Einfluss der Horstschutzregelung auf die Genehmigung von Windenergieanlagen

Frage

Ist es möglich, durch die Zerstörung von Horsten seltener Brutvögel (beispielsweise von Schwarzstörchen oder Rotmilanen) die Planung und Genehmigung von Windenenergieanlagen zu befördern oder hat dies sogar gegenteilige Wirkungen? Welche Horstschutzregelungen bestehen diesbezüglich in Nordrhein-Westfalen und was sind die Unterschiede zu Ländern mit artspezifischen Horstschutzfristen?

Vollständige Antwort

In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg gibt es Listen mit artspezifischen Horstschutzfristen, die auch im Falle einer Horstentfernung weiter gelten. Innerhalb der Fristen ist dort auch ein zerstörter Horst rechtlich so zu behandeln, als wäre er noch da. Dadurch sollen Anreize für von Menschen absichtlich verursachte Horstzerstörungen vermindert werden, die darauf abzielen, bestimmte als hinderlich angesehene artenschutzrechtliche Restriktionen für zum Beispiel Windenergie-Vorhaben „zu beseitigen“.

Die Berücksichtigungspflicht von unbesetzten beziehungsweise entfernten Horsten hat sogar zur Folge, dass Vorhabenträger nicht mehr die Möglichkeit haben, innerhalb der jeweiligen Frist durch faunistische Untersuchungen zu belegen, dass für ein Brutpaar kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht und damit einer Genehmigung von Windenergieanlagen nichts entgegensteht. Faktisch hat dies eine Planungsverzögerung zur Folge.

In Nordrhein-Westfalen gibt es keine gesonderten Regelungen zum Horstschutz oder Horstschutzfristen im Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG NRW). Bezüglich des Schutzes von Wechselhorsten führt allerdings der Leitfaden des Landes (MULNV und LANUV 2017, S. 25) aus, dass die Wechselhorststandorte von Rot- und Schwarzmilan erst dann nicht mehr zu betrachten sind, wenn sie nachweislich zwei Jahre nicht mehr besetzt wurden. Beim Schwarzstorch beträgt die Frist fünf Jahre nach Aufgabe der Nutzung. Bei den genannten Arten erlischt die Prüfpflicht also ebenfalls nicht, sobald der Horst – aus welchen Gründen auch immer - unbesetzt ist, sondern sie gilt – innerhalb der genannten Fristen (zwei bzw. fünf Jahre) – weiter fort.

Darüber hinaus ist noch folgende Information relevant: Wird ein einzelner Horst – sei es „natürlich“ oder „absichtsvoll“ – zerstört, wird nach Auskunft des LANUV davon ausgegangen, dass das Brutpaar entweder auf bestehende Wechselhorste im Revier ausweicht, oder sich einen neuen Horst baut.

Bei Weiternutzung des Reviers und bestehendem Brutverdacht wird das Revier planungsrechtlich weiter so behandelt, als wäre eine Brut nachgewiesen. Die Prüfpflichten sind hier also weniger an das Vorhandensein eines Horstes als vielmehr an die Frage geknüpft, ob das Revier weiterhin besetzt ist. Ist es weiterhin besetzt, so müssen auch die Prüferfordernisse vollumfänglich erfüllt werden, das heißt, es muss im Rahmen der Genehmigung nachgewiesen werden, dass das Tötungsrisiko durch eine WEA nicht signifikant erhöht wird.

Quellen

MULNV, LANUV (2017): Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen. Fassung vom 10.11.2017, 1. Änderung. Düsseldorf. 65 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 04.05.2018).