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Veröffentlicht
24.01.2024
Schlagworte
  • Artenschutz
  • Fledermäuse
  • Photovoltaik
  • PV-Freiflächenanlagen

Frage

Wie ist der Wissensstand zu möglichen Auswirkungen von Solarparks auf die Fledermausaktivität und welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus ziehen?

!Antwort

Der Verlust von Lebensräumen und Landnutzungsänderungen gehören zu den wichtigsten Ursachen für den weltweiten Rückgang der Fledermauspopulationen (Frick et al. 2020). Die Auswirkungen von Solarparks auf Fledermäuse wurden in diesem Zusammenhang bisher kaum systematisch untersucht (Hoiß 2023; Szabadi et al. 2023; Smallwood 2022). Im Jahr 2023 erschienen drei wissenschaftliche Studien: Sie beschäftigen sich mit den potenziellen Auswirkungen von Solarparks auf die Aktivität von Fledermäusen (Szabadi et al. 2023; Tinsley et al. 2023) und dem Flug- und Jagdverhalten (Barré et al. 2023).

Im Folgenden wird zunächst dargestellt, mit welchen Methoden die Forschenden die Studien durchgeführt haben, welche Fledermausarten und Artengruppen berücksichtigt und welche Erkenntnisse gewonnen wurden. Der Beitrag schließt mit einer Einordnung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen für den weiteren Forschungsbedarf.

Mit welchen Methoden wurden die Daten erhoben und wie wurden sie ausgewertet?

Untersuchungsraum und -zeit

Tinsley et al. (2023) führten ihre Studie im Südwesten Englands durch, der Region mit der höchsten Konzentration an Solarparks und der höchsten Artenvielfalt an Fledermäusen. In 19 Anlagen wurden akustische Aufzeichnungen mit statischen Fledermausdetektoren sowohl im Zentrum als auch in den Randbereichen durchgeführt. Die zwei bis zwölf Hektar umfassenden Solarparks waren auf Ackerland oder auf Grünland installiert. Für jede Photovoltaik-Freiflächenanlage (PV-FFA) wurde im Abstand von mindestens 500 Metern eine Referenzuntersuchung im offenen und im strukturreichen Gelände (z. B. Hecken, Baumreihen) durchgeführt. Die Kontrollflächen waren durch eine möglichst vergleichbare Größe, Landbedeckung und Landnutzung charakterisiert (vgl. Tinsley et al. 2023, Tabelle SI3 im Online-Zusatzmaterial). In den Jahren 2019 und 2020 zeichneten Tinsley et al. zwischen Juli und Oktober an jedem Standort in sieben aufeinander folgenden Nächten die Fledermausrufe auf, jeweils 30 Minuten vor Sonnenuntergang bis 30 Minuten nach Sonnenaufgang (insgesamt 532 Einzelnächte). Witterungsbedingte Aktivitätseinschränkungen schlossen Tinsley et al. (2023) aus, indem sie die Aufnahmen unter optimalen Bedingungen durchführten, d. h. ohne Niederschlag, bei geringen Windgeschwindigkeiten und Temperaturen über zehn Grad.

Szabadi et al. (2023) bewerteten die Rufaktivität in 15 Untersuchungsgebieten im Osten und Norden Ungarns ebenfalls anhand passiver akustischer Erfassungen. Jedes Untersuchungsgebiet umfasste einen Solarpark mit einer Größe zwischen einem und 45 Hektar sowie weitere Probenahmestellen in Kontrollhabitaten mit unterschiedlichen Landnutzungstypen (Wald, Ackerland, Grünland, Siedlungen oder Gewässer). In jedem Kontrollhabitat wurden ein bis sechs Detektorstandorte eingerichtet, so dass insgesamt 190 Standorte beprobt wurden. Bei ebenfalls optimalen Witterungsbedingungen beprobten die Studienautoren zwischen dem 5. Juli und dem 16. September 2020 jeden Aufnahmestandort einmalig für vier Stunden nach Sonnenuntergang.

