Berlin, 14. Dezember 2020

KNE-Wortmeldung  zum Beschluss der UMK zum Signifikanzrahmen

Ländereinigung zur naturverträglichen Windenergie ist ein erster wichtiger Schritt – jetzt schnell und beherzt umsetzen

Die Konferenz der Umweltministerinnen und -minister der Länder (UMK) hat auf ihrer Sondersitzung am 11. Dezember 2020 erstmals einen „Standardisierten Bewertungsrahmen zur Ermittlung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Hinblick auf Brutvogelarten an Windenergieanlagen (WEA) an Land“ – kurz „Signifikanzrahmen“ – beschlossen. Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE), das als fachlicher Berater in die Erarbeitung des Signifikanzrahmen-Papiers aktiv eingebunden war, nimmt hierzu eine Einordnung vor.

Ausgangspunkt und gegenwärtig Erreichtes

Es verdient Anerkennung, dass die Länder ein bemerkenswertes Maß an Verständigung und Übereinstimmung erzielen konnten. Schließlich liegen in den meisten Ländern bereits eigene Vorgaben und Ansätze für die Signifikanzbewertung in Erlassen und Leitfäden vor.

Ausgangspunkt ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 2018, die dem Gesetzgeber auftrug, zumindest für eine untergesetzliche Maßstabsbildung und für Methoden zur Signifikanzbewertung von Vogelkollisionsrisiken an Windenergieanlagen zu sorgen oder wenigstens Entscheidungskriterien festzulegen.

Die Verabschiedung des „Signifikanzrahmens“ dokumentiert, dass der Weg der Erfüllung dieses Auftrages, der mit der Verabschiedung der „Hinweise zu den rechtlichen und fachlichen Ausnahmevoraussetzungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG bei der Zulassung von Windenergievorhaben“ am 15. Mai 2020 eingeschlagen wurde, fortgesetzt wird.

Zentraler Fortschritt

Im Signifikanzrahmen haben sich die Länder auf zentrale Begriffsbestimmungen geeinigt, die im Kontext der Signifikanzbewertung eine Rolle spielen.

Das Papier enthält eine von allen Ländern gemeinsam getragene Liste als kollisionsgefährdet geltender Vogelarten sowie entsprechende Regelabstände von Brutplätzen zu Windenergieanlagen. Zudem wurden Regelvermutungen hinsichtlich der Signifikanzbewertung von Tötungsrisiken bei Über- oder Unterschreitung der Abstände formuliert. Laut Beschlusstext verpflichten sich die Länder, von der Öffnungsklausel der Liste allenfalls restriktiv Gebrauch zu machen.

Zur Klärung des Sachverhalts im Einzelfall wurden in Form eines Baukasten-Systems geeignete Erfassungs- und Bewertungsmethoden zusammengetragen.

Ferner wurden gemeinsame rechtliche und fachliche Grundsätze zu Schutzmaßnahmen sowie eine Übersicht fachlich grundsätzlich geeigneter Schutzmaßnahmen zusammengetragen. Mit einem Absatz zum Repowering schließt das Papier ab.

An mehreren Stellen im Papier sind die Länder aufgefordert, ihre eigenen Leitfaden- und Erlass-vorgaben vor dem Hintergrund der gemeinsam formulierten Rahmensetzungen zu prüfen bzw. gegebenenfalls (weitere) landesspezifische Festlegungen zu treffen.

Im Beschlusstext finden sich entsprechende Fristen zur Prüfung, Umsetzung und Berichterstattung, was das weitere Vorankommen unterstützen dürfte.

Wie geht es weiter?

Mit dem Beschluss ist der Prozess der untergesetzlichen Maßstabsbildung zu einer rechtssicheren und handhabbaren Signifikanzbewertung von Kollisionsrisiken nicht abgeschlossen. Er stellt einen Startpunkt für die Länder dar, bis zur nächsten UMK im Frühjahr 2021 ihre Leitfäden im Hinblick auf den beschlossenen Signifikanzrahmen zu überprüfen und in Folge darauf im Rahmen geeigneter Fortschreibungsprozesse auf Länderebene anzupassen bzw. weiterzuentwickeln. Dies dürfte zu einer Annäherung der Länderregelungen zur Signifikanzbewertung führen.

Weitere Arbeitsschritte sollen nun folgen. Zu begrüßen ist diesbezüglich, dass zeitnah Lösungsvorschläge zur Signifikanzbewertung beim Repowering von alten Windenergieanlagen und -parks erarbeitet werden sollen, insbesondere im Hinblick auf Verfahrenserleichterungen und der Schaffung verbesserter allgemeiner Rahmenbedingungen. Mit einem Zeithorizont bis 2022 soll auch die Herleitung von artspezifischen Signifikanzschwellen angegangen werden. Dabei könnte auch die weiterhin vorgesehene Analyse fachlicher und rechtlicher Voraussetzungen von Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen bei der Signifikanzbewertung sowie die bereits auf der 95. UMK beschlossene Mitwirkung bei der systematischen Ermittlung von Todesursachen der kollisionsgefährdeten Vogelarten eine Rolle spielen.

Nicht zuletzt begrüßt das KNE, dass im weiteren Arbeitsprozess den Verbänden des Naturschutzes und der Energiewirtschaft die Möglichkeit der aktiven Mitwirkung gegeben werden soll, so dass diese ihre Erfahrungen aus der Praxis der Energiewende einbringen können.

Fazit

Dass die Länder erstmals einen bundesweit einheitlichen Rahmen für die Bewertung der Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Vögel beschlossen haben, ist ein gutes Signal für Energie-wende und Naturschutz. Um dem naturverträglichen Ausbau der Windenergie an Land neuen Schwung zu verleihen, sollten die Länderregelungen rasch angepasst werden. Weitere konkretisierende Schritte müssen folgen, etwa bei einheitlichen Vorgaben für das Repowering.

Kontakt:

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Holger Ohlenburg
Referent naturverträgliche Windenergie, stellvertretender Leiter Fachinformation
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Pressesprecher
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