Anforderungen an die Flächenbereitstellung für die Windenergie an Land
Anlass
Bei der derzeitigen Regierungsbildung spielen die Forderungen nach Verankerung des 2-Prozent-Flächenziels bzw. nach einer ausreichenden Flächenbereitstellung, um die für Klimaneutralität benötigten Zubaumengen an landseitiger Windenergie bis 2030 realisieren zu können, eine große Rolle. Das KNE stellt dieses Anliegen in den Kontext zur kürzlich veröffentlichten Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zur „Flächenverfügbarkeit und Flächenbedarfe für den Ausbau der Windenergie an Land“[1].
Leitsätze
- Zur Erreichung der Klimaschutzziele müssen bis 2030 optimal 105 Gigawatt (GW) an Windenergieleistung installiert sein, jährlich also etwa 7 GW brutto zugebaut werden.[2]
- Der tatsächlich freie und verfügbare Flächenanteil an rechtskräftig ausgewiesenen Flächen beträgt aktuell 0,52 Prozent der Landesfläche, das dort erzielbare Leistungspotenzial etwa 20 Gigawatt. Das ist unzureichend.
- Regionalplanung und kommunale Planung sollten dafür in ausreichendem Umfang geeignete und faktisch nutzbare Flächen bauplanungsrechtlich sichern.
- Neben der Bereitstellung eines ausreichenden Flächenumfangs muss flankierend auch für eine optimale Ausnutzung der Flächen Sorge getragen werden.
- Verbindliche Vorgaben des Bundes mindestens zu den Mengenzielen sind notwendig, um die Ausbauverpflichtungen zu konkretisieren. Sie sollten eine hohe Verbindlichkeit haben, die rechtlichen Voraussetzungen dafür sollten zügig verbessert werden.
- Im Falle absehbarer Verfehlung einzelner Ziele sollten die Länder – auf der Grundlage einer bundesweit einheitlichen Weißflächenermittlung – im Wege fairer Aushandlungen klären, wie das Gesamtziel dennoch erreicht werden kann. Entsprechende Formate sind zügig zu etablieren.
- Die Planungsverfahren (Zeiträume) für die Regionalpläne und die Flächennutzungspläne müssen dringend verkürzt und rechtssicher gemacht werden. Die notwendigen verfahrensrechtlichen Änderungen müssen zügig eingeleitet werden.
1 – Ausbaubedarf
Nach dem aktuellen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sollen in Deutschland bis 2030 71 GW Windenergie an Land installiert sein. Aus Sicht des UBA sind für das Erreichen der Klimaschutzziele (vgl. Klimaschutzgesetz) ambitioniertere Ziele erforderlich. Nach dem GreenSupreme-Szenario der RESCUE-Studie[3] müssten optimal 105 GW bis 2030 installiert sein, das wäre ein jährlicher Zubau von etwa 7 GW brutto.
2 – Anforderungen an die Flächensicherung
Der Zubau muss auf die geeignetsten und vergleichsweise konfliktarmen Flächen gelenkt werden. Diese müssen die Länder in ausreichendem Umfang ausweisen und planerisch sichern. Dies kann sowohl auf Ebene der Regionalplanung als auch der kommunalen Planung (Bauleitplanung) erfolgen. Auf den bereitgestellten Flächen sollte der Windenergienutzung ein Vorrang gegenüber anderen Nutzungen eingeräumt werden, dann kann auch für andere Flächen eine Windenergienutzung ausgeschlossen werden.
Sofern der erforderliche Zubau auf die dafür ausgewiesenen Flächen begrenzt bleiben soll, muss sichergestellt werden, dass diese erstens ausreichend und zweitens auch faktisch nutzbar sind, dass also Windenergieprojekten innerhalb der ausgewiesenen Flächen keine anderen Belange entgegenstehen.
3 – Derzeitige Flächenverfügbarkeit
In der UBA-Studie „Flächenverfügbarkeit und Flächenbedarfe“ kommen die Gutachtenden zu dem Ergebnis, das derzeit bundesweit 0,8 Prozent der Landesfläche planerisch für die Windenergie festgelegt und damit verfügbar sind.
Durch Restriktionen wie Siedlungsabstände, Ausschluss von Waldgebieten und die Vorgabe, dass der Rotorradius innerhalb der Gebietsgrenze liegen muss, reduziert sich die verfügbare Fläche auf einen Anteil von 0,52 Prozent der Landesfläche. Das vorläufig ermittelte Leistungspotenzial auf den freien und verfügbaren Anteilen der rechtskräftig ausgewiesenen Flächen beträgt nach Angaben des UBA lediglich 20 GW.