Im französischen Rhonetal untersuchten Barré et al. (2023) das Verhalten von Fledermäusen in Solarparks. Dazu analysierten sie ihr Flug- und Fressverhalten an 16 Anlagen- und entsprechenden Referenzstandorten mit Hilfe von Flugbahnrekonstruktionen. Jeder Probestelle wurde eine Kontrollstelle außerhalb der Solarparks in vergleichbarer Entfernung zu Nahrungshabitaten zugeordnet (vgl. Barré et al. 2023, Tabelle S1 im Onlinezusatzmaterial). Im Gegensatz zu den anderen Studien beschreiben Barré et al. (2023) einige technische Anlagenparameter: Der Abstand zwischen den Modulreihen betrug im Mittel zirka fünf Meter, die Module waren im Mittel 2,4 Meter hoch und 3,4 Meter breit. Die Solarparks standen auf beweidetem oder gemähtem Grünland, in das heimische Pflanzenarten eingesät worden waren. Die Umgebung der Untersuchungsflächen war im Umkreis von 500 m vor allem durch landwirtschaftlich genutzte Flächen, Wald sowie versiegelte Flächen geprägt. Die Vielfalt der Landnutzungstypen ist Voraussetzung für die Fledermausartenvielfalt im Untersuchungsgebiet. Im Jahr 2022 beprobten Barré et al. die Standorte der Solarparks und die zugehörigen Kontrollstandorte jeweils in einer Septembernacht in den ersten drei Stunden nach Sonnenuntergang. Zu diesem Zweck wählten sie Nächte mit geeigneten meteorologischen Bedingungen.

Erfassung und Auswertung

Tinsley et al. (2023) ständerten SM3-Fledermausdetektoren im Abstand von mindestens 50 Meter jeweils mittig in den PV-FFA bzw. Kontrollflächen sowie in den jeweiligen Randbereichen auf. Die Bestimmung der Arten erfolgte softwaregestützt mit anschließender manueller Überprüfung. Tinsley et al. (2023) verwendeten verallgemeinerte lineare gemischte Modelle (Generalized Linear Mixed Models, GLMM), um die Auswirkungen auf die artspezifische Aktivität und die Artenvielfalt von Fledermäusen zu bewerten. Die Fledermausaktivität wurde als Gesamtzahl der Rufsequenzen für Arten und Artengruppen definiert.

Szabadi et al. (2023) schnitten softwaregestützt Sequenzen aus den Aufnahmen, wobei eine Sequenz aus einer Reihe von Echoortungsrufen mit einem maximalen Abstand von drei Sekunden zwischen den Rufen bestand. Die Sequenzen wurden den Fledermausarten und Artengruppen anhand von Frequenz- und Zeitmessungen aus der Literatur zugeordnet. Die Jagdrufe wurden separat registriert, da sie auf Jagdversuche hindeuten. Szabadi et al. (2023) definierten die Fledermausaktivität als Summe der in einer Nacht aufgezeichneten Sequenzen. Für jede Probenahmestelle wurde die Aktivität pro Art und Artengruppe sowie eine artunabhängige Gesamtaktivität berechnet. Die statistische Analyse umfasste u. a. neun GLMMs (Szabadi et al. 2023).

Barré et al. (2023) quantifizierten das Jagdverhalten von Fledermäusen, indem sie die Wahrscheinlichkeit von Jagdrufen, die Fluggeschwindigkeit und Kurven in der Flugbahn als Indikatoren bewerteten. Sie gingen davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit von Jagdrufen mit abnehmender Fluggeschwindigkeit und zunehmender Wendigkeit steigt. Barré et al. (2023) registrierten dreidimensionale Positionen von Fledermäusen mit dem Trajecto V1 System. Dazu wurden die Mikrofone in einem horizontalen Dreieck zwischen den Modulreihen angeordnet. Aus den dreidimensionalen Positionen rekonstruierten Barré et al. 2023 die gesamte Flugbahn, die durchschnittlich 11,6 Positionen enthielt und 3,2 Sekunden dauerte. Jede Aufnahme wurde softwaregestützt einer Fledermausart und einer Wahrscheinlichkeit für einen Jagdruf zugeordnet (nach Roemer et al. 2021). Auch Barré et al. (2023) haben u. a. GLMMs für ihre statistischen Analysen verwendet.

Tabelle 1: Übersicht der betrachteten Arten und Artengruppen in Tinsley et al. (2023), Szabadi et al. (2023) und Barré et al. (2023). Die untersuchten Arten bzw. Artengruppen kommen in Deutschland vor.

