Berlin, 20. Juni 2023

KNE-Lesetipp

Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Vogelschutz

Es bestehen sowohl Konfliktpotenziale als auch Synergieeffekte zwischen Vogelschutz und dem Ausbau der Freiflächen-Photovoltaik. BirdLife Österreich publiziert zwei Studien mit Empfehlungen zur naturnahen Gestaltung von Solarparks.

Hintergrund

Auch in Österreich soll der Ausbau der erneuerbaren Energien massiv beschleunigt werden. Derzeit wird demgemäß ein erheblicher Zubau an PV-Freiflächenanlagen (PV-FFA) geplant, welcher Eingriffe in Natur und Landschaft mit sich bringt. Welche Auswirkungen die Errichtung von PV-FFA in der freien Landschaft auf Brut- und Zugvögel haben wird, ist nicht eindeutig belegt. Vielfach werden – insbesondere bei vormaliger intensiver landwirtschaftlicher Nutzung – die Naturverträglichkeit von PV-FFA und die ökologische Aufwertung von Anlagenflächen angenommen, da sich unter den Modulen extensives Grünland entwickeln würde.

BirdLife Österreich veröffentlichte im April 2023 zwei Studien zu diesem Thema, die bisherige Forschungsergebnisse zusammentragen und daraus Empfehlungen für die Praxis ableiten. Die Studien geben Hinweise zu den bisher nachgewiesenen Auswirkungen auf die für Österreich relevanten und als sensibel gegenüber PV-FFA eingestuften Vogelarten. Sie zeigen Kriterien für eine naturverträgliche Standortwahl und eine biodiversitätsfreundliche Ausgestaltung und Pflege der PV-FFA.

 Kernaussagen der Studien

Die Studie „Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Vogelschutz in Österreich – Konflikt oder Synergie?“ (Strohmeier & Kuhn 2023) stellt in Teil A eine Befragung der relevanten Stakeholder zu den Rahmenbedingungen und ihren Erwartungshaltungen vor. Es zeigte sich, dass die meisten Befragten ernsthaft an einer konstruktiven Bewältigung der anstehenden Herausforderungen interessiert seien. Darüber hinaus bestünden bereits ein solides Fachwissen und ein hohes persönliches Engagement. Diese Voraussetzungen könnten aus Sicht der Autorinnen und Autoren gesellschaftspolitisch besser genutzt werden, um einen naturverträglichen Ausbau der Photovoltaik zu erreichen. Teil B der Veröffentlichung enthält eine umfassende Literaturstudie zu den potenziellen Auswirkungen von PV-FFA auf prioritäre Arten der Avifauna. Dabei wurden avifaunistische Berichte und Gutachten von Planungsbüros aus dem deutschsprachigen Raum herangezogen sowie Untersuchungen, die einen Vergleich zwischen den Vogelbeständen vor und nach dem Bau einer Anlage zulassen.

Die Autorinnen und Autoren leiten aus dieser Literaturanalyse die Forderung ab, Tabu- und Horstschutzzonen für besonders zu berücksichtigende Vogelarten einzuführen, in denen keine PV-FFA errichtet werden dürften. Für sechs weniger sensible Arten sollten sogenannte „Vorbehaltszonen“ abgegrenzt werden, in denen PV-FFA unter bestimmten Voraussetzungen und nach naturschutzfachlicher Prüfung zulässig seien. Mit konkreten Abständen und Pufferzonen sollen störungsfreie Bruten erreicht und der Bruterfolg der Arten erhöht werden. Auf diese Weise entsteht, ähnlich dem Vorgehen beim Windenergie-Ausbau in Deutschland, ein abstandsbasiertes Schutzkonzept für einen naturverträglichen Ausbau der PV-FFA. .

Aufbauend auf dieser Studie wurde als zweites Dokument der Handlungsleitfaden „Kriterien für eine naturverträgliche Standortsteuerung für Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Kriterien für die Errichtung und den Betrieb einer naturverträglichen Photovoltaik-Freiflächenanlage“ (BirdLife Österreich 2023) entwickelt. Mit Blick auf einen verbesserten Vogelschutz werden konkrete Maßnahmen für biodiversitätsfreundliche Solarparks vorgeschlagen und ihre Auswirkungen auf die ausgewählten Vogelarten dargestellt. Die naturverträgliche Standortwahl sollte demnach mit besonderer Rücksicht auf die Habitate von Offenland- und Feuchtgebietsarten erfolgen, die tendenziell besonders sensibel auf die Habitatveränderungen durch die Solarmodule reagieren.

Die aktuell ausgewertete Literatur deutet darauf hin, dass die Flächen von PV-FFA zwar als Nahrungshabitat dienen, jedoch in ihrer bisherigen Ausgestaltung kaum als Brutgebiet genutzt werden. Naturnahe Flächenausstattung und -struktur, das Mahdregime oder die Beweidung können die Eignung der PV-FFA als Lebensraum wesentlich verbessern.

Quellen der Studien 

  • Strohmaier, B., Kuhn, C. (2023): Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Vogelschutz in Österreich – Konflikt oder Synergie? - April 2023 Version 2.0. BirdLife Österreich, Wien. 66 S. (frei verfügbar)
    Link zum Dokument 
  • BirdLife Österreich - Gesellschaft für Vogelkunde (2023): Kriterien für eine naturverträgliche Standortsteuerung für Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Kriterien für die Errichtung und den Betrieb einer naturverträglichen Photovoltaik-Freiflächenanlage. 40 S. (frei verfügbar)
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Solarmudul mit Vogel in Landschaft
Erik Karits via pexels