22.04.2025

Ästhetik trifft Energiewende

Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.) (2025): Ansätze zur bundesweiten Bewertung der Landschaft. Empfehlungen zur Anwendung von Landschaftsbildbewertungsverfahren am Beispiel erneuerbarer Energien

Die Energiewende ist nicht nur ein technisches und ökologisches Mammutprojekt – sie ist auch ein ästhetisches. Der Ausbau von Windenergie, Stromtrassen und Solarenergie verändert unsere Landschaft sichtbar und dauerhaft. Wie wirkt sich das auf Zulassungs- und Planungsverfahren aus und wie können die landschaftlichen Veränderungen bundeseinheitlich bewertet werden? Eine Veröffentlichung aus der BfN-Schriftenreihe stellt hilfreiche, innovative Methoden und ihre Anwendung vor.

Die Energiewende braucht Platz. Auf Äckern und Feldern, an Hängen und auf Hügelkuppen entstehen – oft weithin sichtbar – Wind- und Solarparks, die die Landschaft verändern. Doch neben dem Schutz des Klimas dürfen auch der Naturschutz und der Schutz des Landschaftsbildes auf dem Weg ins postfossile Zeitalter nicht zu kurz kommen. Die landschaftliche Schönheit, ihre Eigenart, Vielfalt und die Erholungsfunktion müssen bewahrt bleiben – so steht es im Bundesnaturschutzgesetz.

Eine aktuelle fachliche Veröffentlichung, die im Auftrag des Bundesamts für Naturschutz (BfN) entstanden ist, betrachtet dieses Spannungsfeld aus Transformation und Bewahrung genauer. Die Studie vergleicht vier unterschiedliche Bewertungsansätze für landschaftsästhetische Qualität und leitet praxisorientierte Empfehlungen für Politik, Planung und Verwaltung ab.

Entscheidungshilfe fĂĽr Planung und Genehmigung

Besonders Windenergieanlagen stehen oft im Zentrum öffentlicher Debatten – nicht zuletzt, weil sie häufig als störend im Landschaftsbild wahrgenommen werden. Mit der im Bericht vorgestellten Studie „Szenarien für den Ausbau der erneuerbaren Energien aus Naturschutzsicht“ kommt aus der Wissenschaft ein methodisch fundierter Ansatz zur Bewertung, der nicht nur visuelle Aspekte, sondern auch landschaftliche Eigenart, Vielfalt, Erholungswert und Naturnähe einbezieht.

Die Bewertung erfolgt flächendeckend und in einem differenzierten Raster, das auch für großräumige Planungen gut nutzbar ist. So entsteht eine fein aufgelöste Karte, die zeigt, wo der Ausbau der Windenergie landschaftsästhetisch vertretbar ist – und wo Vorsicht geboten ist. Damit liefert die Methode etwa für Raumordnungs- oder Genehmigungsverfahren eine wertvolle Entscheidungshilfe.

Bundesweit bedeutsame Landschaften – ein neuer Blick auf unsere Umgebung

Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist das Konzept der „bundesweit bedeutsamen Landschaften“. Aufbauend auf den verschiedenen Bewertungsmethoden definiert es zwei Kategorien: bedeutende Landschaften im Sinne des Natur- und Kulturerbes und solche, die für das Landschaftserleben und die Erholung besonders bedeutend sind.

Etwa 35 Prozent der Fläche Deutschlands werden demnach als landschaftsästhetisch besonders hochwertig eingestuft. Diese Gebiete könnten künftig eine Orientierungshilfe bieten, um großräumige Infrastrukturprojekte zu bewerten. Ergänzt wird das Konzept durch eine bundesweite Übersichtskarte, mit der Planende die ästhetische Sensibilität eines Raums einschätzen können.

Die Studie des BfN vergleicht die verschiedenen Bewertungsansätze umfassend und liefert gleichzeitig Anwendungsbeispiele und Handlungsempfehlungen für Politikberatung, Raumplanung und Umweltprüfungen. Damit wird ein Grundstein gelegt, um landschaftsästhetische Belange stärker in den Fokus zu rücken. Denn der Erfolg der Energiewende hängt auch davon ab, wie ernst ästhetische Belange genommen und systematisch in Planungsprozesse integriert werden.

Fazit: Für alle, die sich mit Fragen der Landschaftsplanung, der Energiewende und des Naturschutzes beschäftigen, kann diese Publikation eine fachlich fundierte und praktisch relevante Planungsgrundlage, Argumentationshilfe oder ein Impulsgeber sein.

Quelle: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.) (2025): Ansätze zur bundesweiten Bewertung der Landschaft. Empfehlungen zur Anwendung von Landschaftsbildbewertungsverfahren am Beispiel erneuerbarer Energien, 222 S.