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Veröffentlicht
17.11.2016
Schlagworte
  • Erdkabel
  • Fauna
  • Freileitungen
  • Ökologisches Trassenmanagement
  • Stromtrassen

Frage

Wie breit ist eine Erdkabeltrasse im Vergleich zu einer Freileitungstrasse und ab welcher Breite stellt sie ein Problem für die Tierwanderung dar?

!Antwort

Breite von Erdkabel- und Freileitungstrassen

Die Breite einer Trasse ist von der erforderlichen Übertragungskapazität wie auch von verwendeten Materialien und Technologien abhängig. Die Breite der Erdkabelgräben im Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetz (HGÜ-Netz) ergibt sich unter anderem aus der Anzahl verlegter Systeme sowie der Anzahl der Kabelgräben. Zudem spielen die gewählten Abstände zwischen den Kabelsystemen (zirka drei Meter) sowie zwischen den Leitermitten (zirka 0,3 Meter) eine weitere Rolle. Bei Gleichstrom-Systemen werden zwei Leiter verlegt statt der üblichen drei Leiter der Drehstrom-Systeme. Während der Bauphase sind zudem temporäre Ablageflächen für den Erdaushub und ausreichend Zuwegung für Baufahrzeuge erforderlich (zirka drei Meter). Während der Betriebsphase verbleibt ein, im Vergleich zur Bauphase, schmalerer und von Tiefenwurzlern freizuhaltender Schutzstreifen. (TenneT 2015, 2016)

Daraus würde sich bei einer 2-Gigawatt-HGÜ-Erdkabeltrasse während der Bauphase eine temporäre Trassenbreite von zirka 20 bis 40 Metern und während der Betriebsphase von zirka zehn bis 15 Metern ergeben (TenneT 2015, Winkler-Hartenstein und Buksdrücker 2012). Bei 380 Kilovolt-Drehstrom-Erdkabeln kann nach Aussagen von TenneT (2016) während der Bauphase von einer Trassenbreite von zirka 40 bis 50 Metern und während der Betriebsphase von zirka 20 bis 30 Metern bei vier Kabelsystemen ausgegangen werden.

Die Breite der Freileitungstrassen wird ebenfalls durch mehrere Faktoren beeinflusst. So ist sie insbesondere von der Übertragungskapazität und dem verwendeten Masttypus abhängig (Hofmann 2015). Nach Hofmann (2015) würde die Schutzstreifenbreite bei einem Einebenenmast etwa 70 Meter, bei einem Donaumast etwa 57 Meter und bei einem Tonnenmast etwa 48 Meter betragen. Werden Kompaktmasten verwendet, ist mit einem Schutzstreifen von 36 bis 39 Metern zu rechnen (Friedrich et al. 2012).

Vermeidung von Barriere-Effekten als mögliche Auswirkung

Grundsätzlich lässt sich kein für alle Arten geltender, pauschal anzusetzender Wert für eine Trassenbreite benennen, ab dem ein sogenannter Barriere- oder Zerschneidungs-Effekt eintreten würde. Dieser ist artspezifisch zu bewerten und von der bevorzugten Habitatsstruktur wie auch vom Aktionsradius der jeweiligen Art abhängig. Besonders für Arten mit geringer Mobilität und/oder Meidung von Offenlandbereichen können daraus folglich negative Auswirkungen resultieren (Trepl 2007). Sogenannte Zerschneidungs-Effekte können jedoch durch nachhaltige und vorausschauende Planung vermindert werden. Beispielsweise sollten sensible Bereiche freigehalten, lineare Planungsvorhaben räumlich konzentriert oder entstandene oder bestehende Schneisen renaturiert werden (Jessel und Tobias 2002).

Ökologisches Trassenmanagement

Der Schutzstreifen ist sowohl bei der Erdverkabelung als auch bei Freileitungen von tiefwurzelnden bzw. hochwachsenden Bäumen freizuhalten. Die Trassen können jedoch – mit Einschränkungen – landwirtschaftlich genutzt werden (TenneT 2015, 2016). Aus naturschutzfachlicher Sicht ist es sinnvoll, die Trasse durch Ökologisches Trassenmanagement zu wertvollen Lebensräumen sowie als Biotopverbundsystem zu entwickeln. Dieses Vorgehen eignet sich sowohl für die bereits bestehenden als auch für neugeschaffene Trassen (50Hertz o. J., RWE o. J., Winkler-Hartenstein und Buksdrücker 2012).

Demnach können beispielsweise arten- und strukturreiche Waldrandsituationen geschaffen werden, um dadurch zu einer Erhöhung der ökologischen Vielfalt beizutragen (50Hertz o. J., RWE o. J.). Die Flächen können im Falle der Freileitungen zu einem pflegeextensiven und langsam wüchsigen Bestand entwickelt werden. Dabei ist eine Entnahme von schnellwüchsigen Pionierbaumarten wie Pappel oder Birke kontinuierlich durchzuführen (RWE o. J.).

Diese Niederwaldstrukturen stellen für viele Arten, wie beispielsweise das Haselhuhn, welches zu den stark gefährdeten Arten zählt, einen geeigneten Lebensraum dar. Auch offene Bereiche unterhalb der Trassen können weiteren Arten, so unter anderem der Schlingnatter, als wertvolles Habitat dienen. (Winkler-Hartenstein und Buksdrücker 2012)

Derzeit werden mögliche Handlungsoptionen zur naturschutzfachlichen Aufwertung der Schneisen im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) und der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz unter der Mitwirkung der Übertragungsnetzbetreiber entwickelt (DUH Pressemitteilung vom 28.10.2015).

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Literaturverzeichnis

50Hertz Transmission GmbH (o. J.): Ökologisches Schneisenmanagement. 10 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 11. August 2016).

DUH - Deutsche Umwelthilfe (2015): Vielfalt unter Strom. Pressemitteilung vom 28.10.2015. Link zur Internetseite (letzter Zugriff: 11. August 2016).

Friedrich, J., M. Palm, K. Kriedemann (2012): Vergleichende Bewertung von 380 kV-Leitungen aus Sicht der Belange von Natur und Landschaft. Kompaktmast – Standardmast. 29 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 11. August 2016).

Jessel, B. und K. Tobias (2002): Ökologisch orientierte Planung: Eine Einführung in Theorien, Daten und Methoden. Ulmer UTB-Verlag, Stuttgart. 470 S.

Hofmann, L. (2015): Einsatz von Erdkabeln und Freileitungen in Hochspannungs-Drehstrom- und -Gleichstrom-Übertragungssystemen. Institut für Energieversorgung und Hochspannungstechnik, Fachgebiet Elektrische Energieversorgung, Leibniz Universität Hannover. Vortrag zum Informationstag der BNetzA am 5. Mai 2015, Hannover. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 11. August 2016).

RWE (o. J.): Biotopverbindendes Management von Stromtrassen. 4 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 11. August 2016).

TenneT (2015): HGÜ-Erdkabel – Erdverkabelung bei Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ). 5 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 11. August 2016).

TenneT (2016): Drehstrom-Erdkabel – Chancen und Herausforderungen bei 380 kV-Erdkabeln im Drehstromnetz. 16 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 11. August 2016).

Trepl, L. (2007): Population. Allgemeine Ökologie Band 2. 1. Auflage. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main, 450 S.

Winkler-Hartenstein, K. und T. Buksdrücker (2012): Ökologische Auswirkungen von Freileitungen und Erdkabeln auf die Schutzgüter. Präsentation. Arbeitskreis I: Freileitungen und Erdkabel. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 11. August 2016).