Frage
Aus ökonomischer Sicht sind Abschaltungen von Windenergieanlagen zur Kollisionsvermeidung nicht sinnvoll. Welche Möglichkeiten und Alternativen gibt es diesbezüglich?
Vollständige Antwort
Der Betrieb von Windenergieanlagen (WEA) kann das Tötungsrisiko von Vogel- und Fledermausarten signifikant erhöhen. Unter den geltenden artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen des § 44 BNatSchG sind entsprechende Vermeidungsmaßnahmen erforderlich, um die Tötungsrisiken für windenergie-sensible Tierarten unter die Signifikanz-Schwelle zu senken. Andernfalls würde man gegen das Tötungsverbot verstoßen. Die Abschaltung von WEA gilt diesbezüglich als wirksamste Vermeidungsmaßnahme.
Bei Fledermäusen kommen entweder pauschale Abschaltzeiten oder im Zuge eines Gondelmonitorings anpassbare Abschaltalgorithmen zur Anwendung (vgl. KNE 2018a).
Bei windenergie-sensiblen Vogelarten wird von einer signifikanten Erhöhung ausgegangen, wenn sich die WEA innerhalb bestimmter Mindestabstandsradien zu Brutstandorten befinden. Im Rahmen von Einzelfallprüfungen kann durch eine Raumnutzungsanalyse ggf. der Nachweis erbracht werden, dass sich das Tötungsrisiko im Einzelfall nicht signifikant erhöht.
In Fällen, in denen das Tötungsrisiko als signifikant erhöht gilt, ist zu prüfen, ob sogenannte Lenkungsmaßnahmen allein als Vermeidungsmaßnahmen ausreichen. Dazu gehören die unattraktive Gestaltung der Fläche um den Mastfuß der WEA sowie die Weglockung durch die Schaffung attraktiver Nahrungshabitate. Diese Maßnahmen sind üblicherweise in Kombination und nicht alternativ zu einander umzusetzen. Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, werden darüber hinaus Abschaltungen erforderlich. Die Dauer von Abschaltungen könnte perspektivisch durch technische Systeme zur Erfassung von Tierarten (vgl. KNE 2018b) reduziert werden.
Die Vergrämung kollisionsgefährdeter Vogel- und Fledermausarten wird bislang in Deutschland nicht angewendet, da entsprechende Technologien zum Einsatz an Windenergieanlagen noch nicht ausgereift bzw. nicht ausreichend wirksam sind. Zudem gibt es artenschutzrechtliche Vorbehalte gegen Vergrämung aufgrund möglicher Störwirkungen. Von daher stellen Vergrämungsmaßnahmen in Deutschland aktuell keine mögliche Alternative zu Abschaltungen dar. Zu bereits entwickelten kameragestützten Systemen zur Erfassung von Vögeln mit der Möglichkeit der Kopplung mit einer akustischen Vergrämung als Vorstufe von Abschaltungen gibt es aktuelle Initiativen in der aktuellen deutschen Forschung. (vgl. KNE 2017 sowie KNE 2018c)
Sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, kann einzelfallbezogen eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten nach § 45 BNatSchG erteilt werden. Allerdings bedeutet dies nicht, dass gänzlich auf Vermeidungsmaßnahmen wie Abschaltungen verzichtet werden kann.[1] Ergänzend kommen sogenannte FCS-Maßnahmen zum Tragen, mit denen an anderer Stelle kompensatorische Habitat-Aufwertungen vorgenommen werden, die den Bestand stützen sollen.
Quellen
[1] Insgesamt sind Genehmigungen auf dem Wege der artenschutzrechtlichen Ausnahme bislang auf wenige Einzelfälle beschränkt, die Länder diesbezüglich eine mehr oder weniger starke restriktive Haltung haben.
KNE (2017): Antwort zur Anfrage „Untersuchungen zur Vergrämung von Fledermäusen“ Link zur Internetseite.
KNE (2018a): Antwort zur Anfrage „Parameter für Fledermaus-Abschaltungen in den Ländern“. Link zur Internetseite.
KNE (2018b): Synopse „Technische Systeme zur Vemeidung von potenziellen Auswirkungen auf Vögel und Fledermäuse durch die Windenergienutzung“. Link zur Internetseite
KNE (2018c): Antwort zur Anfrage „Vergrämungstechnologien für Vögel und Fledermäuse und Gewöhnungseffekte“. Link zur Internetseite.