Zugang zu faunistischen Daten über das Umweltinformationsgesetz

Frage

Wie erhält man Zugang zu faunistischen Gutachten und Daten zu Fledermaus-Gondelmonitorings bei Windenergievorhaben?

Vollständige Antwort

Der Zugang zu faunistischen Gutachten und Daten aus vorhabenbezogenen Erfassungen wird zum Beispiel von Naturschutzverbänden, aber auch der Wissenschaft immer wieder gefordert. Vorhabenträger führen hiergegen insbesondere zwei Argumente an: zum einen bedeute es zusätzlichen Aufwand, zum anderen befürchten sie Konflikte und die Preisgabe von für sie wertvollen und sensiblen Standortinformationen. Nicht selten wird auch argumentiert, dass es sich bei Gutachten und Daten um Betriebsgeheimnisse oder urheberrechtlich geschützte Informationen handle, die zudem vom Vorhabenträger bezahlt worden seien und dieser somit auch die Hoheit über die Daten habe.

Andererseits sind zum Beispiel Artenschutzgutachten im Zuge der Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen vom Vorhabenträger beizubringende Unterlagen, die der Prüfung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens durch die Genehmigungsbehörde dienen. Gutachten und Daten sind somit Teil von auch mit öffentlichen Mitteln finanzierten Verwaltungsverfahren.

Grundsätzlich gibt es auf Grundlage des Umweltinformationsgesetzes (UIG) einen gesetzlichen „Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen“, über die Behörden als sogenannte „informationspflichtige Stellen“ verfügen (§ 3 Abs. 1 UIG). Dieses Informationsrecht bzw. die behördliche Informationspflicht besteht gegenüber jedermann. Faunistische und artenschutzrechtlichen Gutachten sowie auch den Behörden übermittelte Monitoring-Berichte stellen derartige Umweltinformationen dar.

Um Zugang zu diesen Dokumenten zu erhalten, müsste nach § 4 UIG ein Antrag an die informationspflichtige Stelle gerichtet werden, in diesem Falle an die Genehmigungsbehörden.

Insgesamt ist die Frage der Zugänglichkeit zu Gutachten, Monitoringberichten und Gondelmonitoringdaten allerdings komplex und somit entsprechend differenziert zu beantworten, nicht zuletzt auch aus rechtlicher Perspektive.

Handelt es sich um ein Vorhaben, welches im sogenannten förmlichen Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung geprüft wird, so sind die Artenschutzgutachten ohnehin Teil der Verfahrensunterlagen, die auszulegen und damit der Öffentlichkeit innerhalb bestimmter Fristen zugänglich zu machen sind, so zum Beispiel bei allen Vorhaben mit Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP, ab 20 WEA) oder auch zur Durchführung einer freiwilligen UVP. In diesen Fällen können bzw. werden Vorhabenträger Artenschutz-Gutachten nicht als Betriebsgeheimnis deklarieren. Eine „Erstveröffentlichung“ der Umweltinformationen erfolgt im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung.

Viele Vorhaben mit kleineren Anlagenzahlen (3 bis 19 WEA), bei denen im Rahmen einer Vorprüfung keine UVP-Pflicht festgestellt wird, oder mit nur ein bis zwei Anlagen ohne UVP-Pflicht, werden jedoch im vereinfachten Verfahren ohne eine Offenlegung der Unterlagen geprüft und genehmigt.

Insbesondere in diesen Fällen ist bezüglich eines etwaigen Umweltinformationsanspruchs nach § 3 Abs. 1 UIG zu differenzieren, ob es sich um private oder behördliche Gutachten handelt. Die Genehmigungsbehörden sind gehalten, den Gutachtenauftrag mit dem Vorhabenträger im Vorfeld abzustimmen. Wenn ein Antragsteller nach erfolgter Abstimmung mit der Behörde einen Gutachtenauftrag auf seine Kosten vergibt oder diesen Auftrag an einen, der Behörde hierfür bekannten Gutachter vergibt, gilt dieses Gutachten als behördliches Sachverständigengutachten (Roßnagel/Hentschel in: Führ, BImSchG, § 10 Rn. 363). Wenn es sich bei den artenschutzrechtlichen Gutachten um ein behördliches Gutachten handelt, dürfte nach unserer Auffassung ein Informationsanspruch nach dem UIG gegeben sein.

Wenn es sich indes um ein privates Gutachten handelt, das eigenständig vom Antragsteller erarbeitet und vorgelegt wird, könnte dem Informationsanspruch der Schutz sonstiger Belange gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 UIG entgegenstehen, wenn durch die Zugänglichmachung des Gutachtens Urheberrechte verletzt würden.

