Frage
Wie hoch ist die Zahl der Windenergieanlagen an Land in Deutschland, die mit nÀchtlichen Abschaltungen zum Schutz von FledermÀusen betrieben werden?
VollstÀndige Antwort
Dies kann derzeit nicht genau beantwortet werden. Zwar werden mittlerweile alle in Betrieb befindlichen Windenergieanlagen (WEA) in Deutschland im sogenannten Marktstammdatenregister erfasst, nicht aber die naturschutzfachlichen Auflagen, wie Abschaltungen zum Fledermausschutz. Auch gibt es unseres Wissens in den LÀndern bislang kaum entsprechende systematische Auswertungen der zum Teil bei einer Vielzahl von Genehmigungsbehörden und Betreibern liegenden Genehmigungsbescheide.
1. Umfragen zu Abschaltungen fĂŒr FledermĂ€use und daraus bundesweit ableitbare Zahlen
Ergebnisse von Umfragen zu Fledermaus-Abschaltungen an WEA liegen recht weit auseinander.
Die Autoren Fritze et al. publizierten in der Fachzeitschrift âNaturschutz und Landschaftsplanungâ im Januar 2019 die Ergebnisse einer nicht reprĂ€sentativen Umfrage zu Fledermaus-Abschaltungen an WEA, die bereits 2016 unter Behördenvertretern, Fachgutachtern, NGO-Ehrenamtlern, Windenergie-Vertretern und Wissenschaftlern durchgefĂŒhrt wurde. In der Umfrage sollte unter anderem der relative Anteil an WEA geschĂ€tzt werden, fĂŒr die entsprechende Abschaltzeiten gelten. Fritze et al. (2019, S. 24) analysierten, dass der âgröĂte Anteil der Umfrageteilnehmer (40-50 Prozent) schĂ€tzt, dass weit weniger als 25 Prozent der in Deutschland gebauten WEA mit Abschaltzeiten laufen, wĂ€hrend knapp ein Drittel der Windenergievertreter meint, dieser Anteil betrage mehr als 75 Prozent.â
Weit auseinander und breit gefĂ€chert liegen auch die Antworten von Behördenvertreterinnen und -vertretern, die insgesamt rund die HĂ€lfte der Antwortenden ausmachte. Sie schĂ€tzten zu jeweils ungefĂ€hr zehn Prozent, dass der Anteil an WEA mit Abschaltungen zwischen 76 und 100 Prozent bzw. 51 und 75 Prozent lĂ€ge. Jeweils weitere 20 Prozent entfielen auf die Antworten âzwischen 26 und 50 Prozentâ, âzwischen 5 und 25 Prozentâ und âkleiner 5 Prozentâ. Die restlichen zirka 20 Prozent konnten in der Frage keine EinschĂ€tzung abgeben.
Die sehr unterschiedlichen EinschĂ€tzungen dĂŒrften aus unserer Sicht wesentlich damit zusammenhĂ€ngen, dass die Antwortenden jeweils nur vor dem Hintergrund ihrer eigenen Projekterfahrungen bzw. projekt- bzw. raumbezogenen ZustĂ€ndigkeiten antworten (konnten).
In einer im FrĂŒhjahr 2020 von der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind 2020) durchgefĂŒhrten Umfrage unter Betreibern zu Abschaltungen und Gondelmonitorings an WEA waren 95 Prozent der insgesamt 440 âgemeldetenâ WEA mit Abschaltungen zum Fledermausschutz belegt. (ebd., S. 9) Trotz immerhin insgesamt 113 auswertbaren DatensĂ€tzen der Umfrage, bildet sie mit knapp fĂŒnf Prozent der im Analysezeitraum 2012 bis 2018 in Betrieb genommenen Anlagen nur einen kleinen und nicht reprĂ€sentativen Ausschnitt ab (ebd., S. 9 sowie S. 38).
