KNE-Podcast: Probabilistik und Windenergie?

Berlin, 25. August 2022

KNE-Podcast: Probabilistik und Windenergie?

Von der Probabilistik erhofft man sich eine bessere Handhabung der Bewertung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos. Die Umweltministerkonferenz hat daher im Dezember 2020 den „Standardisierten Bewertungsrahmen zur Ermittlung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Hinblick auf Brutvogelarten an Windenergieanlagen an Land – Signifikanzrahmen (Stand: 11.12.2020)“ beschlossen. Unter anderem wurde daraufhin eine Unterarbeitsgruppe Probabilistik eingerichtet.

Diese Unterarbeitsgruppe, die sich aus Vertretern1 und Vertreterinnen der Länder, des Bundes, der Umwelt- und Energieverbände, des KNE und der Fachagentur Windenergie an Land zusammensetzt, soll beispielsweise Möglichkeiten für die Nutzung probabilistischer Verfahren für die Signifikanzbestimmung in Genehmigungsverfahren analysieren.

Doch was ist Probabilistik genau? Und wie könnte die Wahrscheinlichkeitsrechnung beim naturverträglichen Ausbau der Windenergie konkret helfen? KNE-Geschäftsführer Michael Krieger und Moderatorin Elke Thiele sprechen in dieser Folge des KNE-Podcasts über Probabilistik in der artenschutzfachlichen Beurteilung von Windenergieprojekten – und auch über Marmeladenbrote.

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Der KNE-Podcast

Dialoge – Debatten – Denkanstöße: Der KNE-Podcast beschäftigt sich mit aktuellen Fragen rund um die naturverträgliche Energiewende. Wie können Vogelkollisionen an Windenergieanlagen vermieden werden, wie lassen sich Konflikte beim Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort klären, und was alles muss berücksichtigt werden, damit eine Erneuerbaren-Anlage genehmigt werden kann? Zu diesen und vielen weiteren Fragen kommen unterschiedlichste Expertinnen und Experten im Podcast zu Wort.

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Aktuelles aus Bund, Ländern und Forschung

Berlin, 25. August 2022

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 08/22

Aktuelles aus Bund, Ländern und Forschung

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Bundesregierung

In seiner Antwort auf eine Schriftliche Frage (Nr. 333) des Abgeordneten Dr. Thomas Gebhart (CDU) gibt Dr. Patrick Graichen, Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, Auskunft über das Potenzial schwimmender Photovoltaik (PV). Das Flächenpotenzial künstlicher und erheblich veränderter stehender Gewässer werde entsprechend des Monitorings im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie für Gewässer mit mehr als 50 Hektar Gesamtfläche auf rund 40.000 Hektar geschätzt. Gewässer bis 50 Hektar, wie beispielsweise kleinere Baggerseen oder Fließgewässer, seien dabei nicht erfasst. Das Potenzial sei daher noch größer. Die Nutzung dieser Gewässer regle das Wasserhaushaltsgesetz. Maximal 15 Prozent der Fläche des jeweiligen Gewässers dürften mit Photovoltaik-Anlagen belegt werden und zum Ufer sei ein Abstand von 40 Metern einzuhalten.

Bayern

Zahlreiche Akteure der Energiewende in Bayern haben sich mit einem Memorandum of Understandig (MoU) dazu verpflichtet, Genehmigungs- und Bearbeitungsprozesse deutlich zu vereinfachen und zu beschleunigen. Die hohe Dynamik beim Ausbau erneuerbarer Energien führe aktuell zu langen Wartezeiten beim Anschluss der Anlagen an das Stromnetz. Bei bayerischen Netzbetreibern lägen aktuell so viele Anträge auf Netzanschluss von Solaranlagen vor, wie im letzten Jahrzehnt insgesamt genehmigt worden seien. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des MoU bekennen sich zur Notwendigkeit von Stromnetzertüchtigung und -ausbau. Das MoU umfasst zahlreiche Handlungsfelder für einen schnelleren Netzanschluss erneuerbarer Energien. Maßnahmen für den Netzausbau sollen von Genehmigungsbehörden und Vorhabenträgern mit Priorität behandelt werden. Das Bayerische Wirtschaftsministerium setze sich für ausreichende Personalkapazitäten bei Landratsämtern und Naturschutzbehörden ein (PM 07/2022).

