Frage
Im Zuge der Errichtung von PV-Freiflächenanlagen werden von den Naturschutzbehörden regelmäßig Eingrünungen von mindestens drei Metern Breite gefordert. Was ist das Ziel dieser Eingrünungsmaßnahmen und kann von solchen Maßnahmen abgewichen werden, wenn die dadurch verursachte Verschattung die Anlage unwirtschaftlich werden lassen? Kann stattdessen eine Kompensation auf anderen Flächen erfolgen?
Vollständige Antwort
Eingrünungen von PV-Freiflächenanlagen (PV-FFA) zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes
Primäres Ziel von Eingrünungen ist in der Regel die Vermeidung von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch visuelle Störungswirkungen. Diese können zu einer technischen Überprägung der Landschaft und damit einhergehenden Minderung von Eigenart und Schönheit der Landschaft und ihres Erholungswertes führen. Eine solche Vermeidungswirkung kann durch eine Eingrünung mit Sträuchern und Gehölzen erreicht werden. Diese sollte bestimmte Abmessungen haben (z. B. zwei Meter Höhe und drei Meter Breite), damit die erwünschte Wirkung auch erreicht wird. Eine Verschattung angrenzender Flächen kann durch entsprechende Abstände und einen regelmäßigen Rückschnitt reduziert werden.
Ob Vermeidungsmaßnahmen durchgeführt werden, steht nicht im Ermessen des Vorhabenträgers. Vielmehr ist die naturschutzrechtliche Vermeidungspflicht „striktes Recht“. Dem sind jedoch auch Grenzen gesetzt: So dürfen Vermeidungsmaßnahmen nicht dazu führen, dass das Vorhaben am vorgesehenen Standort nicht durchführbar oder unwirtschaftlich wird. Vielmehr müssen Vermeidungsmaßnahmen „verhältnismäßig“ und auch „wirtschaftlich zumutbar“ sein. Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall zu prüfen.
Für die Durchführung einer Eingrünungsmaßnahme spricht es, wenn dadurch Störungswirkungen für Wohngebiete oder Naherholungsflächen bzw. Flächen oder Strukturen für die ruhige landschaftsbezogene Erholung vermieden werden und städtebauliche Belange damit nicht beeinträchtigt werden. Außerdem kann die Eingrünung auch eine Aufwertungsleistung für Natur und Landschaft darstellen, die auf die Ausgleichsverpflichtungen für das Vorhaben anzurechnen sind.
Gegen eine Verpflichtung zur Eingrünung kann sprechen, wenn die Wirksamkeit der Eingrünung durch die Hanglage begrenzt ist. In diesem Fall steht der Nutzen der Maßnahmen in besonderem Missverhältnis zu den möglichen wirtschaftlichen Einbußen durch Verschattung.
Planungs- und baurechtliche Grundlagen für die Errichtung von PV-FFA unter Berücksichtigung von Umweltbelangen
PV-Freiflächenanlagen gehören – anders als z. B. Windenergie- und Wasserkraftanlagen – nicht zu den privilegierten Anlagen im Außenbereich. Gleichwohl sind PV-Freiflächenanlagen als „sonstige Anlagen" im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB im Außenbereich zulässig, wenn auch unter strengeren Genehmigungsvoraussetzungen. Die Errichtung steht unter dem Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs. Dies bedeutet eine sorgfältige Einbindung der Anlage in die Landschaft, ggf. die Bündelung mit bereits bestehenden Vorbelastungen sowie eine möglichst geringe Neuinanspruchnahme und Versiegelung von Flächen.
Das Baurecht für eine PV-FFA wird durch die Aufstellung eines verbindlichen Bebauungsplans oder eines sogenannten „Vorhabenbezogenen Bau- und Erschließungsplans“ (Rechtsgrundlage: Baugesetzbuch) geschaffen.
Im Zuge der Planaufstellung ist ein Umweltbericht zu erstellen, in dem auch die fachlich erforderlichen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen (Art und Umfang der Maßnahmen) in der Regel durch einen Gutachter ermittelt werden. Die Untere Naturschutzbehörde wird bei der Aufstellung des Plans beteiligt und erstellt eine Stellungnahme auf der Grundlage des Umweltberichts. Die Entscheidung, welche Maßnahmen durch Festlegungen im Bebauungsplan für den Investor verbindlich werden, trifft die zuständige Kommune. Die Kommunen haben dabei einen Abwägungsspielraum. Die Ausgleichsverpflichtungen sollten nach Möglichkeit auf der Fläche erbracht werden, auf der das Vorhaben realisiert wird. Falls der Ausgleichsflächenbedarf die auf dem Standort verfügbaren Flächen übersteigt, kann der Ausgleich auch auf einer anderen Fläche im Gemeindegebiet erbracht werden. Zur planungsrechtlichen Absicherung des Ausgleichs wäre dann für die Ausgleichsfläche ebenfalls ein Bebauungsplan aufzustellen.
Um Klimaschutz und Natur- und Landschaftsschutz auf einer Fläche miteinander vereinbaren zu können, sollte der Kommune daran gelegen sein, die Aufwertungspotenziale einer PV-FFA-Fläche auszuschöpfen. Empfehlungen und Hinweise dazu finden sich zum Beispiel im bayerischen Praxis-Leitfaden für die ökologische Gestaltung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (LfU Bayern 2014). Hinweise auf weitere Literatur finden sich im Literaturverzeichnis.
Quellen
Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Solar-Initiativen (2010): Leitfaden zur Zulassung von Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen (2003, 2010). Anregungen für Gemeinden.
ARGE Monitoring PV-Anlagen (2007): Leitfaden zur Berücksichtigung von Umweltbelangen bei der Planung von PV-Freiflächenanlagen.
Bayerische Staatsregierung (2013): Bayerische Kompensationsverordnung - BayKompV. Verordnung der Bayerischen Staatsregierung über die naturschutzrechtliche Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft.
Herden, Ch., Gharadjedaghi, B., Rassmus, J. (2009): Naturschutzfachliche Bewertungsmethoden von Freilandphotovoltaikanlagen. FuE-Bericht, BfN-Skripten 247.
LfU Bayern – Bayerisches Landesamt für Umwelt (2014): Praxis-Leitfaden für die ökologische Gestaltung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen.
NABU – Naturschutzbund Deutschland (2010): Kriterien für naturverträgliche Photovoltaik-Freiflächenanlagen.
Naturschutzverbände Baden-Württemberg (2017): Vorschläge für Planungshinweise zur guten fachlichen Praxis beim Bau von Solarfreiflächenanlagen in benachteiligten Gebieten. Positionspapier von Bodensee-Stiftung, BUND, LNV und NABU BW.
Peschel, T. (2010): Solarparks – Chancen für die Biodiversität. Renews-Spezial Ausgabe 45/2010.