Aktuelles aus den Ländern und der Forschung

Berlin, 26. Oktober 2022

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 10/22

Aktuelles aus den Ländern und der Forschung

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Berlin

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Berlin plant in Abstimmung mit den Senatsverwaltungen für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz und Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen eine Studie zu Windenergieanlagen in Berlin in Auftrag zu geben. In der Studie sollen das theoretisch mögliche Potenzial sowie in einem darauf aufbauenden Schritt die Standorte ermittelt werden, an denen Windenergieanlagen errichtet werden können. Die Studie könne von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe und von den anderen beteiligten Senatsverwaltungen nicht selbst erstellt werden, weil die dafür benötigte Expertise hinsichtlich der unterschiedlichen Parameter und Kategorien für eine flächendeckende Raumbewertung mit den unterschiedlichen Konfliktpotenzialen in den Bereichen der Stadtplanung sowie Landschafts- und Artenschutz usw. nicht ausreichend vorhanden sei. Die Studie wird aus Mitteln des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms finanziert werden (Abgeordnetenhaus-Drucksache 19/0578).

Niedersachsen

Der Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen und der NABU Landesverband Niedersachsen haben das zweijährige Gemeinschaftsprojekt „Wind und Natur – Integrative Genehmigungspraxis“ abgeschlossen. Das Projekt mit einer Laufzeit von Oktober 2020 bis September 2022 wurde vom Land Niedersachsen gefördert. Im Projekt wurden Genehmigungsverfahren fachlich und kommunikativ begleitend in den Blick genommen. Ziel war die Entwicklung von Handlungsempfehlungen für die Genehmigung von Windenergieanlagen gewesen. Im Zuge des Projektes wurden zahlreiche Interviews mit Behörden, Projektierern und Naturschutzverbänden geführt. Des Weiteren wurden zwei Kommunen und weitere Einzelvorhaben außerhalb der Kommunen längerfristig bei Windenergie-Vorhaben intensiv begleitet und die daraus gewonnenen Erkenntnisse nachträglich in einem Verbandsdialog diskutiert. Das Ergebnis des Projektes sind gemeinsame Empfehlungen für die konfliktarme Realisierung von Windenergieanlagen.

Rheinland-Pfalz

Die Landesregierung Rheinland-Pfalz befürwortet grundsätzlich die Öffnung der Flächenkulisse für Floating Photovoltaik-Anlagen auf künstlichen Gewässern und erheblich veränderten Gewässern. Das Potenzial auf Flächen von Baggerseen sei in Rheinland-Pfalz beschränkt, da die erforderlichen Abstände und maximalen Deckungsgrade der schwimmenden PV-Anlagen die Einsatzmöglichkeiten bei den meisten kleinen Gewässern einschränkten. Die Auswirkungen von schwimmenden PV-Anlagen auf die ökologischen Funktionen der Baggerseen seien kaum untersucht und weithin unbekannt. Inwieweit die Beschattung durch PV-Module positiv zum Temperaturverhalten (Kühlungseffekt vs. oberflächliche Erwärmung) beitrage, müsse noch wissenschaftlich untersucht werden. Mögliche negative Beeinflussungen der Unterwasservegetation könnten nicht ausgeschlossen werden und seien abhängig von Relief und den Tiefenverhältnissen des Baggersees, mögliche negative Einflüsse auf Wasservögel, Fische und aquatische Kleinlebewesen seien weitgehend unbekannt. Dies geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Brandl (CDU) auf Landtags-Drucksache 18/4091 hervor.

Sachsen

Auf dem Gelände der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden-Pillnitz wurde eine Agri-Photovoltaikanlage in Betrieb genommen. Im Rahmen der Mehrwert-Initiative »Nachhaltig aus der Krise« wird das Modellvorhaben und Forschungsprojekt durch das Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft Sachsen mit knapp 450.000 Euro gefördert. Die Anlage hat eine Leistung von 140 Kilowatt und besteht aus beidseitigen (so genannten bifazialen) und vertikal aufgestellten Modulen, welche in Reihen von Nord nach Süd verlaufen. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt der Hochschule widmet sich neben den Potenzialen auch der Erforschung, Demonstration und Weiterentwicklung dieser Technologie. Dabei werden Aspekte nachhaltiger Flächennutzung mit minimalem Flächenverbrauch, des Bodenschutzes oder der Biologischen Vielfalt betrachtet (PM 10/2022).

Thomas Schoder - Extrakte

Interdisziplinärer Fachaustausch zu Landschafts- und Umweltentwicklung – das KNE auf der BDLA-Tagung

Berlin, 24. Oktober 2022

Interdisziplinärer Fachaustausch zu Landschafts- und Umweltentwicklung – das KNE auf der BDLA-Tagung

Mit drei fachlichen Vorträgen lieferten Dr. Silke Christiansen, Holger Ohlenburg und Dr. Julia Wiehe vom KNE wichtige inhaltliche Impulse auf der hybriden Tagung Update 2022. Landschafts- und Umweltentwicklung des Bundes Deutscher Landschaftsarchitekten (BDLA) am 20. und 21. Oktober.