Berlin/Brandenburg

Fünf Projekte zur Errichtung von mehreren Windenergieanlagen seien von den Berliner Stadtwerken bisher umgesetzt worden. Alle Windenergieanlagen befänden sich in Brandenburg. Das Landesamt für Umwelt Brandenburg sei dabei die zentrale Verfahrensstelle für die Genehmigung nach Bundesimmissionsgesetz. Bis zu 35 Träger öffentlicher Belange würden bei derartigen Verfahren beteiligt. Den Genehmigungsverfahren ginge ein umfangreicher Vorplanungsprozess zum Beispiel aus naturschutzfachlichen Untersuchungen im Vorfeld des Genehmigungsverfahrens und Vorbesprechungen mit Kommunalverwaltungen voraus. Die Zeiträume von Projektbeginn bis Inbetriebnahme hätten bei den fünf Projekten zwischen drei und acht Jahren betragen. Dies geht aus einer Antwort der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Sibylle Meister und Christian Wolf (FDP) auf Drucksache 19/12706 des Abgeordnetenhauses Berlin hervor.

Niedersachsen

Die Landesregierung Niedersachsen informiert in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Imke Byl, Christian Meyer und Gerald Heere (Grüne) auf Landtags-Drucksache 18/11570 über die Entwicklung des Windenergieausbaus im Land. Im Zuge der Novellierung des Niedersächsischen Klimagesetzes sei das Ziel eines Ausbaus der Windenergie an Land auf insgesamt mindestens 30 Gigawatt installierter Leistung bis Ende 2035 beschlossen worden. Hierfür sollen 2,2 Prozent der Landesfläche bis zum Jahr 2033 regionalplanerisch bereitgestellt werden. 30 Windenergieanlagen seien im 1. Halbjahr 2022 errichtet worden. Der größte Zubau sei im Jahr 2017 mit 485 errichteten Anlagen mit einer Gesamtleistung in Höhe von 1.435,92 Megawatt erfolgt.

Fraunhofer ISE

Auch das Fraunhofer ISE beschäftigt sich mit den Potenzialen schwimmender PV-Anlagen, die Flächennutzungskonflikte beim Ausbau erneuerbarer Energien entschärfen könnten. Ein Forschungsteam des Instituts hat die Potenziale zur solaren Stromerzeugung für baden-württembergische Baggerseen in Auskiesung berechnet. Diese seien nicht für Freizeitaktivitäten, Tourismus, Natur- und Landschaftsschutz relevant und deshalb besonders für schwimmende PV geeignet. Insgesamt könnten – je nach ökologisch motivierter Obergrenze für Seebelegungen – laut der Studie Floating-PV-Anlagen mit einer Nennleistung von 280 bis 1.070 Megawatt  installiert werden. Die meisten geeigneten Wasserflächen seien am Oberrhein gefunden worden. Bei Baggerseen in Auskiesung werde davon ausgegangen, dass sich aufgrund andauernder Kiesarbeiten noch kein Ökosystem mit geschützten Arten und hoher Biodiversität entwickelt habe (PM 07/2022).

Thomas Schoder - Extrakte

Auswahlbibliografie „Telemetrie von Greifvögeln und Eulen“

Berlin, 24. August 2022

Auswahlbibliografie „Telemetrie von Greifvögeln und Eulen“

In der aktualisierten Auswahlbibliografie „Telemetrie von Greifvögeln und Eulen“ haben wir die wichtigsten Veröffentlichungen zur Telemetrie von Greifvögeln und Eulen zusammengestellt. Im Fokus stehen dabei Quellen, die auch im Zusammenhang mit dem Ausbau der Windenergie an Land in Deutschland relevant sein können. Es sind schwerpunktmäßig Studien und Forschungsberichte aufgeführt, deren Ergebnisse Rückschlüsse auf Verhaltensmuster der jeweils untersuchten Vogelarten zulassen, beispielsweise über Aktionsradien und Aktivitätsmuster in ihrem Brutgebiet. Dabei betreffen die ausgewählten Quellen mehrheitlich als windenergiesensibel eingestufte Arten mit Brutvorkommen in Deutschland, beispielsweise Rotmilan, Seeadler, Schreiadler und Uhu.

Die Auswahlbibliografien des KNE bieten einen Überblick über einschlägige Veröffentlichungen zu bestimmten Teilaspekten der naturverträglichen Energiewende. Sie fassen die neuesten Forschungsergebnisse, Handlungsleitfäden und Positionspapiere zusammen. Die Auswahlbibliografien sollen sowohl den Einstieg in ein Thema ermöglichen, als auch den aktiven Akteuren den Zugang zu verlässlichen Quellen erleichtern. Sie werden in reglmäßigen Abständen aktualisiert.

Gern können Sie sich mit Ergänzungsvorschlägen oder Anregungen an uns wenden.

