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Veröffentlicht
10.11.2022
Schlagworte
  • Wald
  • Windenergie

Frage

Im Zusammenhang mit der Windenergienutzung auf Waldflächen werden zunehmend sogenannte Kalamitätsflächen als potenzielle Standorte in den Blick genommen. Aber was sind Kalamitätsschäden bzw. -flächen, welche gehören nicht dazu, und welche Kalamitätsflächen sollten aus Naturschutzsicht vorrangig genutzt werden?

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Das Wald und Forstlexikon von Stinglwagner et al. (2016) definiert den Begriff „Kalamität“ folgendermaßen: „Massenvermehrung von tierischen und pflanzlichen Schädlingen in Pflanzenkulturen, wobei die wirtschaftliche Schadensschwelle überschritten wird. In der Forstwirtschaft sinngemäß auch eine großflächige Waldvernichtung durch abiotische (z. B. Hagel, Sturm, Nassschnee, Waldbrand) oder biotische (z. B. Insekten, Mäuse, Pilze) Schadfaktoren.“

Maßgeblich aus unserer Sicht ist, dass Kalamitäten bzw. Kalamitätsschäden durch die Einwirkung höherer Gewalt entstehen. Auch mehrjährige Dürren als Folge des Klimawandels und dadurch entstehende sogenannte „Dürrekalamitäten“, wie sie in den letzten Jahren zunehmend auftreten (vgl. Waldbericht der Bundesregierung, BMEL 2021), würden demnach darunterfallen.

Nicht darunterfallen hingegen regelmäßig, also gewöhnlich anfallende Schäden in der Forstwirtschaft, wie zum Beispiel übermäßiger Wildverbiss oder vergleichsweise kleinflächig anthropogen verursachte Schäden, wie Trockenheitsschäden in Folge von Grundwasserabsenkungen.

Grundsätzlich sind aus naturschutzfachlicher Sicht für eine Windenergienutzung insbesondere bereits großflächig baumfreie Kalamitätsflächen zu bevorzugen, zum Beispiel solche, die zur Vorbeugung einer weiteren Ausbreitung von Schädlingsbefall gerodet und abgeräumt sind bzw. werden müssen. Dies sind in mehreren Ländern in erster Linie großflächige monokulturell genutzte Nadelholz-Kalamitätsflächen. Einer Wiederbewaldung dieser Flächen durch Naturverjüngung oder auch Pflanzung klimaresilienterer Baumartenzusammensetzungen steht eine Nutzung durch die Windenergie nicht im Wege. Durch die technisch bedingten Abstandserfordernisse der Windenergieanlagen zueinander bleibt die sonstige Flächennutzung zwischen den Anlagen – selbst unter optimalen Planungs- und Realisierungsbedingungen 97 Prozent der Gesamtfläche – uneingeschränkt weiter nutzbar (vgl. hierzu KNE 2022).

Erst in zweiter Linie sollten kalamitätsgeschädigte Waldflächen mit lückigen Beständen und mit stehendem oder liegendem Totholz oder Laubwaldbestände, die aufgrund von Trockenstress früher als ursprünglich forstwirtschaftlich geplant hiebreif werden, als Standorte für Windenergieanlagen in den Blick genommen werden.

Bei Waldflächen, die innerhalb von Schutzgebieten liegen, in denen ohnehin keine Windenergienutzung in Frage kommt (z. B. in Naturschutzgebieten, Nationalparken, Teilen von Biosphärenreservaten und weiteren) ändert auch die Einstufung als Kalamitätsfläche nichts am Ausschluss dieser Flächen.

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Literaturverzeichnis

BMEL − Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2021): Waldbericht der Bundesregierung 2021. Bonn. 83 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 09.11.2022).

KNE − Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (2022): KNE-Wortmeldung Zum Flächenbedarf der Windenergie. Berlin. 3 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 09.11.2022).

Stinglwagner, G., Haseder, I., Erlbeck, R. (2016): Das Kosmos Wald und Forstlexikon. 5. Auflage. Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart. 1054 S.