Auswirkungen von Kleinwindenergieanlagen auf Fledermäuse und Vögel

Berlin, 7. Dezember 2020

Forschungserkenntnisse zu Kleinwindenergieanlagen und deren Relevanz für die Praxis

Neben den bundesweit mittlerweile fast 30.000 installierten großen Windenergieanlagen an Land drehen sich – von der Presse, der Fachöffentlichkeit im Themenfeld Naturschutz und Energiewende und vermutlich auch von dem Gros der Bürgerinnen und Bürger vergleichsweise unbeachtet – mittlerweile auch rund 17.000 deutlich kleinere „Windmühlen“. Diese sogenannten Kleinwindenergieanlagen (KWEA) messen von unter 10 bis knapp unter 50 Meter Gesamthöhe. Zu möglichen Auswirkungen dieser nicht immissionsschutzrechtlich zu genehmigenden Anlagen auf Vögel und Fledermäuse, war bislang nur sehr wenig bekannt.

Forschungsprojekt zu KWEA

Dies sollte ein Forschungsprojekt ändern, in dem an 15 bereits existierenden KWEA im nördlichen Schleswig-Holstein zwei Jahre lang untersucht wurde, ob Vögel und Fledermäuse durch diese verdrängt werden oder an ihren Rotoren zu Tode kommen. Untersucht wurden fünf Anlagentypen mittlerer Größe mit einer Nennleistung zwischen 5,0 und 15,0 Kilowatt und einer Gesamthöhe zwischen 18 und 30,5 Metern, die überwiegend auf Marsch- und Geeststandorten standen.

Die Abschätzung der Kollisionsopfer ergab rund 0,8 Vogelschlagopfer pro KWEA und Jahr. Fundopfer waren weit überwiegend andere Arten als solche, die an großen Anlagen als besonders kollisionsgefährdet gelten. Für die Fledermäuse wurde eine jährliche Zahl von 0,08 Schlagopfer pro Anlage ermittelt. Ein durch die untersuchten Anlagen verursachtes Meideverhalten konnte für die elf untersuchten Vogelarten sowie die erfassten Fledermausarten nicht festgestellt werden.

Empfehlungen

Aus den Ergebnissen leiten die Forscherinnen und Forscher Empfehlungen für die Planung, Genehmigung und den Betrieb von KWEA ab.

Für den Fledermausschutz werden insbesondere aufgrund verbleibender Erkenntnislücken und auf Basis von Analogien zur Fledermausaktivität und zu Kollisionsrisiken an großen WEA vorsorgliche Abschaltmaßnahmen auch an KWEA empfohlen. Die Fledermausaktivität beschränkte bzw. konzentrierte sich – ähnlich wie an großen WEA – auf bestimmte Wind- und Temperaturbedingungen zu gewissen Jahres- und Tageszeiten.

Hinsichtlich des Vogelschutzes wurde aus den Ergebnissen des Vorhabens eine GIS-basierte Methode zur Standortoptimierung von KWEA entwickelt, um das Kollisionsrisiko abzuschätzen bzw. abzusenken. Die Nähe zu Strukturen, die Siedlungs- und Waldvögel anziehen, wirkte sich erhöhend auf das Kollisionsrisiko aus.

Einschränkungen

Im Forschungsbericht finden sich zahlreiche Hinweise auf eine eingeschränkte Übertragbarkeit der Ergebnisse, zum Beispiel:

  • auf andere als die untersuchten Anlagentypen bzw. Anlagen mit abweichenden Höhen- und Größendimensionen,
  • auf Standorte in abweichenden Landschaftstypen bzw. in (südlicheren) Regionen mit insgesamt höheren Fledermausvorkommen bzw. -aktivitäten,
  • auf KWEA-Standorte in der Nähe von Fledermausquartieren und in der Nähe von Vorkommen windenergiesensibler Vogelarten (mögliche bzw. tatsächliche Fledermaus-Quartiere und Greifvogelhorste wurden nicht erfasst).

Mögliche Auswirkungen auf Fledermäuse und Vögel im Zusammenhang mit der Neuerrichtung von KWEA angeht, konnten im Rahmen der Studie nicht geklärt werden, da die Untersuchungen ausschließlich an schon länger betriebenen Anlagen erfolgten. Zu diesem Aspekt wurden für Fledermäuse ergänzende Forschungen in Süddeutschland durchgeführt, deren Ergebnisse jedoch noch nicht veröffentlicht wurden.