Kontakt
Hoger Ohlenburg
Referent naturverträgliche Windenergie
holger.ohlenburg@naturschutz-energiewende.de
T.: +49 30 7673738-22

Eule, Bild von Alexa auf Pixabay
Eule, Bild von Alexa auf Pixabay

Natur wertschätzen, Biodiversität schützen

Berlin, 22. August 2022

KNE-Lesetipp

Natur wertschätzen, Biodiversität schützen

PASCUAL, Unai, et al. (2022): Methodological Assessment of the Diverse Values and Valuation of Nature: Summary for Policy Makers.

Der Weltbiodiversitätsrat IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) veröffentlichte am 11. Juli 2022 seine neue Studie zur „Wertebeurteilung über die Natur“. 82 führende internationale Experten und Expertinnen kommen darin zu dem Schluss, dass die Art und Weise, wie die Natur bisher bei politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen berücksichtigt und bewertet wird, ein wesentlicher Treiber der globalen Biodiversitätskrise sei. Eine andere, die Natur stärker wertschätzende, Bewertung sei jedoch eine entscheidende Chance, der Biodiversitätskrise zu begegnen.

Aus insgesamt 139 Ländern wurden unterschiedliche Studien ausgewertet, die sich mit der Wertschöpfung der Natur befassen. Es werden daraus Ansätze abgeleitet, wie die Natur zukünftig in der politischen und ökonomischen Entscheidungsfindung stärker Berücksichtigung und Wertschätzung finden kann, um den Natur- und Biodiversitätsschutz zu stärken.

Die Autoren und Autorinnen stellen fest, dass sich die Studien der letzten 40 Jahre vermehrt auf das ökonomische Wertschöpfungspotenzial der Natur fokussieren und andere Faktoren und Werte wie Klimaregulierung und Artenschutz hintenanstellen. Dies führe dazu, dass beispielsweise für den Bau von Straßen und Dämmen großflächige Abholzungen von (Ur-)Wäldern und anderweitige irreparable Naturzerstörungen  in Kauf genommen würden. Letztlich hat dies einen großen Verlust von Artenvielfalt und von schützenswerten Biotopen zur Folge.

Der bisherige und sehr starke Fokus auf kurzfristige Gewinne und ökonomisches Wachstum als Werte der Natur trage maßgeblich zur Biodiversitäts- und Klimakrise bei. Eine ganzheitliche Betrachtung, vermittelt durch die untersuchten Studien, könne zur Planung von Naturschutzgesetzen beitragen, die die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen unterstützen oder deren Begutachtung versachlichen. Nach Auffassung der Autorenschaft sollte ein zielführendes Design von Studien zur intrinsischen Wahrnehmung und Schätzung der Natur die folgenden wesentlichen Merkmale erfüllen: Es sollte ein Bewusstsein darüber geben, dass es unterschiedliche Ansätze zur „Bewertung“ von Natur gibt, es sollten „robuste“ Methoden angewendet werden sowie die Möglichkeit zur einfachen Umsetzung der Ergebnisse in die Praxis gegeben sein.

Zudem ermittelten die Autoren und Autorinnen die Studien, die sich am besten dafür eignen, das intrinsische Wertepotenzial der Natur zu identifizieren. Ein besonderer Fokus wurde dabei auf die Studien von Verfassern aus indigenen oder lokalen Bevölkerungen gelegt, da diese den Wert der Natur stärker in ihr selbst sehen und insgesamt rein ökonomische Faktoren weniger priorisieren.

Fazit der Autoren und Autorinnen

Die Autoren und Autorinnen ziehen den Schluss, dass es an Studien mangele, die sich mit den inhärenten Werten und Wertschöpfungsmöglichkeiten aus der Natur befassen. Jedoch seien diese dringend notwendig, um alle politischen Prozesse hinsichtlich einer naturschonenden Ressourcen- und Landnutzung zu begleiten und zu unterstützen, damit die Natur vor weiteren Zerstörungsvorfällen aus ökonomischen Motiven heraus geschützt werden kann. Die Ergebnisse könnten und sollten nationale und internationale Akteure aus Politik und Gesellschaft, aus dem privaten Sektor und aus den Medien motivieren, ein höheres Bewusstsein für die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer natur- und umweltschonenden Wirtschaftsweise zu schaffen.

Quelle: PASCUAL, Unai, et al. (2022): Methodological Assessment of the Diverse Values and Valuation of Nature: Summary for Policy Makers. 34 S.

Regenwald-Panorama
Regenwald, Foto: © hilmawan nurhatmadi – adobe.stock.com