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Veröffentlicht
15.09.2023
Schlagworte
  • Abschaltungen
  • Fledermäuse
  • Windenergie

Frage

Können Sie einen Überblick über die Parameter für pauschale Abschaltungen zum Fledermausschutz aus den Windenergieerlassen und Artenschutzleitfäden der Bundesländer geben? Interessant wären Zeiträume, Temperatur, Windgeschwindigkeit, Niederschlag und Nebel.

!Antwort

Mittlerweile finden sich in fast allen Bundesländern in den Leitfäden zum Artenschutz und Windenergie (s. KNE-Leitfadenübersicht) Vorgaben für Parameter zu pauschalen Abschaltzeiten von Windenergieanlagen (WEA) zum Fledermausschutz. Sind die Parameter gleichzeitig erfüllt, müssen die Anlagen zum Schutz von Fledermäusen abgeschaltet sein.

Die Abschaltungen können entweder für die gesamte Betriebslaufzeit oder aber ab Inbetriebnahme für das erste Betriebsjahr vorgenommen werden und über ein, in der Regel zweijähriges betriebsbegleitendes Gondelmonitoring, nachgesteuert werden. Auf Grundlage der akustischen Erfassung der Fledermausaktivität auf Höhe der Gondel können dann die sogenannten Cut-in-Windgeschwindigkeiten – das sind die Windgeschwindigkeiten, ab der die WEA innerhalb Aktivitätszeiträume von Fledermäusen laufen dürfen – anlagenspezifisch differenziert berechnet und angepasst werden. Diese gelten in Folge in der Regel für die gesamte weitere Betriebslaufzeit der WEA.

Die nachfolgende tabellarische Übersicht gibt die Vorgaben der Bundesländer hinsichtlich Jahres- und Tageszeit, Temperaturen, Windgeschwindigkeiten und Niederschlägen für die pauschalen Fledermausabschaltungen ab Inbetriebnahme wieder. Länderspezifische Sonderbedingungen und -vorgaben finden sich in ergänzenden Fußnoten unterhalb der Tabelle.

Auffällig ist, dass die Länder zum Teil sehr unterschiedliche Zeiträume vorgeben, in denen die Abschaltungen gelten sollen. Teilweise sind diese durch das Nicht-/Vorhandensein bedeutender Lebensräume für Fledermäuse begründet. Zudem bestehen zahlreiche kleinere Unterschiede beim nachtzeitlichen Beginn und dem Ende von Abschaltungen.

Nahezu einheitlich sind die Vorgaben in den Ländern hinsichtlich der Temperatur in Gondelhöhe von ≥ 10 °C. In Bezug auf die Windgeschwindigkeit findet sich in der überwiegenden Zahl der Länder der Wert von < 6 m/s. Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sehen < 6,5 m/s und das Saarland bei möglichen Vorkommen der Rauhautfledermaus und der Abendseglerarten den Wert von < 7 m/s vor. Auch in Niedersachsen wird darauf hingewiesen, dass für diese Arten Abschaltungen ggf. auch bei höheren Windgeschwindigkeiten als < 6 m/s erforderlich sein können. Auch in Thüringen findet sich ein Hinweis zu möglichen höheren Windgeschwindigkeiten.

In den meisten Leitfäden finden sich zudem Vorgaben zu Niederschlägen, wobei es größere Unterschiede gibt. Nur zum Teil wird auf die bestehenden Herausforderungen hinsichtlich einer verlässlichen Messbarkeit hingewiesen (vgl. hierzu eine entsprechende KNE-Antwort). Nebel wird in keiner der Handreichungen als zu berücksichtigender Parameter genannt. Allerdings enthält eine Stellungnahme des LfU Rheinland-Pfalz Anforderungen an dies Messung von Witterungsparametern, in denen auch solche für die Luftfeuchtigkeit definiert werden (ebd.).

Mehrere Länderleitfäden werden derzeit fortschrieben (z. B. in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen) (vgl. KNE-Leitfadenübersicht). Dies kann perspektivisch zu Veränderungen der Vorgaben führen. Zudem gibt es Bestrebungen des Bundes für eine bundesweite Standardisierung von Vorgaben zum Fledermausschutz bei Windenergievorhaben.

Vorgaben der Länder zu Parametern für pauschale Abschaltzeiten zum Fledermausschutz

Land Zeiträume Temperatur Windgeschwindigkeit Niederschlag
BW 1 01.04. - 31.08. 1 h vor SU bis SA sowie

01.09. - 31.10. 3 h vor SU bis SA

≥ 10 °C < 6 m/s k. A.
BY 2 01.04. - 30.09. von SU bis SA,

01.10. - 31.10. 1 h vor SU bis SA sowie

01.11. - 15.11. von SU bis SA

≥ 10 °C[a] < 6 m/s < 0,2 mm/h[a]
BB 3 01.04. - 31.10. bzw.

11.04. - 31.05. + 01.07. – 15.10.

jeweils 1 h vor SU bis 1h vor SA[b]

≥ 10 °C ≤ 6 m/s ≤ 0,2 mm/h
HE4 Maximal 01.04. - 31.10. 0,5 h vor SU bis SA [c] ≥ 10 °C < 6 m/s ≤ 0,2 mm/h
MV5 01.05. - 30.09. (im Umfeld bedeutender Lebensräume), sonst 01.07. - 30.09.

jeweils 1 h vor SU bis SA

k. A. < 6,5 m/s < 0,2 mm/h
NI6 01.04. - 31.10. in Nächten[d] > 10 °C < 6 m/s bzw. höher[e] kein Regen
NW7 01.04. - 31.10. in Nächten[d] > 10 °C < 6 m/s kein Niederschlag
RP8, 9 01.04. - 31.08. 1 h vor SU bis SA sowie

01.09. - 31.10. 3 h vor SU bis SA

≥ 10 °C < 6 m/s k. A.8 bzw.

