Information

Veröffentlicht
6.01.2023
Schlagworte
  • Artenschutz
  • Erfassung
  • Kollisionsrisiko
  • Rotmilan
  • Signifikant erhöhtes Tötungsrisiko
  • Vögel
  • Windenergie

Frage

Was ist eine Habitatpotenzialanalyse, welche Rolle spielt sie zukünftig bei der Signifikanzprüfung und für welche kollisionsgefährdeten Vogelarten ist sie im Rahmen der Signifikanzprüfung fachlich geeignet?

!Antwort

Habitatpotenzialanalysen im Kontext der neuen Regelungen zur Signifikanzprüfung nach § 45b BNatSchG

Im Rahmen der Genehmigungsverfahren zur Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) muss fachlich geprüft werden, ob das Tötungs- und Verletzungsrisiko von besonders geschützten Arten nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG durch geplante Vorhaben signifikant erhöht wird.

Die Bundesregierung hat mit der Einführung von § 45b Abs. 1 bis 5 BNatSchG in Verbindung mit der entsprechenden Anlage 1 dazu für den Betrieb von Windenergieanlagen bundeseinheitliche gesetzliche Standards für die Signifikanzprüfung für 15 als kollisionsgefährdet geltende Brutvogelarten eingeführt.

Die Prüfung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos bezieht sich auf artspezifisch festgelegte Nah- und Prüfbereiche. Im Abstand des Nahbereichs um den Brutplatz gilt gemäß § 45b Abs. 2 BNatSchG die Regelvermutung, dass das Tötungsrisiko der betroffenen Arten signifikant erhöht ist.

Bei Brutplätzen der relevanten Arten im Abstand des an den Nahbereich angrenzenden „engeren Prüfbereichs“ gilt gemäß § 45 b Abs. 3 BNatSchG ebenfalls grundsätzlich die Regelvermutung, dass das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist. Diese Vermutung kann gemäß § 45b Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG mittels einer Habitatpotenzialanalyse (HPA) widerlegt werden, wenn sich hiernach kein signifikant erhöhtes Tötungs- und Verletzungsrisiko der den Brutplatz nutzenden Exemplare ergibt. Deutlich aufwändigere Raumnutzungsanalysen (RNA) sollen nur noch auf Verlangen des Vorhabenträgers durchgeführt werden. Alternativ zu einer Widerlegung der Regelvermutung mittels HPA oder RNA kommt eine hinreichende Risikominderung gemäß § 45b Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG auch mittels artspezifischer Schutzmaßnahmen in Betracht.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der HPA also zukünftig eine deutlich höhere Bedeutung bei der Signifikanzprüfung zukommen als bisher. Die Bundesregierung ist gemäß § 54 Absatz 10c Satz 1 Nr. 1 BNatSchG mit Zustimmung des Bundesrates ermächtigt, die Anforderungen zur methodischen Untersetzung der HPA zu erarbeiten und nach § 54 Absatz 10c Satz 7 BNatSchG verpflichtet, diese dem Bundestag bis 31. Dezember 2022 zuzuleiten. Nach aktuellem Stand werden die Anforderungen an die HPA aber erst 2023 vorliegen. Sie sollen als Verordnung beschlossen werden können.

Im „erweiterten Prüfbereich“ gilt gemäß § 45b Abs. 4 BNatSchG zunächst die Regelannahme, dass hier das Tötungsrisiko nicht signifikant erhöht ist. Dies kann aber nach § 45b Abs. 4 Nr. 1 und 2 BNatSchG wiederum widerlegt werden, wenn die „Aufenthaltswahrscheinlichkeit [eines betroffenen Brutvogels] im Gefahrenbereich der Windenergieanlage […] auf Grund artspezifischer Habitatnutzung oder funktionaler Beziehungen deutlich erhöht“ ist und eine daraus folgende signifikante Risikoerhöhung nicht durch „fachlich anerkannte Schutzmaßnahmen hinreichend verringert“ werden kann. Anders als beim zentralen Prüfbereich trifft das Gesetz hier keine Festlegungen zur Untersuchungsmethodik bezüglich des Kollionsrisikos. Da der Gesetzgeber von einem geringeren Risiko ausgeht, dürften die Anforderungen aber zumindest nicht strenger sein als im zentralen Prüfberbereich.

