Fachforum der KNE-Mediatorinnen und -Mediatoren zu Konfliktlagen bei der Umsetzung von Solarparks vor Ort

Berlin, 16. November 2023

Fachforum der KNE-Mediatorinnen und -Mediatoren zu Konfliktlagen bei der Umsetzung von Solarparks vor Ort

Am 16. November kamen die KNE-Mediatorinnen und -Mediatoren zu ihrem regelmäßig stattfindenden Fachforum zusammen. Dieses Mal wurde sich digital ausgetauscht. Im Zuge des verstärkten Ausbaus der Solarenergie widmete sich der Fachaustausch insbesondere dieser Thematik und dem damit steigenden Konfliktpotenzial bei der Umsetzung vor Ort.

Zum Einstieg gab Dr. Julia Wiehe, Leiterin Team Solar im KNE, einen Überblick über den Status Quo des Ausbaus, die für die Zukunft geplanten Ausbauziele und über die Auswirkungen von Solarparks auf den Naturhaushalt. Der Forschungsbedarf sei hier groß und ein Monitoring oder die Erstellung von Umweltberichten wären ein wichtiger Beitrag, um Wissenslücken zu schließen. Außerdem stellte Wiehe mögliche Maßnahmen zur naturverträglichen Gestaltung und besondere Anlagentypen, wie beispielweise die Agri-Photovoltaik (Agri-PV) vor.

Die Anfragen, die das KNE zum Thema erreichen, spiegeln den Informationsbedarf der Akteure wider. Unter anderem lauten die Fragen: Wie sind die Anforderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetztes bei der Förderung von Moor-PV und Agri-PV? Können PV-Freiflächenanlagen auf Ausgleichsflächen anderer Bauprojekte errichtet werden? Welche Flächennutzung ist nach dem Rückbau der Anlagen möglich? Wie kann eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger aussehen?

Im Verlauf der Diskussion und des Erfahrungsaustauschs ging es daher insbesondere um denkbare Konfliktlagen und Möglichkeiten der Unterstützung von Kommunen und Akteuren bei der Umsetzung von Solarparks vor Ort. Wie können diese Prozesse gut moderiert und begleitet werden? Wie geht man mit konfliktträchtigen Veranstaltungen und unsachlicher Argumentation um? Wo gibt es Verständigungsbedarf? Wie können Solarparks bürgernah und naturverträglich gestaltet werden können? Wie können die Beteiligten ins Boot geholt werden?

Der KNE-Pool für Prozessgestaltung, Mediation und Moderation

Die Mitglieder des KNE-Pools bieten professionelle Unterstützung und Begleitung bei der Vermeidung und Klärung von Konflikten vor Ort. Die eigens für die Themen Naturschutz und Energiewende fortgebildeten Expertinnen und Experten stehen dafür mit einer neutralen Haltung moderierend und begleitend zur Verfügung. Der Informationsflyer zum KNE-Pool für Prozessgestaltung, Mediation und Moderation gibt einen umfassenden Überblick über die Expertise und die Angebote der KNE-Mediatoren und -Mediatorinnen.

Fachkontakt
Karen Thormeyer
Koordinatorin Mediatorinnen- und Mediatorenpool
karen.thormeyer@naturschutz-energiewende.de
T.: +49 30 7673738-17

Spielsteine auf Untergrund
Foto: Gerd Altmann auf Pixabay

Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen: KNE startet Forschungs- und Entwicklungsvorhaben

Berlin, 16. November 2023

Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen

KNE startet Forschungs- und Entwicklungsvorhaben

Für die Solarenergie bestehen ambitionierte Ausbauziele. Bis zum Jahr 2040 sollen insgesamt 400 Gigawatt installiert sein, je zur Hälfte auf Dächern und Freiflächen. In der Photovoltaik-Strategie des Bundeswirtschaftsministeriums wird zudem eine Zukunftsvision entworfen, nach der im Jahr 2035 Biodiversitäts-Solarparks Standard sein sollen, die „neue Lebensräume für Tier- und Pflanzenwelt schaffen“. Wie lässt sich dieser Standard trotz Flächendruck und Nutzungskonkurrenzen erreichen? Welche Steuerungsmöglichkeiten gibt es bereits, welche werden neu eingeführt?

Aufgabe des jetzt am Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) gestarteten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens „Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen – SuN-divers“ ist der Wissenstransfer von fachlichen Grundlagen und neuen Erkenntnissen in die kommunale Planungspraxis, damit Naturschutzbelange bei der Umsetzung von Solarparks stärker als bisher Berücksichtigung finden. Das Projekt wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.

„Neben aktuell diskutierten Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz 2024 gibt es bereits verschiedene Instrumente, mit denen eine Steigerung der Biodiversität in Solarparks erreicht werden soll. Mit dem Projekt tragen wir dazu bei, diese Instrumente für mehr Naturschutz in Solarparks miteinander zu verzahnen sowie den Austausch zwischen den Akteuren zu fördern und ihnen Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen,“ so die Projektleitern Dr. Julia Wiehe. „Dazu werden wir unter anderem bundesweite Online-Veranstaltungen sowie regionale Workshops vor Ort durchführen und die Unterstützungsbedarfe auf kommunaler Ebene ermitteln.“

Im Rahmen des FuE-Vorhabens sollen folgende Fragen beantwortet werden: Welche naturschutzfachlichen Kriterien sollten „Biodiversitäts-Solaranlagen“ erfüllen, um eine Steigerung der Biodiversität zu gewährleisten? Was ist der aktuelle Stand der Forschung zu Auswirkungen von Solarparks auf besonders und streng geschützte Arten? Mit welchen Maßnahmen können negative Auswirkungen auf photovoltaik-sensible Arten wirkungsvoll kompensiert werden? Was brauchen die Akteure vor Ort, um die Instrumente und Maßnahmen in der Praxis effizient umsetzen zu können?

