Berlin, 16. Dezember 2021

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 11/21

Aktuelles aus Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Thüringen und dem BfN

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Brandenburg

Die brandenburgische Landesregierung (SPD, CDU, GRÜNE) hat auf Drucksache 7/4559 einen Gesetzentwurf zum „Gesetz zur Regelung von Mindestabständen von Windenergieanlagen zu Wohngebäuden im Land Brandenburg – Brandenburgisches Windenergieanlagenabstandsgesetz – BbgWEAAbG)“ in den Landtag eingebracht. Rechtsgrundlage ist der § 249 Absatz 3 des Baugesetzbuches: Die Länder können durch Landesgesetze bestimmen, dass § 35 Absatz 1 Nummer 5 BauGB auf Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nur Anwendung findet, wenn sie bestimmte Mindestabstände zu den im Landesgesetz bezeichneten zulässigen baulichen Nutzungen zu Wohnzwecken einhalten. Hiervon macht die Landesregierung Gebrauch. Es soll ein Mindestabstand von 1.000 Metern eingehalten werden, wobei sich der Abstand bemisst von der Mitte des Mastfußes bis zur nächstgelegenen Gebäudekante der Hauptanlage eines zulässigerweise errichteten Wohngebäudes in Gebieten mit Bebauungsplänen oder innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile. Die Regelung gilt nicht, wenn am selben Standort eine andere Anlage mit gleicher oder geringfügig höherer oder niedrigerer Höhe errichtet werden soll.

Rheinland-Pfalz

Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität Rheinland-Pfalz hat mit den Energie- und Naturschutzverbänden des Landes eine gemeinsame Absichtserklärung vorgelegt. Die Unterzeichnenden stellen ihr gemeinsames Interesse an einem schnellen Ausbau der Windenergienutzung in Rheinland-Pfalz zur Erreichung der Klimaschutzziele unter gleichzeitiger Wahrung des Artenschutzes heraus. Darüber hinaus soll der Artenschutz gestärkt werden. In einem moderierten Dialogprozess auf Augenhöhe sollen – innerhalb eines Jahres – Vorschläge für eine Konsolidierung und Aktualisierung der rheinland-pfälzischen Regelungen zum Artenschutz beim Ausbau der Windenergie an Land abgestimmt werden. Neben konkreten Vorschlägen zur besseren Berücksichtigung des Artenschutzes in Genehmigungsverfahren geht es auch um eine verbesserte räumliche Gliederung zwischen Windenergie und gezieltem Artenschutz. Ziel ist eine optimierte Planungsgrundlage zu schaffen bei einer weiterhin hohen Akzeptanz für den Windenergieausbau. Der naturverträgliche Ausbau der Windenergienutzung soll konfliktfreier gestaltet und beschleunigt werden.

Thüringen

Das Verwaltungsgericht (VG) Gera hat in einem rund 80 Seiten langen Urteil (5 K 978/20 Ge) den Regionalplan Ostthüringen geprüft und festgestellt, dass dieser fehlerhaft sei und keine Anwendung finden könne: Der Regionalplan hätte mehr Raum für Windenergieanlagen lassen müssen. Zum Teil seien schon die Tabuzonen falsch festgelegt worden, weil sie Gebiete für die Windenergie ausschließen, für die das keineswegs gesetzlich geboten, naturwissenschaftlich zwingend oder zumindest hinreichend naheliegend ist. Zudem habe das Land generell die Interessen an einer substanziellen Windenergienutzung nicht ausreichend gewürdigt. Bemerkenswerterweise nahm das VG im Abwägungsvorgang direkt auf das Klimaschutzgesetz und den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 24. März 2021 Bezug: „Das relative Gewicht des Klimaschutzgebots nimmt in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel ... weiter zu“. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte es zuletzt (Beschluss vom 12. Mai 2021 – 12 MS 47/12, dort im Kontext einer nachträglichen Abschaltanordnung) noch abgelehnt, dass behördliche und gerichtliche Entscheidungen sich an den vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Schutzpflichten im Hinblick auf den Klimawandel ausrichten müssten.

Bundesamt für Naturschutz

Das BfN hat in seiner Skriptenreihe (BfN-Skripten Nr. 614) eine „Konkretisierung von Ansatzpunkten einer naturverträglichen Ausgestaltung der Energiewende, mit Blick auf strategische Stellschrauben“ veröffentlicht. Die seit Langem erwartete Ausarbeitung konkretisiert das Szenarien-Set, das 2018 in BfN-Skript 501 „Naturverträgliche Energieversorgung aus 100 % erneuerbaren Energien 2050“ vorgelegt wurde. Auf rund 200 Seiten werden räumliche Leitplanken zur Bereitstellung erneuerbarer Energien, Abgleiche der Stromerzeugungspotenziale mit projizierten Energiebedarfen und Konsequenzen für Netze, Speicher, Kosten und Transformationspfade sowie die Spielräume für die Technologieentwicklung und für Energieeinsparungen aufgezeigt. Schließlich werden auch Handlungsempfehlungen abgeleitet. Die Ergebnisse zeigen, dass mit den getroffenen Annahmen für Potenzialflächen und Technologien der gesamte Strombedarf im Jahr 2050 naturverträglich gedeckt werden könnte, obwohl Flächen nur begrenzt zur Verfügung stehen. Dafür müssten allerdings sehr leistungsstarke Windenergieanlagen auf den besten Standorten und Photovoltaikmodule auf allen nutzbaren Dachflächen installiert werden.