Diskussion beim Runden Tisch Recht der FA Wind zu aktuellen Urteilen

Berlin, 27. Mai 2020

Diskussion beim Runden Tisch Recht der FA Wind zu aktuellen Urteilen

Am 27. Mai fand der Runde Tisch Windenergie und Recht der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) statt. Auch dieses Mal wurden aktuelle Gerichtsurteile aus dem Bereich des Ausbaus der Windenergie an Land besprochen.

Besonders hinweisen möchten wir auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Gießen, Urteil vom 22. Januar 2020 – 1 K 6019/18.Gl zur Frage von Ausnahmegenehmigungen für Windenergieanlagen.

Das VG Gießen hat im besprochenen Fall eine Genehmigung aufgrund der Verletzung des Tötungsverbotes nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) aufgehoben und argumentiert, dass auch eine Ausnahme zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit nicht erteilt werden könne. Das Gericht meint, dass für den Bau von Windenergieanlagen im vorliegenden Fall kein Ausnahmegrund in Betracht käme, da der Ausnahmegrund des § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG (zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses) nicht auf europäische Vogelarten anwendbar sei und der Ausnahmegrund § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BNatSchG (öffentliche Sicherheit) nicht für den Bau einzelner Windenergieanlagen bemüht werden könne.

Die Teilnehmenden des Runden Tischs waren sich einig: Die Entscheidung des VG Gießen könnte einen Dämpfer für den weiteren Ausbau der Windenergie bedeuten, wenn, wie dies in einigen Ländern anklingt, die Ausnahme im Genehmigungsverfahren stärker genutzt werden soll.

Die Berufungsentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Kassel wird daher mit Spannung erwartet und insbesondere, ob er hier selbst eine Entscheidung darüber trifft, ob der Ausnahmegrund § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG auf europäische Vogelarten anwendbar ist oder ob auch der Bau einzelner Windenergieanlagen unter den Ausnahmegrund der öffentlichen Sicherheit fällt. Entscheidet sich der VGH, diese Fragen dem EuGH zur Beantwortung vorzulegen, dürfte eine in dieser Hinsicht klarstellende Grundsatzentscheidung Licht ins Dunkel bringen.

Gerichtshammer und Gesetzbücher

DFBEW veröffentlicht KNE-Publikation „10 Fragen – 10 Antworten zu Detektionssystemen“ auf Französisch

Berlin, 28. Mai 2020

DFBEW veröffentlicht KNE-Publikation „10 Fragen – 10 Antworten zu Detektionssystemen“ auf Französisch

Das Deutsch-französische Büro für die Energiewende (DFBEW) veröffentlicht die französische Übersetzung eines Faktenpapiers des KNE zur automatisierten Detektion und ereignisbezogenen Abschaltung zur Verminderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen.

Um den Ausbau der Windenergienutzung naturverträglich fortsetzen zu können, braucht es innovative Lösungen, um die negativen Auswirkungen auf windenergiesensible Tierarten effizient zu vermindern. Detektionssysteme wurden entwickelt, um ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko windenergiesensibler Vogelarten zu vermeiden. Sollten sich diese Systeme als wirksam erweisen, können sie einen bedeutenden Beitrag zum Abbau des derzeitigen Genehmigungsstaus leisten und den naturverträglichen Ausbau der Windenergie befördern.

Die Energiewende in Frankreich

Nicht nur in Deutschland sind Lösungen gefragt, um den Ausbau der Windenergienutzung unter Berücksichtigung des Artenschutzes naturverträglich voranzutreiben.

2006 wurde in Frankreich das Programm „Windenergie und biologische Artenvielfalt“ ins Leben gerufen. Dieses Programm, das von einem Lenkungsausschuss geleitet wird, der sich aus der Agentur für ökologischen Wandel (Ademe), den Windenergieverbänden (SER und FEE), dem französischen Ministerium für ökologischen und solidarischen Wandel (MTES) und der nationalen Vogelschutzorganisation (LPO) zusammensetzt, zielt auf die Errichtung eines nationalen Windparks unter Berücksichtigung der Belange der biologischen Vielfalt.

So wird etwa mittels der mehrjährigen Energieprogrammplanung der französischen Regierung, die im April 2020 veröffentlicht wurde, das Ziel gesetzt, Genehmigungsprozesse von Windparks zu beschleunigen und dabei Umweltgesichtspunkte, wie den Erhalt einer hohen Artenvielfalt, umfassend zu berücksichtigen.

