Aktuelles aus Bund und Ländern

Berlin, 27. Februar 2023

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 02/23

Aktuelles aus Bund und Ländern

Bund

Mit der Änderung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) liegen die Erneuerbaren im überragenden öffentlichen Interesse. Das Fernstraßen-Bundesamt bringt dafür die verkehrlichen und Sicherheitsbedürfnisse in Einklang mit der optimalen Flächennutzung entlang deutscher Autobahnen. In einem Abstand von 40 Metern vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn der Autobahn (20 Meter bei Bundesstraßen in Bundesverwaltung) sei die Errichtung von Hochbauten untersagt. Von diesem Verbot seien grundsätzlich auch Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) erfasst. Aufgrund der Änderung des § 2 EEG liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien jedoch im überragenden öffentlichen Interesse. Die erneuerbaren Energien sollen als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Hinsichtlich der Errichtung von PV-FFA in der Anbauverbotszone seien daher Privilegierungen möglich, so dass die Inanspruchnahme der 40-Meter-Anbauverbotszone, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn, bei einer Vielzahl von Vorhaben möglich sei. Um die Vereinbarkeit mit den straßenrechtlichen Belangen und das Maß einer möglichen Inanspruchnahme feststellen zu können, bedürfe es jedoch immer einer Bewertung der konkreten Umstände des Einzelfalls. (FBA 01/2023)

Mecklenburg-Vorpommern

Nachdem der Mecklenburg-Vorpommersche Landtag Ende Januar ein Gesetz für den beschleunigten Ausbau der Windenergie beschlossen hatte, folgte nun die Vorstellung des „Planungserlasses Wind-an-Land“. Dieser regelt die wesentlichen Voraussetzungen für die Ausweisung von Flächen für den Windenergieausbau an Land in Mecklenburg-Vorpommern. Laut Reinhard Meyer, Minister für Wirtschaft, Infrastruktur und Tourismus, gebe der Planungserlass klare, landesweit einheitliche, verbindliche Kriterien für Windenergiegebiete vor. Damit sei eine wesentliche Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Verantwortlichkeit für die Planung der Windenergiegebiete bei den Regionalen Planungsverbänden bleibe und gleichzeitig Prozesse beschleunigt werden. Eine weitere Voraussetzung sei, dass die Flächenausweisung gleichmäßig in den Regionen verteilt erfolge. Es sollen jeweils 2,1 Prozent der Regionsfläche ausgewiesen werden. Um den Ausbau der Windenergie zu beschleunigen, werde die naturschutzrechtliche Bewertung bei der Zulassung von Windenergieanlagen in Mecklenburg-Vorpommern künftig von Staatlichen Ämtern für Landwirtschaft und Umwelt vorgenommen. Vorher lag sie bei den Landkreisen. (PM 033/2023)

Niedersachsen

Im Zuge der Umsetzung des Wind-an-Land-Gesetzes (WaLG) der Bundesregierung, hat das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Niedersachsen allen Landkreisen die Ausbauziele für die Windenergie bekanntgegeben. Somit haben die 37 Landkreise und acht kreisfreien Städte Klarheit darüber, wie groß der Anteil ihrer Flächen ist, der künftig für Windenergieanlagen vorgesehen ist. 2,2 Prozent der Landesfläche Niedersachsens sind laut WaLG für die Windenergie auszuweisen; doppelt so viel wie die bisherigen 1,1 Prozent. Aus der Windflächenpotentialstudie werde das 2,2-Prozent-Ziel für die einzelnen Planungsregionen nach fachlichen Kriterien wie Besiedlungsdichte, Abständen zur Wohnbebauung, Belangen der Bundeswehr sowie FFH-, Naturschutz- und Vogelschutzgebieten berechnet. Die auszuweisenden Flächenanteile variieren von 0,01 Prozent in der Stadt Osnabrück bis 4,89 Prozent im Landkreis Rotenburg (Wümme). In einem eigenen Windenergie-Beschleunigungs-Gesetz für Niedersachsen sollen die konkreten Flächenanteile, die jede Region bis 2026 als Windenergiefläche mindestens ausweisen muss, rechtsverbindlich festgelegt werden (PM 012/2023).