Wollte man bis 2030 nur das aktuelle Ausbauziel des EEG 2021 von 71 GW erreichen, würden 0,8 Prozent der Landesfläche benötigt. Für die erforderlichen 105 GW ergibt sich ein Bedarf von 1,3 Prozent der Landesfläche. Das bedeutet, dass mehr als eine Verdoppelung des bisher ausgewiesenen Flächenumfangs notwendig würde. Mit den o. g. Restriktionen, Beschränkungen und Vorgaben erhöhte sich dieser Umfang weiter, im UBA-Szenario geht man daher schlussendlich von etwa 2,0 Prozent der Landesfläche aus.
4 – Optimale Nutzbarkeit der Flächen ermöglichen
Es ist evident, dass man – will man es bei der Nutzung von zwei Prozent der Landesfläche belassen – sicherstellen muss, dass die ausgewiesenen Flächen bestmöglich ausgenutzt werden können. Der Genehmigung von Anlagen auf den Flächen stehen jedoch häufig Belange entgegen, die eine Genehmigung erschweren, wenn nicht gar verhindern. Hierzu gehören unter anderem militärische und Belange der Luftfahrt, aber auch des Artenschutzes. Neben der quantitativ ausreichenden Ausweisung von Flächen muss also auch dafür gesorgt werden, dass entgegenstehende Belange überwunden werden können.
5 – Gesetzliche Zielvorgaben
Dafür, wie eine ausreichende Flächenbereitstellung von bundesweit durchschnittlich zwei Prozent erreicht werden kann, liegen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch. Das UBA schlägt vor, bundesrechtliche Zielvorgaben einzuführen und über diese den Ländern gesetzliche Mengenziele vorzugeben. Bei zu geringem Umfang geeigneter bzw. ausgewiesener Flächen oder bei faktischer Nichtnutzbarkeit großer Teile der ausgewiesenen Flächen wäre das jeweilige Land dann gezwungen, zeitnah mit anderen Ländern auszuhandeln, wie das Flächendefizit aufgefangen und das Gesamtziel dennoch erreicht werden kann.
Flächenziele allein werden aber, so das UBA, nicht ausreichen. Es sollten unter Berücksichtigung regionaler Möglichkeiten auch gesetzliche Mengenziele (Leistungs- und Ertragsziele) vorgegeben werden. Nur so könnten Klimaschutzerfordernisse an den Windenergieausbau rückgekoppelt werden. Hierfür ist zügig abzuklären, ob die aktuelle Rechtslage und Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern derartige verbindliche Zielvorgaben zulassen.
6 – Planungszeiträume verkürzen!
Eine – selbst mittelfristig – zeitgerechte Flächenbereitstellung wird sich nur verwirklichen lassen, wenn die Planungszeiträume für Regionalpläne und Flächennutzungspläne stark verkürzt werden. Auch hier muss rasch geklärt werden, welche rechtlichen Schritte eingeleitet werden sollten, um die Planung von Windnutzungsgebieten zu vereinfachen und zu beschleunigen.[4] Priorität sollte darauf liegen, Planungskriterien zu vereinheitlichen, die Rechtssicherheit von Plänen zu verbessern und „Endlosschleifen“ der Öffentlichkeitsbeteiligung zu begrenzen.
Fazit des KNE
Die Bereitstellung, Ausweisung und Nutzbarmachung ausreichender Flächen für den notwendigen Ausbau der landseitigen Windenergie bis 2030 bringt hohe Anforderungen mit sich. Die Umsetzung bedarf einer zügigen Klärung und Ausgestaltung der dazu erforderlichen rechtlichen Instrumentarien (Vorgabe von Mengenzielen durch den Bund; Verkürzung der Planungsverfahren für die Regionalpläne und die Flächennutzungspläne), aber auch des klugen und aufgeschlossenen Zusammenwirkens von Bund und Ländern.
[1] UBA (2021): Flächen für die Windenergie an Land. Vorläufige Ergebnisse der Studie (abgerufen 04.11.2021). Bearbeitung durch Guidehouse, Fraunhofer IEE, Stiftung Umweltenergierecht, Laufzeit 07/2020 bis 06/2022.
[2] „Ausgehend von etwa 55 GW aktuell installierter Leistung und einem erwarteten Rückbau alter Anlagen bis 2030 von etwa 20 GW ist für eine installierte Leistung von 71 bis 105 GW bis 2030 ein jährlicher Zubau von etwa 4 bis 7 GW brutto erforderlich.“ ebd.
[3] UBA (2019): RESCUE-Szenario GreenSupreme. (abgerufen 04.11.2021)
[4] Siehe hierzu etwa SUER (2021, S. 6 ff.) Gesetzgeberische Handlungsmöglichkeiten zur Beschleunigung des Windenergieausbaus. Leitplanken und Werkzeuge für die Ausweisung zusätzlicher Flächen sowie die Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungen. Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht 53, Stand 28.10.2021.