Frage
Welche Technologie zur Erzeugung erneuerbarer Energie weist die höchste FlÀcheneffizienz auf? Gibt es belastbare Untersuchungen oder Erhebungen, die den Energieertrag ins VerhÀltnis zum FlÀchenverbrauch setzen?
VollstÀndige Antwort
Aktuelle vergleichende Studien gibt es zu dieser Frage nicht. Im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) beschĂ€ftigt sich jedoch aktuell das Forschungsprojekt âFlĂ€chenrucksĂ€cke von GĂŒtern und Dienstleistungenâ mit der FlĂ€cheneffizienz, da es hierzu â anders als bei Lebenszyklusanalysen â bis dato keine allgemein anerkannte methodische Lösung gibt. Zudem sind die ZusammenhĂ€nge sehr komplex, was eine Vergleichbarkeit der Effizienz von Nutzungen bezogen jeweils auf die FlĂ€che zusĂ€tzlich erschwert.
So macht es beispielsweise einen erheblichen Unterschied, welche FlĂ€chen man bei der Betrachtung mit einbezieht und welche man âauĂen vorlĂ€sstâ. Rechnet man lediglich die FlĂ€chen ein, die langfristig eine anderweitige Nutzung komplett ausschlieĂen â bei der Windenergie beispielsweise die versiegelte FundamentflĂ€che, die KranstellflĂ€che sowie die zusĂ€tzlich erforderliche Zuwegung â so kommt man zu gĂ€nzlich anderen Bewertungen, als wenn man die FlĂ€chen unterhalb der vom Rotor ĂŒberstrichenen FlĂ€che, die AbstandsflĂ€chen zu GebĂ€uden oder gar die gesamte fĂŒr die Windenergienutzung planerisch festgelegte FlĂ€che einbezieht, die ja weiterhin landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzt werden kann. Nimmt man eine Bewertung nach dem ersten Ansatz vor, dĂŒrfte die Windenergie die Technologie unter den erneuerbaren Energien mit dem geringsten FlĂ€chenbedarf pro erzeugter Energiemenge sein, mit Abstand gefolgt von der Photovoltaik. Ăblicherweise wird jedoch anders vorgegangen.
Bei PV-Modulen macht es wiederum einen wesentlichen Unterschied, ob sie auf DachflĂ€chen von GebĂ€uden montiert sind oder ob es sich um im Freiland stehende Anlagen handelt. Auch wenn es bei PV-FreiflĂ€chenanlagen (PV-FFA) kaum vollstĂ€ndig versiegelte FlĂ€chen gibt, kann dennoch eine weitere (GrĂŒnland-)Nutzung erheblich eingeschrĂ€nkt sein. Neue Konzepte der Agro-Photovoltaik mit sehr hoch aufgestĂ€nderten PV-Modulen, die potenziell eine gleichzeitige wirtschaftlich tragfĂ€hige ackerbauliche Nutzung von FlĂ€chen ermöglichen könnte, befinden sich noch in der wissenschaftlichen Erprobung.
In einer bereits im Jahr 2012 im Auftrag des Bundesumweltministeriums erstellten Studie, in der Langfristszenarien und Strategien fĂŒr den Ausbau der erneuerbaren Energien untersucht wurden, verglichen die Autorinnen und Autoren bei unterschiedlichen erneuerbaren Energieerzeugungsarten die jĂ€hrlichen ErtrĂ€ge in Kilowattstunden pro Quadratmeter. Der Biomasse mit 2 bis 6 kWh/mÂČ stand hier die Windenergie (an Land) mit rund 40 kWh/mÂČ und â noch ertragreicher â der Photovoltaik mit 100 kWh/mÂČ gegenĂŒber (DLR et al. 2012, S. 80 mit Daten aus 2010). Bei diesem Vergleich dĂŒrften die AbstandsflĂ€chen der Windenergie nach EinschĂ€tzung des UBAs mit eingerechnet worden sein, was die geringere Effizienz der Windenergie gegenĂŒber der Photovoltaik erklĂ€rt. Weiterhin muss berĂŒcksichtigt werden, dass es in den letzten Jahren technologische Entwicklungen bei Windenergieanlagen und Photovoltaik-Modulen gab. Diese fĂŒhrten zu einer erheblichen Zunahme der LeistungsfĂ€higkeit, was entsprechend die FlĂ€cheneffizienz beider Technologien â auch gegenĂŒber der Stromerzeugung aus Biomasse â erheblich erhöht haben dĂŒrfte, wie nachfolgende Darstellungen zur Photovoltaik verdeutlichen.