Sachverständigengutachten und sonstige genehmigungsrelevante Ausarbeitungen, die eine überdurchschnittliche individuelle Eigenart als Ergebnis einer eigenen geistigen Leistung aufweisen, fallen unter den Werksbegriff des Urheberrechts und können daher Urheberrechtsschutz nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) genießen. (OVG Münster 2017, Rn. 81, juris)

Indem der Antragsteller das Privatgutachten an die Behörde übergibt, veröffentlicht er dieses nicht und stimmt auch nicht konkludent einer Veröffentlichung zu (Jastrow/Schlatmann, IFG, § 6 Rn. 23). Von einer Zustimmung gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 UIG zur Preisgabe der Information kann daher ohne ausdrückliche Erklärung des Betroffenen nicht ausgegangen werden.

Allerdings sieht § 9 Abs. 1 S. 1 UIG wiederum die Möglichkeit der Informationsfreigabe vor, wenn das öffentliche Interesse des Antragstellers das Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung überwiegt.

Dazu müssen die privaten Geheimhaltungsinteressen im Einzelnen mit den öffentlichen Informationsinteressen abgewogen werden. Nur soweit sich bei der Einzelabwägung ergibt, dass die öffentlichen Informationsinteressen ein größeres Gewicht als die privaten Geheimhaltungsinteressen haben, kann jenen Interessen der Vorzug gegeben werden. (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.02.2008 - 20 F 2.07 -, juris Rn. 26) Das öffentliche Interesse an dem Informationszugang überwiegt wiederum nur, wenn mit dem Antrag ein Interesse verfolgt wird, das über das allgemeine Interesse der Öffentlichkeit, Zugang zu Informationen über die Umwelt zu erhalten, hinausgeht. (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.2009 - 7 C 2.09, juris Rn. 62)

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat hiernach in einem Fall, in dem es um die Genehmigung und den Betrieb von drei WEA ging, das Vorliegen eines öffentlichen Interesses am Informationszugang abgelehnt und dies einerseits darauf gestützt, dass der Antragsteller das öffentliche Interesse nicht dargelegt habe und andererseits der Umfang des geplanten Vorhabens es nicht rechtfertige. (OVG Münster Urteil vom 24.11.2017 – 15 A 690/16, BeckRS 2017, 134489, beck-online)

Das in einem anderen Fall das öffentliche Interesse bejahende Verwaltungsgericht Darmstadt (Beschluss VG Darmstadt vom 26.06.2017 – 6 L 1478/17, BeckRS 2017, 120932, beck-online) argumentiert, dass die Arbeit der Gutachter mit der Erstellung des Gutachtens abgeschlossen sei. Ein darüberhinausgehendes Interesse der Gutachter an der Verwendung ihrer Gutachten sei nicht dargelegt worden. Das gelte auch für ein möglicherweise bestehendes Interesse an der Nichtveröffentlichung. Es seien daher keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass von den urheberrechtlich geschützten Rechten Gebrauch gemacht werden soll oder könnte, so dass das Interesse an der Nichtbekanntgabe der Umweltinformationen als gering zu bewerten sei. Auch die von der Projektiererin geltend gemachten wirtschaftlichen Belange überwögen nicht das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe von Umweltinformationen. Denn mit Vorlage der Gutachten bei der Genehmigungsbehörde hat sich der Zweck der Gutachten erfüllt, für den die Antragstellerin die Gutachter honoriert hätte. Das Gericht entschied weiterhin, dass der Antragsteller die Information nur in seiner umweltpolitischen Tätigkeit und nicht gewerblich nutzen dürfe.

Noch komplexer könnte sich die Lage beim Zugang zu Fledermaus-Gondelmonitoring-Daten darstellen. Diese bestehen zum einen aus den Rohdaten der akustischen Arterfassung, zum anderen aus Witterungsdaten (in erster Linie Windgeschwindigkeiten). Aus der modell-basierten Verknüpfung dieser Daten – zum Beispiel mit dem Software-Tool ProBat – werden die Kollisionsrisiken und entsprechend notwendige Abschalt-Algorithmen zum fledermausfreundlichen Betrieb von Windenergieanlagen berechnet. Wie oben bereits beschrieben, stellen insbesondere die Winddaten für Projektierer sensible Daten dar, da hieraus auch Rückschlüsse auf die Wirtschaftlichkeit von Anlagen bzw. Standorten gezogen werden können. Zudem verbleiben die faunistischen Daten in der Regel bei den Gutachterbüros und liegen somit den informationspflichtigen Behörden nicht vor, häufig nicht einmal den Projektierern und Betreibern.

Hier besteht bezüglich der rechtlichen Aspekte des Daten-Status und einer möglichen Zugänglichkeit für Dritte noch ein grundsätzlicher rechtlicher Klärungsbedarf, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die eingangs angesprochenen wissenschaftlichen Metaanalysen und eine in diesem Zuge erforderliche zentrale Datensammlung.