Daher sind Detektionssysteme zur Verminderung von Vogelkollisionen derzeit ein wichtiges Thema für die Windenergiebranche in Frankreich, um die ambitionierten Ausbauziele für die Onshore-Windenergie in Einklang mit dem Erhalt der Artenvielalt zu erreichen, einige Windparks sind bereits mit Detektionssystemen ausgerüstet.

Als Facheinrichtung befasst sich das KNE schon seit geraumer Zeit mit Technischen Systemen zur Verminderung von Vogelkollisionen. Die Expertise des KNE auf diesem Gebiet und die Praxiserfahrungen der französischen Windenergiebranche ermöglichen einen gewinnbringenden deutsch-französischen Austausch.

 

Weitere Veröffentlichungen und Arbeiten des KNE zum Thema:

Ihre Ansprechpartnerin im KNE
Eva Schuster
Referentin für technischen Artenschutz, Vermeidungs-, Verminderungsmaßnahmen
eva.schuster@nautschutz-energiewende.de
030-7673738-23

Titelseite der Publikation

Windbranchentag fordert stärkeren Windenergieausbau

Berlin, 20. Mai 2020

Windbranchentag fordert stärkeren Windenergieausbau

Der Landesverband Baden-Württemberg des Bundesverbands Windenergie und das Ministerium für Umwelt, Klima- und Energiewirtschaft Baden-Württemberg luden zum Windbranchentag  „Länderspezial Wind in Baden-Württemberg“ erstmals online ein.

Im Mittelpunkt des Branchentreffens stand eine Diskussionsrunde mit Umweltminister Franz Untersteller, BMWi-Staatssekretär Andreas Feicht, BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter und BWE-Landesvorsitzendem Christian Oberbeck zur Fragestellung „Zukunft der Windenergie in Baden-Württemberg: Weichenstellungen der Politik?“. Deutlich wurde hierbei, dass es eine Reihe von Hemmnissen auf verschiedenen Ebenen für den Windenergieausbau in Baden-Württemberg gibt. Neben dem Artenschutz wurden diesbezüglich vor allem auch die Flächenverfügbarkeit, die EEG-Novelle 2017, die Rolle des Staatsforstes in Baden-Württemberg sowie die Akzeptanz vor Ort als einflussnehmende Faktoren angesprochen. In Bezug auf technische Vogelerkennungssysteme zur Verminderung von Vogelkollisionen wurden große Chancen zur Förderung des Ausbaus der Windenergie gesehen.

Neben den Schwerpunkten „Genehmigungsrechtliche Herausforderungen der Corona-Krise“ und „Windstrom für die Industrie: Das Grünstromkonzept von Daimler“ wurde auch das Thema „Windenergie und Artenschutz“ diskutiert. Hier ging es vor allem um neue Entwicklungen im Hinblick auf Windenergie und Artenschutz in Baden-Württemberg sowie um eine Einschätzung der Branche und der Naturschutzbehörden.

Dr. Martin Köppel, Leiter der Außenstelle Süd und Konfliktberater des KNE, nutzte die Gelegenheit, sich über aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen der Windenergie in Baden-Württemberg zu informieren und zum Ausloten der Möglichkeiten der Unterstützung einer naturverträglichen Energiewende durch das KNE.

Windenergieanlagen und Rapsfeld

Wirksamkeit von Vogelschutzmarkern zur Minderung von Kollisionsrisiken

Berlin, 19. Mai 2020

KNE-Lesetipp

Wirksamkeit von Vogelschutzmarkern zur Minderung von Kollisionsrisiken

Titel: Liesenjohann et al. (2020): Wirksamkeit von Vogelschutzmarkern. Ein Fachkonventionsvorschlag zur Minderungswirkung an Freileitungen.

Kollisionen mit Freileitungen stellen ein beträchtliches anthropogenes Mortalitätsrisiko für Vögel dar. In die Beurteilung, ob durch eine Freileitung ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko eintritt und somit ein Verbotstatbestand vorliegt, fließen auch Schutzmaßnahmen ein. Im Falle von Freileitungen sind Vogelschutzmarker grundsätzlich geeignet, das Kollisionsrisiko zu vermindern. Allerdings stellt sich hier die Frage, um wieviel das Kollisionsrisiko für die einzelne Art jeweils gesenkt werden kann.