Fazit (für die Praxis)

Die Forschung konnte für einen eingeschränkten Kreis an mittelgroßen KWEA an Standorten im norddeutschen Tiefland das Wirkungswissen vergrößern. Unter Berücksichtigung der Grenzen der Übertragbarkeit ist die Relevanz der Ergebnisse für die Praxis zunächst auf diese Anlagentypen und ggf. auf Anlagen mit ähnlichen Dimensionen und gleicher Bauart und an ähnlichen Standorten beschränkt. Für Anlagen von 30 bis 50 Metern Höhe sowie an anderen Standorten bleiben Erkenntnislücken bestehen.

Allgemein kann aber vermutlich gelten: Je stärker zu errichtende Kleinwindenergieanlagen sich den Dimensionen der großen, nach Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) zu genehmigenden Anlagen nähern, desto eher dürften auch hier Anforderungen an faunistische Untersuchungen zu stellen sein bzw. desto eher erscheinen auch entsprechende Vermeidungsmaßnahmen – wie pauschale Abschaltzeiten für Fledermäuse – gerechtfertigt. Auch dürfte sich das Abstandhalten zu Gebäuden und Strukturen, die als Quartiere, Leitstrukturen oder Jagdhabitate für Fledermäuse oder Vögel (z. B. Eulen) dienen können, in der Regel positiv auswirken – sowohl hinsichtlich etwaiger Kollisionsrisiken als auch hinsichtlich des zu erzielenden Energieertrags.

Der Endbericht zum FuE-Vorhaben „Berücksichtigung von Artenschutzbelangen bei der Errichtung von Kleinwindenergieanlagen“ ist als BfN-Skript 550 veröffentlicht worden:

  • Thomsen, K.-M., Hartmann, S., Reers, H., Schauer-Weisshahn, H., Lüdtke, B., Reinhard, H., Hochradel, K., Brinkmann, R., Evers, A., Schmidt, L., Sohler, J., Korner-Nievergelt, F., Hötker, H. (2020): Berücksichtigung von Artenschutzbelangen bei der Errichtung von Kleinwindenergieanlagen. BfN-Skripten 550. BfN – Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.), Bonn. 122 S. Link zum Dokument.
Kleinwindenergieanlagen Foto: photlook/adobestock.com

Kleinwindenergieanlagen – Foto: photlook/adobestock.com

Große Resonanz auf KNE-Online-Seminar zur Konfliktklärung

Berlin, 4. Dezember 2020

Große Resonanz auf KNE-Online-Seminar zur Konfliktklärung

Wie es gelingen kann, im Konfliktfeld von Naturschutz und Energiewende gemeinsam Lösungen zu finden

Der Ausbau erneuerbarer Energien zieht stets Veränderungen in Natur und Landschaft nach sich. Das kann zu heftigen Konflikten vor Ort führen. Im Online-Seminar „Konfliktklärung beim Ausbau erneuerbarer Energien“ stellte das KNE am 30. November Ansätze zur Konfliktklärung vor Ort vor. Als unabhängige Einrichtung hilft das KNE, Konflikten vorzubeugen und sie zielstrebig zu lösen.

KNE-Geschäftsführer Michael Krieger wies eingangs auf den Mediatorinnen- und Mediatoren-Pool des KNE hin. Die vom KNE speziell im Konfliktfeld Naturschutz und Energiewende fortgebildeten professionellen Mediatorinnen und Mediatoren stehen für die konkrete Klärung von Konflikten vor Ort zur Verfügung und werden bei Bedarf vom KNE vermittelt.

KNE-Konfliktberaterin Elisabeth Hartleb betonte, dass es in den Beratungen darum gehe, auf Augenhöhe gemeinsam Lösungen zu erarbeiten und zur Klärung der Interessen aller Beteiligten beizutragen und berichtete über den Ansatz des KNE. Wenn die Bedenken, Anliegen und das Wissen über lokale Besonderheiten in einem Vorhaben berücksichtigt werden und ein Windpark nicht einfach „vor die Nase gesetzt wird“, kann dies zu einer Steigerung der Akzeptanz für das Vorhaben führen. Bei der Beteiligung der Akteure und der Arbeit vor Ort setzt das KNE statt auf eine Frontalveranstaltung auf thematische Stationen und die Diskussionen in kleinen Gruppen innerhalb eines Raumes. Hier arbeiten Vertreter und Vertreterinnen aus der Kommune und dem Naturschutz mit interessierte Anwohnerinnen und Anwohnern zusammen. Zur bestmöglichen Mitgestaltung werden die Fokusthemen im Vorfeld erarbeitet und auf der Veranstaltung klar benannt. Alle Ideen, Bedenken und Vereinbarungen werden unmittelbar und für alle sichtbar dokumentiert. Eine inhaltliche und eine formale Moderation strukturiert die Diskussion. Dank einer zielorientierten Moderation kommen die Beteiligten so zügig zu gemeinsam getragenen Vereinbarungen.

