Frage
Welche Technologie zur Erzeugung erneuerbaren Stroms weist die höchste FlÀcheneffizienz auf? Gibt es belastbare Untersuchungen, die den Energieertrag von Windenergie, Photovoltaik und Biomasse ins VerhÀltnis zum FlÀchenbedarf setzen?
VollstÀndige Antwort
ZunĂ€chst ist festzuhalten, dass sowohl bei der Windenergie als auch bei der Solarenergie â und auch bei der Erzeugung von Strom aus Anbaubiomasse â durch technologische Entwicklungen in den letzten Jahren Leistungs- bzw. EffizienzzuwĂ€chse erreicht werden konnten.
Effizienzsteigerungen in der Stromerzeugung durch Biomasse
Silomais ermöglicht den höchsten Methanertrag im Vergleich zu anderen Energiepflanzen, wie beispielsweise ZuckerrĂŒben oder GrĂŒnlandbiomasse (FNR 2023). Durch verbesserte Anbautechniken konnten fĂŒr Silomais bereits vor zehn Jahren deutliche Ertragssteigerungen erreicht werden (Fachverband Biogas 2013). Zudem konnte durch technische Weiterentwicklungen, beispielsweise beim Wirkungsgrad von Blockheizkraftwerken, der FlĂ€chenbedarf fĂŒr den gleichen Energieertrag gesenkt werden (umgerechnet 20 % innerhalb eines FĂŒnfjahreszeitraums) (ebd.).
Das Delinat-Institut fĂŒr Agro-Ăkologie- und Klimafarming kam 2012 zu dem Ergebnis, dass pro Hektar angebautem Silomais durchschnittlich 14.000 Kilowattstunden (kWh) Strom erzeugt werden können (Schmidt 2012). Aktuelle Zahlen finden sich sowohl bei der Fachagentur fĂŒr Nachwachsende Rohstoffe (FNR 2023) mit einem Stromertrag von 18.731 KWh pro Hektar als auch beim ThĂŒnen-Institut (Böhm et al. 2023) mit einem Stromertrag auf 23.000 kWh pro Hektar.
Effizienzsteigerung von PV-Modulen
Durch die Steigerung des Wirkungsgrades von PV-Modulen konnte der durchschnittliche FlĂ€chenbedarf von PV-Anlagen von rund 3,6 Hektar pro Megawatt Nennleistung bis zum Jahr 2010 bereits auf rund 2,3 Hektar pro Megawatt in den Jahren 2011 bis 2013 reduziert werden (Kelm et al. 2014, S. 76). Die Bundesnetzagentur gibt fĂŒr 2014 einen Durchschnittswert von rund 1,9 Hektar und fĂŒr 2015 von 1,6 Hektar an (BNetzA 2016).
Aus Angaben zur Nennleistung von PV-Modulen von 170 bis 200 Watt pro Quadratmeter und der Faustformel, dass fĂŒr PV-FreiflĂ€chenanlagen (PV-FFA) zirka das 2 bis 2,5-Fache an FlĂ€che benötigt wird (Wirth 2018, S. 40), lieĂen sich fĂŒr 2018 FlĂ€chenbedarfe von knapp unter 1,5 Hektar bis sogar nur einem Hektar errechnen.
Nach Badelt et al. (2020) können PV-FFA mit zirka 1,5 Megawatt installierter Leistung pro Hektar umgesetzt werden, was umgerechnet nur noch rund 0,7 Hektar pro Megawatt entspricht. Das Fraunhofer ISE (2023, S. 39) gibt fĂŒr Solarparks mit âreduzierten Neigungswinkeln (ca. 20-25 Grad) und ReihenabstĂ€ndenâ umgerechnet rund einen Hektar pro Megawatt Leistung an. Durch weiter gesteigerte Nennleistungen von 210 Watt pro Quadratmeter ModulflĂ€che (Wirth et al. 2023, S. 36) liegt der FlĂ€chenbedarf pro Megawatt installierter Leistung wiederum knapp unter einem Hektar.