Zudem ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich Betreiber eher nicht an der Umfrage beteiligten, wenn ihre Vorhaben nicht mit Abschaltungen beauflagt wurden bzw. solche Vorhaben nicht oder zumindest nur in geringer Zahl gemeldet wurden, da hier die Motivation bzw. der âLeidensdruckâ durch ErtragseinbuĂen vergleichsweise geringer sein dĂŒrfte.[1]
Daher kann man aus den in Umfragen gewonnenen Zahlen kaum belastbare Schlussfolgerungen hinsichtlich der Frage der Gesamtzahl von in Deutschland mit Abschaltungen zum Fledermausschutz betriebener WEA ziehen.
2. Grobe AbschÀtzung auf Grundlage der rechtlichen Entwicklung, der Forschung, Experten-EinschÀtzungen sowie der Entwicklung des Anlagenbestands
Eine andere Möglichkeit, zumindest zu einer groben Zahl zu kommen, stellt eine AbschĂ€tzung anhand chronologischer Zahlen des WEA-Bestands beziehungsweise des Zu- und RĂŒckbaus dar, die die Entwicklung des Artenschutzrechts, die Forschung zum Thema Fledermaus-Abschaltungen und deren Eingang in die Praxis mit einbezieht. Die erstmals im Oktober 2020 vom KNE ermittelten Zahlen werden nun auf Basis aktualisierter Zahlen zum Anlagenbestand fortgeschrieben.
Rechtliche Entwicklung sowie Entwicklung der Forschung und der Vorgaben der LĂ€nder mit Auswirkung auf die Genehmigungspraxis
Erst seit Inkrafttreten des novellierten Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) 2007 â mit der EinfĂŒhrung des "Besonderen Artenschutzrechts" â besteht das Erfordernis, zur Einhaltung des Tötungsverbots und zur Abwendung von Tötungsereignissen Abschaltauflagen fĂŒr FledermĂ€use (und Vögel) zu erlassen. Nur in sehr wenigen FĂ€llen dĂŒrften Anlagen mit Abschaltungen belegt sein, die vorher in Betrieb gingen.
Erste, zum Teil unveröffentlichte Studien zu Fledermaus-Schlagopfern an Windenergieanlagen und zu Abschaltungen zu deren Reduktion gab es in Deutschland jedoch bereits Mitte der 2000er Jahre. Diese flossen in Verbindung mit weiteren Schlagopferstudien in eine BroschĂŒre des RegierungsprĂ€sidiums Freiburg ein, in der bereits Abschaltungen in ZeitrĂ€umen mit hohem Kollisionsrisiko empfohlen wurden (RP Freiburg 2006).
Die maĂgebliche Erforschung von Schlagopferzahlen an einer gröĂeren Zahl an Anlagen und die Entwicklung von Abschaltalgorithmen erfolgte in den Jahren 2007 bis 2009 im sog. RENEBAT-I-Vorhaben. Die Ergebnisse und die Empfehlungen zur Vorgehensweise bei der Ermittlung und Festlegung von (pauschalen) Abschaltungen sowie zur DurchfĂŒhrung von Gondelmonitorings wurden durch Brinkmann et al. (2011) veröffentlicht. In Folgeprojekten (Behr et al. 2015 und 2018) wurden die Ergebnisse ĂŒberprĂŒft und die Methoden optimiert.
