Berlin, 23. Oktober 2023

KNE-Lesetipp

Schwerpunkträume als methodischer Ansatz zur Berücksichtigung des Artenschutzes bei der Windenergie auf Planungsebene

Geißler et al. (2023): Schwerpunkträume zum Artenschutz in der Windenergieplanung - Methodische Ansätze zur planerischen Ausweisung von Flächen zur Windenergienutzung.

Die Länder sind durch die gesetzlichen Vorgaben des Bundes verpflichtet, durch die Ausweisung eines individuellen Anteils der Landesfläche für die Windenergie ihren Beitrag zur Erreichung des durchschnittlichen „Zwei-Prozent-Flächenziels“ auf Bundesebene zu leisten. Um den Artenschutz bereits auf der planerischen Ebene berücksichtigen und damit zugleich Konflikte auf der nachfolgenden Genehmigungsebene minimieren zu können, sind sogenannte Schwerpunkträume ein möglicher Ansatz. In einem DBU-geförderten Forschungsprojekt wurde eine Methodik entwickelt und getestet, um anhand von sogenannten Habitatmodellierungen besonders geeignete Bruthabitate für ausgewählte kollisionsgefährdete Vogelarten zu ermitteln und darüber „Schwerpunkträume“ zu identifizierten.

Die Autorinnen und Autoren geben in ihrem Abschlussbericht zunächst den Stand der Forschung und Praxis zu bestehenden Ansätzen von Schwerpunkträumen wieder. Daraus leiten sie ab, dass der Ansatz der Habitatmodellierung zum einen dafür geeignet ist, die besten Habitate flächendeckend zu identifizieren, insbesondere für Arten, deren Verbreitung eine hohe Abhängigkeit von den Habitateigenschaften hat. Zum anderen können über die flächendeckende Einstufung der Habitat-Eignung Bereiche identifiziert werden, die sich besonders gut für Artenhilfsmaßnahmen eignen.

Für eine Habitatmodellierung sind allerdings neben den Satellitendaten für die Habitat-Identifizierung zumindest für Teilbereiche des Planungsraums auch möglichst gute Kenntnisse von Brutplätzen für die Modellierung erforderlich.

Im Rahmen des Projektes wurde ein Modellierungsansatz anhand von Copernicus-Satellitendaten und vorhandenen Vorkommensdaten aus Baden-Württemberg (für Rotmilan und Schwarzmilan) sowie Brandenburg (für Rotmilan und Fischadler) entwickelt und getestet. Sowohl die Vorgehensweise als auch die Ergebnisse sind in der Veröffentlichung gut nachvollziehbar dargestellt, die Ergebnisse werden zudem umfassend diskutiert.

Ein weiteres Kapitel widmet sich einer ergänzenden „multikriteriellen Szenarienanalyse“, mit der Flächenkonkurrenzen transparent dargestellt werden können und die somit eine Ent­scheidungshilfe bei der Flächenausweisung auf Landes- bzw. regionaler Ebene bieten können.

Anschließend werden die Schwerpunkträume vor dem bisherigen rechtlichen Hintergrund und nach der neuen Rechtslage eingeordnet.

Fazit und Schlussfolgerungen sind mittels Kernbotschaften als Überschriften gut strukturiert und verdeutlichen nachvollziehbar, dass Schwerpunkträume

  • einen fachlich gut realisierba­ren Beitrag zur Berücksichtigung artenschutzrechtlicher Be­lange auf der Ebene der Flächenausweisung leisten können,
  • dass eine Identifizierung von Schwerpunkträumen über den Ansatz der Habitatmodellierung für zahlreiche Arten Vorteile bietet und
  • dass diese zur Abbildung regionalspezifischer Besonderheiten der Habitatpräferenzen auf Landesebene bzw. regionaler Ebene vorgenommen werden sollten.

Quelle: Geißler, G., Jiricka, A., Köppel, J., Rasmussen, A., Krieger, N., Weber, J., Reichenbach, M., Steinkamp, T., Sudhaus, D., Baur, K. (2023): Schwerpunkträume zum Artenschutz in der Windenergieplanung - Methodische Ansätze zur planerischen Ausweisung von Flächen zur Windenergienutzung. Abschlussbericht. 108 S.

Rotmilan im Flug - Foto: © Mark Hunter - adobe.stock.com
Rotmilan im Flug - Foto: © Mark Hunter - adobe.stock.com