Leistungssteigerung und FlÀchenbedarf von Windenergieanlagen
In den letzten Jahren ist eine zunehmende Differenzierung der angebotenen Produktpalette nach Stark- und Schwachwindanlagen zu beobachten, die die Windenergienutzung an mehr Standorten rentabel macht. Zudem erzeugt eine heute ĂŒbliche Anlage durch höhere TĂŒrme bzw. gröĂere Rotordurchmesser wesentlich mehr Energie als Anlagen, die vor 20 Jahren errichtet wurden. GemÀà Hengster et al. (2021) waren Windenergieanlagen (WEA) im Jahr 2000 durchschnittlich 71 Meter hoch, hatten einen durchschnittlichen Rotordurchmesser von 58 Metern und kamen auf eine Nennleistung von etwa 1,1 Megawatt (MW). Im Jahr 2021 waren Anlagen durchschnittlich bereits fast doppelt so hoch, wiesen einen durchschnittlichen Rotordurchmesser von 118 Metern auf und erreichten eine durchschnittliche Nennleistung von rund 3,2 MW (ebd.).
Nach Angaben der FA Wind fĂŒr das Jahr 2022 lag die bundesweite durchschnittliche Generatorleistung der neu in Betrieb genommenen WEA bereits bei 4,4 MW, fĂŒr neu genehmigte Anlagen sogar bereits bei knapp ĂŒber 5 MW (FA Wind 2023, S. 5 bzw. S. 22). Der Rotordurchmesser der 2022 neu in Betrieb genommenen WEA bei bereits 137 Metern (ebd., S. 7). Der Trend hin zu gröĂeren Anlagenleistungen setzt sich zudem weiter fort (ebd., S. 22).
Die dauerhaft in Anspruch genommene FlĂ€che wird von der FA Wind (fĂŒr WEA auf Waldstandorten inklusive KranstellflĂ€che und Zuwegung) mit durchschnittlich 0,5 Hektar angegeben (FA Wind 2022, S. 15). Zur Entwicklung der FlĂ€cheninanspruchnahme mit fortschreitendem GröĂen- und Leistungszuwachs liegen dem KNE derzeit keine Quellen vor. Allerdings dĂŒrfte die FlĂ€cheninanspruchnahme bei weitem nicht in dem MaĂe zugenommen haben, wie die Leistung der Anlagen bzw. die damit erzeugbaren Strommengen.
Herausforderungen bei der Vergleichbarkeit von Studienergebnissen
Die Leistung pro FlĂ€che, aber auch die in der Frage ebenfalls adressierte erzeugbare Strommenge pro FlĂ€che hĂ€ngen zum einen von den Leistungsparametern der Anlagen und zum anderen jedoch bei Photovoltaik und Windenergie maĂgeblich auch vom standortabhĂ€ngigen und (ĂŒber-)regional sehr unterschiedlichen Dargebot an Wind bzw. Sonneneinstrahlung ab. DarĂŒber hinaus gibt es â insbesondere bei PV-FFA â unterschiedliche Technologievarianten und Bauweisen, die einen Einfluss auf den jeweils erzielbaren Energieertrag, aber auch auf den FlĂ€chenbedarf pro Leistung haben. Im Hinblick auf die FlĂ€chenbedarfe kommt es weiterhin wesentlich darauf an, nach welchen Kriterien diese ermittelt werden. Ein wesentlicher Unterschied besteht in den Festlegungen, welche FlĂ€chen bei der Berechnung des FlĂ€chenbedarfs mit einbezogen werden. Vorliegende Studien basieren diesbezĂŒglich auf unterschiedlichen Grundannahmen und Daten, wenden unterschiedliche Methoden an und die Ergebnisse werden in nicht direkt vergleichbaren Einheiten angegeben.
Bei der Windenergie können beispielsweise ausschlieĂlich die versiegelte FundamentflĂ€che, die dauerhaft vorzuhaltende KranstellflĂ€che sowie ggf. die FlĂ€chen der zusĂ€tzlich erforderlichen Zuwegung mit einbezogen werden. FĂŒr diesen Ansatz spricht, dass die FlĂ€chen zwischen den einzelnen WEA â auch ein GroĂteil der vom Rotor ĂŒberstrichenen FlĂ€che â in der Betriebsphase weitestgehend uneingeschrĂ€nkt land- und forstwirtschaftlich bzw. anderweitig genutzt werden können. Ein davon abweichender Berechnungsansatz bezieht die vom Rotor ĂŒberstrichene FlĂ€che und die AbstandsflĂ€chen zu GebĂ€uden ein oder legt gar die gesamte fĂŒr die Windenergienutzung planerisch festgelegte FlĂ€che zugrunde, was zu höheren FlĂ€chenbedarfswerten fĂŒhrt, obwohl es eben nicht zu einer NutzungseinschrĂ€nkung in gleichem MaĂe kommt.