Die Hinweise und Empfehlungen zur Umsetzung von Fledermausabschaltungen in der Genehmigungspraxis wurden seit 2011 sukzessive in den Erlassen und ArtenschutzleitfÀden der LÀnder zur Windenergie aufgenommen. Bereits 2008 enthielt der Artenschutzleitfaden Schleswig-Holsteins allgemeine Empfehlungen zu Abschaltungen bei hoher FledermausaktivitÀt (LANU SH 2008, S. 69). Noch vor der Veröffentlichung der ersten RENEBAT-Studie folgten bereits umfangreiche Empfehlungen aus Brandenburg (s. MUGV BB 2010[2]). Nach Mayer et al. (2015, S. 287) enthielt auch der Windenergieerlass Bayern (seinerzeit von 2011) umfangreiche Empfehlungen zu Betriebsalgorithmen. 2012 folgten die LÀnder Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und auch Schleswig-Holstein mit einem separaten Empfehlungspapier zu Abschaltbedingungen zum Fledermausschutz, das Saarland 2013.[3]
Eine aktualisierte Auswertung veröffentlichter LĂ€nderhandreichungen im RENEBAT-III-Vorhaben durch Reinhard und Brinkmann (2018) fĂŒhrte zusĂ€tzliche LeitfĂ€den mit entsprechenden Vorgaben auf, so aus Baden-WĂŒrttemberg (2014), Niedersachsen (2014 und 2016), ThĂŒringen (2015), aus dem Landkreis Mittelsachsen (2015) und aus Bayern (2016 und 2017). Damit gab es bereits bis August 2016 âin den meisten BundeslĂ€ndernâ Vorgaben und Abhandlungen zu Abschaltzeiten. In fast allen gĂŒltigen LeitfĂ€den wurden pauschale Betriebsalgorithmen als MaĂnahmen genannt und diese auch im ersten Betriebsjahr parallel zu der Erfassung der FledermausaktivitĂ€t in Gondelhöhe eingesetzt. (ebd., S. 387)
Nicht mehr in der Auswertung berĂŒcksichtigt werden konnten entsprechende Vorgaben aus Mecklenburg-Vorpommern (2016), und seit 2018 hat auch Sachsen-Anhalt einen Artenschutzleitfaden, der Abschaltungen zum Fledermausschutz vorsieht. LeitfĂ€den mit entsprechenden Vorgaben fehlen somit weiterhin fĂŒr die Stadtstaaten sowie fĂŒr Sachsen.
Auf Grundlage der Forschungsergebnisse und ihrer Verankerung in den LeitfĂ€den dĂŒrfte die Zahl an Vorhaben mit Fledermaus-Abschaltungen sukzessive deutlich zugenommen haben. Dies deckt sich mit weiteren Erkenntnissen aus der Forschung.
So konnten Reichenbach et al. (2015) Daten von 193 Gondelmonitorings der FledermausaktivitĂ€t von 130 WEA auf Offenland- und Waldstandorten aus den Jahren 2008 bis 2014 zusammentragen und analysieren. Ein GroĂteil der Monitorings entfiel hierbei auf die Jahre 2012 bis 2014.[4]  Im Rahmen von Auswertungen finaler Fassungen von Landschaftspflegerischen BegleitplĂ€nen von 66 Windenergievorhaben auf Waldstandorten aus den Jahren 2003 bis 2014 tauchen Abschaltungen fĂŒr FledermĂ€use als SchutzmaĂnahmen ebenfalls seit 2009 auf: Fast ein Drittel sahen "Abschaltungen ab Inbetriebnahme" vor, mehr als ein Drittel "Abschaltung je nach Monitoring-Ergebnissen" und knapp unter einem Drittel sahen "keine Abschaltungen" vor. Dabei nahm die Zahl der Vorhaben, in denen weder Abschaltung ab Inbetriebnahme noch Monitoring mit möglicher darauf basierender Abschaltung vorgesehen war, bei den jĂŒngeren Gutachten immer weiter ab. Im Jahr 2012 sahen bereits 50 Prozent der Gutachten Abschaltungen ab Inbetriebnahme vor (2013: 25 Prozent, 2014: 75 Prozent). Der Anteil an Gutachten zu Vorhaben aus diesen Jahren, in denen Abschaltungen nicht als MaĂnahme vorgesehen waren, lag bei rund 15, zehn bzw. null Prozent. (Reichenbach et al. 2015, S. 292 ff.)
