auch neuer Studien und Untersuchungen müsse man eine hohe Flexibilität bei der Einordnung neuer rechtlicher Entscheidungen und neuer wissenschaftlicher Erkenntnissen an den Tag legen, die Arbeit werde kleinteiliger und schnelllebiger, erklärte Dr. Elke Bruns, stellvertretende Direktorin des KNE, die den Bericht an den KNE-Beirat einbrachte. Sie informierte auch über strukturelle Änderungen im KNE. Aufgrund des personellen Zuwachses in der Abteilung Fachinformation arbeite man dort nun in drei Teams: Team Wind, Team Solar, Team Recht.

In ihrer Funktion als Leiterin der Abteilung Fachinformation gab Bruns ausgewählte Einblicke in die Facharbeit des KNE. Das FuE-Projekt „Antikollisionssysteme in der Praxis“ befinde sich in der Endphase. Im Zuge des Projektes habe man zwei Webinare sowie eine Fachtagung durchgeführt. Im Zentrum stehe der Anerkennungsprozess der Systeme zur Vermeidung von Vogelkollisionen mit Windenergieanlagen. Darüber hinaus befasse sich die Abteilung verstärkt mit dem Wissenstransfer zu den Möglichkeiten der Probabilistik in der Signifikanz-Bewertung. Diesbezügliche Informationen können auf der KNE-Internetseite eingesehen werden.

Über die Herausforderungen und Vorgehensweisen der Dialogarbeit des KNE im Umfeld von Rechtsetzungsprozessen referierte Dr. Mathis Danelzik, Leiter der Dialoggestaltung im KNE, am Beispiel der Biodiversitäts-PV. Über einen längeren Zeitraum hinweg habe man sich mit zahlreichen Akteuren in verschiedenen Austauschformaten über die Möglichkeiten der Ausgestaltung der Biodiversitäts-PV als neues Ausschreibungssegment verständigt. In dem Gesetzentwurf zum sogenannten „Solarpaket I“, der momentan im Bundestag beraten werde, sei die Biodiversitäts-PV nicht mehr vorgesehen.

Im Anschluss an Danelziks Präsentation gab Thomas Schoder, Mitarbeiter Politikmonitoring im KNE, einen Einblick in „Rechtspopulistische Aktivitäten im Bereich Naturschutz und Energiewende“. Im Spannungsfeld von Natur-, Arten- und Landschaftsschutz einerseits und dem Ausbau der erneuerbaren Energien andererseits seien zunehmend Aktivitäten mit demokratiegefährdenden Tendenzen und Anliegen zu verzeichnen. Diese rechten Diskurse und Interventionen dürften im Sinne des Demokratieschutzes nicht unerwidert bleiben.

In den Diskussionen zu den jeweiligen Themen betonte der Beirat seine Wertschätzung für die Arbeit des KNE. Erfahrungen und Fragen der Mitglieder zu den einzelnen Themen flossen in den Austausch ein und gaben wichtige Impulse für die weiteren Arbeitsprozesse des KNE.

Erfahrungen und Fragen der Beiratsmitglieder zu den einzelnen Themen flossen in den Austausch ein und gaben wichtige Impulse für die weiteren Arbeitsprozesse des KNE. Foto: berlin-event-foto.de

Wie können KMU zu nachhaltiger Entwicklung beitragen?

Berlin, 17. April 2024

Wie können KMU zu nachhaltiger Entwicklung beitragen?

Dr. Julia Wiehe vom KNE auf den sechsten Darmstädter Tagen der Transformation

Die Schader-Stiftung lud gemeinsam mit der Hochschule Darmstadt, der Industrie- und Handelskammer Darmstadt Rhein Main Neckar und der Schmid Stiftung zu den sechsten Darmstädter Tagen der Transformation (DTdT) ein.

Die Veranstaltung vom 15. bis 19. April widmete sich dem Wandel zu einer zukunftsfähigen, sozial-ökologischen Wirtschaft mit Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU): Wie können KMU zu nachhaltiger Entwicklung beitragen?

Im Rahmen des Forums „Photovoltaik im Freiland – Konflikte und Lösungen“ am 15. April wurden verschiedene Konzepte der Freiflächennutzung durch Photovoltaik diskutiert. Dr. Julia Wiehe vom KNE informierte die Teilnehmenden zu Anforderungen an Photovoltaik-Anlagen im Freiland aus naturschutzfachlicher Perspektive.

