Berlin, 15. Mai 2023

KNE-Lesetipp

Quantifizierung von Ackerbauflächen in Schutzgebieten

Eichler et al. (2022): Raumanalyse der ackerbaulichen Flächennutzung in Naturschutz- und FFH-Gebieten in Deutschland. Ein Beitrag zur Minderung von Biodiversitätsschäden in Schutzgebieten.

Eine neue Raumanalyse im Rahmen des Forschungsprojektes „Diversität von Insekten in Naturschutz-Arealen“ (DINA) liefert einen wichtigen Beitrag zu Diskussionen zur Minderung fortlaufender Biodiversitätsschäden in Naturschutz- und FFH-Gebieten.

Hintergrund

Naturschutzgebiete und FFH-Gebiete sollten als Refugien der Biodiversität dienen, doch diverse Studien zeigen, dass die Biomasse und die Diversität der Insekten auch innerhalb von Schutzgebieten in den letzten drei Jahrzehnten um etwa 75 Prozent gesunken sind (Seibold et al. 2019, Hallmann et al. 2017). Als Haupttreiber dieses Insektensterbens wird der Pestizideintrag aus intensiver Landwirtschaft innerhalb und in Umgebung der Schutzgebiete identifiziert, da Pestizide aus einem Umkreis von bis zu zwei Kilometern in die Schutzgebiete von Insekten eingetragen werden können (Brühl et al. 2021). 2022 wurden laut dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft erst rund 11 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche ökologisch bewirtschaftet. Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie fordert für das Jahr 2030 einen Anteil von mindestens 20 Prozent, die europäische Farm-to-Fork-Strategie sieht 25 Prozent bis 2030 vor.

Anliegen und Kerninhalte der Studie

Diese Studie ist Teil des Forschungsprojektes DINA (Diversität von Insekten in Naturschutzarealen) und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Die Raumanalyse des Leibnitz-Instituts für ökologische Raumentwicklung (IÖR) zeigt auf, in welchem Umfang Ackerflächen innerhalb von Schutzgebieten oder an deren Rand liegen. Durch eine Verschneidung von amtlichen Meldedaten zu Naturschutz- und FFH-Gebieten mit Daten des „Digitalen Landbedeckungsmodell Deutschland“, die anhand von Satellitenbildern in 27 Freiraumklassen weiter differenziert wurden, konnten diese Konfliktflächen und deren Kontaktzonen zu Schutzgebieten erstmals quantifiziert und lokalisiert werden. Die Studie soll als Basis für eine konstruktive und zielorientierte Debatte dienen, um Risikostrategien für die Ackerflächen um und in

Ermittelter Handlungsbedarf und weiterer Untersuchungsbedarf

Der Studie zufolge bestehe vor dem Hintergrund der Ergebnisse in erheblichem Umfang Handlungsbedarf, sowohl für die Schutzgebietsflächen selbst als auch für umfangreiche Pufferzonen, um ein angemessenes Risikomanagement insbesondere zum Pestizideinsatz etablieren zu können. Durch ein besseres Management der Pufferzonen und realitätsnahe Fördermodelle für die Landbewirtschaftenden der Ackerflächen innerhalb der Schutzgebiete sei die Beeinflussung der Schutzgebiete durch Nährstoff- und Schadstoffeinträge (Dünger, Insektizide, Herbizide usw.) reduzierbar. Inwieweit breitere Gehölzriegel durch ihre Pufferwirkung den Eintrag verringern könnten, bedürfe weiterer Untersuchungen.

Quelle: Eichler, L.; Meinel, Go.; Hörren, T.; Sorg, M.; Köthe, S.; Lehmann, G.; Mühlethaler, R. (2022): Raumanalyse der ackerbaulichen Flächennutzung in Naturschutz- und FFH-Gebieten in Deutschland. Ein Beitrag zur Minderung von Biodiversitätsschäden in Schutzgebieten. In: Naturschutz und Landschaftsplanung 54 (2022) 04, S. 30-36.

Literatur

Brühl, C., Bakanov, N., Köthe, S., Eichler, L., Sorg, M., Hörren, T., Mühlethaler, R., Meinel, G., Lehmann, G. (2021): Direct pesticide exposure of insects in nature conservation areas in Germany. Sci Rep 11, 24144 (2021). Link zum Dokument.

Hallmann ,C. A., Sorg M, Jongejans, E., Siepel, H., Hofland, N,. Schwan, H. et al. (2017): More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. PLoS ONE 12(10): e0185809. Link zum Dokument.

Seibold, S., Gossner, M.M., Simons, N.K. et al. (2019): Arthropod decline in grasslands and forests is associated with landscape-level drivers. Nature 574, S. 671–674. Link zum Dokument.

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Luftbild Ackerflächen
Foto: Bernd Dittrich auf Unsplash