Berlin, 21. Oktober 2021

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 09/21

Aktuelles aus Forschung, Bund und Ländern

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

Im Forschungsprojekt »Agri-PV Obstbau« haben das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und BayWa r.e. und gemeinsam mit weiteren Forschungspartnern auf dem Bio-Obsthof Nachtwey in Gelsdorf in Rheinland-Pfalz eine Agri-Photovoltaik-Forschungsanlage für Äpfel und Spalierobst errichtet (Pressemitteilung). Sie ist die erste Agri-PV-Anlage für CO2-neutralen Obstanbau im Test. Die Gesamtversuchsfläche des Forschungsprojekts umfasst etwa 9.100 Quadratmeter, die Anlage mit einer Leistung von 258 Kilowattpeak wurde auf rund einem Drittel der Fläche des Areals installiert. In einer Gesamtlaufzeit von fünf Jahren sollen an acht Apfelsorten zahlreiche Forschungsfragen untersucht werden. Durch das Projekt in Gelsdorf sollen auch ökonomische Vorteile für Landwirte aufgezeigt werden. Diese schließen mitunter dauerhaft geringere und besser kalkulierbare Energiekosten, weniger Investitionskosten in Kulturenschutz sowie weniger Betriebsmittel- und Müllentsorgungskosten mit ein. Übergeordnetes Ziel des durch das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität des Landes Rheinland-Pfalz und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Vorhabens ist es, die Klimaresilienz im Obstbau zu steigern und eine sichere und nachhaltige Apfelproduktion mit zusätzlicher Solarstromerzeugung zu gewährleisten.

Bund

Die Deutsche Energie-Agentur (dena) hat den Abschlussbericht der dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität veröffentlicht. Der Bericht identifiziert entscheidende Handlungsfelder und praxisorientierte Lösungsansätze, um bis 2045 in Deutschland Klimaneutralität zu erreichen. Zehn wissenschaftliche Institute haben dazu ihre Expertise und mehr als 70 Unternehmen ihre Branchenerfahrungen und Markteinschätzungen eingebracht, ebenso ein 45-köpfiger Beirat mit hochrangigen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Die Energieversorgung ist aktuell der größte CO2-Emittent. Reduktionen müssen hier am stärksten und am schnellsten erfolgen, so die Studie. Zentral sei dabei, dass sich die erneuerbaren Stromkapazitäten bereits bis 2030 mehr als verdoppeln müssen. Die installierte Leistung von Solarenergie zum Beispiel steigt von 45 Gigawatt (GW) auf 131 GW, Windenergie an Land von 52 GW auf 92 GW. Wasserstoff und Powerfuels werden bis 2030 nur eine geringe Rolle spielen.

Baden-Württemberg

Baden-Württemberg will den Weg zur Klimaneutralität deutlich be-schleunigen. Aus diesem Grund soll das Klimaschutzgesetz des Landes an neue Vorgaben angepasst werden. Um das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2040 zu erreichen, sieht der Gesetzentwurf eine Reihe an Maßnahmen vor: So soll unter anderem die bereits eingeführte Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen (PV) auf Dächern neben den Nichtwohngebäuden nunmehr auch auf Neubeuten von Wohngebäuden erstreckt werden. Zudem solle die PV-Pflicht in einem weiteren Schritt auch bei grundlegenden Dachsanierungen von Gebäuden greifen und die PV-Pflicht auf Parkplätzen soll bereits bei 35 Parkplätzen greifen. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat daher kürzlich in einer öffentlichen Anhörung Experten und Expertinnen zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Klimaschutzgesetzes angehört (Pressemitteilung). Laut dem Vorsitzenden des Gremiums, hätten die Verbände mehr Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren, die Schaffung eines Transportsystems für Wasserstoff und die Auflösung von Konflikten von Windenergieprojekten mit dem Artenschutz angemahnt. Weitere Kritik habe es öfters an der Ausgestaltung des Zwei-Prozent-Flächenziels gegeben.

Schleswig-Holstein

Die Landesregierung Schleswig-Holstein legt die Landesstrategie zur Sicherung der biologischen Vielfalt (Drucksache 19/227) vor. Die Strategie „Kurs Natur 2030“ zielt deshalb darauf ab, die Biodiversität durch einen ganzheitlichen Ansatz zu erhalten, indem Flächenbedarfe erfüllt und deren ökologische Qualitäten gesichert werden, die Fragmentierung der Lebensräume minimiert wird, Aufwertungs- und Renaturierungsmaßnahmen eingeleitet werden und der Umkehrprozess mithilfe eines Artenschutzprogramms flankiert wird. Für den Erhalt der Biodiversität spielt zudem der Klimaschutz eine wichtige Rolle. Der Ausstieg aus den fossilen Energien und der Ausbau der erneuerbaren Energien ist dabei von essenzieller Bedeutung. Neben der bis dato dominierenden Windenergie gewinnt die Solarenergie in Schleswig-Holstein an Bedeutung. Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) sollen möglichst auf vorbelasteten Flächen, wie auf bereits versiegelten Flächen oder entlang von Autobahnen und überregionalen Schienenwegen, errichtet werden, um die Inanspruchnahme von bislang unbelasteten Landschaftsteilen zu vermeiden. Auf Standorten mit bestehender Vorbelastung, zum Beispiel auf Flächen mit hohem Versiegelungsgrad oder einer hohen Nutzungsintensität, könnten PV-FFA mittels naturnaher Ausgestaltung einen Beitrag für die Entwicklung der Artenvielfalt leisten und die Eingriffsintensität der Anlagen mindern.