Projektdetails

  • Titel: „Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen – SuN-divers“,
  • FuE-Vorhaben des Bundesamtes für Naturschutz (FKZ 3523 861000),
  • Laufzeit: bis 31.03.2025.

Projektteam

Die Projektleitung hat Dr. Julia Wiehe übernommen. Elisabeth Wolfram (Fachreferentin für Solarenergie) und Simone Zeil (Dialoggestalterin) sind für die Projektbearbeitung zuständig. Das Team der KNE-Dialoggestaltung wird die verschiedenen Veranstaltungsformate im Projekt konzipieren und durchführen.

Fachkontakt
Dr. Julia Wiehe
Leiterin Team Solar
julia.wiehe@naturschutz-energiewende.de

Wiese und Illustraion Solarmodul
Illustration: Tino Herrmann - corporate-new

KNE-Podcast: Was kommt nach der Photovoltaik?

Berlin, 31. Oktober 2023

KNE-Podcast: Was kommt nach der Photovoltaik?

Im Zuge der Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien braucht es ausreichend Flächen zum Bau großer Solarpark, insbesondere im ländlichen Raum. Ein Großteil dieser Flächen wird aus der Landwirtschaft kommen müssen. Indem Landwirtinnen und Landwirte Flächen für den Ausbau von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) zur Verfügung stellen, können sie nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leisten, sie erschließen sich auch eine profitable Einkommensquelle. Das wirft die Frage auf, was mit den Flächen nach Beendigung der PV-Nutzung passiert.

Bei der sogenannten „Folgenutzungs-Frage“ geht es also darum, ob eine Landwirtschaftsfläche, die zeitlich befristet der PV-Nutzung zur Verfügung stand, anschließend wieder landwirtschaftlich genutzt werden kann oder, ob dies aus bestimmten rechtlichen Gründen verwehrt bleibt und die Fläche der Landwirtschaft für immer entzogen bleibt.

In dieser Folge Naturschutz und Energiewende spricht Moderator Dr. Torsten Raynal-Ehrke mit Peer Michaelis, Rechtsreferent am KNE und Autor einer Publikation zu diesem Thema.

Im Gespräch werden unter anderem folgende Fragen erörtert: Unter welchen Voraussetzungen kann PV auf Ackerland realisiert werden? Wie kann möglichen Problemen bei Wiederaufnahme der Landwirtschaft vorgebeugt werden? Und was passiert, wenn sich während der PV-Nutzung neue Arten ansiedeln?

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Weitere Informationen zum Thema

Der KNE-Podcast

Dialoge – Debatten – Denkanstöße: Der KNE-Podcast beschäftigt sich mit aktuellen Fragen rund um die naturverträgliche Energiewende. Wie können Vogelkollisionen an Windenergieanlagen vermieden werden, wie lassen sich Konflikte beim Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort klären, und was alles muss berücksichtigt werden, damit eine Erneuerbaren-Anlage genehmigt werden kann? Zu diesen und vielen weiteren Fragen kommen unterschiedlichste Expertinnen und Experten im Podcast zu Wort.

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Neue KNE-Publikation: Einsatz von Antikollisionssystemen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit

Berlin, 26. Oktober 2023

Neue KNE-Publikation: Einsatz von Antikollisionssystemen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit

Im novellierten Bundesnaturschutzgesetz sind neue Regelungen festgelegt, um die Genehmigung von Windenergieanlagen zu beschleunigen. Es enthält auch eine Liste von Schutzmaßnahmen, die ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko wirksam senken können, darunter auch Antikollisionssysteme (AKS) zur Vermeidung von Vogelkollisionen. Gleichzeitig definiert das Gesetz eine Zumutbarkeitsgrenze für den vom Vorhabenträger zu tragenden Aufwand für Schutzmaßnahmen.

Die neue KNE-Publikation „Einsatz von Antikollisionssystemen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit“ geht daher der Frage nach, welche Investitionsspielräume insbesondere für Antikollisionssysteme innerhalb der im Bundesnaturschutzgesetz formulierten Zumutbarkeitsgrenzen bestehen.

Diese Zumutbarkeitsgrenzen variieren in Abhängigkeit davon, ob die Windenergieanlagen an einem Standort mit hoher Ertragsleistung (Zumutbarkeitsschwelle 8 Prozent) oder verminderter Ertragsleistung (Zumutbarkeitsschwelle 6 Prozent) errichtet werden sollen.

