Berlin, 13. Dezember 2023

KNE-Lesetipp

„Vom Winde verdreht?“ - Studie der Otto-Brenner-Stiftung zu medialen Narrativen zur Windenergie

Georgiana Banita (2023): Vom Winde verdreht? Mediale Narrative über Windkraft, Naturschutz und Energiewandel

Die Energiewende in Deutschland wird derzeit massiv beschleunigt, entsprechend verändert sich die Präsenz in der Berichterstattung in den Medien. Die Berichte zum Ausbau der erneuerbaren Energien, speziell der Windenergie, und zum Naturschutz sind häufig kritisch geprägt.

Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung (OBS) hat mediale Narrative zu den vermeintlichen Konfliktfeldern Bekämpfung des globalen Klimawandels, Naturschutz und Windenergieausbau untersucht. Viele der kritischen Medienberichte übernehmen eingefahrene Denkmuster und Moralvorstellungen. Die befürwortenden Artikel sind stärker sachlich orientiert und pro Klimaschutz.

Die Autorin der Studie, Georgiana Banita, identifiziert folgende Schwerpunktthemen in der Berichterstattung zur Windenergie, auf die sie in der Studie ausführlich eingeht.

  • Waldmythos und Landschaftsästhetik
  • Artenschutz und Schonung des Lebensraums
  • Windenergie als (teure) Gefahr für die Demokratie
  • Ein gesundheitsgefährdender Fortschrittsglaube?

Welche Haltungen sind festzustellen?

Es werden zwei wesentliche Haltungen und Ausrichtungen in den Medienberichten festgestellt.

Auf der einen Seite stehen Beiträge, die einen Erhalt heimatlicher Natur und Kultur betonten und das Thema bisweilen sehr emotional besetzten. Banita legt dar, dass insbesondere in diesen vielfach häufig auf „kulturelle Konstrukte“ zurückgegriffen werde, beispielweise auf den „Nationalmythos des deutschen Waldes“. Dabei würden wissenschaftliche Erkenntnisse und Fakten mehr oder weniger ignoriert und die Auswirkungen des Klimawandels unterbewertet.

Auf der anderen Seite stehen jene Berichte, die die Energiewende befürworten, ihren Beitrag zum Klimaschutz herausstellen und stärker sachlich orientiert seien. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Fakten werden miteinbezogen. Der technologische Fortschritt wird optimistisch bewertet.

Welche Empfehlungen werden ausgesprochen?

Für eine gesicherte und seriöse Medienarbeit empfiehlt die Autorin Journalistinnen und Journalisten, wissenschaftliche Erkenntnisse verständlicher zu vermitteln und bei speziellen Fragen die Expertise von Wissenschaftlerinnen und Experten zu berücksichtigen – und diese Kompetenz im Artikel klar zu benennen. Darüber hinaus plädiert sie für mehr Klarheit und Plausibilität hinsichtlich noch offener Fragen. So ist es beispielsweise wissenschaftlich nicht abschließend geklärt, wie die die gesundheitlichen Auswirkungen von Windenergieanlagen in unterschiedlichen Abständen zu Wohngebieten sind. Das sollte dann auch so kommuniziert werden.

Darüber hinaus wären ein stärkerer Bezug auf die Geschichte der Energieträger, mehr Bereitschaft zur sachlichen Debatte und zur Selbstreflexion über die eigenen Werte einer ausgewogene Berichterstattung dienlich.

Mit welcher Methode wurden die Ergebnisse ermittelt?

Die Autorin analysierte 40 kritische und befürwortende Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der WELT, dem SPIEGEL und der Süddeutschen Zeitung hinsichtlich sinn-, identitäts- und stimmungsstiftender Zusammenhänge. Die betrachteten Artikel erschienen zwischen Januar 2011 und Dezember 2021 und durchliefen einen systematischen Auswahlprozess. Für die Untersuchung der Narrative setzte Georgina Banita ein qualitatives Forschungsdesign ein.

Quelle: Georgiana Banita (2023): Vom Winde verdreht? Mediale Narrative über Windkraft, Naturschutz und Energiewandel, OBS-Arbeitspapier 60, Hrsg. OBS, 84 S.

Windenergie und Landschaft
Viele der kritischen Medienberichte übernehmen eingefahrene Denkmuster und Moralvorstellungen. Bild von 12019 auf Pixabay