Bei der Bewertung der FlĂ€cheneffizienz der Photovoltaik muss berĂŒcksichtigt werden, dass es verschiedene Bauweisen und Ausrichtungen von Solarmodulen gibt, die einen unterschiedlichen Energieertrag bzw. eine unterschiedlich hohe installierte Leistung pro FlĂ€che ermöglichen. Bei FreiflĂ€chenanlagen sind durchschnittlich drei Prozent der FlĂ€che versiegelt und 32 Prozent der FlĂ€che ĂŒberbaut. 65 Prozent stehen grundsĂ€tzlich fĂŒr eine eingeschrĂ€nkte (GrĂŒnland-)Nutzung zur VerfĂŒgung (Fehrenbach et al. 2021a, S. 70). Neue Konzepte der Agri-Photovoltaik, die sich noch in der praktischen Erprobung befinden, verwenden senkrecht montierte bzw. sehr hoch aufgestĂ€nderten waagerecht montierte PV-Module, die weiterhin eine landwirtschaftliche Nutzung von FlĂ€chen unter bzw. zwischen den Modulen ermöglichen. Auch hier muss beachtet werden, ob nur die versiegelte bzw., die ĂŒberdachte FlĂ€che oder das gesamte GelĂ€nde einer PV-FFA als Berechnungsgrundlage dient.
Nachfolgend werden die Ergebnisse ausgewÀhlter Studien zusammengefasst, die sich dem Vergleich von Windenergie (an Land), PV-FFA sowie der Stromerzeugung durch Anbaubiomasse hinsichtlich Leistung bzw. Stromertrag pro FlÀche bzw. den mit den Technologien verbundenen flÀchenbezogenen Auswirkungen auf verschiedene Art und Weise nÀherten.
Studie von 2012 zur Windenergie und Photovoltaik (DLR et al. 2012)
In einer im Auftrag des Bundesumweltministeriums erstellten Studie, in der Langfrist-Szenarien und Strategien fĂŒr den Ausbau der erneuerbaren Energien untersucht wurden, verglichen die Autorinnen und Autoren bei unterschiedlichen erneuerbaren Energieerzeugungsarten die jĂ€hrlichen ErtrĂ€ge in Kilowattstunden pro Quadratmeter. FĂŒr die Biomasse gab die Studie einen Energieertrag von 2 bis 6 kWh/mÂČ an, gefolgt von der Windenergie (an Land) mit rund 40 kWh/mÂČ und â am ertragreichsten â die Photovoltaik mit 100 kWh/mÂČ (DLR et al. 2012, S. 80). Nach EinschĂ€tzung des Umweltbundesamtes (UBA) dĂŒrften hierbei allerdings die AbstandsflĂ€chen der Windenergie mit eingerechnet worden sein, was die geringere Effizienz der Windenergie gegenĂŒber der Photovoltaik erklĂ€ren wĂŒrde.
UBA-Studie zu FlĂ€chenrucksĂ€cken von GĂŒtern und Dienstleistungen (Fehrenbach et al. 2021)
Ein Forschungsvorhaben des UBA geht bei der Bewertung vom sogenannten Hemerobie-Konzept aus, bei dem die FlĂ€cheninanspruchnahme von verschiedenen EnergietrĂ€gern (und Baustoffen) anhand des âNaturfernepotenzialsâ bewertet wird (Fehrenbach et al. 2021b). In der Studie wird unter anderem ein FlĂ€chenbedarf pro erzeugter Megawattstunde (MWh) erneuerbaren Stroms in Form einer FlĂ€chennutzungsĂ€nderung in Quadratmetern pro Jahr berechnet. Die Windenergie an Land benötigt laut der Studie pro MWh eine FlĂ€che von 1,43 mÂČ, eine PV-FFA eine FlĂ€che von 22 mÂČ pro Jahr. Bei der Stromerzeugung durch Biomasse sind je nach Pflanzenart und Technologie pro MWh eine FlĂ€che von 442 mÂČ bis 519 mÂČ nötig (Fehrenbach et al. 2021a, S. 19).
