Frage
Unter welchen naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen lassen sich Photovoltaik-FreiflÀchenanlagen innerhalb von Landschaftsschutzgebieten realisieren?
VollstÀndige Antwort
Die Bundesregierung strebt an, mehr Photovoltaik in die FreiflĂ€che zu bekommen und dabei verstĂ€rkt einen Ausbau auch in Landschaftsschutzgebieten (LSG) zu ermöglichen. In einem ersten Beitrag (Realisierbarkeit von Photovoltaik-FreiflĂ€chenanlagen im bauplanungsrechtlichen AuĂenbereich) haben wir die bauplanungsrechtlichen Fragestellungen rund um die Realisierung von Photovoltaik-FreiflĂ€chenanlagen (PV-FFA) im baurechtlichen AuĂenbereich dargelegt. In diesem zweiten Teil gehen wir spezieller auf die naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen innerhalb von LSG ein. LSG bedecken einen erheblichen Teil Deutschlands, weshalb ihre Nutzung fĂŒr erneuerbare Energien verstĂ€rkt in den Fokus gerĂ€t. Gleichzeitig sieht das Gesetz aber vor, diese geschĂŒtzten Gebiete möglichst von Bebauung freizuhalten. Vor diesem Hintergrund ergeben sich diverse Fragen rechtlicher Natur.
Um einen Weg auszuleuchten, nach dem PV-FFA in LSG geplant und genehmigt werden können, zeigen wir zunÀchst auf, welche FlÀchenpotenziale sich in Deutschland derzeit auftun und was der Vergleich zu Dach-PV-Anlagen ergibt. Danach skizzieren wir die Einordnung von LSG im Naturschutzrecht und zeigen die Besonderheiten von Schutzgebietsverordnungen (SchuVO) auf, durch welche LSG unter Schutz gestellt werden. Nach Veranschaulichung der naturschutzrechtlichen Befreiungsmöglichkeit befassen wir uns noch mit einer Anpassung der SchuVO. Letztlich fassen wir den aus unserer Sicht rechtssicheren Weg zusammen und geben insoweit eine Empfehlung ab.
Das Landschaftsschutzgebiet und seine Merkmale
Durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sind in Deutschland verschiedene Kategorien von Schutzgebieten dargestellt, die dann in der Regel auf Ebene der LĂ€nder konkretisiert und festgelegt werden. Das BNatSchG legt unter anderem die Ziele des BiodiversitĂ€tsschutzes und die dauerhafte Sicherung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft fest, dies geschieht in Form der Schutzgebiete. Neben LSG existieren unter anderem Naturschutzgebiete, Nationalparke, BiosphĂ€renreservate und Naturparke. DarĂŒber hinaus gibt es die ĂŒbergeordnete Kategorie der Natura-2000-Gebiete. Laut dem Bundesamt fĂŒr Naturschutz gab es Ende 2017 fast 9.000 LSG, die mit rund 10 Millionen Hektar gut ein Viertel der GesamtflĂ€che Deutschlands einnahmen (einschlieĂlich der 12 Seemeilen Zone âKĂŒstenmeerâ in Nord- und Ostsee).[1] Im internationalen Kategoriensystem der IUCN[2] entspricht das LSG in der Regel der Kategorie V (geschĂŒtzte Landschaft).[3] GrundsĂ€tzliche ZugĂ€nglichkeit und Nutzung (auĂer Bebauung) sind wesentliche Merkmale von LSG.[4]
Wo sind Landschaftsschutzgebiete geregelt und welches Schutzniveau haben sie im Vergleich zu anderen Schutzkategorien?