Die exemplarisch mit unterschiedlichen Leistungsparametern durchgeführten Berechnungen zeigen, dass die zumutbaren Investitionskosten für AKS insbesondere bei geringer Ertrags- bzw. Standortgüte begrenzt sind. Sofern an diesen Standorten andere, weniger kostenintensive Schutzmaßnahmen zur Kollisionsrisikominderung in Betracht kommen, könnten diese aus Betreibersicht vorzugswürdig sein.

Zu beachten ist, dass im Detail Unterschiede bei der Bemessung zumutbarer investiver Kosten bestehen, je nachdem, ob die Windenergieanlagen innerhalb oder außerhalb ausgewiesener Windenergiegebiete stehen. Für beide Anwendungsfälle werden die Rahmenbedingungen dargestellt.

Die Veröffentlichung zeigt auf, dass wirtschaftliche Erwägungen bei der Maßnahmenauswahl durch die neu eingeführte Zumutbarkeitsschwelle an Bedeutung gewinnen. Damit AKS zukünftig in größerem Umfang zur Anwendung kommen können, müssen sie nicht nur die Vermeidungswirksamkeit nachweisen, sondern auch bestimmte Preisobergrenzen einhalten.

Die Publikation ist im Rahmen des FuE-Projektes „AKS-Praxis“, gefördert vom Bundesamt für Naturschutz (FKZ 3522 860800), entstanden.

Fachkontakt
Dr. Elke Bruns
Leiterin Fachinformation
+49 30 7673738-20
elke.bruns@naturschutz-energiewende.de

Titelbild: Illustration Tino Herrmann

Weitere Informationen zum Thema

EU-Kommission verkündet Wind-Aktionsplan

Berlin, 25. Oktober 2023

EU-Kommission verkündet Wind-Aktionsplan

Extrakte aus der EU 10/23

Die kürzlich auf EU-Ebene vereinbarte Zielvorgabe für den Windenergieausbau sieht vor, dass die installierte Kapazität von 204 Gigawatt im Jahr 2022 auf über 500 Gigawatt im Jahr 2030 anwachsen soll. Laut EU-Kommission steht der Windenergiesektor im Hinblick auf seinen künftigen Wachstumspfad vor einzigartigen Herausforderungen. Daher wurde nun der von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union angekündigte europäische Aktionsplan für Windkraft vorgestellt. Dieser soll gewährleisten, dass die Energiewende und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie Hand in Hand gehen.

Der Aktionsplan enthält Sofortmaßnahmen, die von der Kommission, den Mitgliedstaaten und der Industrie gemeinsam ergriffen werden müssen und baut auf bestehenden Strategien und Rechtsvorschriften auf. Unter anderem wird darin angekündigt, eine Verlängerung der EU-Notfall-Verordnung zu prüfen, um bis zur Umsetzung der Erneuerbaren-Energien-Richtline (RED III) durch die Mitgliedstaaten weiterhin beschleunigte Genehmigungsverfahren zu ermöglichen. Darüber hinaus soll der Ausbau durch bessere Berechenbarkeit und schnellere Genehmigungsverfahren weiter beschleunigt werden. Die Kommission leitet gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die Initiative „Accele-RES“ ein, die eine rasche Umsetzung der überarbeiteten EU-Vorschriften für erneuerbare Energie gewährleisten und dabei den Schwerpunkt stärker auf die Digitalisierung der Genehmigungsverfahren und die technische Unterstützung der Mitgliedstaaten legen soll (PM Europäische Kommission 10/2023).

Extrakte aus der EU

Europarechtliche Regelungen werden zunehmend wichtiger – auch  für die naturverträgliche Energiewende in Deutschland. Das KNE beschäftigt sich aufgrund der aktuellen Entwicklungen vertieft mit der Politik der EU-Institutionen. An dieser Stelle informieren wir regelmäßig über die für die Akteure des Naturschutzes und der Energiewende relevanten Entscheidungen und Prozesse.

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Thomas Schoder
Mitarbeiter Politikmonitoring
thomas.schoder@naturschutz-energiewende.de

Illustration: EU-Sterne auf blauem Grund

Aktuelles aus den Ländern

Berlin, 24. Oktober 2023

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 10/23

Aktuelles aus den Ländern

Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern ist in der vergangenen Woche eine neue Rechtsverordnung zur Fortschreibung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern für den Teilbereich Windenergie in Kraft getreten. Mit der Fortschreibung werden insbesondere die Festlegungen zu einer neuen Eignungsgebietskulisse einschließlich ihrer Begründung ergänzt. Hierbei gehe es konkret um die Festlegung von 49 Windeignungsge-bieten mit einer Gesamtfläche von rund 5252 Hektar. Diese Fläche entspreche ungefähr 0,76 Prozent der Gesamtfläche der Planungsregion. Die Gebietskulisse Windenergie, die vom Planungsverband Vorpommern beschlossen und von der Landesregierung zur Verbindlichkeit gebracht wurde, sei das Ergebnis eines Planungsprozesses mit insgesamt fünf Beteiligungsrunden der öffentlichen Stellen und der Öffentlichkeit. Die Erarbeitung der Gebietskulisse Windenergie nach neuem Recht, die bis 2027 beziehungsweise 2032 vorliegen müsse, sei bereits angelaufen. Die Kulisse müsse aufgrund des Windenergieflächenbedarfsgesetzes (WindBG) des Bundes bis 2027 mindestens 1,4 Prozent und bis 2032 mindestens 2,1 Prozent der Regionsfläche betragen (PM Landesregierung MV 10/2023).

