Auswirkung von § 2 EEG bei der Planung und Zulassung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen

Frage

Wie wirkt sich das überragende öffentliche Interesse nach § 2 EEG auf die „reguläre“ Zulassung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen im Vergleich zur privilegierten Zulassung dieser Anlagen aus?

Vollständige Antwort

Das überragende öffentliche Interesse nach § 2 EEG wirkt sich regelmäßig nur bei Abwägungsentscheidungen aus dem Fachrecht aus. Derartige Entscheidungsspielräume bestehen in beiden Fällen, also sowohl bei der „regulären“ Bauplanung als auch bei der Genehmigung privilegierter Vorhaben.

Im Wesentlichen hat § 2 EEG bei beiden Genehmigungssituationen die gleichen Auswirkungen, und zwar bei Abwägungsentscheidungen aus dem Fachrecht. Dort wird Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) besonderes Gewicht – aber kein Automatismus – verschafft. Ansonsten bleibt die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit in den beiden Alternativen von § 2 EEG weitestgehend unberührt.

1. Übersicht

§ 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bestimmt, dass der Ausbau erneuerbarer Energien, dazu gehören auch PV-Freiflächenanlagen, im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Dies bedeutet, dass erneuerbare Energien bei Abwägungs- und Ermessensentscheidungen ein besonderes Gewicht haben (vgl. KNE 2022; Sailer und Militz 2023; Baars 2023).

Allerdings wirkt § 2 EEG nicht als eigenständige Privilegierung im Sinne des Baugesetzbuchs (BauGB), sondern lediglich als ein Abwägungskriterium. Mit Einführung der Privilegierung für PV-FFA entlang von gewissen Verkehrswegen (vgl. KNE 2024; Baars 2023) stellt sich die Frage, inwiefern die Auswirkungen von § 2 EEG sich unterscheiden. Denn ohne eine solche baurechtliche Privilegierung bleibt es weiterhin notwendig, einen Bebauungsplan für eine PV-FFA zu erstellen. Eine Baugenehmigung nach Landesbauordnung kann nur im Bereich der Privilegierung direkt beantragt werden. In diesen Verfahren (einerseits mit Bebauungsplan und andererseits ohne) gelten teilweise unterschiedliche Rechtsnormen.

Selbst wenn § 2 EEG mit seinem Abwägungsvorrang zur Anwendung kommt, bedeutet das noch keinen Automatismus. Vielmehr müssen die betreffenden Belange, insbesondere gewichtige Naturschutzaspekte berücksichtigt und deren unterliegen umfassend begründet werden (vgl. KNE 2023).

Die folgenden Absätze bieten eine kurze Gegenüberstellung der jeweiligen Auswirkungen der Regelung.

2. Welchen Einfluss hat § 2 EEG auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit für PV-Anlagen im Außenbereich?

Im bauplanungsrechtlichen Außenbereich hat § 2 EEG demnach für PV-FFA folgende Auswirkungen:

  • 2 EEG kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn das Fachrecht eine Abwägung erlaubt. Sofern eine solche schon nicht in der jeweiligen Rechtsnorm angelegt ist, bleibt auch kein Raum für § 2 EEG.

Beispiel: Die Beeinträchtigung öffentlicher Belange wie die natürliche Eigenart der Landschaft durch eine PV-FFA im Außenbereich als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB ist keine Abwägungsfrage. Allerdings ist die Frage des Nicht-Entgegenstehens als privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB eine Abwägungs- bzw. Ermessensentscheidung. In der privilegierten Form entlang von Verkehrswegen setzt sich die PV-FFA aber ohnehin schon regelmäßig durch.

  • Da § 35 Baugesetzbuch (BauGB) zwischen privilegierten (Absatz 1) und nicht privilegierten Vorhaben (Absatz 2) unterscheidet, bleibt die Zulässigkeit von PV-Anlagen stark von dieser Einordnung abhängig.
  • Für nicht privilegierte PV-Anlagen bleibt der Spielraum durch § 2 EEG für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit gering, da § 35 Abs. 2 BauGB eine sehr strenge Prüfung auf das Nicht-Beeinträchtigen öffentlicher Belange vorschreibt.

Beispiel: Im oben genannten Beispiel hilft § 2 EEG nicht weiter, da die Vorschrift nichts an der Beeinträchtigung der Eigenart der Landschaft ändert.

  • Für privilegierte PV-FFA und auch solche mit Bebauungsplan kommt § 2 EEG im Rahmen des Fachrechts zur Anwendung, da § 35 Abs. 1 BauGB mit dem Kriterium des Nicht-Entgegenstehens öffentlicher Belange die Entscheidung über die Zulässigkeit in der Regel bejahend vorzeichnet.

Beispiel: bei weiteren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften wie einer Ausnahme vom Tötungsverbot oder einer Befreiung nach § 45 Abs. 7 bzw. § 67 Bundesnaturschutzgesetz kommt § 2 EEG zur Anwendung und kann PV-FFA einen „Vorteil“ verschaffen.

  • Daher ändert § 2 EEG nichts daran, dass nicht privilegierte PV-Freiflächenanlagen (PV-FFA) im Außenbereich in der Regel nur mit einem Bebauungsplan zulässig sind.

3. Welche Auswirkung hat § 2 EEG im Bauplanungsverfahren und welche bei privilegierten PV-FFA entlang von Verkehrswegen?

Nachfolgend werden die Auswirkungen des § 2 EEG jeweils im üblichen Bauplanungsverfahren und andererseits im Wege der Privilegierung von PV-FFA entlang von Verkehrswegen aufgezeigt.

Bedeutung § 2 EEG für Bebauungsplan Privilegierung § 35 I Nr. 8 lit. b) BauGB
Die Zulässigkeit nach BauGB Grundsätzliche Zulässigkeit der PV-FFA bleibt dem Bauplanungsrecht vorbehalten; hierauf kein Einfluss Zwar anwendbar, aber bauplanungsrechtliche Zulässigkeit grundsätzlich gegeben; hierauf nur selten Einfluss
Abwägungsentscheidungen aus Fachrecht Kann Entscheidungsprozesse beeinflussen, PV-FFA setzt sich i. d. R. durch; aber keine automatische Zulässigkeit und substanzielle Begründung notwendig Ebenso
Fazit Wirkt nur im Rahmen fachrechtlicher Abwägungsnormen Ebenso

Quellen

Baars, A. (2023): Genehmigungsrechtliche Grundlagen von Photovoltaik im Außenbereich. NVwZ – Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 42 (24). S. 1857–1863.

BauGB – Baugesetzbuch. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 25.02.2025).

EEG – Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 25.02.2025).

KNE − Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (2024): Bauplanungsrechtliche Teilprivilegierung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Berlin. 16 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 25.02.2025).

KNE − Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (2023): Anfrage Nr. 349 zu Klima- und Baumschutz im Kontext des § 2 EEG beim Ausbau von Dach-PV. Berlin. 6 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 25.02.2025).

KNE − Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (2022): KNE-Wortmeldung zum Grundsatz des „überragenden öffentlichen Interesses und der öffentlichen Sicherheit“. vom 8. April 2022. 4 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 25.02.2025).

Sailer, F., Militz, S. (2023): Das überragende öffentliche Interesse und die öffentliche Sicherheit nach § 2 EEG 2023. Gesetzgeberische Wertungsentscheidungen zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Würzburger Studien zum Umweltenergierecht 31. SUER – Stiftung Umweltenergierecht (Hrsg.). 67 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 25.02.2025).