LSG sind in den §§ 20, 22, 26 BNatSchG geregelt und werden demnach als Gebiete bezeichnet, die rechtsverbindlich festgesetzt sind und in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist. Der unbestimmte Rechtsbegriff der âErforderlichkeitâ wird in § 26 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG fĂŒr LSG nĂ€her ausgestaltet und nennt insoweit:
â1. Zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und FunktionsfĂ€higkeit des Naturhaushalts oder der RegenerationsfĂ€higkeit und nachhaltigen NutzungsfĂ€higkeit der NaturgĂŒter, einschlieĂlich des Schutzes von LebensstĂ€tten und LebensrĂ€umen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
2. wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder
3. wegen ihrer besonderen Bedeutung fĂŒr die Erholung.â
Diese Kriterien spiegeln sich im jeweiligen Schutzzweck der Gebiete wider. Eine Bewirtschaftung in Form einer natur- und landschaftsvertrĂ€glichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ist gemÀà § 26 Abs. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 BNatSchG erlaubt. Es sind jedoch alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verĂ€ndern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Hierbei sind zudem die Vorgaben ĂŒber die gute fachliche Praxis aus § 5 Abs. 2 BNatSchG zu beachten, welche jedoch weitestgehend rechtsunverbindlich sind.[5]
Schutzgebietsverordnung und naturschutzrechtliche Befreiung
Die konkrete und rechtsverbindliche Ausgestaltung von LSG erfolgt durch die Ausweisung in einer SchuVO, welche durch einen Bebauungsplan (B-Plan) âvon obenâ nicht geĂ€ndert werden kann,[6] siehe dazu auch (Realisierbarkeit von PV-FFA im bauplanungsrechtlichen AuĂenbereich). Diese SchuVO enthalten regelmĂ€Ăig den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die notwendigen Ge- und Verbote, sowie die erforderlichen weiteren ErmĂ€chtigungen gemÀà § 22 BNatSchG. Ăblich ist die Ausweisung von LSG mittels Rechtsverordnung durch die zustĂ€ndige Naturschutzbehörde.[7] Dem Verordnungsgeber kommt bei der Ausgestaltung der einzelnen Bestimmungen ein weiter Ermessenspielraum zu,[8] wobei das jeweilige AusfĂŒhrungsgesetz zum BNatSchG auf LĂ€nderebene hĂ€ufig weitere Konkretisierungen enthĂ€lt. Dies trĂ€gt den stark divergierenden regionalen Besonderheiten Rechnung. RegelmĂ€Ăig enthĂ€lt die SchuVO ein allgemeines Bauverbot, jedoch kann eine gewisse Bebauung aufgrund bereits enthaltener Befreiungs- oder Ausnahmevorschriften möglich sein. Die ZulĂ€ssigkeit einer PV-FFA bestimmt sich nach der AbwĂ€gung des mit der SchuVO verfolgten Schutzzwecks mit den von der Anlage erwartbaren Auswirkungen auf diesen.
Was ist mit der naturschutzrechtlichen Befreiung gemeint?
Aufgrund der aufgezeigten HĂŒrden baurechtlicher und landschaftsschutzrechtlicher Art, muss fĂŒr den Bau einer PV-FFA in einem LSG in aller Regel der Weg der naturschutzrechtlichen Befreiung beschritten werden. So können PV-FFA in LSG verwirklicht werden, obwohl es sich um bauliche Anlagen handelt und die Gebiete hiervon grundsĂ€tzlich freigehalten werden sollen. Die SchuVO kann bereits ausdrĂŒckliche Regelungen in Bezug auf die Erteilung von Befreiungen gemÀà § 67 BNatSchG durch die zustĂ€ndige Naturschutzbehörde enthalten. Wenn dies nicht der Fall ist, können Befreiungen fĂŒr den Einzelfall unmittelbar auf diese Norm gestĂŒtzt werden, sofern die Voraussetzungen hierfĂŒr vorliegen. § 67 Abs. 1 S. 1 BNatSchG besagt, dass von den Verboten des BNatSchG und vom Naturschutzrecht der LĂ€nder abgewichen werden kann, wenn dies aus GrĂŒnden ĂŒberwiegenden öffentlichen Interesses geboten ist (Nr. 1) oder das jeweilige Verbot im Einzelfall eine unzumutbare Belastung hervorrufen wĂŒrde (Nr. 2). Falls kein ausdrĂŒckliches Bauverbot festgelegt ist, muss durch Auslegung ermittelt werden, ob ein solches vom Verordnungsgeber gewollt war. Diese Auslegung orientiert sich am Schutzzweck und an den Schutzzielen des LSG. Ein Bauverbot kann und muss bereits auf Bauplanungsebene geprĂŒft werden (Stichwort: Erforderlichkeit der Bauleitplanung). Die Konflikte mit dem besonderen Artenschutz werden vorrangig durch VermeidungsmaĂnahmen und andernfalls im Wege der naturschutzrechtlichen Ausnahme gemÀà § 45 BNatSchG gelöst.
Unter welchen UmstÀnden kommt eine naturschutzrechtliche Befreiung von Verboten einer SchuVO in Betracht?