Durch Effizienzsteigerung in den Modultechniken konnte der durchschnittliche FlĂ€chenbedarf von 3,56 Hektar pro Megawatt Nennleistung bis zum Jahr 2010 auf 2,25 Hektar pro Megawatt in den Jahren 2011 bis 2013 reduziert werden (Kelm et al. 2014, S. 76). In einem Bericht der Bundesnetzagentur zur FlĂ€cheninanspruchnahme fĂŒr PV-FFA aus dem Jahr 2016 wird fĂŒr 2014 ein Durchschnittswert von 1,89 Hektar und fĂŒr 2015 von 1,6 Hektar angegeben. Weiterhin findet sich die Aussage, dass allgemein davon auszugehen sei, dass sich die Entwicklung der Effizienzsteigerung auch in den kommenden Jahren noch weiter fortsetzen wird (BNetzA 2016, S. 6). Aus Angaben zur aktuellen Nennleistung von PV-Modulen von 170 bis 200 Watt pro Quadratmeter und der Faustformel, dass fĂŒr PV-FreiflĂ€chenanlagen zirka das 2 bis 2,5-Fache an FlĂ€che benötigt wird (Wirth 2018, S. 40), lassen sich aktuelle FlĂ€chenbedarfe knapp unter 1,5 Hektar bis sogar nur einem Hektar bei Spitzenmodulen errechnen.
Das eingangs erwĂ€hnte Forschungsvorhaben des UBA geht bei der Bewertung vom sogenannten Hemerobie-Konzept aus, bei dem die FlĂ€cheninanspruchnahme von verschiedenen EnergietrĂ€gern (und Baustoffen) anhand des Naturfernepotenzials bewertet wird. Im Forschungsvorhaben geht es darum, zu dem bereits weitgehend vorentwickelten Ansatz die geeigneten Basisdaten zu identifizieren und schlieĂlich die finale Ausgestaltung der Methode vorzunehmen. Das Forschungsvorhaben startete 2017 und soll im Jahr 2020 abgeschlossen sein (IfEU 2018). Bis zum Vorliegen der Forschungsergebnisse wird eine vergleichende Bewertung der FlĂ€cheneffizienz der verschiedenen Technologien der erneuerbaren Energien voraussichtlich schwierig bleiben.
Quellen
BNetzA - Bundesnetzagentur (2016): Bericht ĂŒber die FlĂ€cheninanspruchnahme fĂŒr FreiflĂ€chenanlagen nach § 36 FreiflĂ€chenausschreibungsverordnung (FFAV). Stand Dezember 2016. Bonn. 17 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 11.06.2018).
DLR â Deutsches Zentrum fĂŒr Luft- und Raumfahrt, Fraunhofer IWES â Fraunhofer Institut fĂŒr Windenergie und Energiesystemtechnik, IFNE â IngenieurbĂŒro fĂŒr neue Energien (2012): Langfristszenarien und Strategien fĂŒr den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei BerĂŒcksichtigung der Entwicklung in Europa und global. Studie im Auftrag vom BMU (FKZ 03MAP146). Stand 29. MĂ€rz 2012. Schlussbericht. Stuttgart-Kassel-Teltow. 331 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 12.06.2018).
IfEU (Institut fĂŒr Energie- und Umweltforschung Heidelberg) (2018): FlĂ€chenrucksĂ€cke von GĂŒtern und Dienstleistungen - Ermittlung und Verifizierung von Datenquellen und Datengrundlagen fĂŒr die Berechnung der FlĂ€chenrucksĂ€cke von GĂŒtern und Dienstleistungen fĂŒr Ăkobilanzen und die vereinfachte Umweltbewertung (VERUM). Link zum Dokument (letzter Zugriff 11.06.2018).
Kelm, T., Schmidt, M., Taumann, M., PĂŒttner, A., Jachmann, H., Capota, M. (2014): Vorbereitung und Begleitung der Erstellung des Erfahrungsberichts 2014 gemÀà § 65 EEG. Vorhaben IIc: Stromerzeugung aus Solarer Strahlungsenergie. Wissenschaftlicher Bericht. Stuttgart. 171 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 11.06.2018).
Wirth, H. (2018): Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland. Stand: 21.02.2018 Freiburg. 88Â S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 11.06.2018).