In der Diskussion wurden Umsetzungsschwierigkeiten der Agri-Photovoltaik (Agri-PV) und naturverträglich ausgestalteten Freiflächenanlagen beleuchtet. Der Fokus lag insbesondere auf der Agri-PV, deren positive Wirkungen auf die Landwirtschaft hervorgehoben wurden. Es gelte, den Wissenstransfer weiter zu fördern und die wissenschaftlichen Grundlagen darzustellen. Generell wurde angemerkt, dass auf kommunaler Ebene die Frage der Beteiligung besonders wichtig sei. Naturschutz, aber unbedingt auch die Landwirtschaft, müssten bei der Diskussion um Standorte, Anlagengrößen und Ausgestaltung der Solaranlagen einbezogen werden.

Auf kommunaler Ebene gelte es aber auch, die Ziele der Energiewende als gemeinsame Ziele zu begreifen. Solarparks und Agri-PV seien eine Chance, der Biodiversitäts- und, einer im Klimawandel drohenden, Ernährungskrise zu begegnen. Verwaltung und auch Politik auf kommunaler Ebene müssten zusammengebracht werden, um gute Projekte zu unterstützen und umzusetzen. Die intensiven Diskussionen zeigten, dass ein gemeinsames Verständnis für Ausbaunotwendigkeiten und -ziele gefunden werden sollte, die Bereitschaft dazu sei vorhanden. Die vorgeschlagenen Runden Tische mit allen wichtigen Stakeholdern der kommunaler Ebene könnten eine gute Möglichkeit sein, tragfähige Lösungen für den Ausbau in den Kommunen zu finden.

Fachkontakt

Dr. Julia Wiehe
Leiterin Team Solar
julia.wiehe@naturschutz-energiewende.de

Dr. Julia Wiehe (Mitte) erörtert am Runden Tisch Anforderungen an Photovoltaik-Anlagen im Freiland aus naturschutzfachlicher Perspektive. Foto: Schader.Stiftung.

Eine digitale Zeitreise durch 50 Jahre Umweltbundesamt

Berlin, 17. April 2024

Eine digitale Zeitreise durch 50 Jahre Umweltbundesamt

Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums erzählt das Umweltbundesamt (UBA) auf einer Internetseite seine Geschichte.

Der virtuelle Rückblick gibt einen sehr interessanten Einblick in die Entstehung, Entwicklung und Arbeit des UBA. So erfährt man zu Beginn, dass in der sozialliberalen Koalition unter Bundeskanzler Willy Brandt der Umweltschutz endlich eigenständiger Politikbereich wurde. Im Oktober 1971 legt Hans-Dietrich Genscher, als damaliger Innenminister für Umweltschutz zuständig, das erste Umweltprogramm der Bundesregierung vor. Darin wird Errichtung eines „Bundesamts für Umweltschutz“ empfohlen.

Meilensteine und wegweisende Entwicklungen, die zum Teil vielleicht schon in Vergessenheit geraten sind, werden anschaulich dargestellt. Um hier einige zu nennen: 1978 wird das erste Umweltzeichen der Welt wird vergeben: der „Blaue Engel“. Zu Beginn der 80er Jahre legt das UBA eine Analyse zu Ursachen und Wirkungen des Sauren Regens vor und gibt eine Empfehlung aus: Die Emissionen müssen deutlich reduziert werden. Mit Artikel 20a wird 1994 Umweltschutz im Grundgesetz verankert. Erneuerbare Energien werden seit 2000 per Gesetz gefördert. Eine UBA-Studie von 2010 zum „Energieziel 2050“ zeigt auf, dass eine sichere Stromversorgung zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien möglich ist.

Mit vielen Fotos – von damals bis heute – führt die Internetseite Interessierte durch das UBA und informiert unter anderem über die stetig gestiegenen Mitarbeitendenzahlen und die Themenpalette des UBA, über nationale und internationale Entwicklungen aus der ganzen Bandbreite des Umweltschutzes und über den ökologischen Musterbau in Dessau.

Screenshot Internetseite UBA
Internetseite des Umweltbundeamtes zum 50-jährigen Jubiläum. Copyright: UBA - Screenshot.

Zulässigkeit nachträglicher artenschutzrechtlicher Beschränkungen des Betriebs von Windenergieanlagen

Berlin, 3. April 2024

KNE-Wortmeldung

Zulässigkeit nachträglicher artenschutzrechtlicher Beschränkungen des Betriebs von Windenergieanlagen

Zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dez. 2023 (BVerwG 7 C 4.22)

In seinem Urteil (BVerwG 7 C 4.22) vom 19. Dezember 2023 hat das Bundesverwaltungsgericht die seit Längerem strittige Frage höchstrichterlich entschieden, wie mit nachträglich festgestellten Verstößen gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot bei bestandskräftig genehmigten Windenergieanlagen umzugehen ist. Seit dem 26. März 2024 liegt nun auch die Begründung zu dem vielbeachteten Urteil vor. 

