Frage
Was ist Parkplatz-Photovoltaik, welche Potenziale bietet sie und welche Regelungen gibt es dazu in den Bundesländern?
Vollständige Antwort
Was ist Parkplatz-PV?
Parkplatz-PV bezeichnet Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA), die über Parkplatzflächen installiert werden. Nach EEG 2023 zählen sie zu den sogenannten „besonderen Solaranlagen“ und bieten gegenüber klassischen Solarparks einige Vorteile: es werden bereits versiegelte Flächen genutzt, Flächenkonkurrenzen vermieden und die Inanspruchnahme von Flächen im Außenbereich reduziert. Darüber hinaus spenden die PV-Module Schatten und schützen Fahrzeuge sowie versiegelte Flächen vor Überhitzung. Parkplatz-PV bietet somit eine Möglichkeit, die Stromerzeugung durch Photovoltaik möglichst konfliktarm weiter auszubauen (Fraunhofer 2023).
Welche Potenziale bietet Parkplatz-PV?
Laut Analysen des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme ISE (Wirth 2023) gibt es in Deutschland rund 47.060 Hektar Parkplatzfläche. Bei einer vollständigen Nutzung ergäbe sich ein technisches Flächenpotenzial von 284 Quadratkilometern, welches einem technischen Leistungspotenzial von 59 Gigawatt peak entspricht (Solarserver 2023, Wirth 2023). Mit den Bestandsflächen der Parkplätze in Deutschland könnte demnach theoretisch ein Drittel der für 2030 angestrebten PV-Leistung gedeckt werden. Eine Abfrage im Marktstammdatenregister zeigt, dass bisher mit rund drei Megawatt installierter Leistung nur ein sehr kleiner Teil dieses Potenzials genutzt wird (MStdR 2023, Abfrage am 11.12.23). Wieviel Potenzial auf neuen oder zukünftigen Parkplatzflächen zu erwarten ist, kann aktuell nicht abgeschätzt werden.
Wie wird Parkplatz-PV über das EEG vergütet?
Seit der Novellierung des EEG 2023 ist Parkplatz-PV förderfähig (vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. d) und § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 lit. d) EEG 2023), sofern die Anlagen nach dem 1. Januar 2023 in Betrieb genommen wurden. Die Parkplatzflächen müssen zudem den Anforderungen und Festlegungen der Bundesnetzagentur genügen (Clearingstelle EEG|KWKG 2022). Dazu zählt, dass die Parkplätze nicht vorrangig zur Errichtung von Solaranlagen gebaut wurden, die Größe der Parkplätze verhältnismäßig zum Parkbedarf ist und die PV-FFA die Nutzung der Flächen als Parkplatz nicht wesentlich beeinträchtigt (Bundesnetzagentur 2021). Die Solaranlagen werden wie PV-Freiflächenanlagen mit 7 ct/kWh vergütet (vgl. §48 Abs. 1 EEG 2023). Die Vergütungsfähigkeit gilt dabei für öffentliche und nicht-öffentliche Flächen. Im Entwurf zum EEG 2024 ist darüber hinaus vorgesehen, die Anlagen in den Ausschreibungen zukünftig gegenüber anderen besonderen Solaranlagen zu bevorzugen (Deutscher Bundestag 2023). Da an den Ausschreibungen nur Anlagen ab einer Größe von 1 Megawatt teilnehmen, greift dieser Vorteil allerdings nur für sehr große Parkplatzflächen. Die finalen Beschlüsse zur Gesetzesänderung sind noch abzuwarten.
Welche Regelungen gibt es in den Bundesländern?
Zusätzlich zu dem Anreiz der Vergütung nach EEG 2023 haben die Bundesländer Baden-Württemberg (BW), Hessen (HE), Nordrhein-Westfalen (NW), Rheinland-Pfalz (RP) und Schleswig-Holstein (SH) Solarpflichten für Parkplatz-PV erlassen (vgl. Tab. 1). Grundsätzlich gilt die Verpflichtung für neu gebaute Parkplätze, nur die Festlegung in Baden-Württemberg weicht hiervon ab. Die vorhandenen Regelungen variieren unter anderem bezüglich der Anzahl der Stellplätze, ab denen Parkplatz-PV verpflichtend ist und der Form ihrer rechtlichen Verankerung (Kühl, 2023).
In Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen gilt die Solarpflicht ab 35 Stellplätzen, während in Rheinland-Pfalz ab 50 und in Schleswig-Holstein erst ab 100 Stellplätzen eine Pflicht besteht. Darüber hinaus gelten in einigen Bundesländern, beispielsweise in Hessen, strengere Vorgaben für öffentliche bzw. landeseigene Parkplatzflächen. In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ist zudem in Ausnahmefällen ein Ausweichen auf Dächer und Gebäude in der Umgebung erlaubt.
Als einziges Bundesland bisher hat Baden-Württemberg einen Praxisleitfaden zur Photovoltaik-Pflicht veröffentlicht, der neben generellen rechtlichen Grundlagen zur Solarpflicht auch Hinweise zur technischen Umsetzung der Parkplatz-PV aufzeigt. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass der Bauherr das Optimierungsgebot beachten muss, wonach Parkplatzflächen so geplant und gestaltet werden müssen, dass sie sich für eine Solarnutzung eignen. Auch die Anlage von Grünflächen bzw. die Pflanzung von Gehölzen sollte derart umgesetzt werden, dass eine Verschattung der Modulflächen vermieden wird.