Sofern die Aufstellung eines B-Plans notwendig ist (Regelfall), sind Landschafts- und Naturschutzrecht umfĂ€nglich zu prĂŒfen. Die Rechtsprechung hat entschieden, dass im Rahmen des B-Plans eine âobjektive Befreiungslageâ gegeben sein muss, es bedarf fĂŒr die Befreiung der rechtlichen Möglichkeit und es darf auch sonst nichts entgegenstehen.[9] Schon auf dieser Ebene darf somit eine Befreiung nicht ausgeschlossen erscheinen, weil die Landschaft zum Beispiel eine besonders schĂŒtzenwerte Ăsthetik aufweist oder ein sensibles Ăkosystem gestört wĂŒrde. Die durchzufĂŒhrende AlternativenprĂŒfung, bezogen auf den Standort, muss sich nicht zwangslĂ€ufig auf das gesamte Gemeindegebiet erstrecken.[10] Der Antrag auf Befreiung ist bei der zustĂ€ndigen Naturschutzbehörde zu stellen. Hierbei muss sichergestellt sein, dass das LSG âin seiner Substanzâ unberĂŒhrt bleibt. Dies kann sich daraus ergeben, dass die Landschaft an dem konkreten Standort weniger schutzwĂŒrdig ist, die BeeintrĂ€chtigung geringfĂŒgig erscheint und besonders unter Schutz gestellte Landschaftsziele durch die PV-FFA nicht tangiert werden.
Nach Erteilung der Befreiung bedarf es keines weiteren Antrags auf der Ebene der Zulassung, § 30 Abs. 4 S. 2 BNatSchG, die Norm entstammt dem Biotopschutz, ist jedoch entsprechend auf LSG anwendbar.[11] Im Antragsverfahren kann es unter gewissen UmstĂ€nden sogar zu einer sogenannten Ermessensreduktion auf Null kommen. Eine solche liegt vor, wenn der Behörde zunĂ€chst Ermessen (âKann-Vorschriftâ) im Sinne von mehreren Entscheidungsmöglichkeiten bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Rechtsnorm (Tatbestandsmerkmale) eröffnet wird, diese jedoch aufgrund der spezifischen UmstĂ€nde des Einzelfalls nur noch eine einzige rechtmĂ€Ăige Entscheidung treffen darf. Bei Vorbelastung des Gebiets oder tatsĂ€chlicher Nichterreichbarkeit des Schutzziels kann eine entsprechende Situation vorliegen.[12] Auch die Priorisierung der erneuerbaren Energien im Zuge der unmittelbar bevorstehenden Gesetzesreformen (zum Beispiel § 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz âEEG 2023â) dĂŒrfte erheblichen Einfluss auf AbwĂ€gungen und Verwaltungsentscheidungen haben. Mit einem so antizipierenden Bauplanverfahren kann âin die Befreiung hineingeplantâ[13] werden. Betont werden muss dennoch, dass die Befreiung lediglich am Ende einer AbwĂ€gung steht und die naturschutzrechtlichen Verbote einen hohen Stellenwert einnehmen â KNE-Wortmeldung: Zum Grundsatz des „ĂŒberragenden öffentlichen Interesses und der öffentlichen Sicherheit“. Zudem besteht fĂŒr das Vorliegen einer unzumutbaren Belastung gemÀà § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG durch das jeweilige Verbot Argumentationsbedarf, denn letztlich geht es bei PV-FFA neben privaten Interessen (Gewinnerzielungsabsicht) um Anlagen, die im öffentlichen Interesse stehen (Klimaschutz).
Kann eine SchuVO fĂŒr PV-FFA angepasst werden?
Es ergeben sich zwei rechtliche Möglichkeiten, wie entsprechende Vorhaben bei bestehendem Bauverbot rechtssicher vorbereitet werden können. Beide Möglichkeiten sind verfahrensrechtlich auf eine Ănderung der SchuVO angelegt, wobei eine gĂ€nzliche Aufhebung dieser zwar grundsĂ€tzlich möglich, aber nicht empfehlenswert ist.[14] Beide Alternativen können rechtlich derzeit nicht durch Investoren âvon auĂenâ herbeigefĂŒhrt werden. ZustĂ€ndig ist die jeweilige Naturschutzbehörde.
Was ist unter einer Anpassung zu verstehen und wie kann sie aussehen?