Fachliche Beiträge aus dem KNE

Dr. Silke Christiansen, Leiterin der KNE-Rechtsabteilung, informierte die Teilnehmenden über die Änderungen des gesetzlichen Rahmens für den Ausbau der Windenergie an Land. Sie ging unter anderem auf die Änderungen im Baugesetzbuch hinsichtlich neuer Regelungen zur planerischen Steuerung des Windenergieausbaus ein, gab einen kurzen Überblick über die Veränderungen und den neuen § 45b im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Darüber hinaus erörterte Christiansen neue Mechanismen, die sich für die Flächenausweisung ergeben.

Holger Ohlenburg, Referent für naturverträgliche Windenergie, befasste sich in seinem Vortrag mit den fachlichen und den planerischen Herausforderungen bei der Umsetzung der neuen Bestimmungen zur Windenergie. Dabei stellte Ohlenburg die sich aus den rechtlichen Neuerungen des § 45 BNatSchG – soweit erkennbar und lösbar – erwachsenen fachlichen Anforderungen in den Blickpunkt. Zudem informierte er zu den Grundzügen und den Voraussetzungen der Probabilistik.

Die Umsetzung eines naturverträglichen Ausbaus von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) rückte Dr. Julia Wiehe, Referentin naturverträgliche Solarenergie, in den Mittelpunkt. Eingangs stellte sie die zu erwartenden Auswirkungen der unterschiedlichen PV-Anlagen vor – vom herkömmlichen Solarpark über Agri-PV und PV auf landwirtschaftlich genutzten Moorböden bis hin zur Floating-PV. Dabei ging Wiehe insbesondere auf zwei mögliche Stellschrauben für eine naturverträgliche Umsetzung von PV-FFA ein: das Standortkonzept auf kommunaler Ebene und die Festsetzungen im Bebauungsplan auf der Ebene des Projektes. Ergänzt wurden ihre Ausführungen durch den Erfahrungsbericht von Sandra Folz (BGHplan Umweltplanung und Landschaftsarchitektur GmbH) zur Umsetzung von PV-FFA in der Region Trier.

Schwerpunkthemen der Diskussionen

Vor dem Hintergrund der Klimaanpassung und Energiewende wurden die Möglichkeiten einer gestaltenden Landschaftsplanung diskutiert und ein Überblick zu den laufenden Entwicklungen in der Umweltplanung gegeben. Schwerpunkt des zweiten Veranstaltungstages waren die Diskussionen zum Ausbau der erneuerbaren Energien.

Bei der Windenergie lag der Fokus besonders auf den Gesetzesänderungen und den zu erwartenden Folgen für die Planungspraxis. Aktuell blieben viele Fragen der Umsetzung allerdings noch ungeklärt, so dass eine Beschleunigung des Windenergieausbaus nicht eindeutig erkennbar sei, so der Tenor der Teilnehmenden.

Mit Blick auf die Solarenergie wurden in der Diskussion die unzureichenden Steuerungsmöglichkeiten hervorgehoben, da eine überörtliche Abstimmung der Standortkonzepte aktuell nicht erfolge und die zuständigen Kommunen einzeln agierten. Darüber hinaus wurden die Themenfelder „Solarparks und Eingriffsregelung“ und die landwirtschaftliche Nutzung der Solarparkflächen nach Betriebsende als weiter zu diskutierende Punkte identifiziert. Der Erfahrungsbericht aus der Region Trier zeigte, wie auch auf Eigeninitiative der Kommunen eine überörtliche Zusammenarbeit erfolgen kann.

Ergiebiger Erfahrungsaustausch

Die Veranstaltung bot eine gute Gelegenheit den naturverträglichen Ausbau der Windenergie und der Solarenergie mit Planerinnen und Planern und weiteren Akteuren der Energiewende umfassend zu diskutieren. Es zeigte sich, dass ein interdisziplinärer Fachaustausch vor dem Hintergrund der aktuellen Gesetzesänderungen wichtig und notwendig ist. Insbesondere, um die neuen Anforderungen an die Verwaltungen und Planungsbüros klar benennen und umsetzen zu können.

Vortrag auf einer Tagung
Holger Ohlenburg informiert über die fachlichen und die planerischen Herausforderungen bei der Umsetzung der neuen Bestimmungen zur Windenergie. Foto: Dr. Silke Christiansen.

