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Veröffentlicht
6.11.2017
Schlagworte
  • Grundwasser
  • Windenergie

Frage

Ist bekannt, ob es zu Schadstoffausträgen aus Betonfundamenten von Windenergieanlagen kommen kann? Um welche Stoffe handelt es sich und können diese grundwassergefährdend sein? Sind Vermeidungsmaßnahmen bzw. prophylaktische Maßnahmen im Rahmen der Bauphase möglich? Gibt es Maßnahmen zur Nachbehandlung im Bereich der Grundwasserentnahmestelle?

!Antwort

Konkrete Forschungen zu Schadstoffausträgen aus WEA-Betonfundamenten sind uns nicht bekannt. Abgesehen von den erheblichen Unterschieden in Größe und Menge unterscheiden sich die Stahlbeton-Fundamente von Windenergieanlagen hinsichtlich der zu ihrer Herstellung verwendeten Ausgangsstoffe zunächst einmal nicht von anderen Beton-Fundamenten und -Gründungen, beispielsweise im Straßenbau oder bei der Errichtung von Gebäuden.

Umweltverträglichkeit von Beton und Betonausgangsstoffen

Zur Betonherstellung werden Zement und Zusatzstoffe – wie zum Beispiel Bindemittel und Gesteinskörnungen – eingesetzt. Diese Ausgangsstoffe können prinzipiell auch das Grundwasser und den Boden gefährdende Spurenelemente enthalten. Allerdings gibt es hinsichtlich der Umweltverträglichkeit von Beton und seiner Ausgangsstoffe eine Reihe von einzuhaltenden bauaufsichtlichen Regelungen, Normen und Zulassungsvoraussetzungen. Erfolgt die Herstellung von Beton nach den entsprechenden DIN-Normen bzw. werden – den jeweiligen DIN-Normen entsprechend – als unbedenklich geltende Ausgangsstoffe verwendet, so ist eine Umweltverträglichkeit sichergestellt (vgl. DAfStb 2010).

In die Bewertung der Umweltverträglichkeit flossen und fließen unter anderem langjährige Forschungen zur Bindung bzw. Auswaschung (Auslaugung) umwelt- und gesundheitsgefährdender Spurenelemente ein (Brameshuber et al. 2011).  Eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung von Beton und Betonausgangsstoffen erfolgt zum Beispiel auf Grundlage der so genannten Grundsätze zur Bewertung der Auswirkungen von Bauprodukten auf Boden und Grundwasser (DIBt 2011), die unter Berücksichtigung von Forschungsergebnissen sowie den geltenden bodenschutz-, wasser- und abfallrechtlichen Vorschriften entwickelt wurden. In ihnen sind Bewertungs-Konzepte und Methoden festgelegt, mit denen die Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit unter anderem anhand von durch die LAWA (2016, S. 25ff) abgeleiteter Geringfügigkeitsschwellen für eine ganze Reihe anorganische Stoffe (darunter zahlreiche Schwermetalle), organische Stoffe (z. B. polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) und für weitere Stoffe untersucht wird.

Als Zuschlags- und Zusatzstoffe bei der Betonherstellung können jedoch auch solche verwendet werden, die keiner Norm unterliegen bzw. die keine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung haben, zum Beispiel recycelte oder industriell hergestellte Gesteinskörnungen oder auch Flugaschen als Reststoffe anderer industrieller Prozesse. In diesen Fällen kommen die „Anforderungen an bauliche Anlagen bezüglich der Auswirkungen auf Boden und Gewässer“ (ABuG) des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt 2017, S. 295ff) zum Tragen. Diese beinhalten in den dazugehörigen Anlagen allerdings wiederum Grenzwerte für zahlreiche oben bereits angesprochene gesundheits- und umweltschädliche Substanzen, die bei Betonzuschlagsstoffen eingehalten werden müssen (ebd., S. 303ff).

Jüngere Forschungserkenntnisse betreffen die so genannte Auslaugung während der Frischbetonphase, also die Auswaschung von Spurenelementen vor der Aushärtung des Betons. Relevante Parameter sind hier Chrom und Vanadium, wobei im Fall von Chrom der Einsatz von Chromatreduzierern auf die Freisetzung von entscheidender Bedeutung ist (Vollpracht 2012, S. 31).

Als Chromatreduzierer werden Metall-Salze eingesetzt, zum Beispiel Eisen(II)-Sulfat, durch die das im Zement enthaltene Chromat (CRO4) in eine schwerlösliche, dreiwertige Form (Cr(OH)3) überführt werden kann. Der Chromatreduzierer wird dem Zement beigegeben, der eigentliche chemische Reduktionsprozess erfolgt nach Zusatz des Wassers beim Anmischen des Betons (vgl. Anmerkung 1 unten).

Für weitere Spurenelemente wie Arsen, Blei, Kobalt, Kupfer, Selen und Zink waren die Freisetzungen aber auch in der Frischbetonphase sehr gering bzw. gar nicht nachweisbar. Ähnliches gilt für Nickel und Molybdän, sodass hier keine Umweltrelevanz gegeben sei. Auch die Bariumfreisetzung war unter Berücksichtigung der Hintergrundkonzentration von Barium in Grund- und Leitungswasser baupraktisch nicht relevant. (Vollpracht 2012, S. 31)

Ergebnisse der Untersuchungen von Vollpracht (2012, S. 184) lassen vermuten, dass in der Realität die Freisetzung mehrerer Schwermetalle noch geringer ist, als bislang angenommen. Der Einsatz von Leitungswasser bei den Auslaugversuchen – anstelle von dem sonst üblicherweise verwendeten deionisierten Wasser – führte auf Grund des höheren pH-Wertes zu einer verringerten Freisetzung für Schwermetalle um den Faktor sechs bis 16, bei Barium sogar um den Faktor 180.