Luftfeuchtigkeit ≥ 90 %9

SL10 01.04. - 31.10. von SU bis SA > 10 °C < 7 bzw. < 6 m/s[f] kein Regen
ST11 01.04. - 31.10. 1 h vor SU bis SA ≥ 10 °C < 6,5 m/s[g] > 5 mm/5 Min, bzw. nach 6 h à 0,5mm/h
SH12 10.07. - 30.09. 1 h vor SU bis 1 h nach SA bzw.

10.05. - 30.09. 1 h vor SU bis 1 h nach SA[g]

> 10 °C < 6 m/s < 0,5 mm/h[h]
TH13 15.03. - 31.10. 1 h vor SU bis 1 h nach SA ≥ 10 °C[i] ≤ 6 m/s[i]

 

k. A.

Abkürzungen: SU = Sonnenuntergang, SA = Sonnenaufgang, k. A. = keine Angabe.

[a] Sofern messbar und bei der Anlagensteuerung berücksichtigbar.

[b] Der längere, durchgehende Zeitraum gilt für Vorhaben in Funktionsräumen besonderer Bedeutung (Flächen mit < 250 m Abstand zu Gehölzstrukturen und Waldrändern sowie < 500 m Abstand zu Gewässern und Feuchtgebieten, alle Wald- und Forststandorte).

[c] Der Abschaltzeitraum ist in hessischen WEA-Vorranggebieten in Abhängigkeit des artspezifischen Flugverhaltens zu wählen. Es werden Arten angegeben, für die ein verkürzter Abschaltzeitraum gilt und für welche Arten keine Betriebszeitenregelungen erforderlich sind, sofern ein rotorfreier Bereich von 50 Metern oberhalb der Baumkronen eines mittelalten Waldes (80 Jahre) bzw. Gehölzen eingehalten wird.

[d] Alternativ: Auf Grundlage detaillierter Voruntersuchungen art- und vorkommen-spezifische Abschaltzeiten in möglichen Zeiträumen: 01.04 – 30.04. (Frühjahrszug/Bezug der Wochenstuben), 01.05. – 31.07. (Wochenstubenzeit), 15.07. –31.10. (Herbstzug/Bezug der Winterquartiere).

[e] Aufgrund der naturräumlichen Gegebenheiten können für die beiden Abendsegler-Arten und die Rauhautfledermaus auch Abschaltungen bei höheren Windgeschwindigkeiten erforderlich sein.

[f] < 7 m/s bei (möglichen) Vorkommen der beiden Abendseglerarten oder der Rauhautfledermaus, < 6 m/s, sofern die vorgenannten Arten nicht vorkommen können.

[g] Für die beiden Abendseglerarten und die Rauhautfledermaus sind unter Vorsorge- und Vermeidungsgesichtspunkten, insbesondere zu den Zugzeiten, Abschaltungen auch bei höheren Windgeschwindigkeiten möglich.

[h] Optional zusätzlich, sofern ein Sensor mit beantragt wird und die Messung nachweislich verlässlich möglich ist.

[i] Sofern erhöhte Aktivitäten lokaler Fledermausvorkommen aufgrund von Potenzialanalysen nicht ausgeschlossen werden können. Auf Grundlage von Voruntersuchungen ggf. auch geringere Temperaturen und höhere Windgeschwindigkeiten als Schwellenwerte.

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Literaturverzeichnis

1 LUBW – Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (Hrsg.) (2014): Hinweise zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung von Anlagen. 39 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 15.09.2023).

2 LfU Bayern – Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.) (2017): Arbeitshilfe Fledermausschutz und Windkraft -Teil 1: Fragen und Antworten. Fachfragen des bayerischen Windenergie-Erlasses. 25 S. Link zur Internetseite (letzter Zugriff: 15.09.2023).

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5 LUNG MV – Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie (2016): Artenschutzrechtliche Arbeits- und Beurteilungshilfe für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen (AAB-WEA), Teil Fledermäuse. 37 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 15.09.2023).

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7 MUNV NW – Ministerium für Umwelt Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, LANUV NW – Landesamt für Natur Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (2023, in Vorb.): Leitfaden - Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen - Modul A: Genehmigungen außerhalb planerisch gesicherter Flächen/Gebiete - Entwurfsfassung der Verbände- und Behördenbeteiligung. Düsseldorf. 89 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 15.09.2023).

8 MULEWF RP – Ministerum für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2012): Naturschutzfachlicher Rahmen zum Ausbau der Windenergienutzung in Rheinland-Pfalz Artenschutz (Vögel, Fledermäuse) und NATURA 2000-Gebiete. 145 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 15.09.2023).

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10 MUV SL – Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz Saarland (Hrsg.) (2013): Leitfaden zur Beachtung artenschutz-rechtlicher Belange beim Ausbau der Windenergienutzung im Saarland betreffend die besonders relevanten Artengruppen der Vögel und Fledermäuse. 112 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 15.09.2023).

11 MULE SN − Ministerium für Umwelt Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt (2018): Leitfaden Artenschutz an Windenergieanlagen in Sachsen-Anhalt. Magdeburg. 47 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 15.09.2023).

12 MELUND, LLUR – Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein und Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (Hrsg.) (2017): Integration artenschutzrechtlicher Vorgaben in Windkraftgenehmigungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). 29 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 15.09.2023).

13 TLUG – Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (Hrsg.) (2015): Arbeitshilfe zur Berücksichtigung des Fledermausschutzes bei der Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) in Thüringen. 121 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 15.09.2023).