Die neuen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes sind in Kraft. Aufgrund der Übergangs- und Überleitungsregelungen in § 74 Abs. 4 BNatSchG sind die hier aufgeführten Regelungen in § 45b Abs. 1 bis 6 zur Signifikanzprüfung aber grundsätzlich erst ab dem 01. Februar 2024 anzuwenden. Allerdings kann gemäß § 74 Abs. 5 BNatSchG hiervon abweichend auch eine frühere Anwendung erfolgen, wenn der Träger des Vorhabens dies verlangt.

Habitatpotenzialanalyse für kollisionsgefährdete Vogelarten

Definition und Begriffsverwendung

Die Habitatpotenzialanalyse (HPA) wird im „Signifikanzrahmenpapier“ der Umweltministerkonferenz[1], einer Vorarbeit der Länder zur Standardisierung der Signifikanzprüfung als eine fachlich anerkannte Methode beschrieben, welche zur Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos von kollisionsgefährdeten Brutvogelarten herangezogen werden kann. (UMK 2020)

Ziel der HPA ist es, die voraussichtliche Raumnutzung von kollisionsgefährdeten Vogelarten auf der Grundlage von Habitatstrukturen zu prognostizieren. Sie berücksichtigt die wesentlichen Geländemerkmale des Prüfbereichs (Landschaftsmorphologie, Landschaftsstruktur, Infrastruktur) und andere funktionale Elemente (z. B. Lebensstätten, regelmäßige Aufenthaltsorte, Nahrungshabitate), welche die Raumnutzung beeinflussen können. Eine systematische Erfassung von Flugbewegungen der betroffenen Brutvögel wie bei der Raumnutzungsanalyse (RNA) erfolgt hingegen nicht (LAG VSW 2021).

Die Leitfäden der Länder beinhalten eine Vielzahl an Begriffen, welche synonym zu dem Begriff Habitatpotenzialanalyse verwendet werden, oder ähnliche, aber nicht unbedingt deckungsgleiche Methoden beschreiben. So werden unter anderem die Begriffe Habitatanalyse, Potenzialanalyse, Habitatnutzungsanalyse, Habitateignungsanalyse und Nahrungsflächenanalyse verwendet. Die Nahrungsflächenanalyse, welche in Brandenburg für den Rotmilan Anwendung findet, unterscheidet sich von der Habitatpotenzialanalyse dahingehend, dass in ihr der Fokus auf potenziellen Nahrungsflächen und Flugwegen liegt. Andere häufige Aufenthaltsorte (zum Beispiel Schlafplätze) werden in die Recherche nicht einbezogen.

Methodik

Im Rahmen der HPA werden diejenigen Geländemerkmale und funktionalen Elemente im Untersuchungsraum erfasst, welche das Raumnutzungsverhalten der betroffenen Brutvogelarten voraussichtlich maßgeblich beeinflussen (Habitatpotenzialerfassung).

Berücksichtigt werden müssen dabei laut LAG VSW (2021) folgende Elemente:

  • Landschaftsmorphologie (z. B. Täler, Bergrücken, Hangkanten, Plateaulagen),
  • Landschaftsstruktur (z. B. Wald-Offenland-Grenzen, Feldraine, Hecken, Baumreihen),
  • Infrastruktur (z. B. Verkehrstrassen, Freileitungen, Kanäle, Gräben),
  • Lebensstätten (z. B. Horststandorte, Schlafplätze),
  • regelmäßige Aufenthaltsorte (z. B. Sitzwarten, Schlaf- und Sammelplätze, Kröpfplätze),
  • Nahrungshabitate (z. B. Gewässer, Kompostanlagen, landwirtschaftliche Kulturen).

