Fragen & Antworten

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Sie fragen – wir antworten

Das KNE erreichen zahlreiche Anfragen aus der ganzen Bandbreite der Themen der naturverträglichen Energiewende. Wir bearbeiten alle Fragen gewissenhaft und ausführlich, informieren über den aktuellsten Wissensstand und ordnen diesen ein. Wir bieten Hintergrundinformationen und empfehlen weiterführende Literatur.

11.06.2024 | Kollisionsgefährdung von Uhu, Rohrweihe und Wiesenweihe | 365

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Ist es aus fachlicher Sicht zutreffend, dass bei Brutplätzen der Rohrweihe im Nahbereich von Windenergieanlagen bei Rotorunterkanten niedriger als 30, 50 bzw. 80 Metern – wie im zentralen Prüfbereich – kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko anzunehmen ist? Oder trifft dies auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse nicht vielmehr auf den Uhu zu und müsste nicht daher der Uhu anstelle der Rohrweihe in der Fußnote in Anlage 1 Abschnitt 1 zu § 45b BNatSchG aufgeführt sein?

! Kurzantwort

Studien zu Flugverhalten und Flughöhen des Uhus, der Rohrweihe und der Wiesenweihe geben Hinweise darauf, dass das Gesetz hier einen redaktionellen Fehler enthält. Bei Rohr- und Wiesenweihe wurden zumindest gewisse Anteile der Flugzeit in Höhen des Rotorbereichs festgestellt. Zudem liegen Informationen darüber vor, dass größere Flughöhen insbesondere in Brutplatznähe erreicht werden. Uhus überschreiten die in Fußnote 1 in Anlage 1 Abschnitt 1 zu § 45b BNatSchG genannten Flughöhen in der Regel weder im Nahbereich noch im zentralen Prüfbereich. Daher sollte der Uhu anstelle der Rohrweihe in der Fußnote aufgeführt sein. Folglich wäre beim Uhu sowohl im zentralen Prüfbereich als auch im Nahbereich bei Unterschreitung der angegebenen Rotorunterkanten keine Signifikanz anzunehmen. Für beide Weihenarten würde gelten, dass bei Brutplätzen im Abstand des Nahbereichs unabhängig von der Rotorunterkante stets ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko anzunehmen ist.

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25.04.2024 | Regelung zu künstlichen Nisthilfen | 356

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Welche Regelungen gelten für das Anbringen von künstlichen Nisthilfen gemäß § 45b Absatz 7 Bundesnaturschutzgesetz und welche Auswirkungen haben diese Regelungen auf die Praxis?

! Kurzantwort

Nisthilfen sind eine häufig eingesetzte behördliche oder ehrenamtliche Maßnahme zum Schutz und zur Förderung bestimmter Vogel- und Fledermausarten. Mit dem 2022 eingeführten § 45b Abs. 7 BNatSchG wurde das Anbringen neuer Nisthilfen in ausgewiesenen Windenergiegebieten und im Umkreis von 1.500 Metern um Windenergieanlagen verboten. Damit soll vermieden werden, dass sich bestehende artenschutzrechtliche Konflikte verschärfen oder neue Konflikte hinzutreten können. Das Verbot gilt für jedermann, weshalb Nisthilfen innerhalb des Verbotsbereichs weder als FCS-Maßnahmen im Vorhabenkontext noch im ehrenamtlichen Naturschutz eingesetzt werden dürfen. Das Verbot kann sich zudem auf Schutzgebiete einschränkend auswirken, wenn sich der Verbotsbereich mit einem Schutzgebiet überschneidet und in diesem Bereich neue Nisthilfen nicht mehr als Maßnahmen im Rahmen des Schutzgebietsmanagements genutzt werden können. Der Einsatz als CEF-Maßnahme dürfte nach erster Rechtsprechung von dem Verbot ausgenommen sein, wobei eine höchstrichterliche Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht noch abzuwarten ist.

