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Veröffentlicht
15.02.2024
Schlagworte
  • Wald
  • Windenergie

Frage

Gibt es Zahlen zum Umfang der in Deutschland für Windenergieanlagen im Wald gerodeten Flächen und gibt es Studien, die sich mit dem Beitrag der Onshore-Windenergie zum Waldumbau im Sinne eines an den Klimawandel angepassten Waldes befassen?

!Antwort

Zum Gesamtumfang bislang gerodeter Flächen für Windenergieanlagen (WEA) in Deutschland gibt es keine exakten Zahlen, da diese Zahlen nicht systematisch länderübergreifend dokumentiert und ausgewertet werden. Hochrechnungen gehen davon aus, dass für die Ende 2022 bundesweit 2.373 auf Waldstandorten betriebenen WEA zusammengenommen rund 2.136 Hektar Wald in Anspruch genommen wurden, davon durch eine dauerhafte Waldumwandlung 1.092 Hektar (FA Wind 2023a, S. 16). Dies entspricht einem Anteil an der Gesamtwaldfläche Deutschlands von lediglich 0,009 Prozent.

Die Fachagentur Wind an Land ermittelte, dass während der Bauphase einer WEA durchschnittlich 0,44 Hektar für Transport-, Arbeits- und Montagetätigkeiten temporär in Anspruch genommen werden. Durchschnittlich 0,46 Hektar Waldfläche werden pro Anlage zusätzlich dauerhaft in Anspruch genommen (ebd., S. 15). Diese Flächen umfassen das Fundament, die Kranstellfläche sowie die Neuanlage oder ggf. Verbreiterung bestehender Zuwegungen inklusive Überschwenkbereiche in Kurven und ggf. zu schaffende Böschungen und Bankette (vgl. FA Wind 2023a, S. 13).

Je nach Standort, Anlagentyp, Alter und Größe der Anlagen schwankt die dauerhaft benötigte Fläche zwischen 0,04 ha und 1,34 ha (FA Wind 2023a, S. 15). Zu ähnlichen Zahlen kamen bereits Reichenbach et al. (2015), die Landschaftspflegerische Begleitpläne zu WEA-Vorhaben im Wald auswerteten. Die Analyse ergab, dass sich die in Anspruch genommene Fläche pro Anlage erhöht, wenn Lagerflächen sowie standortbedingt lange Zuwegungen innerhalb von Waldflächen liegen oder nur in begrenztem Umfang bereits vorhandene Wege genutzt werden können. Umgekehrt verhält sich dies, wenn vorhandene Wege genutzt werden können bzw. Lagerflächen und Zuwegung in Offenlandflächen liegen und nur der Anlagenstandort selbst im Wald (insbesondere bei Standorten am Waldrand). Mit dem Trend hin zu größeren Anlagendimensionen (Turmhöhe, Rotorblattlänge und Leistung) stellten die Autorinnen und Autoren auch ein Trend zu steigenden Rodungsflächen fest. Bezogen auf die Leistung der WEA (Rodungsfläche pro Megawatt Nennleistung) war dieser Effekt jedoch moderat (ebd., S. 199 f.) Der Trend zu wachsenden Anlagengrößen setzt sich aktuell weiter fort (vgl. FA Wind 2023b, S. 22), was tendenziell auch zu einer weiter steigenden Flächeninanspruchnahme führen dürfte.