Niedersachsen

Das Landeskabinett Niedersachsen hat am 17. Oktober beschlossen, den Entwurfs des „Gesetzes zur Steigerung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land und von Freiflächen-Photovoltaikanlagen sowie zur Änderung raumordnungsrechtlicher Vorschriften“, kurz Windenergiebeschleunigungsgesetz, in den Landtag einzubringen. Das Gesetz soll insbesondere zum Windenergieausbau beitragen und besteht aus drei Teilen. Neben der Festlegung regionaler Flächenziele für die Windenergie soll auch eine Änderung des Niedersächsischen Raumordnungsgesetzes erfolgen. Außerdem sollen umfangreiche Reformen der Beteiligung von Kommunen und Bürgerinnen und Bürger am Ausbau der erneuerbaren Energien ermöglicht werden (PM Niedersächsische Staatskanzlei 10/2023). Des Weiteren wurden in Niedersachsen vor kurzem Hinweise für einen naturverträglichen Ausbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen veröffentlicht. Die naturschutzfachliche Arbeitshilfe wurde gemeinsam vom Niedersächsischen Landkreistag und dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) entwickelt. Anlass dafür sei der sich abzeichnende erhebliche Ausbau von Photovoltaikanlagen in der Fläche gewesen, der nach Koalitionsvertrag der aktuellen Landesregierung naturverträglich erfolgen solle. Zur Erarbeitung haben Fachleute aus Verbänden, Kommunen und Wissenschaft beigetragen (PM NLWKN 10/2023).

Rheinland-Pfalz

Im Zuge einer Kleine Anfrage des Abgeordneten Horst Gies (CDU) wird die ökologische Wertigkeit von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) thematisiert. In ihrer Antwort (Landtags-Drucksache 18/7277) weist die Landesregierung Rheinland-Pfalz darauf hin, dass die Anlagen selbst keine ökologische Wertigkeit besitzen. Allerdings könne die Fläche, auf der eine PV-FFA errichtet werde, Funktionen für den Naturhaushalt übernehmen. Die ökologische Wertigkeit dieser Flächen sei dabei abhängig von den naturräumlichen Gegebenheiten und der bisherigen Nutzung bzw. Ausprägung der Fläche sowie von der Intensität der technischen Überprägung (z. B. Modulreihenabstände, Höhe der Aufständerung, Flächen ohne Überstellung mit Anlagen) und der künftigen Nutzungsintensität der Flächen. Darüber hinaus wird die Landesregierung gefragt, ob PV-FFA auf naturschutzfachlichen Ausgleichsflächen errichtet werden dürfen. Dies sei laut der Landesregierung dem Grunde nach möglich. Vor Inanspruchnahme einer solchen Fläche bedürfe es einer vorherigen Bewertung nach der Eingriffsregelung. Da die Ausgleichsfläche bereits einen anderen Eingriff als den der Errichtung der PV-FFA kompensiere, seien sowohl die PV-FFA und deren Kompensationserfordernis als auch das ursprüngliche Kompensationsbedürfnis in Ansatz für das Gesamtkompensationserfordernis zu bringen.

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Thomas Schoder
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Thomas Schoder - Extrakte

Schwerpunkträume als methodischer Ansatz zur Berücksichtigung des Artenschutzes bei der Windenergie auf Planungsebene

Berlin, 23. Oktober 2023

KNE-Lesetipp

Schwerpunkträume als methodischer Ansatz zur Berücksichtigung des Artenschutzes bei der Windenergie auf Planungsebene

Geißler et al. (2023): Schwerpunkträume zum Artenschutz in der Windenergieplanung – Methodische Ansätze zur planerischen Ausweisung von Flächen zur Windenergienutzung.

Die Länder sind durch die gesetzlichen Vorgaben des Bundes verpflichtet, durch die Ausweisung eines individuellen Anteils der Landesfläche für die Windenergie ihren Beitrag zur Erreichung des durchschnittlichen „Zwei-Prozent-Flächenziels“ auf Bundesebene zu leisten. Um den Artenschutz bereits auf der planerischen Ebene berücksichtigen und damit zugleich Konflikte auf der nachfolgenden Genehmigungsebene minimieren zu können, sind sogenannte Schwerpunkträume ein möglicher Ansatz. In einem DBU-geförderten Forschungsprojekt wurde eine Methodik entwickelt und getestet, um anhand von sogenannten Habitatmodellierungen besonders geeignete Bruthabitate für ausgewählte kollisionsgefährdete Vogelarten zu ermitteln und darüber „Schwerpunkträume“ zu identifizierten.

Die Autorinnen und Autoren geben in ihrem Abschlussbericht zunächst den Stand der Forschung und Praxis zu bestehenden Ansätzen von Schwerpunkträumen wieder. Daraus leiten sie ab, dass der Ansatz der Habitatmodellierung zum einen dafür geeignet ist, die besten Habitate flächendeckend zu identifizieren, insbesondere für Arten, deren Verbreitung eine hohe Abhängigkeit von den Habitateigenschaften hat. Zum anderen können über die flächendeckende Einstufung der Habitat-Eignung Bereiche identifiziert werden, die sich besonders gut für Artenhilfsmaßnahmen eignen.