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16.04.2024 | WEA und PV-FFA in FFH-Gebieten und Vogelschutzgebieten | 358

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Wie viele Windenergieanlagen und wie viele PV-Freiflächenanlagen stehen in Deutschland in FFH-Gebieten und in Europäischen Vogelschutzgebieten und wie ist die Verteilung auf die Bundesländer?

! Kurzantwort

Windenergieanlagen (WEA) und PV-Freiflächenanlagen (PV-FFA) stehen nur in einem vergleichsweise geringen Umfang in FFH- und Vogelschutzgebieten. 2020 lagen bundesweit 90 WEA-Standorte in FFH-Gebieten und 471 Standorte innerhalb von Vogelschutzgebieten, die meisten davon in Hessen.  PV-FFA lagen bundesweit mit einem Anteil von 56 Hektar innerhalb von FFH-Gebieten und 471 Hektar innerhalb von Vogelschutzgebieten, mit Schwerpunkten in Brandenburg und Bayern. Eine Aufsummierung der errichteten Anlagenzahlen (WEA) bzw. Flächen (PV-FFA) ist nicht möglich, da sich die Schutzgebietskategorien teilweise räumlich überlagern. Grundsätzlich ist es möglich, dass die genannten Anlagen mit entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen in bestehende Schutzgebiete hinein geplant wurden, aber auch, dass es erst nach Bau der Anlagen zu den Schutzgebietsausweisungen kam.

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26.03.2024 | Ausgleichszahlungen nach WindBG und BNatSchG | 357

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Unter welchen Voraussetzungen kann der Vorhabenträger bei der Genehmigung von Windenergieanlagen die Leistung jährlicher Ausgleichszahlungen in das nationale Artenhilfsprogramm vermeiden oder verringern und stattdessen Schutzmaßnahmen umsetzen?

! Kurzantwort

Die Beantwortung der Frage hängt davon ab, in welchem Zulassungsverfahren die Windenergieanlagen genehmigt werden. Werden die Anlagen nach § 6 WindBG genehmigt, kann der Vorhabenträger die jährlichen Zahlungen in das Artenshilfsprogramm verringern, indem er Abschaltmaßnahmen für Vögel oder Minderungsmaßnahmen mit Investitionskosten in Höhe von mindestens 17.000 Euro je Megawatt Anlagenleistung umsetzt. Gänzlich vermeiden kann er die Zahlungen, wenn er durch die umzusetzenden Maßnahmen sicherstellt, dass sämtliche artenschutzrechtliche Zugriffsverbote eingehalten werden. Hierfür kann der Vorhabenträger auch verlangen, dass die Behörde unzumutbare Maßnahmen anordnet. Werden die Anlagen nicht nach § 6 WindBG genehmigt, kann die Zahlungspflicht nur entstehen, wenn eine artenschutzrechtliche Ausnahme beantragt wird. Die Höhe der Zahlungen kann der Vorhabenträger durch die Umsetzung von Schutzmaßnahmen verringern oder auch gänzlich vermeiden, indem er selbst populationsstützende Maßnahmen umsetzt.

 

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28.02.2024 | Zumutbarkeit von Ertragsverlusten durch WEA-Abschaltungen in der Betriebsphase | 355

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In § 45b und in Anlage 2 BNatSchG sind Prozentwerte für zumutbare Ertragsverluste festgelegt, die durch Abschaltungen von Windenergieanlagen entstehen, zum Beispiel wenn ein Antikollisionssystem als Schutzmaßnahme für Vögel eingesetzt wird. Welche Funktion haben diese Werte, und lässt sich daraus – im Sinne einer Deckelung – die Möglichkeit ableiten, abschaltungsbezogene Schutzmaßnahmen in der Betriebsphase unterjährig außer Kraft zu setzen? Und was gilt diesbezüglich bei Genehmigungen in Windenergiegebieten und damit im Anwendungsbereich von § 6 WindBG?

