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Veröffentlicht
18.09.2018
Schlagworte
  • Fledermäuse
  • Kleinwindenergie
  • Monitoring
  • Windenergie

Frage

Ist ein Totfundmonitoring an Kleinwindenergieanlagen nach Inbetriebnahme sinnvoll und wenn ja, welche Mindestanforderungen müssten hier gestellt werden? Wenn nein, welche Alternativen wären denkbar?

!Antwort

Um im Rahmen von Totfundsuchen an Windenergieanlagen (WEA) zu hinreichend verlässlichen Aussagen für Kollisionsopferzahlen bzw. zu entsprechenden Einschätzungen hinsichtlich des Tötungsrisikos zu kommen, muss insgesamt ein recht hoher Aufwand getrieben werden.

Als verlässliche Methode zur Hochrechnung von Schlagopferraten gilt die Methode von Korner-Nievergelt et al. (2013 sowie 2015), die grundsätzlich auch bei KWEA angewendet werden kann. Aus statistischen Gründen braucht es jedoch eine hinreichende Stichprobengröße, die von der Anzahl abgesuchter Anlagen bzw. von der Anzahl der Suchen insgesamt abhängt. Die Stichprobengröße würde bei einer einzigen zu untersuchenden Anlage – gleich, ob Kleinwindenergieanlage oder große Anlage – nur erreicht, wenn nahezu tägliche Suchen in allen „vogel- bzw. fledermausrelevanten“ Monaten durchgeführt würden. Nicht umsonst werden Totfundsuchen für Fledermäuse im Zusammenhang mit großen WEA mittlerweile nur für Standorte mit sehr unsicheren Prognosen hinsichtlich des Tötungsrisikos bzw. der Wirksamkeit von Abschaltungen empfohlen (vgl. zum Beispiel Hurst et al. 2016, S. 43).

Für aussagekräftige Ergebnisse muss zudem eine hinreichende Absuchbarkeit der die Anlage umgebenden Fläche gegeben sein (mindestens 40 Prozent für Hochrechnungen mittlerer Qualität, 60 Prozent für eine hohe). Der abgesuchte Radius um die Anlage kann in Abhängigkeit von der Größe der KWEA gegenüber großen WEA verkleinert werden, wie dies auch im kürzlich abgeschlossenen BfN-Forschungsprojekt zu KWEA vorgenommen wurde. Die Ergebnisse hierzu sollen im Herbst 2018 publiziert werden.

Eine entsprechende Anpassung des Korrekturfaktors „absuchbare Fläche“ müsste vorgenommen werden. Zudem müsste die „Kadaver-Abtragrate“ durch Prädatoren sowie die „Sucheffizienz“ bestimmt werden und diese in Hochrechnungen als weitere Korrekturfaktoren berücksichtigt werden.

Was bei zeitlich nicht unmittelbar nach der Inbetriebnahme durchgeführten Totfundsuchen im Zusammenhang mit Fledermäusen zusätzlich problematisch sein könnte, ist der Umstand, dass Tötungen, die möglicherweise relativ zeitnah nach der Aufstellung der KWEA erfolgen, nicht mit in der Erfassung berücksichtigt werden können. Man vermutet, dass Fledermäuse lernfähig sind und neu in ihre Habitate und Flugwege eingebrachte Objekte und Strukturen (wie KWEA) nach einer gewissen Zeit umfliegen, sodass eine Gefährdung anfänglich höher sein könnte und diese dann nach einer gewissen Zeit nachlässt. Derartige Aspekte werden aktuell in einem weiteren BfN-Vorhaben zu KWEA an Standorten in Süddeutschland untersucht.

Lediglich sporadische Totfundsuchen führen unserer Auffassung nach nur zu äußerst vagen Einschätzungen, die letztlich zur Beurteilung von artenschutzrechtlichen Auswirkungen von KWEA in Bezug auf das reale Tötungsrisiko von Vögeln und Fledermäusen kaum verwendbar sind. Der Aufwand für hinreichend valide Schlagopfersuchen an einzelnen KWEA hingegen, dürfte im Regelfall mit unverhältnismäßig hohem Aufwand und Kosten einhergehen.

In Bezug auf Fledermäuse gibt es anstelle von Totfundsuchen zwei Alternativen zur Risikobewertung. Dies wäre zum einen eine akustische Dauererfassung im Rotorbereich, um die Fledermausaktivität zu messen und das Kollisionsrisiko abschätzen zu können. Eine zweite Möglichkeit bestünde möglicherweise in einer visuellen Dauererfassung. Mit Hilfe einer Wärmebildkamera können tatsächliche Kollisionen erfasst werden. Ein Softwaretool speichert nur Bildsequenzen, in denen größere Flugobjekte im Bildausschnitt auftauchen. Dies erleichtert die anschließende Auswertung (vgl. Alder 2017). Die Methode findet allerdings bislang noch keine breite Anwendung in der Praxis.

Als Maßnahme zur Verringerung oder Vermeidung von Kollisionsrisiken für Fledermäuse könnten KWEA mit Hilfe entsprechend verfügbaren technischen Steuerungs-Modulen in Zeiten mit hohem Kollisionsrisiko (windarme, warme Nächte in den fledermausrelevanten Monaten) abgeschaltet werden. Nach Einschätzung des KNE kommt dies nach aktuellem Kenntnisstand insbesondere an Standorten mit entsprechend höherer Fledermausaktivität bzw. standortspezifisch unsicherer Risikoprognose in Betracht. Etwaige Kollisionsrisiken für Vögel können hierdurch nicht abgedeckt werden.

Es ist zu hoffen, dass aktuelle Forschungen im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zu KWEA weitere Erkenntnisse und Empfehlungen ergeben.

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Literaturverzeichnis

Alder, H. (2017): Langzeit-Monitoring an einer Kleinwindanlage mittels Wärmebild-Kameras und Chancen für die Risiko-Einschätzung. Abstract. Nationale Tagung Fledermausschutz und Fledermausforschung 2017 am 02.12.2017 in Bern. S. 10. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 13.09.2018).

Hurst, J., Biedermann, M., Dietz, C., Dietz, M., Karst, I., Krannich, E., Petermann, R., Schorcht, W., Brinkmann, R. (2016): Fledermäuse und Windkraft im Wald. Naturschutz und Biologische Vielfalt 153. Bonn-Bad Godesberg. 400 S.

Korner-Nievergelt, F., Brinkmann, R., Niermann, I., Behr, O. (2013): Estimating Bat and Bird Mortality Occurring at Wind Energy Turbines from Covariates and Carcass Searches Using Mixture Models. PLoS ONE 8 (7). S. 1–11. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 13.09.2018).

Korner-Nievergelt, F., Behr, O., Brinkmann, R., Etterson, M.A., Huso, M.M.P., Dalthorp, D., Korner-Nievergelt, P., Roth, T., Niermann, I. (2015): Mortality estimation from carcass searches using the R-package carcass — a tutorial. Wildlife Biology, 21(1) S. 30–43. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 13.09.2018).