Für eine Habitatmodellierung sind allerdings neben den Satellitendaten für die Habitat-Identifizierung zumindest für Teilbereiche des Planungsraums auch möglichst gute Kenntnisse von Brutplätzen für die Modellierung erforderlich.

Im Rahmen des Projektes wurde ein Modellierungsansatz anhand von Copernicus-Satellitendaten und vorhandenen Vorkommensdaten aus Baden-Württemberg (für Rotmilan und Schwarzmilan) sowie Brandenburg (für Rotmilan und Fischadler) entwickelt und getestet. Sowohl die Vorgehensweise als auch die Ergebnisse sind in der Veröffentlichung gut nachvollziehbar dargestellt, die Ergebnisse werden zudem umfassend diskutiert.

Ein weiteres Kapitel widmet sich einer ergänzenden „multikriteriellen Szenarienanalyse“, mit der Flächenkonkurrenzen transparent dargestellt werden können und die somit eine Ent­scheidungshilfe bei der Flächenausweisung auf Landes- bzw. regionaler Ebene bieten können.

Anschließend werden die Schwerpunkträume vor dem bisherigen rechtlichen Hintergrund und nach der neuen Rechtslage eingeordnet.

Fazit und Schlussfolgerungen sind mittels Kernbotschaften als Überschriften gut strukturiert und verdeutlichen nachvollziehbar, dass Schwerpunkträume

  • einen fachlich gut realisierba­ren Beitrag zur Berücksichtigung artenschutzrechtlicher Be­lange auf der Ebene der Flächenausweisung leisten können,
  • dass eine Identifizierung von Schwerpunkträumen über den Ansatz der Habitatmodellierung für zahlreiche Arten Vorteile bietet und
  • dass diese zur Abbildung regionalspezifischer Besonderheiten der Habitatpräferenzen auf Landesebene bzw. regionaler Ebene vorgenommen werden sollten.

Quelle: Geißler, G., Jiricka, A., Köppel, J., Rasmussen, A., Krieger, N., Weber, J., Reichenbach, M., Steinkamp, T., Sudhaus, D., Baur, K. (2023): Schwerpunkträume zum Artenschutz in der Windenergieplanung – Methodische Ansätze zur planerischen Ausweisung von Flächen zur Windenergienutzung. Abschlussbericht. 108 S.

Rotmilan im Flug - Foto: © Mark Hunter - adobe.stock.com
Rotmilan im Flug - Foto: © Mark Hunter - adobe.stock.com

Solarparks naturverträglich gestalten – wie geht das?

Berlin, 17. Oktober 2023

Solarparks naturverträglich gestalten – wie geht das?

Online-Veranstaltung des KNE für interessierte Einsteigerinnen und Einsteiger

Deutschland ist dabei, den Ausbau erneuerbarer Energien massiv zu beschleunigen. An immer mehr Orten steht auch der Bau von Solarparks auf der Tagesordnung. Viele Praxisakteure fragen sich: Wie lässt sich dieser Zubau möglichst naturverträglich gestalten? Was gilt es, bei der Planung von naturverträglicher Photovoltaik zu beachten?

Das KNE lud am 12. Oktober zu diesem Thema zu einer Online-Veranstaltung ein, der gut 300 Interessierte aus lokalen Naturschutzverbänden, Unteren Naturschutzbehörden, Unternehmen der Solarbranche und weiteren Bereichen folgten. Die Veranstaltung gab für Einsteigerinnen und Einsteiger leicht verständliche Hinweise zur naturverträglichen Standortwahl und zeigte Maßnahmen auf, mit denen innerhalb eines Solarparks negative Auswirkungen auf Natur und Landschaft vermieden werden können. Darüber hinaus wurden Einblicke in die aktuell geltenden – vor allem baurechtlichen – Rahmenbedingungen für Planung und Genehmigung gegeben.

Zentral waren zwei Vorträge von Dr. Julia Wiehe (KNE-Referentin für naturverträgliche Solareinergie und Peer Michaelis (KNE-Rechtsreferent) zur naturverträgliche Gestaltung von Solarparks und zu rechtlichen Hinweisen für deren Planung und Gestaltung. Im Anschluss gab es Zeit für Rückfragen und es wurden Erfahrungen und Eindrücke aus der Praxis geteilt, zu denen die Teilnehmenden vorab befragt waren. Gute Erfahrungen werden vor Ort demnach vor allem dann gemacht, wenn alle Beteiligten frühzeitig miteinander kommunizieren. Herausforderungen werden von den Teilnehmenden insbesondere im Spannungsverhältnis zwischen Naturverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit, in der Flächenfindung, dem Umgang mit Flächenkonkurrenzen und der Bewertung von Eingriff und Ausgleich gesehen.

Hilfreich fänden die teilnehmenden Einsteigerinnen und Einsteiger rechtlichen Rückenwind mit konkreten Vorgaben und Kriterien, praktikable Handreichungen und Checklisten. Hier bieten verschiedene Publikationen des KNE (siehe unten) schon erste Orientierungspunkte.