Die Größe des Untersuchungsraumes dürfte dabei (zukünftig) mindestens dem artspezifischen Prüfbereich um den Brutplatz entsprechen. Aber auch der Bereich rund um den geplanten WEA-Standort – insbesondere auch Flächen, die vom Brutplatz aus gesehen, hinter dem Vorhabenstandort liegen – dürften mit zu untersuchen sein.

Brutpaar- und standortbezogene Habitatpotenzialanalyse

Bei der Festlegung des Prüfbereiches wird (bislang) zwischen der brutpaarbezogenen und standortbezogenen Habitatpotenzialanalyse (HPA) unterschieden (UM BW u. LUBW 2021). Ein brutpaarbezogener Prüfbereich um den Standort der Fortpflanzungsstätte erlaubt es, die Habitatausstattung im gesamten Aktionsraum des Brutpaares zu betrachten.

Ist der Brutplatz hingegen nicht bekannt, bietet sich alternativ eine standortbezogene HPA an. Hierbei wird der Untersuchungsraum ausgehend vom Vorhabenstandort abgegrenzt. Bei dieser Abgrenzung wird gegebenenfalls nur ein Ausschnitt des Aktionsraumes betrachtet. Dies hat zur Folge, dass möglicherweise wichtige Nahrungshabitate und Flugkorridore nicht erfasst werden oder Habitate am WEA-Standort überbewertet werden, wenn sich andere Habitate mit hoher Qualität außerhalb des betrachteten Bereiches befinden. In der Folge sind die Möglichkeiten, räumlich funktionale Beziehungen bzw. regelmäßig genutzte Flugwege abzuleiten, begrenzt.

Erfassung und Datengrundlagen

Für die brutplatzbezogene HPA ist die Erfassung der Brutplätze nach dem Methodenstandard von Südbeck et al. (2005) essenziell (LAG VSW 2021). Bei versteckt lebenden Arten (z. B. Baumfalke oder Wespenbussard) ist das Auffinden und damit die vollständige Erfassung (insbesondere je größer der Untersuchungsraum ist) erschwert (Südbeck et al. 2005). Soweit Brutplatzkartierungen vorliegen und den Fachämtern die Brutstandorte bekannt sind, werden diese in der Regel verifiziert, um zu klären, ob der Brutstandort einer aktuellen Nutzung unterliegt.

Die Datengrundlage für HPA bilden u. a. Luft- und Satellitenbilder, topografische Karten, NATURA-2000-Managementpläne, Biotoptypenkarten und Daten zur Gewässerstrukturgüte. Die daraus erlangten Erkenntnisse werden ggf. mithilfe von Geländebegehungen und Einzelbeobachtungen oder indirekten Nachweisen auf die Anwesenheit einer Art (z. B. Federn, Rupfungen, Gewölle) ergänzt bzw. verifiziert. Generell wird die HPA für jede Art oder ökologische Gilde separat durchgeführt.

Bewertung der potenziellen Habitateignung und Raumnutzung

Im Anschluss an die Datenaufnahme wird die potenzielle Habitateignung der im Prüfbereich vorkommenden Nahrungshabitate fachgutachterlich eingeschätzt.

Die (artspezifische) Habitateignung kann beispielsweise in drei Stufen differenziert werden (BfN u. KNE 2020):

Eine überdurchschnittliche Habitateignung liegt vor, wenn die Habitate essenzielle Teilhabitate der betroffenen Art darstellen (z. B. bevorzugte Jagd- und Streifgebiete, regelmäßige Schlafplätze, Ansitz- und Rufwarten). Eine durchschnittliche Habitateignung ist gekennzeichnet durch eine großräumige und diffuse Verteilung von Nahrungshabitaten. Eine geringe oder fehlende Habitateignung liegt vor, wenn das Habitat ungeeignet ist oder Störungen bestehen, die zu Meideverhalten seitens der untersuchten Vogelarten führen.

