Berlin, 24. Februar 2021

Mit Kindern philosophieren

Barbara Brüning  und Daniel Nachtsheim: Klima. Krise. Kinder.

Eine Buchempfehlung

Die Frage, ob man Kindern und Jugendlichen brisante Themen wie Klimawandel und Klimakrise zumuten kann, haben diese – seit August 2018 zunehmend machtvoller – selbst beantwortet. Mit Fridays for Future (FFF) ist eine weithin bekannte und von Kindern und Jugendlichen getragene Massenbewegung entstanden, an deren Rückkehr in den Fokus medialer Beachtung nach der Corona-Pandemie kein Zweifel bestehen kann.

Angeregt durch eine Einladung an Professorin Barbara Brüning zu einem Vortrag auf dem KNE-Sommerabend 2018 entstand die Idee, in Buchform erstens zum Verständnis von Theorie und Praxis dieser Jugendbewegung beizutragen, zweitens aber auch Hinweise zu erarbeiten zur Didaktik einer philosophischen Reflexion der Klimakrise – alle angeschlossenen Kategorien mitbewegend – im schulischen Unterricht. Die erste Auflage ist erschienen, Autoren sind Barbara Brüning (BB) und Daniel Nachtsheim (DN).

Das Buch gliedert sich in drei Abschnitte. Im ersten Teil (DN) kommen Kinder und Jugendliche der FFF-Bewegung im O-Ton zu Wort – und das in der ganzen Spannbreite dort vorkommender Meinungen, die von Ungestüm und Kampfgeist zeugen, von Nachdenklichkeit und Zweifeln, auch von Distanz. Jenseits der gemeinsamen Überzeugung, dass endlich etwas getan werden muss, herrscht mehr Meinungsvielfalt als medial vermittelt wird. Simon (15) bringt es auf den Punkt: „allgemein unterstützte Forderungen existieren kaum“.

Der zweite Teil (BB) befasst sich mit dem Großthema „Nachhaltig leben“, dass viele „Fridays“ besonders bewegt, denn sie adressieren den Klimaschutz nicht nur an die Politik, sondern auch an die Lebensweisen – die eigene, die der Eltern und Lehrer und Lehrerinnen und die der politisch Verantwortlichen. Es werden persönliche Konsequenzen eingefordert: Leben mit Maß, gesunde Ernährung, Tiere schützen. Nach dieser Grundlegung werden historische Positionen der Naturethik verhandelt. Befragt werden etwa Protagoras, Hildegard von Bingen, Karl Marx bis hin zum Gegenwarts-Philosophen Emanuele Coccia. Die anschließende ethische Einordnung (Klimaethik) orientiert sich an der Verantwortungs-Ethik von Hans Jonas: „Überlegt euch bei allem, was ihr tut, ob die Erde morgen auch noch für künftige Generationen bewohnbar sein wird.“

Im dritten Teil (BB/DN) werden Didaktik-Bausteine für das Unterrichtsthema „Ökologische Ethik“ für die Sekundarstufe (11-16-Jährige) vorgestellt sowie für „Das Prinzip Verantwortung“ für die Oberstufe (ab 16 Jahre): Wie steige ich kreativ ein ins Thema? Welche speziellen Methoden setze ich ein (z. B. Gruppenarbeit, Pro-und-Contra-Diskussion)? Was stelle ich inhaltlich in den Mittelpunkt (Verhältnis Mensch-Natur, Defizite traditioneller Ethiken)?

Dem allen vorangestellt betonen Dr. Torsten Raynal-Ehrke und Michael Krieger in ihrem Grußwort, dass die naturverträgliche Energiewende für einen wirksamen Klimaschutz dringend vorangetrieben werden muss, und ermutigen generationsübergreifend zu Engagement und Handeln.

Das Buch sei allen empfohlen, die sich für O-Ton-Informationen zu Fridays-for-Future interessieren, eine philosophische Einordnung der Klimakrise zu schätzen wissen – und (als Pflichtlektüre) natürlich allen, die den Versuch wagen wollen, im Diskurs über den Klimaschutz auch gegenüber Kindern und Jugendlichen zu bestehen.

Quelle: Brüning, Barbara und Daniel Nachtsheim: Klima. Krise. Kinder. Philosophieren über Nachhaltigkeit und Fridays for Future. 132 S., Beltz Juventa (2021).

https://www.beltz.de/fachmedien/paedagogik/produkte/produkt_produktdetails/45419-klima_krise_kinder.html
Demonstration der Fridays for future-Bewegung.