Das KNE auf Tour in Hessen
Zehn Jahre Windenergieentwicklung im Wald in Mittelhessen
Die geplante Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie an Land wird dazu führen, dass Waldflächen verstärkt als Standorte für Windenergieanlagen in den Blick genommen werden. Insbesondere in den Regionen der Mittelgebirge liegen die besonders windhöffigen Gebiete oftmals auf bewaldeten Kuppenlagen, weshalb sie sich aus Energieerzeugungsgründen besonders eignen. Waldflächen sind jedoch auch Lebensraum für spezifische Tier- und Pflanzenarten und erfüllen darüber hinaus zahlreiche Schutz- und Nutzfunktionen, weshalb die Planung und Umsetzung von Windenergievorhaben einer besonders sorgfältigen Planung und Umsetzung bedarf.
Eine Delegation des KNE war mit Mitarbeitenden des Regierungspräsidiums Gießen (Hessen) unterwegs, um sich in einem größeren Waldgebiet, das regionalplanerisch als Vorranggebiet für die Windenergie ausgewiesen ist, mehrere Windenergievorhaben anzuschauen. Da die bisherige Windenergieentwicklung in diesem Gebiet sukzessive über mehrere Projekte erfolgt ist bzw. erfolgt und sich die Entwicklung insgesamt über einen Zeitraum von mittlerweile gut zehn Jahren erstreckt, erschien das Gebiet besonders geeignet, um sich „vor Ort“ ein Bild von der Praxis der „Windenergie im Wald“ zu machen. Wenn das Vorranggebiet vollständig beplant ist, werden darin voraussichtlich 18 Anlagen erneuerbaren Strom produzieren.
Interessante Einblicke in die Praxis vor Ort
Die Mitarbeitenden aus der oberen Naturschutz- und der oberen Forstbehörde verfügen durch ihre langjährige Tätigkeit unter anderem im Bereich der Genehmigung von Windenergieanlagen im Wald über umfangreiche Kenntnisse und konnten diese an verschiedenen Punkten im Gelände weitergeben.
Im Zuge der mehrstündigen Exkursion konnten wir uns einen Eindruck von realisierten Anlagen verschaffen und den dazugehörigen dauerhaft vorzuhaltenden Kranstellflächen und Zuwegungen sowie von Maßnahmen zur Rekultivierung und Wiederaufforstung und zur natur- und artenschutzrechtlichen sowie forstrechtlichen Kompensation. Ergänzend bekamen wir Einblicke in ein aktuelles Vorhaben während der Bauphase und die damit zusammenhängenden dauerhaften und temporären Flächeninanspruchnahmen.
Auf der Exkursion wurde erwartungsgemäß deutlich, dass die Errichtung moderner Windenergieanlagen auf Waldstandorten mit Gesamthöhen nahe 250 Metern und entsprechenden Rotorblattlängen in der Regel mit größeren Eingriffsflächen verbunden ist, als bisher in der Literatur durchschnittlich angegeben. Es wurde aber auch deutlich, dass die Flächen- und Waldinanspruchnahme in besonderem Maße regions-, gebiets- und standortspezifisch ist.
Sowohl Topografie als auch (nicht) vorhandene Zuwegungen zu den Anlagenstandorten haben einen erheblichen Einfluss auf die mit dem Vorhaben verbundenen Auswirkungen und deren Vermeidung und Verminderung. Hierbei können Spezialtransporter für Anlagenteile, zum Beispiel Rotorblätter oder platzsparende Kräne zum Einsatz kommen. Diese und weitere Maßnahmen-Optionen sollten möglichst frühzeitig, weit vor der eigentlichen Antragsstellung, mit allen relevanten Akteuren besprochen werden. Hierzu bieten sich insbesondere auch Vor-Ort-Termine im Wald selbst an.
Wir bedanken uns bei den Akteuren für den spannenden Einblick in die Praxis und die Gastfreundschaft. Das Projekt in Mittelhessen zeigt, dass mit sorgfältiger Planung auch ausgewählte Waldflächen Raum für Erneuerbare bieten können. Wir hoffen, dass die Energiewende durch mehr naturverträgliche Windenergie im Wald vorangebracht wird.