Habitateignung Merkmale
überdurchschnittlich essenzielle Nahrungshabitate
durchschnittlich großräumige und diffus verteilte Nahrungshabitate
gering oder fehlend keine geeigneten Nahrungshabitate und/oder Störungen

Auf Basis der Horstkartierung, Habitateignung und der Biologie bzw. Ökologie der Art wird schließlich die potenzielle Raumnutzung der betreffenden Arten im Untersuchungsgebiet eingeschätzt. Die Habitatausstattung des Raumes kann nach Nutzungswahrscheinlichkeit oder Attraktion artspezifisch kategorisiert werden. Es lassen sich Habitate oder Habitatmosaike unterschiedlich intensiver Raumnutzung unterscheiden, beispielsweise wie in BfN u. KNE (2020) in eine hohe, durchschnittliche oder fehlende bzw. geringe Raumnutzung. Von einer potenziell hohen Raumnutzung ist auszugehen, wenn Flächen eine überdurchschnittliche Eignung als Nahrungs- oder Reproduktionsraum oder als Sammelplatz aufweisen oder das Vorhaben im Bereich räumlich-funktionaler Beziehungen bzw. bevorzugter Flugwege zu anderen Habitaten liegt. Entsprechend liegt eine durchschnittliche oder geringe Raumnutzung vor, wenn eine durchschnittliche bzw. geringe Habitateignung gegeben ist oder im Vorhabenbereich wenige bzw. keine räumlich-funktionalen Beziehungen bzw. bevorzugten Flugrouten bestehen.

Die Ergebnisse werden zusammen mit dem kartierten bzw. recherchierten Brutvorkommen kartografisch dargestellt. Dabei sollen diejenigen Flächen herausgearbeitet werden, welche potenziell durch vergleichsweise häufige Überflüge oder durch Meideverhalten der kollisionsgefährdeten Art gekennzeichnet sind. Generell gewinnt die Habitatpotenzialanalyse an Aussagekraft, je differenzierter Strukturen und ihre Nutzung herausgearbeitet und qualitativ beurteilt werden.

Bisherige Anwendung und Methodik in den Bundesländern (laut Leitfäden)

In den Ländern Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen und Thüringen waren bzw. sind Habitatpotenzialanalysen (HPA) Teil einer gestuften Vorgehensweise bei der Ermittlung von Tötungs- und Verletzungsrisiken besonders geschützter Arten in der artenschutzrechtlichen Prüfung der Vorhabenzulassung. Diesem Prinzip folgten auch die Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW 2021) und – darauf basierend – ein Vorschlag des Bundesamtes für Naturschutz und des KNE (BfN u. KNE 2020):

Die erste Stufe beinhaltet eine Brutvogelkartierung und eine Datenrecherche. Werden für kollisionsempfindliche Brutvogelarten oder Arten mit Meideverhalten in Bezug auf die Windenergieanlage im artspezifischen Untersuchungs- bzw. Prüfbereich um den geplanten Anlagenstandort Brutvorkommen nachgewiesen oder sind diese potenziell anzunehmen, so ist im nächsten Schritt eine HPA durchzuführen.

Liefert diese Hinweise auf eine erhöhte Raumnutzung im Bereich des Vorhabenstandortes oder kann sie keine verlässlichen Prognosen liefern (zum Beispiel bei strukturell homogenem Untersuchungsgebiet), so ist eine vertiefende Untersuchung mittels Raumnutzungsanalyse (RNA) notwendig.

In Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein war bislang eine Kombination aus HPA und RNA vorgesehen. Mecklenburg-Vorpommern ist das einzige Bundesland, in welchem bereits seit längerem i. d. R. ausschließlich die HPA genutzt wird, während die RNA nur im Einzelfall Anwendung finden sollte. In Nordrhein-Westfalen, im Saarland und in Sachsen-Anhalt war im Gegensatz dazu bislang keine HPA zur Signifikanzbewertung vorgesehen.

Allen Länderleitfäden gemein ist, dass sie bislang kaum bis gar keine konkreten methodischen Vorgaben zur Durchführung von HPA beinhalteten, insbesondere auch keine Schwellenwerte zur Signifikanzbewertung.

