Berlin, 29. Juni 2021

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 06/21

Aktuelles aus Bund und Ländern, Forschung und internationalen Netzwerken

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Brandenburg

Der Brandenburger Landtag hat mit den Stimmen von SPD, CDU, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN und der Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen/FREIE WÄHLER einem von den Freien Wählern vorgelegten Gesetzentwurf zugestimmt, der die Verlängerung des Wind-Moratoriums von zwei auf maximal vier Jahre möglich macht. Der Brandenburger Landesverband des BWE forderte bei dieser Gelegenheit (PM 16.06.2021), dass in der Regionalplanung anstelle von Eignungsgebieten Vorranggebiete ausgewiesen werden sollten. Hilfreich wären auch landeseinheitliche Kriterien als Leitplanken für die Regionalplanung. Derzeit sei es möglich, dass es in den fünf regionalen Planungsgemeinschaften Brandenburgs fünf unterschiedliche Kriterienkataloge gebe, was enorme rechtliche Risiken berge. Die Landesregierung müsse die Regionalplaner aktiv bei der Erstellung von rechtssicheren Plänen unterstützen. Um einen weiteren Einbruch der Windenergie zu vermeiden, müssten Windenergieanlagen trotz eines Moratoriums genehmigt werden.

Energy Watch Group

Nach einer neuen Studie des Berliner Thinktanks Energy Watch Group (EWG) könnte die Energieversorgung in Deutschland bereits 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen. Demnach sei es möglich, nicht nur den Strombedarf allein mit Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Geothermie zu decken, sondern auch die Wärmeversorgung aus rein grünen Quellen zu speisen. Der entscheidende Faktor in Deutschland sei der Ausbau der Windenergie. Mit guten Konzepten ließen sich Windenergieanlagen auch in Naturgebieten auf den Bergen installieren. Die Autoren haben drei Szenarien entwickelt in Abhängigkeit von drei Grundannahmen zur Windenergienutzung im Süden Deutschlands: I. kompletter Verzicht auf den dortigen Windausbau, II. Nutzung von 50 Prozent des dortigen Potenzials, III. Ausschöpfung des gesamten dortigen Potenzials von 37 Gigawatt. Entsprechend werden Folgerungen für den PV-Ausbau, den Ausbau der Netze und die Speichertechnologien gezogen.

Fraunhofer-Institute

Drei Fraunhofer-Institute haben in einer gemeinsamen Analyse herausgearbeitet, dass gerade die ostdeutschen Bundesländer beste Voraussetzungen für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft haben. Beim Markthochlauf der Wasserstoffgewinnung und seiner Anwendungsfelder könne Ostdeutschland ganz vorn mitmischen. In einem Masterplan skizzieren sie detailliert die Herausforderungen und Chancen. Mecklenburg-Vorpommern etwa erzeuge 12-mal mehr Strom aus erneuerbaren Energien als zur Deckung der eigenen Stromnachfrage gebraucht werde. Das eröffne Chancen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff und Syntheseprodukten. Brandenburg habe mit knapp dem vierfachen Erneuerbare-Energien-Potenzial im Verhältnis zur heutigen Stromnachfrage ebenfalls bedeutsame Möglichkeiten. In den drei anderen neuen Ländern liege das Verhältnis zwischen 1,4 und 2,3. Von den Autoren werden 50 konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, die das Ausschöpfen des Potenzials ermöglichen sollen.

Bund

In Beantwortung einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion teilte die Bundesregierung auf Bundestags-Drucksache 19/30212 mit, dass der Bund bisher fünf Projekte zur Agri-Photovoltaik fördere. Sie plane zudem, die Auswirkungen der Agri-PV auf Natur und Landschaft untersuchen zu lassen. Eine über die für 2022 vorgesehene Ausschreibung hinausgehende spezielle Förderung von Agri-PV-Projekten nach dem EEG sei derzeit nicht geplant. Nach der nationalen Direktzahlungen-Durchführungsverordnung kommen Flächen, auf denen sich Photovoltaikanlagen befinden derzeit nicht für die Gewährung von EU-Direktzahlungen in Betracht. Für die nationale Nachfolgeregelung in der kommenden Förderperiode ab dem Jahre 2023 prüfe man, ob eine Gewährung der EU-Direktzahlungen in Betracht kommen könnte.  Die Anforderungen an Solaranlagen auf Ackerflächen werde die Bundesnetzagentur in der Innovationsausschreibungsverordnung definieren. Das Verfahren hierzu werde kurzfristig eingeleitet werden.

Nordrhein-Westfalen

Mit den Auswirkungen geltender Außenbereichssatzungen auf die Flächenverfügbarkeit für die Windenergie befasste sich eine Kleine Anfrage von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN. Konkret geht es um den Gebrauch der Möglichkeit mittels einer Außenbereichssatzung, Splittersiedlungen im Außenbereich in den Geltungsbereich des 1.000-Meter-Mindestabstandes aufzunehmen und damit die Nutzung der Windenergie weiter zu erschweren. Die Landesregierung teilte auf Drucksache 17/14123 mit, dass das Instrument sehr gezielt und nicht flächendeckend eingesetzt werde. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz plane eine Erhebung, um die Auswirkungen auf das Flächenpotenzial abschätzen zu können. Ansonsten liege das Aufstellen solcher städtebaulicher Satzungen im eigenverantwortlichen Ermessen der Kommunen und sei Ausdruck der ihnen zustehenden kommunalen Planungshoheit.