KNE-Podcast: Das Neue am neuen BNatSchG

Berlin, 21. Oktober 2022

KNE-Podcast: Das Neue am neuen BNatSchG

Die Bundesregierung hat kürzlich das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) novelliert, um die Genehmigungsverfahren für den Ausbau der Windenergie an Land zu vereinfachen und damit die naturverträgliche Energiewende zu beschleunigen. Nur was genau wurde am Gesetzestext verändert? Was bedeuten diese Änderungen für den Naturschutz und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die konkrete Arbeit vor Ort?

In dieser Folge von „Naturschutz und Energiewende“ beschäftigen sich Moderatorin Elke Thiele und ihre Gäste mit den Änderungen am BNatSchG, diskutieren die neuen Regelungen und deren Auswirkungen in der Praxis. Dr. Silke Christiansen, Leiterin der KNE-Rechtsabteilung, deckt die rechtliche Perspektive ab und Holger Ohlenburg, der stellvertretende Leiter der KNE-Fachinformation und Referent für naturverträgliche Windenergie, sorgt für die fachliche Einordnung. Diese Folge des Podcasts baut auf den kürzlich vorangegangenen KNE-Informationsveranstaltungen zum BNatSchG auf und geht auch auf Fragen ein, die das KNE von unterschiedlichsten Akteuren erreicht haben.

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Der KNE-Podcast

Dialoge – Debatten – Denkanstöße: Der KNE-Podcast beschäftigt sich mit aktuellen Fragen rund um die naturverträgliche Energiewende. Wie können Vogelkollisionen an Windenergieanlagen vermieden werden, wie lassen sich Konflikte beim Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort klären, und was alles muss berücksichtigt werden, damit eine Erneuerbaren-Anlage genehmigt werden kann? Zu diesen und vielen weiteren Fragen kommen unterschiedlichste Expertinnen und Experten im Podcast zu Wort.

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Dialog-Tool zur Entschärfung von Energiewendekonflikten

Berlin, 19. Oktober 2022

Dialog-Tool zur Entschärfung von Energiewendekonflikten

Schlussbericht vom Projekt „Lokaler Energiewendedialog“ für die Region Hannover online

Obwohl die Energiewende insgesamt von der Bevölkerung gewünscht ist, werden konkrete Projekte vor Ort von Teilen der Bevölkerung nicht akzeptiert. Im Projekt „Lokaler Energiewendedialog“, gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, wurde das Veranstaltungskonzept „Vision:En 2040“ mit integriertem Dialogtool entwickelt, um den Energiewendeprozess konfliktärmer zu gestalten.

Der unter maßgeblicher Mitwirkung von Dr. Julia Wiehe (ehemals Projektleitung am Institut für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover, IUP), Referentin für Solarenergie im KNE, veröffentlichte Schlussbericht stellt Projektdesign, Veranstaltungskonzept und Evaluationsergebnisse aus der Pilotphase in der Region Hannover vor.

Das Konsortium aus dem IUP, der Klimaschutzagentur Region Hannover gGmbH und der IP SYSCON GmbH entwickelte ein digitales Dialog-Tool, das Kommunen dabei unterstützen soll, den Ausbau erneuerbarer Energien partizipativ umzusetzen. Das Tool ermöglicht es Teilnehmenden in moderierten Veranstaltungen, eine vollständige Versorgung aus erneuerbaren Energien für ihre Gemeinde zu planen. Auf digitalen Karten werden Flächen angezeigt, die sich nach der Expertise von Forschungsprojekten des IUP für einen mensch- und naturverträglichen Ausbau eignen. Über einen Touch-Screen werden Wind- und Solarenergieanlagen verortet und ihre potenziellen Erträge angezeigt. Der so berechnete Gesamtstromertrag wird dem Energiebedarf der Kommune im Jahr 2040 gegenübergestellt. Auf Grundlage der Simulationsergebnisse können die Beteiligten den Beitrag ihrer Kommune zur Energiewende diskutieren.

Die Evaluation der Modellveranstaltungen zeigte, dass das Dialog-Tool das Potenzial besitzt, die Handlungs- und die Einstellungsebene der Akzeptanz gegenüber der Energiewende vor Ort positiv zu beeinflussen. Die Teilnehmenden konnten ihr Wissen erweitern und empfanden das Dialog-Tool als hilfreich, um naturverträgliche Standorte für Energieerzeugungsanlagen aber auch persönliche Einstellungen zu diskutieren.

In einem Folgeprojekt soll das Dialog-Tool für eine Nutzung in ganz Niedersachsen erweitert werden.

Fachkontakt
Dr. Julia Wiehe
Referentin Solarenergie
+49 30 7673738-26
julia.wiehe@naturschutz-energiewende.de

Screen Energiewendedialog, Foto: LUH/Moritz Küstner
Foto: LUH/Moritz Küstner