Eignung und Aussagekraft der Habitatpotenzialanalyse

Arten unterscheiden sich unter anderem hinsichtlich der Breite des Nahrungsspektrums und der Vielfalt der bewohnten Lebensräume voneinander. Die Endpunkte dieser kontinuierlichen Skala werden Generalist und Spezialist genannt. Generalisten unter den Vogelarten können ein breites Nahrungsspektrum besitzen oder sehr flexibel in der Wahl das Brutstandortes sein. Spezialisten sind hingegen bei der Nahrungssuche auf wenige Tier- oder Pflanzenarten beschränkt oder benötigen für ihre Brutstandorte bestimmte Lebensräume. Somit haben Spezialisten eine engere Habitatbindung als Generalisten. (Baur 2021, S. 70 f.)

Die nachfolgende Tabelle enthält für die Arten der Artenliste der Anlage 1 Abschnitt 1 zu § 45b Abs. 1 bis 5 BNatSchG jeweils eine Angabe zur Habitatpräferenz und eine Einschätzung der Eignung und Aussagekraft der HPA für diese Arten. Die Informationen stammen aus einer Auswertung der artenschutzfachlichen Leitfäden der Länder, in denen sich entsprechende Angaben finden. Dies sind: UM BW u. LUBW (2021), LUNG MV (2016), MELUND SH (2021), SMEKUL SN (2021) und TLUG (2017).[2]

 

Art Angaben zur Habitatpräferenz Eignung und Aussagekraft der HPA
Baumfalke Jagd im freien Luftraum auf halboffenen Flächen oder in Feuchtgebieten. Begrenzt.
Fischadler Für die Nahrungssuche (Fische) an Gewässer gebunden. Gut.
Kornweihe Art des Offenlandes. Eignung gut, Differenzierungsmöglichkeit innerhalb des Offenlandes begrenzt.
Rohrweihe Nahrungsopportunist mit bevorzugter Nutzung linearer Strukturen im feuchten Offenland. Gut.
Rotmilan Generalist/Nahrungsopportunist. Jagd im

Offenland, an Wald- und Siedlungsrändern. Aktionsraum in Abhängigkeit vom Beuteangebot variabel.

Begrenzt.
Schreiadler Attraktive kleintierreiche Nahrungshabitate im Brutwaldumfeld. Gut.
Schwarzmilan Generalist/Nahrungsopportunist, engere Bindung an Gewässer. Aktionsraum in Abhängigkeit vom Beutetierangebots variabel. Begrenzt.
Seeadler Für die Nahrungssuche an Gewässer gebunden. Nahrungsflüge vom Horst zum Gewässer meist geradlinig. Geringere Bindung an Gewässer im Winterhalbjahr Gut.
Steinadler Nahrungsopportunist. Jagd auf offenen bzw. halboffenen Flächen. Keine Einschätzung vorhanden.
Sumpfohreule Generalist/Opportunist. Jagd auf weiträumigen, feuchten Niederungsflächen und in Sümpfen. Begrenzt.
Uhu Opportunist. Besondere Attraktion haben Biogasanlagen und Offenställe. Begrenzt (BW, SN); Gegeben (TH); Ggf. sinnvoll, um potenzielle Flugwege zw. Brutplatz und attraktiver Nahrungsquelle zu ermitteln (SH).
Wanderfalke Jagd im freien Luftraum (Verfolgungsflug). Brut überwiegend in Wäldern. Begrenzt.
Weißstorch Jagd im Offenland, auf Grünland, in Siedlungsnähe. Brutplätze zumeist künstlich Gut.
Wespenbussard Horst in Wäldern mit alten Laubbäumen. Nahrungshabitate mit Vorkommen von staatenbildenden Wespen. Keine Einschätzung vorhanden.
Wiesenweihe Art des Offenlandes Gut.

Einordnung

Die Habitatpotenzialanalyse (HPA) hat für Arten mit enger Habitatbindung (Spezialisten) eine größere Aussagekraft als für Generalisten und Nahrungsopportunisten. Je höher die Habitatbindung ist, desto besser lässt sich das Raumnutzungsverhalten einer Art prognostizieren. Für Arten mit engerer Habitatbindung (wie dem Seeadler) ist die Belastbarkeit der Prognose hoch, bei Arten mit wenig ausgeprägter Habitatbindung – wie es zum Beispiel beim Rotmilan der Fall ist – ist sie hingegen begrenzt.