Die Zahlen können â wie auch die aus den oben genannten Umfragen â keinen Anspruch auf eine deutschlandweite ReprĂ€sentativitĂ€t erheben, da nur Gutachten ausgewertet werden konnten, die freiwillig zur VerfĂŒgung gestellt wurden. Alle Standorte aus den seinerzeit sieben BundeslĂ€ndern, in denen WEA auf Waldstandorten nicht zulĂ€ssig waren, flossen nicht mit in die Auswertung ein, ebenso keine reinen Offenlandstandorte. FĂŒr die LĂ€nder, in denen WEA auf Waldstandorten zulĂ€ssig waren, konnten die Forscher allerdings insgesamt etwas ĂŒber die HĂ€lfte der realisierten WEA im Wald berĂŒcksichtigen (ebd., S. 240 f.). FĂŒr die von Reichenbach et al. berĂŒcksichtigten LĂ€nder ist aus unserer Sicht davon auszugehen, dass die Praxis bezĂŒglich Fledermaus-Abschaltungen auf Offenlandstandorten nicht wesentlich von denen auf Waldstandorten abwich, zumal die SchutzmaĂnahmen an Offenlandstandorten entwickelt wurden und es aus diesem Grunde zunĂ€chst gewisse Bedenken gab, ob die Abschalt-MaĂnahmen in gleicher Form auch auf Anlagenstandorte im Wald ĂŒbertragbar seien.
Der Stand der ArtenschutzleitfĂ€den der LĂ€nder (s. o.) verdeutlicht, dass sich pauschale Fledermaus-Abschaltungen ab Inbetriebnahme sowie deren Anpassung anhand von Gondelmonitorings mittlerweile zu einem "Standard" in der Genehmigungspraxis entwickelt haben. Dies unterstreichen zum Beispiel aktuelle Untersuchungen aus Baden-WĂŒrttemberg, wo in rund 80 Prozent aller zwischen 2011 und 2016 landesweit erteilten Genehmigungsbescheide Abschalt-Auflagen enthalten waren (Kron und Frey 2020 mdl.). Auch die Auswertung âjungerâ Genehmigungsunterlagen aus dem Zeitraum August 2019 bis Februar 2020 (37 Vorhaben aus zehn BundeslĂ€ndern) ergab, dass 97 Prozent der WEA mit Schutzabschaltungen genehmigt wurden (FA Wind 2020, S. 28). Weiterhin bestehen â gegenĂŒber dem Stand von 2020 unverĂ€ndert â Einzelmeldungen und -meinungen, dass weiterhin auch Vorhaben gĂ€nzlich ohne Abschaltungen bzw. Gondelmonitorings genehmigt wĂŒrden.
Zusammenfassend gehen wir fĂŒr die weiteren AbschĂ€tzungen vereinfachend davon aus, dass Abschaltauflagen zum Fledermausschutz nennenswert erst ab dem Jahr 2009 sukzessive Einzug in die Genehmigungspraxis fanden. Die Aufnahme in die LĂ€nderleitfĂ€den ab Anfang 2011 dĂŒrfte sich spĂ€testens fĂŒr Inbetriebnahmen von WEA ab 2012 ausgewirkt haben. Ab 2018 dĂŒrften auf die allermeisten Neuerrichtungen von WEA entweder pauschale oder in Folge von Gondelmonitorings in den meisten FĂ€llen anlagenspezifische Abschaltungen zum Fledermausschutz beauflagt worden sein.
Grobe AbschÀtzung anhand der Entwicklung des Anlagenbestands
Die Deutsche WindGuard ermittelt im Auftrag des Bundesverbands WindEnergie und VDMA Power Systems fortlaufend den Status des Windenergieausbaus in Deutschland und veröffentlicht entsprechende Statistiken. Auf Anfrage erhĂ€lt man auch eine Ăbersicht des aktuellen deutschen Anlagenbestands nach Inbetriebnahmejahren (Deutsche WindGuard 2023), der sich fĂŒr eine grobe AbschĂ€tzung der Anlagenzahl mit und ohne Fledermausschutzabschaltungen eignet (siehe Anhang).
Hiernach gab es in Deutschland Ende 2022 28.410 WEA mit insgesamt rund 58 Gigawatt installierter Leistung.[5] Aufgrund der Rechtslage (s. o.) dĂŒrften die bis Ende 2008 errichteten WEA sehr wahrscheinlich nur in vernachlĂ€ssigbar geringer Zahl mit Fledermaus-Abschaltungen belegt worden sein. Vereinfachend und konservativ gehen wir fĂŒr die weitere AbschĂ€tzung anhand des Anlagenbestands nach Inbetriebnahmejahren und der oben aufgefĂŒhrten Informationen davon aus, dass seit 2009 ĂŒberschlĂ€gig folgende Anteile an WEA mit Fledermausabschaltungen betrieben werden:
2009 bis 2011: 30 Prozent = 878 WEA,
2012 bis 2014: 60Â Prozent = 2.347 WEA,
2015 bis 2017: 90 Prozent = 4.333 WEA,
2018 bis 2022: 95 Prozent = 2.377 WEA.