Durch eine âLockerungâ der Verbotsbestimmungen beziehungsweise durch eine Ausweitung der Ausnahme- und Befreiungsvorschriften innerhalb der SchuVO könnte der Bau von PV-FFA sogar explizit, mittels sogenannter âĂffnungsklauselnâ, dargestellt werden.[15] Einerseits ist es denkbar, durch hinreichend konkret formulierte Ausnahmevorschriften PV-FFA generell unter gewissen Bedingungen zu ermöglichen. Andererseits könnten mit allgemeineren Formulierungen Ausnahmen und Befreiungen auf Zulassungsebene erleichtert werden. So können im Einzelfall PV-FFA auf genau bestimmten oder bestimmbaren FlĂ€chen ermöglicht werden, was einen in der bisherigen Praxis ĂŒblichen Weg darstellt. Auf diese Art ergeben sich unter anderem in der NĂ€he von Bahnstrecken, StraĂen oder anderer Infrastruktur Potenziale.
DarĂŒber hinaus empfehlen wir folgenden Weg:
§ 22 Abs. 1 S. 3 BNatSchG bietet die Möglichkeit, innerhalb des LSG Zonen mit abgestuftem Schutzniveau einzufĂŒhren, die sogenannte Zonenplanung.[16] Dies gilt dem Gesetzestext nach auch fĂŒr andere Schutzgebiete und fĂŒhrt eine bestehende Praxis bei Naturparken, Nationalparken und BiosphĂ€renreservaten fort.[17] Eine Zonierung kann sogar erforderlich sein, um der variierenden SchutzwĂŒrdigkeit und -bedĂŒrftigkeit eines (sich ggf. im Laufe der Zeit verĂ€nderten) Gebiets Rechnung zu tragen und die VerhĂ€ltnismĂ€Ăigkeit der dort geregelten Ge- und Verbote zu wahren.[18] Denn etwaige Verbote mĂŒssen selbst in Schutzgebieten mit den Rechten der betroffenen GrundstĂŒckseigentĂŒmer in Einklang gebracht werden. Zudem können Pufferzonen ganzheitlich gedacht und geplant werden, um empfindliche Bereiche weitrĂ€umig zu schĂŒtzen. Der Verordnungsgeber könnte so einmalig eine Vielzahl von Vorhaben in vorbestimmten Bereichen ermöglichen, was den Verwaltungsaufwand merklich verringern dĂŒrfte. Zudem besteht die Chance, das Gebiet umfĂ€nglich fĂŒr erneuerbare Energien neu zu bewerten und ein ganzheitliches Konzept aufzustellen, was verschiedene Schutzziele auch langfristig stĂŒtzt. So könnten beispielsweise schon gemeinsame Zuwegungen, Kabeltrassen oder Wildkorridore geplant werden, was eine umfĂ€ngliche Befassung mit jeder einzelnen Anlage aufs Neue weitgehend verhindern wĂŒrde. Aus unserer Sicht lĂ€sst sich diese Vorgehensweise gut mit der Festlegung von âKriterien fĂŒr eine naturvertrĂ€gliche Gestaltung von Solar-FreiflĂ€chenanlagenâ (KNE) beim Bau von PV-FFA und unseren Hinweisen âWie Sie den Artenschutz in Solarparks optimierenâ (KNE) verknĂŒpfen, was ĂŒberdies in der BegrĂŒndung des Gesetzesentwurfs fĂŒr das EEG 2023 aufgegriffen wird.[19] Denn nur mit möglichst umfassenden Konzepten lassen sich die Belange des Klimaschutzes in Form der erneuerbaren Energien und des BiodiversitĂ€tsschutzes in Einklang bringen. Ein Nachteil einer solchen Zonenplanung könnte in dem zunĂ€chst gröĂeren Arbeits- und Zeitaufwand zu erblicken sein, der sich jedoch mittel- und langfristig lohnen dĂŒrfte.
Zum âins Rollen bringenâ einer solchen Ănderung bietet sich der diplomatische und kommunikative Weg ĂŒber die Standortgemeinde an, welche intern den Verordnungsgeber auf den Ănderungsbedarf aufmerksam machen und so die weiteren GesprĂ€che eröffnen könnte.
Ist die gÀnzliche Herausnahme der FlÀchen aus dem LSG anzuraten?