Sachsen-Anhalt

Hinsichtlich des „Gesetzes zur sofortigen Verbesserung  der  Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht“, das vom Bundestag beschlossen wurde, fragen die Landtagsabgeordneten Olaf Meister und Wolfgang Aldag (beide Bündnis 90/Die Grünen) die Landesregierung im Zuge einer Kleinen Anfrage (Landtags-Drucksache 8/2152), inwiefern in Sachsen-Anhalt Tagebaufolgeflächen zur Erzeugung erneuerbarer Energien in Frage kommen. Das Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt führt aus, dass der Bundesgesetzgeber mit dem neu eingefügten § 249b Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) eine Verordnungsermächtigung geschaffen habe, die es den Ländern mit Braunkohletagebau ermögliche, Tagebaufolgeflächen für die Erzeugung von Strom aus Photovoltaik- oder Windenergieanlagen schnell und unkompliziert zu erschließen. Für das Land Sachsen-Anhalt liegen in Rede stehende Flächen innerhalb von Abbaubereichen eines Braunkohlen- oder Sanierungsplans in der Planungsregion Halle vor. Für Gebiete, in denen Braunkohleaufschluss- oder -abschlussverfahren durchgeführt werden sollen, seien Regionale Teilgebietsentwicklungspläne als Teilregionalpläne aufzustellen.

Thomas Schoder - Extrakte

Neue Erkenntnisse zu naturverträglicher Windenergienutzung im Wald

Berlin, 23. Februar 2023

Neue Erkenntnisse zu naturverträglicher Windenergienutzung im Wald

Anlässlich des Abschlusses des von der Philipps-Universität Marburg durchgeführten DBU-Forschungsprojektes „Nachhaltige Windenergieproduktion im Wald“ fand am 21. Februar die Online-Veranstaltung „Biodiversität als Basis für eine nachhaltige Windenergieproduktion im Wald“ statt. Durchgeführt wurde sie in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung und der Universität Leipzig.

Auf der Veranstaltung mit mehr als 250 Teilnehmenden wurden aktuelle Ergebnisse und Erkenntnisse aus mehreren Forschungsprojekten zusammenzutragen, die sich mit den Einflüssen von Windenergieproduktion im Wald auf die Biodiversität – speziell Vögel und Fledermäuse – und mit den sozioökonomischen Herausforderungen des Windenergieausbaus beschäftigen.

Auswirkungen auf Vögel und Fledermäuse

In den  ersten  beiden Themenblöcken berichteten die Referierenden aus Forschunsgprojekten, die sich mit unterschiedlichen Aspekten und Auswirkungen der Windenergieproduktion im Wald auf Vögel und Fledermäuse befassten.

Forschungen hinsichtlich der Auswirkungen auf Vögel ließen den Schluss zu, dass Windenergieanlagen (WEA) auf häufige Waldvogelarten eher moderate Verdrängungseffekte haben. Ein kausaler Zusammenhang zwischen einem verminderten Nachweis von Vögeln und dem laufendem Betrieb von WEA ließ sich nicht herstellen. Bei automatisierten akustischen Erfassungen von Spechten und Waldkauz wurde eine geringere akustische Aktivität nahe an den Anlagen festgestellt. Die Ursache(n) dafür – keine Vögel da, kein Rufen oder Maskierung der Rufe durch Geräusche der Anlage – konnten aufgrund der Methodik nicht geklärt werden. Ab 150 Meter Abstand von WEA konnten für Spechte kein Effekt und für Waldkauz nur noch ein schwacher Effekt nachgewiesen werden (BfN-Skripten 643).

Bezüglich der Auswirkungen auf Fledermäuse ermittelten die Forschenden ein Meideverhalten von Waldspezialisten-Arten gegenüber WEA, insbesondere solchen mit größeren Rotoren (hier Durchmesser von 115 bis 126 Metern). Daraus leiteten die Forschenden den Bedarf an Ausgleichsmaßnahmen für den indirekten Habitatverlust ab. Die Untersuchungen ergaben auch, dass alle Fledermausarten die Freiflächen um WEA nutzten und die Aktivität hier signifikant höher war als im angrenzenden Wald. Abgesehen von einem möglichen ökologischen Nutzen der Freiflächen, z. B. als Jagdhabitat, könnte sich dadurch für die kollisionsgefährdeten Fledermausarten auch das Schlagrisiko erhöhen, so die Forschenden.