Tinsley et al. (2023)

(England)

Szabadi et al. (2023)

(Ungarn)

Barré et al. (2023)

(Frankreich)

Arten

  • Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus)
  • Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum)
  • Kleine Hufeisennase (R. hipposideros)
  • Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus)
  • Mückenfledermaus (P. pygmaeus)
  • Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii)
  • Zwergfledermaus (P. pipistrellus)

  • Alpenfledermaus

    (Hypsugo savii)

  • Große Abendsegler (Nyctalus noctula)
  • Kleiner Abendsegler

    (N. leisleri)

  • Mopsfledermaus

    (Barbastella barbastellus)

  • Mückenfledermaus

    (P. pygmaeus)

  • Zwergfledermaus

    (Pipistrellus pipistrellus)

 

  • Graues Langohr (Plecotus austriacus)
  • Kleiner Abendsegler (N. leisleri)
  • Mückenfledermaus (P. pygmaeus)
  • Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii)
  • Weißrandfledermaus (Pipistrellus kuhlii)
  • Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)

Artengruppen

  • Abendsegler (Nyctalus spp.)
  • Langohrfledermäuse (Plecotus spp.)
  • Mausohren            (Myotis spp.)

  • Mausohren          (Myotis spp.)
  • QCF-Gruppe: Zu der QCF-Gruppe gehören niedrigfrequent rufende Arten, die sich auf die Jagd im offenen Luftraum spezialisiert haben.
  • Weißrandfledermaus/ Rauhautfledermaus        (P. kuhlii/P. nathusii)

  • Mausohren      (Myotis spp.)

Welche Ergebnisse wurden erzielt und welche Auswirkungen auf die Fledermausaktivität und das Flug- sowie Jagdverhalten wurden festgestellt?

Tinsley et al. (2023) bewerteten die Fledermausaktivität anhand der Gesamtzahl der Rufsequenzen pro Art und Artengruppe und registrierten in den Solarparks weniger Rufsequenzen als in den Referenzgebieten. Die Autoren der Studie geben an, dass sechs Arten bzw. Artengruppen (E. serotinus, Myotis spp., Nyctalus spp., P. pipistrellus, P. pygmaeus und Plecotus spp.) eine verringerte Aktivität in den Anlagen aufwiesen. Die Zwergfledermaus und die Gruppe der Abendsegler waren sowohl in den Zentren der PV-FFA als auch an deren Randstrukturen weniger aktiv. Für Mausohren und Breitflügelfledermäuse wurde eine geringere Aktivität an den Randstrukturen der Solarparks im Vergleich zu den Kontrollstandorten nachgewiesen. Die Mückenfledermaus und das Langohr zeigten eine höhere Aktivität in den offenen Habitaten der Referenzflächen im Vergleich zu den Solarparkflächen. Unterschiede in der Artenvielfalt zwischen den Anlagenstandorten und den entsprechenden Referenzstandorten stellten die Autoren nicht fest. Dagegen war die Aktivität in den Zentren und in den Randbereichen unterschiedlich: In den Randstrukturen der Anlagen und der jeweiligen Referenzstandorte war sie höher als in den Zentren der Anlagen und der jeweiligen Referenzstandorte.

Szabadi et al. (2023) wiesen mit Ausnahme der Mopsfledermaus ebenfalls alle betrachteten Arten in den untersuchten Solarparks nach (vgl. Tabelle 1). Die Rufe der Weißrandfledermaus, der Rauhautfledermaus und des Großen Abendseglers wurden an über 98 Prozent der Detektorstandorte in den Solarparks festgestellt. An mehr als 50 Prozent der Anlagen-Detektorstandorte wurden Rufe von Arten der QCF-Gruppe (vgl. Tabelle 1), der Alpenfledermaus und des Kleinen Abendseglers aufgezeichnet. Die Aktivität der Alpen-, Weißrand- und Rauhautfledermaus sowie des Großen Abendseglers war in den beprobten Waldstandorten geringer als in den PV-FFA. Die Mopsfledermaus und die Familie der Mausohren waren dagegen an Waldstandorten aktiver. Die Familie der Mausohren zeigte eine signifikant höhere Aktivität auf Grünland im Vergleich zu den beprobten Solarparks und die Mückenfledermaus einen Trend zu höherer Aktivität. Szabadi et al. (2023) fanden keine signifikanten Unterschiede in der Fledermausaktivität zwischen Ackerflächen und Solarparks. Sie registrierten jedoch eine signifikant höhere Anzahl von Rufsequenzen an den Aufzeichnungspunkten in Gewässernähe. Insgesamt zeigte die Untersuchung, dass die in PV-FFA nachgewiesenen Fledermausarten auch in Siedlungen und Ackerflächen häufig vorkommen (Alpenfledermaus, Großer Abendsegler und Weißrandfledermaus). Die in den Solarparkprobestellen aufgenommenen Jagdrufe wurden vor allem von der Weißrandfledermaus, der Rauhautfledermaus und dem Großen Abendsegler ausgestoßen.