Tabelle 1: Übersicht der bisher geltenden Regelungen für Parkplatz-PV in den Bundesländern, Links zu den Länderregelungen sind unter der Tabelle zu finden.
Land
(Quelle) |
Rechtsquelle | Regelungen zu Parkplatz-PV | Ergänzung |
BW[1] | §23-24 Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg (Stand: 07.02.2023) |
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Das Umweltministerium gibt in einem PraxisleitfadenHinweise für die Umsetzung. |
HE[2] | §9a und §12 Hessisches Energiegesetz – HEG (Stand: 20.07.2023) |
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Das für staatlichen Hochbau zuständige Ministerium (LBHI) legt im Einvernehmen mit dem Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen nähere Regelungen fest. |
NW[3] | §8 Abs. 2 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen – Landesbauordnung 2018 – BauO NRW 2018 (Stand: 06.10.2023) |
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RP[4] | §4-5 Landesgesetz zur Installation von Solaranlagen – Landessolargesetz – LSolarG (Stand: 30.09.2021) |
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Als Nachweis muss innerhalb von 3 Monaten eine schriftliche Bestätigung der Bundesnetzagentur bei der unteren Bauaufsichtsbehörde eingereicht werden. |
SH[5] | §10 Gesetz zur Energiewende und zum Klimaschutz in Schleswig-Holstein – Energiewende- und Klimaschutzgesetz Schleswig-Holstein – EWKG (Stand: 17.12.2021) |
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Nachweis der Erfüllung der Solarpflicht an die untere Aufsichtsbehörde ist auf Verlangen vorzulegen. |
Einordnung
Die Vergütung der Parkplatz-PV im EEG 2023 stellt einen Anfang dar, den Anlagentyp als eine Form von Freiflächenphotovoltaik mit Mehrfachnutzung zu etablieren. Parkplatz-PV gilt als naturverträglich, weil keine zusätzlichen Flächen im Außenbereich in Anspruch genommen werden. Zudem sind Parkplätze meistens verbrauchsnah gelegen, so dass eine kostengünstige Netzanbindung der Anlagen möglich ist.
Die Solarpflichten einzelner Bundesländer unterstützen den Ausbau bisher allerdings nur bedingt. Die Regelungen zielen eher auf die Nutzung großer und vor allem neu gebauter Parkplatzflächen und lassen zahlreiche Ausnahmen zu. Eine bundesweite Solarpflicht für Parkplatzflächen würde die Umsetzung deutlich stärker voranbringen. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, den Anwendungsbereich der Solarpflichten auf Bestandsparkplätze bzw. zu einem früheren Zeitpunkt genehmigte Parkplatzflächen auszuweiten und auch weitere gewerbliche Flächen explizit einzubeziehen.
In diesem Zusammenhang begrüßt das KNE die geplante Neuregelung im EEG 2024, Parkplatz-PV in den Ausschreibugen zu bevorzugen. Da nur Anlagen größer als ein Megawatt an den Ausschreibungen teilnehmen bleibt abzuwarten, ob diese Regelung sowie die Vergütung von 7 ct/kWh ausreichen, um einen stärkeren Zubau anzureizen. Gegebenenfalls muss hier noch nachgesteuert werden. Die Planung von Parkplatz-PV sollte, wie in Baden-Württemberg bereits erfolgt, mit Hinweisen und Handlungsleitfäden zur Anwendung der Bauleitplanung unterstützt werden. So können in der kommunalen Planung Siedlungsentwicklung, die Entwicklung von Grünflächen und die Photovoltaiknutzung auf den Parkplatzflächen und angrenzenden Bereichen möglichst frühzeitig aufeinander abgestimmt werden.
Quellen
[1] BW: Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.12.2023)
[2] HE: Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.12.2023)
[3] NW: Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.12.2023)
[4] RP: Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.12.2023)
[5] SH: Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.12.2023)
Bundesnetzagentur (2021): Anforderungen an besondere Solaranlagen. 18 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff 18.12.2023).
Clearingstelle EEG|KWKG (2022): Unter welchen Voraussetzungen ist „Parkplatz-PV“ nach dem EEG 2023 förderfähig? Link zur Internetseite (letzter Zugriff 18.12.2023).
Deutscher Bundestag (2023): Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung. Link zum Dokument (letzter Zugriff 18.12.2023).
Fraunhofer-Institut ISE: Urbane Photovoltaik. Link zur Internetseite (letzter Zugriff 18.12.2023).
Kühl, A. (2023): Photovoltaik für Parkplätze und Garagen. Link zur Internetseite (letzter Zugriff 18.12.2023).
Stryi-Hipp, G., Leuchtner, J., Longo, F. (2023): Praxisleitfaden zur Photovoltaik-Pflicht – Ein Ratgeber für Ihre solare Zukunft. Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg. 117 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.12.2023).
Solarserver (2023): Enormes Potential für Photovoltaik auf Parkplätzen. Link zur Internetseite (letzter Zugriff 18.12.2023).
Wirth, H. (2023): Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland. Fraunhofer ISE, Freiburg. 97 S. Link zum Dokument(letzter Zugriff: 18.12.2023).