! Kurzantwort

Die Prozentwerte für die zumutbaren Ertragsverluste in § 45b und in Anlage 2 BNatSchG dienen der pauschalen Ermittlung der Zumutbarkeit bzw. Verhältnismäßigkeit der Schutz- bzw. Minderungsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Genehmigung einer Windenergieanlage und nicht der fortlaufenden Ermittlung von realen Ertragsverlusten in der Betriebshase. Sie sind nicht als „Deckel“ des Maßnahmenumfangs im Betrieb zu verstehen. Entsprechend berechtigen die Prozentwerte den Betreiber nicht, Antikollisionssysteme oder andere Abschaltmaßnahmen unterjährig zeitlich einzuschränken oder auszusetzen.

 

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20.02.2024 | Klimaschutzfunktion von Wäldern im Vergleich zur CO2-Vermeidung durch Windenergieanlagen | 325

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Wie groß ist die Klimaschutzfunktion des Waldes und in welchem Umfang wird der Wald durch die Windenergie in Anspruch genommen? Ist die Kohlenstoffbindungskapazität des Waldes nicht viel höher als die durch den Betrieb von Windenergieanlagen vermiedene CO2-Menge?

! Kurzantwort

Der Wald hat eine bedeutsame Klimaschutzfunktion. In Deutschlands Wäldern sind insgesamt rund 2,6 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert, was umgerechnet durchschnittlich 644 Tonnen CO2 pro Hektar Wald entspricht. Durch Biomassezuwachs werden jährlich 4,6 Tonnen CO2 pro Hektar zusätzlich gespeichert. Hinzu kommen 2,7 Tonnen CO2pro Hektar und Jahr durch die Nutzung für langlebige Holzprodukte.

Für Windenergieanlagen (WEA) im Wald wird durchschnittlich rund ein Hektar temporär bzw. dauerhaft in Anspruch genommen. Diese Fläche wird größtenteils wieder aufgeforstet und somit die CO2-Speicherkapazität wieder hergestellt. Die jährliche CO2-Vermeidungsleistung einer WEA beträgt durchschnittlich 2.700 Tonnen – ein Vielfaches der Speicherleistung der in Anspruch genommenen Waldfläche. Mit dem Argument, die Windenergienutzung im Wald würde die Klimaschutzfunktion beeinträchtigen, kann man sie nicht generell ausschließen. Gleichwohl müssen Eingriffe minimiert werden, da Waldökosysteme wichtige Lebensräume sind und Regulationsfunktionen übernehmen.

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14.02.2024 | Errichtung einer Photovoltaik-Freiflächenanlage auf Kompensationsflächen | 350

? Frage

Ist es möglich, auf einer Kompensationsfläche, die dem Ausgleich oder Ersatz eines naturschutzrechtlichen Eingriffs dient, eine Photovoltaik-Freiflächenanlage (PV-FFA) zu errichten?

! Kurzantwort

Kompensationsflächen haben den Zweck, Eingriffe in die Funktionen des Naturhaushalts und das Landschaftsbild in gleichartiger und gleichwertiger Weise wiederherzustellen. Die Wiederherstellung ist für die Dauer des Eingriffs aufrechtzuerhalten. Dafür muss der Verursacher des Eingriffs sorgen. Wenn eine Photovoltaik-Freiflächenanlage (PV-FFA) auf einer Kompensationsfläche gebaut wird, besteht die Gefahr, dass die ökologische Aufwertung der Fläche nicht entsprechend den Festlegungen in der Genehmigung erfolgt. Der Bau und Betrieb einer PV-FFA ist mit bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen auf die Natur und das Landschaftsbild verbunden. Die Versieglung von Teilfläche, die Überstellung – verbunden mit Verschattung oder eine veränderte Niederschlagsverhältnisse können dazu führen, dass die ökologische Aufwertung der Fläche hinter den festgelegten Kompensationszielen zurückbleibt. Darüber hinaus stellt die PV-FFA selbst einen Eingriff dar, der wiederum Kompensationspflichten – an anderer Stelle – nach sich zieht.