Barré et al. (2023) registrierten 15.273 Fledermauspositionen, die zu 87 Prozent von Fledermausarten der Gilde mit mittlerer Echoortungsdistanz erzeugt wurden. Aus den dreidimensionalen Positionen rekonstruierten sie insgesamt 1.317 Flugbahnen. Nach den Ergebnissen von Barré et al. (2023) zeichnet sich die Nahrungsaufnahme durch einen langsamen, gewundenen Flug aus, der von Jagdrufen begleitet wird. Für die Weißrandfledermaus, die Mückenfledermaus, das Graue Langohr sowie die Gilden mit Mittel- und Kurzstrecken-Echoortung wurden signifikant höhere Fluggeschwindigkeiten in den Solarparks im Vergleich zu den Kontrollstandorten festgestellt. Die Weißrandfledermaus, die Mückenfledermaus, das Graue Langohr und die Gilde mit Kurzstrecken-Echoortung wiesen auch signifikant höhere Minimalfluggeschwindigkeiten in PV-FFA auf. Bei der Gilde mit Kurzstrecken-Echoortung reduzierte sich die Flugbahnkrümmung in den Anlagen, ein Indikator für eine verminderte Nahrungsaufnahme. Nach den Ergebnissen von Barré et al. war die mittlere Jagdrufwahrscheinlichkeit für die Rauhautfledermaus, die Mückenfledermaus und die Gilde mit Mittelstrecken-Echoortung, an Solarparkstandorten signifikant niedriger als an Kontrollstandorten.

Tabelle 2: Kurzdarstellung der Studien Tinsley et al. (2023), Szabadi et al. (2023) und Barré et al. (2023).

Tinsley et al. (2023)

(England)

Szabadi et al. (2023)

(Ungarn)

Barré et al. (2023)

(Frankreich)

Ziele

Bewertung potenzieller Auswirkungen von Solarparks auf…
… die Aktivität von Fledermäusen … das Flug- sowie Jagdverhalten von Fledermäusen
Untersuchungs-raum

  • Südwestengland
  • 19 Solarparks und 19 Referenzflächen (jeweils Zentrum und Randbereich)

  • Nord- und Ostungarn
  • 15 Solarparks und umliegende Probenahmestellen, insgesamt 190 Standorte

  • Frankreich, Rhonetal
  • 16 Solarpark- und 16 Kontrollstandorte

 

Untersuchungs-zeitraum

  • Juli und Oktober 2019 und 2020
  • Jeweils in sieben aufeinanderfolgenden Nächten

  • Juli bis 16. September 2020
  • Jeweils eine Nacht (vier Stunden ab Sonnenuntergang)

  • September 2022
  • Jeweils eine Nacht (die ersten drei Stunden ab Sonnenuntergang)

Methode

  • Aktivitätsvergleich durch Auswertung aufgezeichneter Rufsequenzen
  • Die Aktivität wird als Gesamtzahl der Rufsequenzen je Art/Artengruppe definiert.

  • Aktivitätsvergleich durch Auswertung aufgezeichneter Rufsequenzen
  • Summe der in einer Nacht aufgezeichneten Rufsequenzen definiert die Aktivität.