Denkbar wĂ€re es, die anvisierten FlĂ€chen â ebenfalls durch Anpassung der SchuVO â aus dem LSG herauszunehmen und somit das PrĂŒfprogramm auf diejenigen Vorgaben der AuĂenbereichsprĂŒfung gemÀà § 35 Abs. 2 BauGB zu reduzieren.[20] ZustĂ€ndig hierfĂŒr ist gleichermaĂen die jeweilige Naturschutzbehörde.[21] Ein Herausnehmen dĂŒrfte nur in Randbereichen in Frage kommen, damit der Schutzzweck des LSG nur gering beziehungsweise bestenfalls gar nicht beeintrĂ€chtigt wird. DarĂŒber hinaus muss ein âmöglichst schonenderâ Eingriff geplant werden. Eine solche Vorgehensweise ist jedoch weniger empfehlenswert. Auf diese Art werden FlĂ€chen- und Naturschutzkonflikte in der Sache nicht gelöst, sondern nur formal âauf dem Papierâ ausgeschlossen und es droht eine Zersplitterung der Schutzgebiete.[22] Ausgliederungen erscheinen wegen des verhĂ€ltnismĂ€Ăig geringen Aufwandes und der zeitnahen FlĂ€chenfreigabe verlockend, jedoch dĂŒrften diese Vorteile eher kurzfristiger Art sein. Auch die oben genannten Synergieeffekte können durch solche Negativbeispiele nicht erzielt werden.
Fazit und Ausblick
Die Verwirklichung von Photovoltaik-FreiflĂ€chenanlagen in Landschaftsschutzgebieten ist keinesfalls immer ausgeschlossen. ErgĂ€nzend zu der regelmĂ€Ăig notwendigen Aufstellung bzw. Ănderung eines Bebauungsplans bietet die Anpassung der Schutzverordnung in Kombination mit der naturschutzrechtlichen Befreiung einen rechtssicheren Weg. Verfahrensrechtlich sind Projektierer und GrundstĂŒckseigentĂŒmer auf die Kooperation mit den lokalen und regionalen Behörden angewiesen. Der Antrag auf naturschutzrechtliche Befreiung ist in vielen FĂ€llen der erfolgsversprechende Weg â vorausgesetzt, die Schutzverordnung bietet hierfĂŒr genĂŒgend Raum.
Eine Anpassung der Schutzverordnung in Form einer Zonierung unter Beachtung der Naturschutzkriterien fĂŒr Landschaftsschutzgebiete sollte stets gemeinsam mit den betroffenen Gemeinden umgesetzt werden, um so gröĂtmögliche Synergien aus Arten- und Klimaschutz zu erzielen. Die einzelnen Zonen können sich an bestehender Praxis zum Beispiel bei BiosphĂ€renreservaten orientieren, bei denen es immer Kern-, Pflege- und Entwicklungszonen gibt. Zudem könnte â andersherum â an eine Positivplanung gedacht werden, bei der von vornherein ausschlieĂlich nach geeigneten Bereichen gesucht wird und diese als âPositivzonenâ[23] festgelegt werden.
Quellen
[1] Homepage Bundesamt fĂŒr Naturschutz (BfN) zu Landschaftsschutzgebieten (letzter Zugriff: 19.05.2022).
[2] International Union for the Conservation of Nature (IUCN).
[3] Homepage IUCN zu Schutzkategorien (letzter Zugriff: 19.05.2022).
[4] Homepage Bundesamt fĂŒr Naturschutz (BfN) zu Landschaftsschutzgebieten (letzter Zugriff: 19.05.2022).
[5] LĂŒtkes/ Ewer (2018): BNatSchG, 2. A. Auflage, § 5 Rn. 15 ff.
[6] Giesbert/ Reinhardt (2022): BeckOK Umweltrecht, 61. Ed., BNatSchG § 26 Rn. 39.
[7] Landmann/ Rohmer (2021): Umweltrecht. 96. EL. 2021, BNatSchG § 1 Rn. 3.
[9] Vgl. OVG Koblenz Urt. v. 12.12.2007 â 8 A 10632/07 in NuR 2008, 119, 120; fĂŒr den Artenschutz im Fall einer Planfeststellung: BVerwG Urt. v. 9.7.2008 â 9 A 14/07 in NVwZ 2009, 302 Rn. 112.
[10] Dies ergibt sich unter anderem aus den jeweiligen örtlichen Besonderheiten, die nur bestimmte Gebiete ĂŒberhaupt sinnvoll fĂŒr eine PV-FFA erscheinen lassen.
[11] LĂŒtkes/ Ewer, ebd., § 67 Rn. 4.
[12] Unter anderem bestehende Infrastruktur, ausgetrockneter See, gestorbener Wald, kontaminierter Boden usw.
[13] Vgl. BVerwG Beschl. v. 25.08.1997 â 4 NB 12.97 Rn. 14.