Unter diesen Annahmen kommen wir zum Stand Ende 2022 auf nunmehr insgesamt 9.935 Windenergieanlagen, die mit Abschaltungen zum Fledermausschutz betrieben werden. Dies entspricht mit 35 Prozent gut einem Drittel des Anlagenbestands (Ende 2019 war es noch gut ein Viertel).
Je nach Anzahl der in den kommenden Jahren zurĂŒckgebauten bzw. neu errichteten Anlagen wird sich der Anteil an WEA mit Abschaltungen erhöhen.
Es ist zu betonen, dass die geschĂ€tzten Zahlen durch die getroffenen Setzungen Unsicherheiten aufweisen. Sie sollten daher nicht fĂŒr weitere âHochrechnungenâ, beispielsweise zu Schlagopferzahlen von FledermĂ€usen, verwendet werden.
3. Zusammenfassung und Ausblick
Die uns vorliegenden Umfrage-Ergebnisse zur Zahl von Windenergieanlagen mit Abschaltungen zum Fledermausschutz in Deutschland liegen sehr weit auseinander und sind daher in Hinblick auf eine Gesamtschau als eher nicht verlĂ€sslich anzusehen. Nach unserer groben SchĂ€tzung anhand des Anlagenbestands nach Inbetriebnahmejahren sowie der Entwicklung von Recht, Forschung, LĂ€ndervorgaben und Genehmigungspraxis könnte der Anteil an WEA in Deutschland mit Abschaltungen zum Fledermausschutz bei derzeit gut einem Drittel des Anlagenbestands liegen. GegenĂŒber unserer AbschĂ€tzung von 2020 (Anlagenbestand von Ende 2019) ist dies eine positive Entwicklung.
Eine verlĂ€sslichere KlĂ€rung der Frage, wie viele Windenergieanlagen tatsĂ€chlich mit Fledermausabschaltungen betrieben werden, könnte aber weiterhin nur durch eine systematische und reprĂ€sentative Auswertung von WEA-Genehmigungsunterlagen erreicht werden. Eine Alternative wĂ€re die Aufnahme der Abschaltauflagen in das Marktstammdatenregister â wenn nicht rĂŒckwirkend, dann zumindest ab jetzt. Damit wĂŒrde wenigstens fĂŒr den weiteren Zubau eine bessere Datengrundlage geschaffen.
Wir gehen davon aus, dass sich durch RĂŒckbau und Repowering von Altanlagen ohne Abschaltungen die Zahl und der Anteil an WEA am Gesamtbestand mit Abschaltungen in den kommenden Jahren weiter erhöhen wird â gegenwĂ€rtig sind rund 8.000 WEA seit mehr als 20 Jahren in Betrieb.
Wenn, wie im Rahmen des neu geschaffenen nationalen Artenhilfsprogramm zukĂŒnftig Altanlagen nachtrĂ€glich mit Abschaltungen ausgestattet wĂŒrden, könnten insbesondere WEA auf Hochrisikostandorten â auf freiwilliger Basis â mit deutlich reduzierter Schlagopferzahl und somit deutlich âfledermausfreundlicherâ weiter betrieben werden.
[1] Vgl. Diskussion der Autoren zu besonders rĂŒckmeldungsstarken BundeslĂ€ndern mit vergleichsweise hohen geschĂ€tzten EinbuĂen durch die Fledermaus-Abschaltungen (FA Wind 2020, S. 33).
[2] Die Anlage 3 zu FledermÀusen und Windenergie vom 13.12.2010 trat zusammen mit dem Windenergieerlass Brandenburg am 01.01.2011 in Kraft.