  • Vergleich von rekonstruierten Flugbahnen aus aufgezeichneten Echoortungsrufen
  • Quantifizierung der Fluggeschwindigkeit, der Kurven in der Flugbahn und der Wahrscheinlichkeit von Jagdrufen als Indikatoren für das Jagdverhalten.

Ergebnisse

  • Geringere Aktivität in Solarparks bei den meisten untersuchten Arten/Artengruppen.
  • Kein Unterschied im Artenreichtum (Solarpark vs. Referenzfläche).

  • Insgesamt ähnliche Aktivität bei Arten, die in urbanen und landwirtschaftlich geprägten Lebensräumen vorkommen (Solarpark vs. Referenzfläche).
  • Mausohren waren im Grünland aktiver als in Solarparks.

  • Fledermäuse werden über Solarparks schneller, ihr Flug gradliniger und Jagdrufe nehmen im Vergleich zu den Kontrollflächen ab.
  • Solarparks reduzierten Jagdversuche.

Wie lassen sich die Ergebnisse einordnen und welche Schlussfolgerungen können für Forschung und Praxis gezogen werden?

Die Studie aus England kommt zu dem Ergebnis, dass Solarparks einen negativen Einfluss auf die meisten der untersuchten Fledermausarten bzw. -artengruppen haben (Tinsley et al. 2023). Diese Schlussfolgerung stützt sich auf eine geringere Aktivität in den Anlagen und deren Randbereichen im Vergleich zu den Referenzstandorten. Die Studie macht keine konkreten Angaben zur Ausgestaltung der Solarparks (z. B. Reihenabstand zwischen den Modultischen) und ihrer Referenzstandorte.

Auch Szabadi et al. (2023) folgerten aus der höheren Fledermausaktivität auf Grünlandstandorten ohne Solarparks, dass die Anlagen „suboptimale“ Lebensräume für Fledermäuse darstellen. Als Grund wird die Überbauung genannt. Auch in dieser Studie machen die Autoren keine Angaben zu der Ausgestaltung der PV-FFA und ihren Kontrollstandorten. Die Frage, ob es Unterschiede je nach Anlagentyp geben könnte, bleibt offen. Offen ist auch, wie sich die potenziell geringere Aktivität in Solarparks auf die Populationsdynamik auswirkt.

Generell wird angenommen, dass die Habitatqualität für Fledermäuse durch strukturreiche, heterogene Landschaften mit linearen Strukturen gesteigert wird (Monck-Whipp et al. 2018; Froidevaux et al. 2019). Fledermäuse nutzen lineare Strukturen zum Pendeln und Jagen (Froidevaux et al. 2017). Die Studie aus Südengland stellte jedoch eine geringere Aktivität in den Randbereichen der Anlagen fest. Tinsley et al. (2023) resümierten daraus, dass Solarparks die Flugrouten einiger Fledermäuse verändern und zu einer weiteren Fragmentierung von Lebensräumen führen können. Ein möglicherweise geringerer Jagderfolg in den Solarparks könnte die geringere Rufaktivität in deren Randbereichen erklären. Barré et al. (2023) vermuten, dass Solarparks Jagdhabitate strukturell und akustisch unübersichtlich machen und dadurch den Jagderfolg verringern könnten. Das Aufspüren von Insekten könnte erschwert werden, da die Solarmodule die Echoortungsrufe von Fledermäusen reflektieren (vgl. auch Jones 2023).

Die Autoren der französischen Studie schließen aus dem veränderten Flug- und Rufverhalten der Fledermäuse, dass PV-FFA die Qualität der Lebensräume mindern. Die Fledermäuse müssten aufgrund der überstellten Flächen größere Distanzen bei der Nahrungssuche zurücklegen und hätten somit einen höheren Energieaufwand. Da jedoch nicht jeder Jagdruf auf einen erfolgreichen Fang hindeutet, ist es schwierig, aus den Studienergebnissen den genauen Nahrungsverlust zu quantifizieren und die Auswirkungen auf die Populationsdynamik abzuschätzen (Barré et al. 2023).