[14] Es droht insoweit ein ârechtliches Vakuumâ was den besonderen Schutzzweck des LSG und seiner Schutzziele angeht, bis zum Neuerlass drohen erhebliche SchĂ€den durch sonst verbotene Handlungen.
[15] BVerwG Beschl. v. 20.05.2003 â 4 BN 57.02 in ZUR 2004, 41.
[16] Vgl. auch m.w.N. LĂŒtkes/ Ewer, ebd., § 22 Rn. 21; sowie Landmann/Rohmer, ebd., BNatSchG § 22 Rn. 34; OVG MĂŒnster Beschl. v. 27.11.2018 â 8 B 1170/17 in BeckRS 2018, 38665 Rn. 43; OVG Saarlouis Urt. 04.02.2020 â 2 C 273/18 in BeckRS 2020, 2854 Rn. 33âf.; fĂŒr Windenergieanlagen siehe z. B. Schumacher und Schumacher 2019.
[17] Vgl. GesetzesbegrĂŒndung BT-Drs. 14/6378, S. 51 (dort noch § 22 Abs. 2 S. 2 BNatSchG).
[18] Giesbert/ Reinhardt, ebd., BNatSchG § 22 Rn. 24.
[19] Bundesregierung 2022, S. 203).
[20] BVerwG Urt. v. 11.12.2003 â 4 CN 10/02 in NVwZ 2004, 729 (731).
[21] Giesbert/ Reinhardt, ebd., BNatSchG § 26 Rn. 41.
[22] Bayerische Staatsministerien 2016, S. 17.
[23] Vgl. aktuelles Beispiel aus dem Landschaftsschutzgebiet âHĂ€usernâ im Schwarzwald erlĂ€utert in VGH Baden-WĂŒrttemberg Beschl. v. 21.01.2022 â 10 S 1861/21, Rn. 2.
Bayerische Staatsministerien (2016): BayWEE – Bayerischer Windenergieerlass. Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen. Windenergie-Erlass. 59 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 19.05.2022).
Bundesregierung (2022): Gesetzentwurf der Bundesregierung. Entwurf eines Gesetzes zu SofortmaĂnahmen fĂŒr einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren MaĂnahmen im Stromsektor. 322 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 19.05.2022).
Giesbert/ Reinhardt (2022): BeckOK Umweltrecht, 61. Ed. C.H. Beck-Verlag, MĂŒnchen.
KNE â Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (2022): Anfrage Nr. 327a zur Realisierbarkeit von PV-FFA im bauplanungsrechtlichen AuĂenbereich. Antwort vom 16.05.2022. 7 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 19.05.2022).
KNE â Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (2021): Kriterien fĂŒr eine naturvertrĂ€gliche Standortwahl fĂŒr Solar-FreiflĂ€chenanlagen. 15 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 19.05.2022).
KNE â Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (2022): Wie Sie den Artenschutz in Solarparks optimieren â Hinweise zum Vorgehen fĂŒr kommunale Akteure. 13 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 19.05.2022).
Kratsch, D. (2009): Neuere Rechtsprechung zum Naturschutzrecht – Eingriffsregelung, Schutzgebiete, Biotopschutz. Natur und Recht 31 (6). S. 398â404.
Landmann/ Rohmer (2022): Umweltrecht. 96. EL. 12260 S. C.H. Beck-Verlag, MĂŒnchen.
LĂŒtkes/ Ewer (2018): Bundesnaturschutzgesetz: BNatSchG. 2. Auflage. 766 S. Â C.H. Beck-Verlag, MĂŒnchen.
Schumacher, J., Schumacher, A. (2019): Zonierung eines Landschaftsschutzgebiets. OVG MĂŒnster, Beschluss vom 27.11.2018 â 8 B 1170/17. Naturschutz und Landschaftsplanung 51 (07). S. 350â351. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 19.05.2022).
Gerichtliche Entscheidungen
BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 â 9 A 14/07.
BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 â 4 CN 10/02.
BVerwG, Beschluss vom 20. Mai 2003 â 4 BN 57.02.
BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997 â 4 NB 12.97.
VGH Baden-WĂŒrttemberg, Beschluss vom 21. Januar 2022 â 10 S 1861/21.
OVG Saarlouis, Urteil vom 04. Februar 2020 â 2 C 273/18.
OVG MĂŒnster, Beschluss vom 27. November 2018 â 8 B 1170/17.
OVG Koblenz, Urteil vom 12. Dezember 2007 â 8 A 10632/07.