Das KNE hat den Teilnehmenden mit dieser Veranstaltung einen ersten Einblick verschafft. Das große Interesse und die zahlreichen Antworten in der Vorabumfrage haben gezeigt, dass die Bereitschaft groß ist, an der naturverträglichen Gestaltung von Solarparks mitzuwirken, aber Akteure vor Ort noch Unterstützung bei der konkreten Umsetzung gebrauchen können.

Diese Thematik greift auch das neue FuE-Projekt „Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen“ (kurz: SuN-divers) auf. Mit verschiedenen KNE-Angeboten (Online-Veranstaltung, Werkstattgespräche, Exkursionen) soll erreicht werden, das Naturschutzbelange bei Planung und Bau von Solarparks auf kommunaler Ebene stärker als bisher Berücksichtigung finden. Das Projekt wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV).

 

Fachkontakte
Dr. Julia Wiehe
Referentin naturverträgliche Solarenergie
+49 30 7673738-26
julia.wiehe@naturschutz-energiewende.de

Peer Michaelis
Rechtsreferent
+49 30 7673738-25
peer.michaelis@naturschutz-energiewende.de

Foto: Natalie Arnold

Aktuelles aus den Ländern und der Forschung

Berlin, 26. September 2023

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 09/23

Aktuelles aus den Ländern und der Forschung

Brandenburg

Energieminister Jörg Steinbach (SPD) hat am 14. September die Brandenburger Solarausbauoffensive vorgestellt. Im Fokus stehen insbesondere PV-Dachanlagen, Parkplatz-PV und sonstige besondere Solaranlagen wie Agri- oder Floating-PV. Kommunen sollen dabei mehr an der Energiewende teilhaben können. Steinbach unterstütze die von aus SPD, CDU und Grünen bestehenden Regierungskoalition geplante Einführung des sogenannten Solareuro. Analog zum Windeuro (Windenergieanlagenabgabegesetz) sollen Kommunen finanziell von der Solarenergie vor Ort profitieren. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müsse die Photovoltaik deutlich ausgebaut werden. Die Brandenburger Energiestrategie 2040 setze ambitionierte Ziele. Bis 2030 seien demnach18 Gigawatt installierter Leistung und bis 2040 33 Gigawatt geplant (PM Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie 09/2023).

Agri-PV oder Anlagen auf wiedervernässten Ackerflächen böten laut Klimaschutzminister Axel Vogel die Chance, „Landwirtschaft, Naturschutz und Energieerzeugung unter einen Hut zu bringen“. Es sei wichtig, Kommunen bei ihrer Planung zu unterstützen. Daher wurde in Brandenburg bereits im August eine Arbeitshilfe für die Planung von PV-FFA veröffentlicht. Darin werden planungsrechtliche Rahmenbedingungen sowie kommunale Teilhabeoptionen kompakt zusammengefasst (PM des MLUK, MIL und MWAE 08/2023).

Forschungszentrum Jülich

Solarstrom und Landwirtschaft auf demselben Acker – wie das am besten funktionieren kann, untersucht das Forschungszentrum Jülich gemeinsam mit RWE in einer Demonstrationsanlage im Rheinischen Revier. Bereits seit Juni werde am Rande des Braunkohletagebaus Garzweiler auf einer rund sieben Hektar großen Rekultivierungsfläche eine Agri-PV-Anlage errichtet. Gefördert werde das Forschungsvorhaben vom Land Nordrhein-Westfalen über das Programm progres.nrw. Die Demonstrationsanlage werde über eine Kapazität von 3,2 Megawatt peak verfügen und soll bis Ende des Jahres in Betrieb gehen. Anfang 2024 sollen die mindestens fünf Jahre laufenden Forschungsaktivitäten starten. Ziel sei es, geeignete Bewirtschaftungsmethoden und wertschöpfende Betreiberkonzepte für Agri-PV-Anlagen zu testen. Das Forschungszentrum Jülich bringt dafür seine wissenschaftliche Expertise in der Kombination von Pflanzenforschung und Photovoltaik – auch im Kontext der Bioökonomie – ein. Für die Demonstrationsanlage seien drei unterschiedliche Agri-PV-Konzepte geplant, die sowohl eine acker- als auch gartenbauliche Nutzung der Fläche ermöglichen (PM Forschungszentrum Jülich 09/2023).

Hamburg

Für die Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) müssen in Hamburg bis 2027 0,25 Prozent der Stadtfläche und bis 2032 0,5 Prozent der Stadtfläche Vorranggebiete für Windenergie werden. Sollten diese Flächenziele nicht erfüllt werden, seien WEA überall im Stadtgebiet möglich. Dies geht aus einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Sandro Kappe (CDU) auf Drucksache 22/12663 hervor. Zur Ermittlung geeigneter Windenergievorranggebiete werde derzeit ein Katalog potenziell geeigneter Flächen erarbeitet. Die sich daraus ergebenden Flächen werden Grundlage der erforderlichen Änderungsverfahren von Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm. Unter Beachtung verschiedener besonders relevanter Kriterien (zum Beispiel bebaute Bereiche, Abstand zu Wohnnutzungen, Naturschutzgebiete, Fauna-Flora-Habitatrichtlinie-Gebiete, EU-Vogelschutzgebiete, Wald, Wasserschutzgebietszonen, Kleingärten, Friedhöfe, Parkanlagen/Spielplätze, Flughäfen et cetera) werden mit Blick auf das gesamte Stadtgebiet potenziell geeignete Flächen identifiziert. Die Überprüfung dieser Kriterien sei noch nicht abgeschlossen. Das Verfahren zur Flächennutzungsplanänderung und Landschaftsprogrammänderung soll im Anschluss begonnen werden. Sobald die Windenergievorranggebiete ausgewiesen seien, können Anträge zur Errichtung von WEA in diesen Gebieten gestellt werden.