Die Minderungswirkung weist artspezifisch sehr große Unterschiede auf. Liesenjohann et al. (2020) haben im Rahmen des FuE-Vorhabens „Wirksamkeitsanalyse unterschiedlicher Vogelschutzmarker“ des Bundesamtes für Naturschutz einen Fachkonventionsvorschlag zur Verwendung von Vogelschutzmarkern erarbeitet. Es werden Aussagen zur Reduktion des konstellationsspezifischen Risikos (KSR), also der Reduktion der Konfliktschwere im jeweiligen Einzelfall, zu allen planungsrelevanten kollisionsgefährdeten Vogelarten getroffen. Das Konzept des konstellationsspezifischen Risikos geht auf Bernotat & Dierschke (2016) zurück.

Zu diesem Zweck haben die Autoren einschlägige Kollisionsreduktionswerte (in Prozent) aus der Literatur zusammengestellt und deren wissenschaftliche Belastbarkeit bewertet (Evidenzgraduierung). Auf dieser Grundlage werden Referenzarten definiert, für die empirisch ermittelte Ergebnisse vorliegen. Die verfügbaren Minderungswerte für eine Art werden gemittelt und entsprechend der Evidenzgraduierung gewichtet. Der auf diese Weise resultierende Reduktionswert wird einer Stufe der Risikoreduktion zugewiesen. Mittels ökologischer Ähnlichkeitskriterien wird die Markerwirksamkeit auf Vergleichsarten übertragen, für die keine empirisch ermittelten Ergebnisse vorliegen.

Von den 164 bewerteten Vogelarten können Vogelschutzmarker für 27 Arten zu einer sehr hohen Reduktion des konstellationsspezifischen Risikos führen. Bei 39 Arten ist die Reduktionswirkung mittel-hoch, bei den restlichen 98 Arten ist die Reduktionswirkung hingegen gering bis mäßig. Diese Einstufungen bieten eine erste Orientierung für die Bewertung der Minderungswirkung von Vogelschutzmarkern im Einzelfall.

Auch das KNE befasst sich in einem FuE-Vorhaben „Workshopreihe Technische Systeme“ mit der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen (hier: bedarfsgerechte Abschaltung mit Hilfe automatisierter Detektionssysteme) zur Senkung von Kollisionsrisiken. Die Ergebnisse von Liesenjohann et al. (2020) stellen einen interessanten Ansatz zur Abstufung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen dar. Es wird zu überlegen sein, inwiefern diese Herangehensweise auf die Beurteilung der Wirksamkeit technischer Systeme übertragen werden kann.

Quelle: Liesenjohann, M., Blew, J., Fronczek, S., Reichenbach, M., Bernotat, D. (2020): Wirksamkeit von Vogelschutzmarkern. Ein Fachkonventionsvorschlag zur Minderungswirkung an Freileitungen. NuL 52 (4), S. 184-190.

Link zum Artikel „Wirksamkeit von Vogelschutzmarkern“.
(Nur für Abonnenten frei verfügbar)

Hier finden Sie die Ergebnisse des FuE-Vorhabens – BfN-Skripten 537:
Liesenjohann, M., Blew, J., Fronczek, S., Reichenbach, M., Bernotat, D. (2019): Artspezifische Wirksamkeiten von Vogelschutzmarkern an Freileitungen. Methodische Grundlagen zur Einstufung der Minderungswirkung durch Vogelschutzmarker – ein Fachkonventionsvorschlag. Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.). Abschlussbericht des FuE-Vorhabens „Wirksamkeitsanalyse unterschiedlicher Vogelschutzmarker“. BfN-Skripten 537.

 

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Stärkung der Zusammenarbeit mit den Landesenergieagenturen

Berlin, 12. Mai 2020

Stärkung der Zusammenarbeit mit den Landesenergieagenturen

Eigentlich als Treffen in Dresden geplant, tauschten sich die Landesenergieagenturen, das KNE und die FA Wind in einer Online-Konferenz zur Windenergie aus. Dabei berichteten die Agenturen aus den Ländern, im weiteren Austausch wurden unter anderem die Themen Akzeptanz und Öffentlichkeitsbeteiligung beleuchtet.

Michael Krieger, Geschäftsführer des KNE, stellte das neue KNE-Konfliktberatungskonzept vor. Dabei soll insbesondere der bundesweit agierende KNE-Mediatorenpool stärker vor Ort an die Landeseinrichtungen angebunden werden. Dazu wird das KNE zusammen mit den Mediatorinnen und Mediatoren in individuellen Gesprächen die jeweiligen Bedarfe der einzelnen Landesenergieagenturen erörtern. Darüber hinaus sind gemeinsame Workshops mit Mediatoren und Mediatorinnen aus dem Pool geplant.

Windenergieanlage und Landschaft