Mögliche Vermeidungsmaßnahmen

Denkbare Verminderungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Gründung von WEA wären auf Grundlage der oben aufgeführten Erkenntnisse:

  • die Verwendung von Zuschlagsstoffen (Gesteinskörnungen) natürlichen Ursprungs beziehungsweise der Verzicht auf nicht zugelassene Zuschlagsstoffe,
  • eine Verfüllung des Fundamentes mit bindigem, abdichtendem Material.

Letztere Maßnahme würde insbesondere eine potenzielle Schadstoffauswaschung während der Frischbetonphase betreffen. Derartige Maßnahmen kamen nach Kenntnis des KNE bereits bei der Realisierung von WEA-Vorhaben in Wasserschutzgebieten zum Einsatz. In mehreren Bundesländern ist auf Grundlage einer Einzelfallprüfung die Errichtung von WEA in den Wasserschutzzonen II und III nach Erteilung einer entsprechenden behördlichen Befreiung möglich (z. B. MULEWF Rheinland-Pfalz 2013). In jedem Fall sollte geprüft werden, ob sich ein Alternativstandort außerhalb sensibler Bereiche, hier der Wasserschutzzonen bzw. zumindest der Wasserschutzzone II finden lässt. Bei entsprechenden Vorhaben raten wir zudem zu einer frühzeitigen Hinzuziehung von entsprechendem hydrogeologischen Sachverstand.

Möglichkeiten zur Nachbehandlung

Im Zuge der Grundwasserentnahme bzw. für die Aufbereitung von Trinkwasser gibt es bereits heute eine Reihe von Verfahren, um gesundheitsschädliche Spurenelemente aus dem Wasser herauszufiltern, auch zur Eliminierung von Schwermetallen. Hierzu kommen in Wasserwerken Sand- und Kiesfilter zum Einsatz, die Oxide und Hydroxide, an die sich Schwermetalle anlagern, herausfiltern. Zudem gibt es Verfahren zur Ausfällung bzw. Ausflockung mit Metallsalzen oder Kalkhydrat oder solche, bei denen sogenannte Ionenaustauscher zum Einsatz kommen. Zu bedenken ist hierbei stets, dass zusätzliche Filtertechnik auch zu höheren Kosten bei der Wasseraufbereitung führt.

Alternativ zu einer Nachbehandlung kann Wasser, welches bestimmte Grenzwerte nicht einhält, auch mit Wasser gemischt werden, welches die Grenzwerte unterschreitet, so dass der „Verschnitt“ die jeweiligen Grenzwerte einhält.

Grundsätzlich sollten präventive Vermeidungsmaßnahmen denen der Nachbehandlung vorgezogen werden.

Anmerkung 1: Im Zuge der deutschen Umsetzung der EU-Richtlinie 2003/53/EG zur Verwendung chromatarmer Zement- und zementhaltiger Produkte dürfen seit Januar 2005 nur noch solche in Verkehr gebracht werden, die nicht mehr als 2mg/kg Chromat (bezogen auf die Trockenmasse des Zementanteils) enthalten (Achte Verordnung zur Änderung chemikalienrechtlicher Verordnungen vom 25.02.2004).

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Literaturverzeichnis

Brameshuber W., Vollpracht A., Hannawald, J., Nebel, H. (2011): Effiziente Sicherstellung der Umweltverträglichkeit – Schlussbericht zum Teilprojekt E im Verbundforschungsvorhaben „Nachhaltig Bauen mit Beton“ (Phase 2). Berlin: Beuth. In: Schriftenreihe des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (2011), Nr. 584.

DAfStb – Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (2010): Erläuterung des DafStb zum aktuellen Regelungsstand der Umweltverträglichkeit von Beton. 14. Dez. 2010. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 05. Okt. 2017).

DIBt – Deutsches Institut für Bautechnik (Hrsg.) (2017): Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB). DIBt Amtliche Mitteilungen Ausgabe 2017/1 330 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 27. Sept. 2017).

DIBt – Deutsches Institut für Bautechnik (Hrsg.) (2009): Grundsätze zur Bewertung der Auswirkungen von Bauprodukten auf Boden und Grundwasser. Teil I - Mai 2009, Teil II – September 2011 und Teil III – Mai 2009. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 27. Sept. 2017).

LAWA – Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (2016): Ableitung von Geringfügigkeitsschwellen für das Grundwasser. Aktualisierte und überarbeitete Fassung 2016. 28. S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 05. Okt. 2017).

MULEWF Rheinland-Pfalz – Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz (2013): Leitfaden zum Bau und Betrieb von WEA in Wasserschutzgebieten. Mainz. 24 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 04. Okt. 2017).

Vollpracht, A. (2012): Einbindung von Schwermetallen in Portlandzementstein. Dissertation an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. 280 S.