Nordrhein-Westfalen

Der Abgeordnete Dietmar Brockes (FDP) befragte die Landesregierung im Zuge einer Kleinen Anfrage zum Sachstand der Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung bei der Windenergie in Nordrhein-Westfalen (NW). Hinsichtlich der Digitalisierung von Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) führt die Landesregierung auf Landtags-Drucksache 18/5647 aus, dass beabsichtigt sei, das mit Bundesmitteln entwickelte Online-Antragsverfahren ELiA-Online in NW für die digitale Antragstellung von Genehmigungsverfahren und Änderungsanzeigen nach BImSchG zu nutzen. Länderübergreifend laufen dazu aktuell die Vorbereitungen für die Rollout-Planung. Für die digitale Bearbeitung der Anträge sei noch in diesem Jahr die Bereitstellung eines Moduls zur Behördenbeteiligung in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren über die Plattform Beteiligung.NRW vorgesehen. Laut Fragesteller werden Genehmigungsprozesse in den Kreisen sehr unterschiedlich angegangen. Um eine Vereinheitlichung der Genehmigungsstandards im Land zu erreichen, sei laut der Landesregierung von den Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und der fünf Bezirksregierungen im Februar 2023 eine Absichtserklärung zu „Regional-Initiativen Wind“ unterzeichnet worden. Diese sehe vor, dass in jedem Regierungsbezirk die Bezirksregierungen und die Kreise bzw. kreisfreien Städte als zuständige Genehmigungsbehörden zur Optimierung, Beschleunigung und Unterstützung von Genehmigungsverfahren eng zusammenarbeiten.

Fachkontakt
Thomas Schoder
Mitarbeiter Politikmonitoring
thomas.schoder@naturschutz-energiewende.de

Thomas Schoder - Extrakte

Neue Forschungsberichte für eine naturverträgliche Windenergie

Berlin, 25. September 2023

Neue Forschungsberichte für eine naturverträgliche Windenergie

Im Hinblick auf die Umsetzung einer Energiewende, die den Natur- und Artenschutz angemessen sichert, stehen nun aktuelle Ergebnisse und Empfehlungen aus verschiedenen Forschungsprojekten zur Verfügung.

Überarbeitetes „Fachkonzept Habitatpotentialanalyse“ online

Die Habitatpotenzialanalyse (HPA) soll zukünftig eine Standardmethode sein, um zu ermitteln, ob bei vorhandenen Brutplätzen kollisionsgefährdeter Brutvogelarten in den Prübereichen rund um geplante Windenergieanlagen ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht. Sie soll eine Bewertung von Kollisionsrisiken anhand der Habitatausstattung im Vorhabenumfeld ermöglichen. Hierbei kann weitestgehend auf Luftbilder und Karten zurückgegriffen werden, wodruch der Arbeits- und Zeitaufwand deutlich reduziert wird. Die HPA soll die zeitaufwändigen Raumnutzungsanalysen ablösen, bei denen die Flugwege relevanter Individuen im Gelände beobachtet und ausgewertet werden.

Seit Anfang September findet sich das überarbeitete „Fachkonzept Habitatpotentialanalyse“ auf der Internetseite des BMWK zum Download. Das von der ARSU GmbH im Auftrag des BMWK erarbeitete Gutachten wurde auf Grundlage von Stellungnahmen der Bundesländer und Verbände überarbeitet. Auch das KNE hatte eine entsprechende Stellungnahme abgegeben. Auf Grundlage des Fachkonzeptes soll nun zügig eine entsprechende Rechtsverordnung zur HPA erarbeitet und von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.

Reichenbach, M., Steinkamp, T., Menke, K. (2023): Fachkonzept Habitatpotentialanalyse. Teilbericht des Projekts: Standardisierung der artenschutzfachlichen Methode im Genehmigungs- und Planungsverfahren. Im Auftrag des BMWK – Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Oldenburg. 84 S. Link zum Dokument.

NatForWINSENT II – Ergebnisbericht der Voruntersuchungsphase veröffentlicht

An einem Standort im baden-württembergischen Landkreis Göppingen wird neben technischen Fragen der Optimierung von Windenergieanlagen (WEA) in bergig-komplexem Gelände auch Naturschutzbegleitforschung betrieben. Dabei stehen die Entwicklung und die Bewertung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Verminderung von Kollisionsrisiken im Fokus. Um entsprechende Vorher-Nachher-Vergleiche – mit und ohne Windenergieanlagen – anstellen zu können, wurden Untersuchungen zu Vorkommen und Verhalten von Vögeln, Fledermäusen sowie die Insektenabundanz am Standort des Testfeldes ohne WEA untersucht. Zeitgleich wurden Witterungsparameter erfasst, um diese mit den Flug- und Verhaltensdaten in Beziehung zu setzen und sie bei der Weiterentwicklung von Vermeidungsmaßnahmen, beispielsweise von Antikollisionssystemen berücksichtigen zu können. Zu letzteren forscht aktuell auch das KNE (FuE-Vorhaben: Antikollisionssysteme in der Praxis).