Weitere Untersuchungen sollten zusätzliche Parameter wie die Quartiermöglichkeiten in der Umgebung oder das Nahrungsangebot in PV-FFA berücksichtigen, insbesondere die Verfügbarkeit nachtaktiver Mottenarten (vgl. Barré et al. 2023, Tinsley et al. 2023). So untersuchen Gareth Jones und seine Kolleginnen und Kollegen derzeit die Verfügbarkeit von Insekten in Solarparks und an Referenzstandorten (Jones 2023). Insekten könnten durch das polarisierte Licht der Moduloberfläche angezogen werden und dadurch den freien Luftraum über Solarparks weniger nutzen. Für die dort jagenden Fledermausarten könnte dies zu einer Verringerung des Nahrungsangebots führen (Barré et al. 2023).

Einordnung der Ergebnisse im Hinblick auf die „Lake Effect“-Hypothese

Bei der „Lake Effect“-Hypothese wird angenommen, dass Fledermäuse PV-Module mit Wasserflächen verwechseln und bei dem Versuch zu trinken mit diesen kollidieren könnten (vgl. Tinsley et al. 2023, Szabadi et al. 2023 nach u. a. Greif und Siemers 2010). Szabadi et al. (2023) identifizierten an Detektorstandorten in Gewässernähe mehr Rufsequenzen als an Standorten in Solarparks. Wenn Fledermäuse die Moduloberfläche als Wasseroberfläche wahrnehmen würden, stellt sich die Frage, warum hier nicht eine mindestens ebenso hohe Aktivität nachgewiesen wurde. Die Hypothese eines „Lake Effects“ der Solarmodule kann aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse eher zurückgewiesen werden. Auch Gareth Jones, Mitautor der Studie aus England, vermutet, dass Fledermäuse die Module aufgrund ihrer schrägen Ausrichtung nicht für Wasseroberflächen halten (Jones 2023). In Deutschland werden Module in Solarparks heute meist mit einem Neigungswinkel von etwa 20 bis 25 Grad installiert (Wirth 2023). Neben dem Vorhandensein von Wasser können auch andere Parameter die von Szabadi et al. festgestellte höhere Aktivität in Gewässernähe beeinflusst haben (z. B. Nahrungsverfügbarkeit). Weitere Untersuchungen sollten klären, ob Fledermäuse Solarmodule mit Wasseroberflächen verwechseln und dadurch ein Kollisionsrisiko bei Trinkversuchen besteht.

Fazit

Die Auswirkungen von Solarparks auf Fledermäuse sind noch wenig erforscht. Die vorgestellten Studien von Barré et al. (2023), Szabadi et al. (2023) und Tinsley et al. (2023) kommen zu dem Schluss, dass durch Solarparks die Qualität von Fledermaushabitaten beeinträchtigt wird. Die Studien stellen erste wichtige Grundlagen dar und sind gleichzeitig Ausgangspunkte für weitere Untersuchungen und Fragestellungen.

Für eine belastbare Beurteilung einer verringerten Fledermausaktivität bzw. einer verminderten Habitatqualität von Solarparks für Fledermäuse sind weitere Studien erforderlich, die z. B. die Nahrungsverfügbarkeit in Solarparks im Vergleich zu Referenzstandorten einbeziehen. Längere Untersuchungszeiträume und der Einbezug von Quartieren, Landschaftsstrukturen und -merkmalen könnten Erkenntnisse des Vergleichs von Aktivitätsniveaus (und Flugbahnen) zwischen Solarparks und Kontrollstandorten ergänzen und deren Aussagekraft erhöhen.

Es ist bekannt, dass die Ausgestaltung von PV-FFA einen entscheidenden Einfluss auf die Biodiversität hat. Zukünftige Studien sollten daher technische Parameter sowie bestenfalls auch das Pflege- bzw. Bewirtschaftungsregime in die statistischen Analysen einbeziehen. Aber auch die Aktivitätsmuster von Fledermäusen in den Anlagen und über vergleichbaren Referenzflächen sollten weiter untersucht werden, um Schlussfolgerungen für die Praxis ziehen zu können. Die Auswirkungen von Solarparks auf Fledermäuse sollten in Zukunft auch mit Hilfe von Vorher-Nachher-Vergleichen auf Vorhaben- und vergleichbaren Kontrollflächen untersucht werden. Auf diese Weise könnte sich der Frage genähert werden, inwieweit Solarparks an konkreten Standorten auch populationsrelevante Auswirkungen haben können.

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Literaturverzeichnis

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