[3] Befragungen von Naturschutzbehörden im Jahr 2014 ergaben, dass auch in den BundeslÀndern ohne entsprechende LeitfÀden bereits hÀufig Betriebsalgorithmen nach dem RENEBAT-I-Vorhaben angewendet wurden (TU Berlin et al. 2015, S. 82 f.).
[4] Gondelmonitorings werden entweder zur standortspezifischen Anpassung bereits ab Inbetriebnahme eingerichteter pauschaler Fledermausabschaltungen oder zur nachtrĂ€glichen Entscheidung, ob solche eingerichtet werden mĂŒssen, durchgefĂŒhrt.
[5] Die ursprĂŒngliche Antwortfassung vom 14.10.2020 enthielt einen höheren Anlagenbestand von 29.450 WEA zum Zeitpunkt Ende 2019. Die nunmehr geringere Bestandszahl trotz stetigem Nettozubau seitdem ist in einer Umstellung der Datengrundlage bei der Deutschen WindGuard begrĂŒndet.
Anhang:
Tabelle 1: Anlagenbestand der deutschen Windenergieanlagen an Land (Leistung > 100kW) nach Inbetriebnahmejahren zum Zeitpunkt 31.12.2022 nach Deutsche WindGuard (2023). Eigene Summierungen ergÀnzt.
Inbetriebnahmejahr | Anlagenbestand | Leistungsbestand | Summierung WEA | Summierung Leistung |
---|---|---|---|---|
1994 und jĂŒnger | 464 WEA | 162 MW | 14.255 WEA | 19.071 MW |
1995 | 497 WEA | 245 MW | ||
1996 | 401 WEA | 209 MW | ||
1997 | 411 WEA | 242 MW | ||
1998 | 547 WEA | 392 MW | ||
1999 | 939 WEA | 855 MW | ||
2000 | 989 WEA | 1.088 MW | ||
2001 | 1.742 WEA | 2.246 MW | ||
2002 | 1.961 WEA | 2.727 MW | ||
2003 | 1.652 WEA | 2.552 MW | ||
2004 | 1.163 WEA | 1.969 MW | ||
2005 | 1.005 WEA | 1.729 MW | ||
2006 | 1.199 WEA | 2.218 MW | ||
2007 | 887 WEA | 1.665 MW | ||
2008 | 398 WEA | 770 MW | ||
2009 | 1.368 WEA | 2.656 MW | 2.928 WEA | 5.929 MW |
2010 | 710 WEA | 1.406 MW | ||
2011 | 850 WEA | 1.867 MW | ||
2012 | 1.014 WEA | 2.415 MW | 3.911 WEA | 10.101 MW |
2013 | 1.158 WEA | 3.013 MW | ||
2014 | 1.739 WEA | 4.673 MW | ||
2015 | 1.393 WEA | 3.794 MW | 4.814 WEA | 13.771 MW |
2016 | 1.560 WEA | 4.445 MW | ||
2017 | 1.861 WEA | 5.532 MW | ||
2018 | 766 WEA | 2.474 MW | 2.502 WEA | 9.183 MW |
2019 | 281 WEA | 952 MW | ||
2020 | 420 WEA | 1.427 MW | ||
2021 | 484 WEA | 1.427 MW | ||
2022 | 551 WEA | 2.403 MW | ||
Gesamt | 28.410 WEA | 58.056 MW | 28.410 WEA | 58.056 MW |
Quellen
Behr, O., Brinkmann, R., Korner-Nievergelt, F., Nagy, M., Niermann, I., Reich, M., Simon, R. (Hrsg.) (2018): Bestimmung des Kollisionsrisikos von FledermĂ€usen an Onshore-Windenergieanlagen in der Planungspraxis (RENEBAT III) â Endbericht des Forschungsvorhabens, gefördert durch das Bundesministerium fĂŒr Wirtschaft und Energie (Förderkennzeichen 0327638E). Erlangen, Freiburg, Ettiswil. 415 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 02.05.2023).
Behr, O., Brinkmann, R., Korner-Nievergelt, F., Nagy, M., Niermann, I., Reich, M., Simon, R. (Hrsg.) (2015): Reduktion des Kollisionsrisikos von FledermĂ€usen an Onshore-Windenergieanlagen (RENEBAT II). Schriftenreihe Institut fĂŒr Umweltplanung 7. Leibniz UniversitĂ€t, Hannover. 368 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 02.05.2023).