Spezifische Forschungen zum großen Abendsegler wiederum ergaben, dass dieser ebenfalls mehrheitlich ein Meideverhalten an WEA zeigt, wenngleich einzelne Individuen durchaus unterschiedlich auf die WEA reagierten. Im Rahmen vorgestellter gutachterlicher Erfassungen in einem Repoweringvorhaben konnten allerdings auch Wochenstuben-Quartiere von Mops- und Bechsteinfledermäusen in unmittelbarer Nähe von Windenergiestandorten nachgewiesen werden.

Insgesamt wurde deutlich, dass es hinsichtlich der Auswirkungen von  WEA auf waldlebende Vogel- und Fledermausarten weiterhin ungeklärte Fragen gibt. Allerdings wurde auch sehr deutlich, dass sowohl die Vogel- als auch die Fledermausaktivität stark durch die Waldstruktur und die Waldqualität beeinflusst wird, weshalb insbesondere alte und strukturreiche Wälder als Windenergiestandorte gemieden werden sollten.

Möglichkeiten für eine naturverträgliche Windenergienutzung

Der dritte Themenblock widmete sich den regulatorischen Herausforderungen und Lösungsansätzen für eine naturverträgliche Windenergienutzung im Wald. Holger Ohlenburg, Referent naturverträgliche Windenergie im KNE, ging in seinem Vortrag auf Möglichkeiten und Herausforderungen der naturverträglichen Windenergienutzung auf Waldstandorten ein und beleuchtete Ansätze zur Vermeidung und zur Kompensation natur- und artenschutzrechtlicher Konflikte auf der Planungs- und Zulassungsebene.

In weiteren Beiträgen ging es um die rechtliche Zulässigkeit von  WEA im Wald, um Potenziale und Zielkonflikte. In der folgenden Diskussion lag der Fokus auf den aktuellen und 2022 umgesezten Beschleunigungsgesetzgebungen für die Windenergie allgemein und im Kontext der vorgestellten Forschungserkenntnisse.

Aktualisiert am 03.03.2023

Fachkontakt
Holger Ohlenburg
Referent naturverträgliche Windenergie
holger.ohlenburg@naturschutz-energiewende.de
T.: +49 30 7673738-22

Weitere Informationen zum Thema

Panorama eines Windparks im Wald
Um die ambitionierten Ausbauziele zu erreichen, ist die Vereinbarkeit von Windenergie und Artenschutz unabdingbar. ©Tim Siegert, batcam.de - adobe.stock.com

Aktuelle Einordnung der Auswirkungen von PV-Freiflächenanlagen im regionalen Biotopverbund

Berlin, 20. Februar 2023

KNE-Lesetipp

Aktuelle Einordnung der Auswirkungen von PV-Freiflächenanlagen im regionalen Biotopverbund

Trautner, J. et al. (2022): Umgang mit Naturschutzkonflikten bei Freiflächensolaranlagen in der Regionalplanung – Orientierungshilfe zum Arten- und Biotopschutz für die Region Bodensee-Oberschwaben.

Im Auftrag des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben hat die Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung GmbH eine Orientierungshilfe zum Umgang mit Naturschutzkonflikten bei Freiflächensolaranlagen in der Regionalplanung veröffentlicht. Die umfassende aktuelle Literaturrecherche und die Kriterien für die Ermittlung von geeigneten Standorten für Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) in Agrarlandschaften können auch in anderen Planungsräumen als Entscheidungsgrundlage genutzt werden.

Kerninhalte der Studie

Die Orientierungshilfe soll als Grundlage für die Bestimmung von Planungskriterien im Rahmen der Fortschreibung des Teilregionalplans Energie (Region Bodensee-Oberschwaben) dienen und mögliche Zielkonflikte zwischen dem Ausbau von PV-FFA und dem regionalen Biotopverbund (Schwerpunkt Arten- und Biotopschutz bzw. Biodiversität) aufzeigen.

Grundlage der Studie ist eine aktuelle Literaturrecherche im deutsch- und englischsprachigen Raum zu Wirkfaktoren und Wirkungen von PV-FFA auf Flora und Fauna. Ergänzend werden nicht veröffentlichte Monitoring-Unterlagen zu Solarparks analysiert sowie die langjährige Erfahrung der Autoren im Arten- und Biotopschutz eingebracht.

