Berlin, 25. August 2023

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 08/23

Aktuelles aus den Ländern und der Forschung

Bundesamt für Naturschutz

Für eine zielgenaue Umsetzung des Nationalen Artenhilfsprogramms ermittelt ein neues Projekt die Konflikt- und Potenzialräume kollisionsgefährdeter Großvogelarten. Ziel ist es, diese Arten schützen zu können und ihre Bestandsentwicklung zu fördern und dadurch zu einem naturverträglichen Ausbau der Windenergie beizutragen. Zuwendungsempfänger ist der Dachverband Deutscher Avifaunisten e. V. (DDA). Betreut und gefördert wird das Projekt vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln aus dem Nationalen Artenhilfsprogramm. Im Zuge des Projekts sollen im Rahmen einer umfangreichen Lebensraummodellierung bundesweite Datensätze ausgewertet und Konflikt- und Potenzialräume für betroffene Großvogelarten ermittelt werden. Das Vorhaben fokussiert auf die 15 im Bundesnaturschutzgesetz als kollisionsgefährdet kategorisierten Brutvogelarten, darunter zum Beispiel Seeadler, Rotmilan, Wiesenweihe und Wanderfalke. Während der 14-monatigen Projektlaufzeit sollen anhand bundesweiter Vorkommensdaten die Verbreitungsmuster dieser Arten beschrieben und besonders schutzwürdige Gebiete, die wesentliche Zentren der Populationen darstellen, bestimmt werden. Die im Vorhaben erarbeiteten Ergebnisse und Datengrundlagen werden in einer Fachpublikation veröffentlicht und online zur Nutzung für die Planung von Artenschutzmaßnahmen und Windenergieanlagen bereitgestellt (PM BfN 08/2023).

Niedersachsen

Eine Antwort des Energie- und Umweltministeriums Niedersachsen auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten André Hüttemeyer (CDU) auf Landtags-Drucksache 19/2013 beschäftigt sich mit der Umsetzung und den Auswirkungen des BNatSchG in Niedersachsen. Mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des BNatSchG vom 20. Juli 2022 habe der Bundesgesetzgeber insbesondere Anforderungen des besonderen Artenschutzrechts in Bezug auf den Betrieb und das Repowering von WEA an Land konkretisiert. Im Zuge mehrerer Dienstbesprechungen des Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz Niedersachsen mit den unteren Naturschutz- und Immissionsbehörden seien die Änderungen des BNatSchG vorgestellt und behandelt worden. Außerdem beantworte das Ministerium mit seiner für die Beratung der Genehmigungsbehörden eingerichteten Servicestelle Erneuerbare Energien fortlaufend Fragen der für die Erteilung von WEA zuständigen Behörden zur Auslegung des geänderten Rechts. Der bestehende Niedersächsische Artenschutzleitfaden habe noch in den Teilen Relevanz für die Vollzugspraxis, die der Bundesgesetzgeber bisher nicht neu geregelt habe. Zudem räume § 74 Abs. 5 BNatSchG dem Vorhabenträger in einer Übergangszeit bis zum 1. September 2024 in Bezug auf bestimmte Regelungen (§ 45 b Abs. 1 bis 6 BNatSchG) ein Wahlrecht ein, ob die neuen oder die bisherigen Regelungen im Genehmigungsverfahren Anwendung finden sollen.

Bundesregierung

Die Bundesregierung hat am 16.08.2023 im Kabinett das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vorgelegte Solarpaket I beschlossen. Die Maßnahmen sollen den Ausbau der Photovoltaik vor dem Hintergrund der ambitionierten PV-Ausbauziele bis 2030 beschleunigen. Das Gesetzespaket basiere auf einem umfangreichen Konsultationsprozess mit der Branche, aber auch mittels Bürgerbeteiligung und setze zentrale Elemente der Photovoltaikstrategie um, die das BMWK im Mai 2023 vorgestellt hatte. Der Ausbau der Photovoltaik auf der Freifläche solle im Einklang mit Naturschutz und Landwirtschaft erfolgen. Die Förderung von Solaranlagen solle grundsätzlich auch in benachteiligten Gebieten möglich sein, die bislang für landwirtschaftliche Zwecke genutzt wurden. Für die besonderen PV-Anlagen, welche eine Doppelnutzung von Flächen ermöglichen – Agri-PV, Parkplatz-PV, Floating-PV und Moor-PV, werde ein eigenes Ausschreibungssegment eingeführt, das durch eine schrittweise Erhöhung einen immer größeren Beitrag zum Solarausbau in der Fläche leisten solle. Um den Naturschutz zu stärken, werde die neue Kategorie „Biodiversitäts-PV“ eingeführt und bei Agri-PV-Anlagen sollen Maßnahmen zum Naturschutz besonders gefördert werden (PM BMWK 08/2023).

Rheinland-Pfalz

Der rheinland-pfälzische Staatssekretär im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität, Dr. Erwin Manz, beantwortete eine Kleine Anfrage (Landtags-Drucksache 18/7033) eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Andreas Hartenfels (fraktionslos) zum „Stand der Agri-PV in Rheinland-Pfalz“. Der Bundesgesetzgeber habe mit dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG 2023) die Anwendung von Agri-PV vorangebracht, die laut Ministerium als flächenschonend einzustufen sei und dadurch geringe Eingriffe in die Natur bedeute. Ein Forschungsprojekt im rheinland-pfälzischen Gelsdorf befasse sich vorrangig mit der Frage, welche Auswirkungen die Agri-PV-Anlage auf den Bio-Obstbau entfalte und welche Schutzfunktion die PV-Anlagenkonstruktion in Bezug auf wetterbedingte Schäden der Kulturfläche ausübe. Ein wesentlicher Forschungsaspekt der Untersuchung behandle die Auswahl der angepflanzten acht verschiedenen Apfelsorten und deren Eignung für den Anbau unter einer Agri-Photovoltaikanlage. Erste belastbare Aussagen über die Eignung einzelner Apfelsorten und deren Quantität und Qualität können frühestens zwei Jahren nach Pflanzung getroffen werden. Des Weiteren wird über den Planungsstand dreier weiterer Agri-PV-Projekte in Rheinland-Pfalz informiert.

Fachkontakt
Thomas Schoder
Mitarbeiter Politikmonitoring
thomas.schoder@naturschutz-energiewende.de

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