Brinkmann, R., Behr, O., Niermann, I., Reich, M. (2011): Entwicklung von Methoden zur Untersuchung und Reduktion des Kollisionsrisikos von FledermÀusen an Onshore-Windenergieanlagen. Umwelt und Raum 4. 1. Auflage. Cuvillier Verlag, Göttingen. 457 S.
Deutsche WindGuard (2023): Anlagenbestand der deutschen Windenergieanlagen an Land (Leistung > 100kW) nach Inbetriebnahmejahren zum Zeitpunkt 31.12.2022 auf Grundlage der Auswertung des Marktstammdatenregisters mit diversen Datenkorrekturen. Zusammenstellung auf Anfrage des KNE vom 24.04.2023.
FA Wind â Fachagentur Windenergie an Land e.V. (2020): Fledermausschutz an Windenergieanlagen. Ergebnisse einer Betreiberumfrage zum Gondelmonitoring. Berlin. 46 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 02.05.2023).
Fritze, M., Lehnert, L.S., Heim, O., Lindecke, O., Roeleke, M. (2019): Fledermausschutz im Schatten der Windenergie. Naturschutz und Landschaftsplanung 51 (01). S. 20-27.
Mayer, K., Hurst, J., Niermann, I., Reich, M., Brinkmann, R. (2015): Planungsvorgaben bezĂŒglich der Beachtung des Fledermausschutzes bei Planung und Betrieb von Windenergieanlagen - eine Recherche bei Behörden und nicht-staatlichen Organisationen - In: Behr, O., Brinkmann, R., Korner-Nievergelt, F., Nagy, M., Niermann, I., Reich, M., Simon, R. (Hrsg.) (2015): Reduktion des Kollisionsrisikos von FledermĂ€usen an Onshore-Windenergieanlagen (RENEBAT II). Schriftenreihe Institut fĂŒr Umweltplanung 7. Leibniz UniversitĂ€t, Hannover. S. 271-315.
Reichenbach, M., Brinkmann, R., Kohnen, A., Köppel, J., Menke, K., Ohlenburg, H., Reers, H., Steinborn, H., Warnke, M. (2015): Bau- und Betriebsmonitoring von Windenergieanlagen im Wald. Abschlussbericht vom 30.11.2015. Oldenburg. 351 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 02.05.2023).
Reinhard, H., Brinkmann, R. (2018): Zeitliche EinschrĂ€nkungen des Betriebs von Windenergieanlagen als MaĂnahme des Fledermausschutzes. In: Behr, O., Brinkmann, R., et al. (Hrsg.): Bestimmung des Kollisionsrisikos von FledermĂ€usen an Onshore-Windenergieanlagen in der Planungspraxis (RENEBAT III) - Endbericht des Forschungsvorhabens gefördert durch das Bundesministerium fĂŒr Wirtschaft und Energie (Förderkennzeichen 0327638E). Erlangen, Freiburg, Ettiswil. S. 375-416.
RP Freiburg (2006): Auswirkungen von Windkraftanlagen auf FledermĂ€use. Ergebnisse aus dem Regierungsbezirk Freiburg mit einer Handlungsempfehlung fĂŒr die Praxis. 20 S.
TU Berlin, FA Wind, WWU MĂŒnster (2015): VermeidungsmaĂnahmen bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen. Bundesweiter Katalog von MaĂnahmen zur Verhinderung des Eintritts von artenschutzrechtlichen VerbotstatbestĂ€nden nach § 44 BNatSchG. FA Wind - Fachagentur Windenergie an Land, Berlin. 124 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 02.05.2023).
MĂŒndliche Quellen:
Kron und Frey (2020, mdl.) - Telefonischer Fachaustausch am 27.08.2020 sowie am 01.09.2020 zu Ergebnissen des Forschungsprojekts âInhalts- und Nebenbestimmungen in Genehmigungen von Windenergieanlagenâ der Hochschule Kehl.