Mediatorin Signe Stein berichtete von ihren Praxiserfahrungen. Der neutrale Standpunkt sei oftmals der Türöffner. Es sei wichtig, Fragen zu stellen und zuzuhören. Die Leitfrage ist oft: Was kann gemacht werden, damit die Betroffenen das Projekt akzeptieren und wohlwollend aufnehmen? Da zumeist auch Emotionen und individuelle Sorgen und Bedarfe im Spiel sind, brauche es eine Versachlichung der Debatte. Dabei sei es wichtig, keine falschen Hoffnungen zu wecken und von Anfang an realistisch den Rahmen und die Spielräume aufzuzeigen.

Ramona Rothe, Leiterin der Servicestelle Windenergie bei der Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur, schilderte häufige Konflikte beim naturverträglichen Ausbau erneuerbarer Energien am Beispiel Thüringens. Fakten aufzeigen, Glaubwürdigkeit herstellen und über das „Wie“ beim Ausbau erneuerbarer Energien anstatt über das „Ob“ zu diskutieren, das empfahl Rothe, um Konflikte bei der Energiewende zu vermeiden. Informelle Beteiligung von Anfang an ist dafür zentral.

Viele Chancen an digitalen Beteiligungsformaten sah Heiko Kretschmer von der Dialoggesellschaft, der Impulse gab, wie auch in Zeiten von Corona Beteiligung stattfinden kann. Digitale Formate würden zu mehr Teilnehmenden und größerer Diversität führen, so seine Erfahrung. Sein Tipp: Formate sollten bodenständig sein – manchmal reiche es auch, zum Telefonhörer zu greifen.

Zum Abschluss hielt KNE-Geschäftsführer Michael Krieger fest, dass Beteiligung deutlich mehr sei als eine Akzeptanzbeschaffungsmaßnahme. Sie könne ein Projekt konkret verbessern, wovon die Energiewende ebenso profitieren könne wie der Naturschutz.

Hände: Gemeinsam für ein Ziel

KNE-Podcast: China – das Land der aufgehenden Energiewende?

Berlin, 1. Dezember 2020

KNE-Podcast: China – das Land der aufgehenden Energiewende?

China ist der bevölkerungsreichste und viertgrößte Flächenstaat der Erde. Das bedeutet auch einen enormen Energiebedarf. Wie sieht es also mit der Energieversorgung dieses Landes aus? Wie wird sich die Nutzung und der Ausbau der erneuerbaren Energien entwickeln? Findet der Naturschutz in der Energiewende Berücksichtigung?

Kein Land der Welt investiert so viel Geld in erneuerbare Energien wie China. Im September 2020 hat Präsident Xi Jinping auf der UN-Generalversammlung angekündigt, dass China noch vor 2060 klimaneutral sein wird. Zugleich investiert China aber auch enorm in die Kohle. Wie passt das zusammen? Diese Fragen erörtert Michael Krieger im Gespräch mit Dr. Torsten Raynal-Ehrke in einer neuen Folge des KNE-Podcasts „Naturschutz und Energiewende“.

Ein Interview, das KNE-Geschäftsführer Michael Krieger mit Prof. Dr. Yi Xin von der Southeast University Nanjing,Volksrepublik China, geführt hat, finden Sie im KNE-Jahrbuch K20.

Zum KNE-Jahrbuch „K20 – Energiewende vor Ort“ sowie den vorangegangenen Jahrbüchern K19 und K18. Einzelne Print-Exemplare stehen noch zur Verfügung. Bei Interesse wenden Sie sich gern an Anke Ortmann: anke.ortmann@naturschutz-energiewende.de.

Der KNE-Podcast

Dialoge – Debatten – Denkanstöße: Der KNE-Podcast beschäftigt sich alle zwei Wochen mit aktuellen Fragen rund um die naturverträgliche Energiewende. Wie können Vogelkollisionen an Windenergieanlagen vermieden werden, wie lassen sich Konflikte beim Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort klären, und was alles muss berücksichtigt werden, damit eine Erneuerbaren-Anlage genehmigt werden kann? Diesen und vielen weiteren Fragen gehen die Moderatoren Dr. Torsten Raynal-Ehrke; Direktor des KNE, und Geschäftsführer Michael Krieger mit ihren Gästen nach.

Fragen oder Anregungen gern an podcast@naturschutz-energiewende.de.

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