Die Auswertung zeigt den nach wie vor großen Forschungsbedarf im Themenfeld: die vorhandenen Studien stützen sich in der Regel auf Kartierungen in einzelnen Beispielanlagen und es gibt keine belastbaren Aussagen zu den Auswirkungen im Landschaftskontext oder mit zunehmenden Alter der Anlagen. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Autoren mit mangelnder Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen in der Praxis, werden für den Anlagenpark insgesamt weniger positive Wirkungen auf die Biodiversität angenommen, als es die Literatur vermuten lässt.

Trautner et al. kommen zu dem Schluss, dass PV-FFA insbesondere in artenreichen, unbeschatteten Lebensräumen des Offenlandes nicht mit den Zielen des Naturschutzes und des Biotopverbunds im Einklang stehen. Nicht fragmentierte, kulissenfreie Landschaften sollten als Lebensräume für empfindliche Brutvögel der Feldflur sowie für Zug- und Rastvögel gesichert werden und frei von Bebauung bleiben. Werden Habitate besonders bedeutsamer Arten trotzdem in Anspruch genommen, müssen weitere landwirtschaftliche Flächen für funktionale Ausgleichsmaßnahmen gefunden werden. Mit den vorgestellten Planungskriterien sollen diese Konflikte vermieden und unkritische Standorte gefunden werden.

Als naturschutzfachlich unproblematisch werden PV-FFA eingeschätzt, die in stark durch Gehölze gekammerten Landschaften angelegt werden und intensive Nutzungsformen ersetzen (Intensivobstkulturen, vielschüriges Intensivgrünland oder Intensiväcker) oder diese als Agri-PV ergänzen. Vorschläge für die Ausgestaltung des Anlagendesigns und angepasste Pflegemaßnahmen werden aufgezeigt, mit denen in diesen Fällen eine Aufwertung der Freiflächen in PV-FFA erreicht werden kann.

Quelle: Trautner, J., Attinger, A., Dörfel, T. (2022): Umgang mit Naturschutzkonflikten bei Freiflächensolaranlagen in der Regionalplanung – Orientierungshilfe zum Arten- und Biotopschutz für die Region Bodensee-Oberschwaben. Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung GmbH, Filderstadt. 56 S. (letzter Zugriff: 01.02.2023).

Photovoltaikanlagen auf der Freifläche, Foto: Natalie Arnold
Foto: Natalie Arnold

KNE-Podcast: Erneuerbare Energien in Landschaftsschutzgebieten

Berlin, 14. Februar 2023

KNE-Podcast: Erneuerbare Energien in Landschaftsschutzgebieten

Eine Einordnung aus rechtlicher Sicht

Um die Ausbauziele der Windenergie zu erreichen, sieht der Gesetzgeber vor, dass zwei Prozent der Landesfläche für Windenergieanlagen zur Verfügung stehen sollen. Zur Erfüllung dieses Ziels können seit dem 1. Februar auch Landschaftsschutzgebiete für die Windenergie in Betracht gezogen werden. Welche rechtlichen Grundlagen gibt es für diesen Eingriff in diese geschützten Gebiete? Wie sind Landschaftschutzgebiete definiert und was schützen sie genau? Und wie wirkt sich die Gesetzesänderung auf den Naturschutz aus?

Die rechtliche Einordnung dazu gibt Peer Michaelis, Rechtsreferent im KNE, in der neuen Folge von „Naturschutz und Energiewende“. Im Gespräch mit Moderatorin Elke Thiele erklärt er außerdem, was genau sich an der Rechtslage geändert hat, welche rechtliche Relevanz Landschaftsschutzgebiete für die Natur haben und was sie von anderen Schutzgebieten unterscheidet.

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Weitere Informationen zum Thema

Der KNE-Podcast

Dialoge – Debatten – Denkanstöße: Der KNE-Podcast beschäftigt sich mit aktuellen Fragen rund um die naturverträgliche Energiewende. Wie können Vogelkollisionen an Windenergieanlagen vermieden werden, wie lassen sich Konflikte beim Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort klären, und was alles muss berücksichtigt werden, damit eine Erneuerbaren-Anlage genehmigt werden kann? Zu diesen und vielen weiteren Fragen kommen unterschiedlichste Expertinnen und Experten im Podcast zu Wort.

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