Maßnahmen gegen den Verlust der biologischen Vielfalt kommen dem Klima zugute
KNE-Lesetipp
Quelle: Shin, Y., Midgley, G.F., Archer, E.R.M., Arneth, A., Barnes, D.K.A., Chan, L., Hashimoto, S., Hoegh‐Guldberg, O., Insarov, G., Leadley, P., Levin, L.A., Ngo, H.T., Pandit, R., Pires, A.P.F., Pörtner, H., Rogers, A.D., Scholes, R.J., Settele, J., Smith, P. (2022): Actions to halt biodiversity loss generally benefit the climate.
Voraussichtlich im Herbst trifft sich die Weltgemeinschaft zum zweiten Teil der UN-Artenschutzkonferenz in Kunming (China), um unter anderem die nächste Generation der UN-Biodiversitätsziele zu verabschieden. Im Rahmen der bisherigen Übereinkommen wurden die mit der biologischen Vielfalt und dem Klima verknüpften Herausforderungen weitgehend getrennt behandelt, auch wenn sie eng miteinander verzahnt sind: Der Klimawandel verschärft die Risiken für die biologische Vielfalt sowie die natürlichen und bewirtschafteten Lebensräume. Gleichzeitig spielen die natürlichen und bewirtschafteten Ökosysteme und ihre biologische Vielfalt eine Schlüsselrolle bei der Freisetzung wie auch der Bindung von Treibhausgasen und bei der Klimaanpassung. Die zunehmende Schädigung von Ökosystemen, hervorgerufen durch Landnutzungsänderungen und andere Eingriffe in natürliche Kohlenstoffspeicher und damit in die Kohlenstoffbindung, ist ein Hauptfaktor für kumulative CO2-Emissionen und damit ein zusätzlicher Treiber des Klimawandels.
In einer Review-Studie für die Zeitschrift Global Change Biology greifen die Autorinnen und Autoren den gemeinsamen Bericht von Weltbiodiversitätsrat und Weltklimarat aus dem Juni 2021 auf (siehe KNE-Lesetipp vom 25.06.2021) und bewerten, ob die bereits vorformulierten 21 Biodiversitätsziele („Post-2020 Action targets for 2030“) den Klimawandel aufhalten können und wie zuverlässig eine solche Prognose ist. Die Bilanz: 14 von 21 Zielen leisten einen positiven Beitrag zum Klimaschutz. Erhaltungsmaßnahmen, die den Verlust der biologischen Vielfalt aufhalten, bremsen oder umkehren, können gleichzeitig den vom Menschen verursachten Klimawandel erheblich verlangsamen. Konkrete Beispiele für lokale Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt werden vorgestellt, die durch globale Ziele und Vorgaben gefördert, gelenkt und priorisiert werden können.
Die Autorinnen und Autoren kommen zu dem Schluss, dass ein neues Schutzparadigma die Umsetzung der drei wichtigen Ziele – ein ausgewogenes Klima, eine sich selbst erhaltende biologische Vielfalt und gute Lebensbedingungen für alle – gleichzeitig in Angriff nehmen müsste. So konzentriert sich die Suche nach Maßnahmen mit Mehrfachnutzen auf den Schutz multifunktionaler ‚Landschaften‘, und nicht nur auf einige wenige voneinander unabhängige Naturelemente, etwa kritische oder intakte Lebensräume oder symbolträchtige Arten. Er umfasst Schutzgebietsnetzwerke und Korridore, Kulturlandschaften sowie stark veränderte Ökosysteme wie städtische und intensiv bewirtschaftete Gebiete. Damit diese neuen Ansätze erfolgreich sind, wird vorgeschlagen betroffene Gemeinden und Anwohner an ihrer Ausgestaltung und Umsetzung schrittweise zu beteiligen. Nur so können Lösungen gefunden werden, welche die lokale Wirtschaft, die Bedürfnisse der Menschen, ihre Lebensgrundlagen und die lokale Politik berücksichtigen.
Einordnung
Die Studie zeigt sehr deutlich die Notwendigkeit, Biodiversitätsschutz auch bei der Umsetzung der Energiewende als gleichrangiges Ziel neben dem Klimaschutz zu verfolgen. Technologiebasierte Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels, wie der Ausbau der Wind- und Solarenergie, müssen ökologisch und sozial nachhaltig umgesetzt werden, um ihre volle Wirkung für die Lösung der beiden globalen Krisen zu entfalten. Das KNE unterstützt den vorgeschlagenen ‚Landschafts-Ansatz‘, der auch für die Wahl des richtigen Standortes der Energieerzeugungsanlagen zugrunde gelegt werden sollte. So können Auswirkungen der erneuerbaren Energieerzeugung auf wandernde Arten oder die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen und die Intensivierung der Landnutzung vermieden werden.
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(frei verfügbar, in Englisch)
Quelle: Shin, Y., Midgley, G.F., Archer, E.R.M., Arneth, A., Barnes, D.K.A., Chan, L., Hashimoto, S., Hoegh‐Guldberg, O., Insarov, G., Leadley, P., Levin, L.A., Ngo, H.T., Pandit, R., Pires, A.P.F., Pörtner, H., Rogers, A.D., Scholes, R.J., Settele, J., Smith, P. (2022): Actions to halt biodiversity loss generally benefit the climate. Global Change Biology 28 (9). S. 2846–2874. (letzter Zugriff: 17.05.2022).