In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass WEA zumindest teilweise auf ohnehin nicht bestockten Waldflächen bzw. auf Kalamitätsflächen realisiert werden, die bereits gerodet wurden bzw. aufgrund des Schädlingsbefalls zu roden sind. Temporär beanspruchte Waldflächen werden nach Abschluss der Errichtungsarbeiten gemäß den Vorgaben der Lan-deswaldgesetze wieder aufgeforstet. Dauerhaft beanspruchte Waldumwandlungsflächen sind in Form von Erstaufforstungen wertgleich zu kompensieren (FA Wind 2023a, S. 9). In waldreichen Bundesländern kann die dauerhafte Waldinanspruchnahme zum Teil auch durch ökologische Waldumbaumaßnahmen oder Waldrandgestaltungen ausgeglichen werden (ebd., S. 13).[1]

Zu großen Teilen handelt es sich bei der Waldinanspruchnahme durch die Windenergie weder um einen formalen noch einen realen Nettoverlust an Waldfläche. Es ist vielmehr ein temporärer, je nach betroffenem Waldbiotoptyp und Baumalter mitunter durch die Entwicklungszeit der Ersatzpflanzungen oder der Naturverjüngung allerdings auch langjähriger Funktionsverlust.

Zum Beitrag der Onshore-Windenergie zum Waldumbau im Sinne eines klimaresilienten – also an den Klimawandel angepassten – Waldes sind dem KNE keine Studien bekannt. Aus der Auswertung der Landschaftspflegerischen Begleitpläne durch Reichenbach et al. (2015) ist aber bekannt, dass bei der Aufforstung temporär in Anspruch genommener Waldflächen und bei der Schaffung und Weiterentwicklung von Wald- und Waldrandflächen im Zuge der waldrechtlichen und der naturschutzrechtlichen Eingriffskompensation in den meisten Fällen Gehölze der Laub- und Laubmischwälder sowie der Waldsäume verwendet werden (Reichenbach et al. 2015, S. 179 ff.). Diese dürften in vielen Fällen klimaresilienter sein als die in Anspruch genommenen Waldflächen, insbesondere, wenn sie (Nadelbaum-) Monokulturen ersetzen.

Pachteinnahmen für die genutzten Waldflächen können von den Waldeigentümerinnen und -eigentümern zusätzlich für den klimawandelgerechten Waldumbau genutzt werden (vgl. BWE 2021, S. 21 und 25).

Der Waldumbau hin zu klimaresilienten Wäldern ist eine sehr große wald- und forstwirtschaftliche Gesamtaufgabe. Zwar können Windenergievorhaben lokal einen klimawandelgerechten Waldumbau unterstützen. Vor dem Hintergrund der oben dargestellten sehr begrenzten Flächenumfänge für Wiederaufforstungen und Kompensation sowie des sehr geringen Anteils der Flächeninanspruchnahme an der Gesamtwaldfläche Deutschlands dürfte der Beitrag insgesamt eher gering sein.


[1] In einigen Bundesländern ist auch ein finanzieller Ausgleich durch Zahlung einer zweckgebundenen Wald­erhaltungsabgabe möglich, wenn zum Beispiel Ersatzaufforstungen mangels geeigneter Flächen nicht möglich sind.

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Literaturverzeichnis

BWE − Bundesverband WindEnergie (2021): Windenergie im Forst. Wie Windenergie einen Beitrag zum Waldschutz leistet. Berlin. 25 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 15.02.2024).

FA Wind – Fachagentur Windenergie an Land (2023a): Entwicklung der Windenergie im Wald. Ausbau, planerische Vorgaben und Empfehlungen für Windenergiestandorte auf Waldflächen in den Bundesländern. Stand: 03.08.2023. 8. Auflage. 50 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 15.02.2024).

FA Wind (2023b): Ausbausituation der Windenergie an Land für das Jahr 2022. Auswertung windenergiespezifischer Daten im Marktstammdatenregister für den Zeitraum Januar bis Dezember 2022. Berlin. 47 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 15.02.2024).

Reichenbach, M., Brinkmann, R., Kohnen, A., Köppel, J., Menke, K., Ohlenburg, H., Reers, H., Steinborn, H., Warnke, M. (2015): Bau- und Betriebsmonitoring von Windenergieanlagen im Wald. Abschlussbericht vom 30.11.2015. Oldenburg. 351 S. Link zum Dokument  (letzter Zugriff: 15.02.2024).