Studie des ThĂŒnen-Instituts zum Vergleich der FlĂ€chenenergieertrĂ€ge verschiedener erneuerbarer Energien (Böhm et al. 2023)
Jonas Böhm vom ThĂŒnen-Institut bilanzierte in einer Studie FlĂ€chenenergieertrĂ€ge erneuerbarer Energien auf landwirtschaftlichen FlĂ€chen, unter anderem in Bezug auf die Stromerzeugung. Zur Veranschaulichung der Ergebnisse wurden die ermittelten FlĂ€chenenergieertrĂ€ge jeweils auf die Anzahl der Haushalte umgerechnet, deren Jahresstrombedarf damit gedeckt werden kann.
Die FlĂ€chenenergieertrĂ€ge von PV-FFA wurden anhand von vier Standorten und fĂŒnf AnlagengröĂen berechnet, wobei die gesamte AnlagengröĂe als Berechnungsgrundlage gewĂ€hlt wurde und Speicherverluste berĂŒcksichtigt wurden. Im Ergebnis können pro Hektar PV-FFA umgerechnet 230 Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt werden. Bei der Windenergie wurden ausschlieĂlich die versiegelten FlĂ€chen berĂŒcksichtigt. Pro Hektar durch WindrĂ€der versiegelter FlĂ€che können demnach 6.000 Haushalte versorgt werden. Ăber die Verstromung (inklusive der AbwĂ€rmenutzung) von Biogas aus Mais von einem Hektar AnbauflĂ€che kann hingegen lediglich der Strombedarf von sieben Haushalten gedeckt werden (Böhm 2023a S. 22 ff. bzw. 2023b, S. 4).
Zusammenfassung und Einordnung
Durch die technologische Entwicklung bei der Photovoltaik sowie bei der Windenergie haben insbesondere diese Technologien in den letzten Jahren erhebliche Effizienzgewinne erzielen können. In allen Studien, die sich mit der Leistung bzw. dem Energieertrag pro FlĂ€che bzw. den flĂ€chenbezogenen Auswirkungen beschĂ€ftigen, wird â unabhĂ€ngig von deren Berechnungsmethodik und zugrundeliegenden Rahmenbedingungen â deutlich, dass die FlĂ€cheneffizienz der Stromerzeugung durch Windenergienutzung und durch PV-FFA weit ĂŒber der Stromerzeugung aus Biomasse liegt.
Bezieht man bei der Windenergie nicht die zwischen den Anlagen liegenden AbstandsflĂ€chen bzw. gar die planerisch fĂŒr die Windenergienutzung festgelegte FlĂ€chenkulisse mit ein, sondern beschrĂ€nkt sich auf die FlĂ€chen mit einer dauerhaften FlĂ€cheninanspruchnahme durch Versiegelung, so weist die Windenergie eine deutlich gröĂere FlĂ€cheneffizienz bzw. deutlich kleinere âFlĂ€chenrucksĂ€ckeâ auf als herkömmliche PV-FFA.
UnabhĂ€ngig von der FlĂ€cheneffizienz besteht Konsens, dass zum Erreichen der Energiewende-Ziele ein Mix aus verschiedenen Erzeugungstechnologien erforderlich ist, um die Schwankungen und regionalen Unterschiede des Dargebots der PrimĂ€renergiequellen Wind und Sonneneinstrahlung und zugleich der zeitlich und regional unterschiedlichen Strombedarfe ausgleichen zu können. Eine ausschlieĂliche Ausrichtung auf âdie flĂ€cheneffizientesteâ Technologie ist daher nicht zielfĂŒhrend.
Im Vergleich zu Windenergiestandorten weisen PV-FFA aus Naturschutzsicht jedoch einen (potenziellen) Vorteil auf: durch weite ReihenabstÀnde und Integration von FreiflÀchen sinkt zwar die FlÀcheneffizienz, zugleich verbessern sich aber die Möglichkeiten, zumal bei gezielter Förderung der BiodiversitÀt, den naturschutzfachlichen Wert der FlÀchen zu fördern.
Quellen
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