Angesichts der eingeschränkten Aussagekraft bei einigen Arten dürfte eine gewisse Herausforderung bei der geplanten Untersetzung darin bestehen, wie man methodisch zu hinreichend validen Bewertungsergebnissen zur Signifikanz von Kollisionsrisiken kommt. Dies gilt insbesondere bei Brutplätzen im Abstand des engeren Prüfbereichs, wo die HPA zukünftig explizit die bevorzugte Bewertungsmethode sein soll.

Mit Einführung der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes sind andere Untersuchungsmethoden als die HPA (z. B. die RNA) rechtlich nur noch auf Verlangen des Vorhabenträgers möglich. Es bleibt abzuwarten, in welchem Maße die Vorhabenträger von der Möglichkeit Gebrauch machen.

Bis zur Veröffentlichung bzw. bis zum Inkrafttreten einer Verordnung zur methodischen Untersetzung der HPA behalten diesbezüglich die Vorgaben in den bestehenden Länderleitfäden ihre Gültigkeit, wenngleich diese bislang kaum konkrete methodische Vorgaben enthalten.


[1] Konferenz der Umweltminister und Umweltministerinnen und der Umweltsenatoren und Umweltsenatorinnen des Bundes und der Länder der Bundesrepublik Deutschland.

[2] In der Regel handelt es sich bei den Angaben um Expertenwissen, zu denen sich in den Leitfäden keine empirischen Belege finden.

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Literaturverzeichnis

Baur, B. (2021): Naturschutzbiologie. 1. Auflage. utb GmbH (Hrsg.), Stuttgart. 440 S.

BfN – Bundesamt für Naturschutz, KNE − Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (2020): Methodenvorschlag des Bundes zur Prüfung und Bewertung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos von Vögeln an WEA. Unveröffentlicht. Bonn, Berlin. 43 S.

LAG VSW – Länderarbeitsgemeinschaft der staatlichen Vogelschutzwarten in Deutschland (Hrsg.) (2021): Fachliche Empfehlungen für avifaunistische Erfassung und Bewertung bei Windenergieanlagen-Genehmigungsverfahren – Brutvögel. BfN-Skripten 602. 29 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.05.2022).

LUNG MV – Landesamt für Umwelt Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (2016): Artenschutzrechtliche Arbeits- und Beurteilungshilfe für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen. Teil Vögel. Schwerin. 78 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.05.2022).

MELUND SH – Ministerium für Energiewende Landwirtschaft Umwelt Natur und Digitalisierung (2021): Standardisierung des Vollzugs artenschutzrechtlicher Vorschriften bei der Zulassung von Windenergieanlagen für ausgewählte Brutvogelarten. Arbeitshilfe zur Beachtung artenschutzrechtlicher Belange. S. 97. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.05.2022)

SMEKUL SN – Sächsisches Staatsministerium für Energie Klimaschutz Umwelt und Landwirtschaft (2021): Leitfaden Vogelschutz an Windenergieanlagen im Freistaat Sachsen. Stand 1. Dezember 2021. 74 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.05.2022).

Südbeck, P., Andretzke, H., Fischer, S., Gedeon, K., Schikore, T., Schröder, K., Sudfeldt, C. (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. 1. Auflage. DDA - Dachverband Deutscher Avifaunisten (Hrsg.), Münster. 792 S.

TLUG – Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (2017): Avifaunistischer Fachbeitrag zur Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) in Thüringen. 61 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 03.08.2021).

UM BW − Ministerium für Umwelt Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, LUBW − Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (2021): Hinweise zur Erfassung und Bewertung von Vogelvorkommen bei der Genehmigung von Windenergieanlagen. Stuttgart, Karlsruhe. 195 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.05.2022).

UMK (2020): Standardisierter Bewertungsrahmen zur Ermittlung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Hinblick auf Brutvogelarten an Windenergieanlagen (WEA) an Land – Signifikanzrahmen. 17 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.05.2022).