Die gesammelten Daten sollen in der Phase II des Projektes mit Daten abgeglichen werden, die im laufenden Betrieb der WEA ermittelt werden. Einzigartig und besonders vorteilhaft ist, dass zusätzlich vier Messmasten im Anlagenumfeld zur Datenerhebung genutzt werden können und, dass durch die Möglichkeit der aktiven Steuerung der Forschungs-WEA auch das Verhalten von Vögeln, Fledermäusen und Insekten bei unterschiedlichen Betriebszuständen – zwischen maximaler Drehzahl und Trudelbetrieb – ananlysiert werden kann. Die Anlagen des Testfeldes sind mittlerweile errichtet, erste Untersuchungen im Trudelbetrieb laufen bereits.

Musiol, F., Anger, J., Stark, H., Aschwanden, J., Liechti, F., Lüdtke, B., Hurst, J., Schauer-Weisshahn, H., Hochradel, K., Happ, C., Reers, H., Radford, S., Grimm, J., Lissak, W., Klingseis, T. (2023): FUmsetzung der Naturschutzforschung am Windtestfeld an Land. NatForWINSENT II: Phase 1 – Vorher-Untersuchungen. BfN-Schriften 649|2023. BfN – Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.), Bonn. 283 S. Link zum Dokument.

Forschungsbericht zur Wirksamkeit von Lenkungsmaßnahmen für den Rot- und Schwarzmilan

Ziel des vom BfN geförderten Vorhabens war es, Kenntnislücken bezüglich der räumlichen und zeitlichen Attraktionswirkung von Bewirtschaftungsereignissen auf Rot- und Schwarzmilane zu schließen und auf Grundlage der Erkenntnisse die Maßnahme der bewirtschaftungsbedingten Abschaltungen von Windenergieanlagen zur Minimierung von Kollisionsrisiken sowie die Lenkungswirkung von Maßnahmenflächen und deren Bewirtschaftung beurteilen zu können. Beides sind Maßnahmen, die mittlerweile nach Anlage 1 BNatSchG als wirksame Schutzmaßnahmen gelten – das Vorhaben war jedoch bereits vor der BNatSchG-Änderung (vgl. KNE-Publikation „Die Vorschriften zur Windenergie an Land im Bundesnaturschutzgesetz 2022“) abgeschlossen. Die Erkenntnisse und Empfehlungen können als Grundlage für fachliche Diskussionen und die Evaluation der rechtlichen Regelungen dienen.

Die Untersuchungen erfolgten durch Telemetrierung und Raumnutzungsbeobachtungen der Flugaktivität von Rot- und Schwarzmilanen in zwei Untersuchungsgebieten im agrarisch geprägten Flachland (Sachsen-Anhalt) sowie in einem weiteren Untersuchungsgebiet im Saarland mit kleinstrukturierer Mittelgebirgslandschaft. Bei brütenden Rotmilanen zeigte sich eine starke Horstbindung, beim Schwarzmilan war diese geringer und die Aktionsräume dementsprechend größer. Eine interessante Erkenntnis ist, dass bei beiden Arten große individuelle Unterschiede in der Habitatnutzung bestehen.

Die Forschenden kamen zu dem Schluss, dass für Rot- und Schwarzmilane die „Anlage von Mahdflächen (oder anderen Bewirtschaftungsweisen) zur Ablenkung […] nicht ausreichend wirksam und daher als Vermeidungsmaßnahme allein ungeeignet“ sei. Durch die deutlich höhere Präferierung von Maßnahmenflächen zur Nahrungssuche und die erwartbare höhere Nahrungsverfügbarkeit könnten die Maßnahmenflächen jedoch im Rahmen von FCS-Maßnahmen (bzw. nunmehr auch im Rahmen von Artenhilfsprogrammen) eingesetzt werden.

Aus den Untersuchungsergebnissen, die prinzipiell eine hohe Anlockwirkung und Aktivität beider Arten während und nach Mahd, Ernte, Folgebewirtschaftung und Bodenbearbeitung belegten, wurden Empfehlungen zur Ausgestaltung bzw. Weiterentwicklung von Bewirtschaftungsabschaltungen abgeleitet.

Mammen, U., Böhm, N., Mammen, K., Uhl, R., Arbeiter, S., Nagl, D., Resetaritz, A., Lüttmann, J. (2023): BfN-Schrift „Prüfung der Wirksamkeit von Vermeidungsmaßnahmen zur Reduzierung des Tötungsrisikos von Milanen bei Windkraftanlagen“. BfN-Schriften 669 | 2023. BfN – Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.), Bonn. 241 S. Link zum Dokument.

Fachkontakt
Holger Ohlenburg
Referent naturverträgliche Windenergie
holger.ohlenburg@naturschutz-energiewende.de

Voegel im Flug vor Windenergieanlagen, © Roland T Frank – stock.adobe.com
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