Geklärt ist nun:

  • Naturschutzbehörden sind grundsätzlich befugt, nachträgliche Anordnungen zu treffen, die die Einhaltung dieses Verbots sicherstellen, etwa, wenn nach der Genehmigung das Vorkommen einer geschützten Art im Umfeld der Anlage festgestellt wird.

Dies nimmt das KNE zum Anlass, das Urteil und seine Begründung einzuordnen und die absehbaren Konsequenzen für die Praxis der naturverträglichen Energiewende zu erläutern.

In der Wortmeldung geht das KNE folgenden Fragen nach: Was war Anlass für die gerichtliche Entscheidung? Was hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden? Wie haben die Gerichte ihre Entscheidungen begründet? Was bedeutet das Urteil für den behördlichen Naturschutz? Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus ziehen?

Pressekontakt
Anke Ortmann
Leiterin Presse und Öffentlichkeitsarbeit
anke.ortmann@naturschutz-energiewende.de
T.: +49 30 7673738-12

Fachkontakte
Peer Michaelis
Rechtsreferent
peer.michaelis@naturschutz-energiewende.de
T.: 030 7673738-25

Holger Ohlenburg
Leiter Team Wind
holger.ohlenburg@naturschutz-energiewende.de
T.: 030 7673738-22

Großer Abendsegler eine Baumfledermaus im Wald
Großer Abendsegler, ©Bernd Wolter - stock.adobe.com

Diskussionspapier zu bundesweiter Signifikanzschwelle zum Schutz von Fledermäusen

Berlin, 27. März 2024

Diskussionspapier zu bundesweiter Signifikanzschwelle zum Schutz von Fledermäusen

Bundesamt für Naturschutz veröffentlicht seine Fachempfehlung

Der Betrieb von Windenergieanlagen bringt eine Gefahr für Fledermäuse mit sich, wenn sie ohne Abschaltmaßnahmen zur Verringerung von Kollisionsrisiken betrieben werden. Besonders betroffen sind hierbei die im freien Luftraum jagenden und ziehenden Arten. Der ambitionierte Ausbau der Windenergie erfordert daher Schutz- und Minderungsmaßnahmen, die die Gefährdung von Fledermäusen minimieren.

Das Diskussionspapier des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) entstand auf Basis von Fachliteratur, Verwaltungsvorschriften und Gerichtsurteilen und enthält eine Fachempfehlung für eine bundesweit einheitliche Signifikanzschwelle. Die Empfehlung ist ein Beitrag zur Diskussion, wie mögliche Beeinträchtigungen und Risiken für Fledermäuse beim Ausbau der Windenergie an Land minimiert werden könnten.

Ein erster Entwurf der Fachempfehlung wurde im Frühjahr 2023 im Rahmen eines Konsultationsprozesses den Ländern, Verbänden und weiteren Organisationen – darunter dem KNE – mit der Bitte um Kommentierung vorgestellt. Es wurden insgesamt 16 Stellungnahmen abgegeben, die von den Autorinnen und Autoren des Diskussionspapiers ausgewertet wurden und ggf. in der finalen Fassung des Diskussionspapiers Berücksichtigung fanden.

Erste Reaktionen zeigen, dass die Diskussion zu einer bundesweiten Signifikanzschwelle für Fledermäuse und Windenergieanlagen weitergeht.

Hintergrund

Während durch die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes 2022 die Signifikanzbewertung für Brutvögel bundesweit standardisiert wurde, gelten für Fledermäuse bislang weiterhin die Vorgaben in den Leitfäden und den Handreichungen der Länder. Diese legen Signifikanz-Schwellen für tolerierbare Kollisionsopferzahlen von 0,5 bis zwei toten Individuen pro Anlage und Jahr zu Grunde. Eine fachliche Herleitung einer bundesweit einheitlichen Kollisionsopferschwelle, die als Grundlage für Fledermaus-Abschaltungen herangezogen werden kann, gibt es bislang nicht.

Dietz, M., Fritzsche, A., Johst, A., Ruhl, N. (2024): Diskussionspapier: Fachempfehlung für eine bundesweite Signifikanzschwelle für Fledermäuse und Windenergieanlagen. Teilergebnisse aus dem F+E-Vorhaben: Bewertung der derzeitigen Signifikanzschwelle für Fledermäuse und Windenergieanlagen sowie vergleichende Erfassung von Fledermäusen mit zusätzlichen Turmmikrofonen an Windenergieanlagen (FKZ 3521 86 0300) BfN-Schriften 682. Bundesamt für Naturschutz, Bonn. 114 S. Link zum Dokument

Fledermaus - Abendsegler ©JuergenL - adobe.stock.com
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