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24.01.2024 | Auswirkungen von Solarparks auf Fledermäuse | 354

? Frage

Wie ist der Wissensstand zu möglichen Auswirkungen von Solarparks auf die Fledermausaktivität und welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus ziehen?

! Kurzantwort

Die Qualität der Jagdhabitate von Fledermäusen kann durch Solarparks beeinträchtigt werden. Zu diesem Schluss kommen drei Studien aus England, Ungarn und Frankreich, die eine geringere (Jagd-) Rufaktivität und ein verändertes Flug- sowie Jagdverhalten in den Anlagen ermittelten.

In England wurde in 19 Solarparks und deren Randbereichen die Fledermausaktivität anhand aufgezeichneter Rufsequenzen quantifiziert. Einige der untersuchten Arten bzw. Artengruppen zeigten eine geringere Rufaktivität in den Anlagenstandorten. In Ungarn wurden akustische Aufnahmen in 15 Solarparks und umliegenden Standorten gemacht. Aus den Ergebnissen wurde abgeleitet, dass sie suboptimale Lebensräume darstellen. In Frankreich wurde das Flug- und Jagdverhalten räumlich und akustisch untersucht: Fledermäuse überflogen die Anlagen schneller, geradliniger und die Wahrscheinlichkeit von Jagdrufen war geringer. Die Autoren schlussfolgern eine verminderte Jagdhabitatqualität. Der Forschungsbedarf ist weiterhin groß.

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18.12.2023 | Länderspezifische Regelungen für Parkplatz-Photovoltaik | 353

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Was ist Parkplatz-Photovoltaik, welche Potenziale bietet sie und welche Regelungen gibt es dazu in den Bundesländern?

! Kurzantwort

Als Parkplatz-Photovoltaik (Parkplatz-PV) werden Photovoltaikanlagen bezeichnet, die auf Parkplatzflächen installiert sind. Sie gehören nach EEG 2023 zu den besonderen Solaranlagen und sind damit vergütungsfähig. Das Ausbaupotenzial in Deutschland wird auf ungefähr 59 Gigawatt geschätzt, von denen bis Ende 2023 nur rund drei Megawatt genutzt wurden. Parkplatz-PV gilt als naturverträglich, weil keine zusätzlichen Flächen im Außenbereich in Anspruch genommen werden. Aktuell gibt es in fünf Bundesländern Pflichten zur Errichtung von Parkplatz-PV. Die Regelungen zielen auf die Nutzung großer und vor allem neu gebauter Parkplätze ab und lassen zahlreiche Ausnahmen zu. Das KNE begrüßt die zusätzlich geplante Neuregelung im EEG 2024, Parkplatz-PV anzureizen und in den Ausschreibungen zu bevorzugen. Die Planung der Anlagen sollte mit Hinweisen und Handlungsleitfäden zur Umsetzung der Bauleitplanung unterstützt werden, um Siedlungsentwicklung, die Entwicklung von Grünflächen und Photovoltaiknutzung möglichst frühzeitig aufeinander abzustimmen.

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06.11.2023 | Anwendung der durchschnittlichen Windgeschwindigkeit eines Windparks sowie zusätzlicher Umweltparameter zur Steuerung von Fledermausabschaltungen | 352

? Frage

Inwiefern ist es möglich, bei Abschaltungen von Windenergieanlagen zum Fledermausschutz innerhalb eines Windparks auf durchschnittliche Windgeschwindigkeiten zurückzugreifen, die aus den Einzelwerten der Anlagen im Windpark gebildet werden? Und was ist bei der Einbeziehung weiterer Umweltparameter (Niederschlag, Luftfeuchtigkeit, Helligkeit) bei der Steuerung von Abschaltungen zu berücksichtigen?

! Kurzantwort

Die Nutzung von Durchschnitts-Windgeschwindigkeiten, die aus Einzelwerten mehrerer Anlagen eines Windparks gebildet werden, kann dazu führen, dass das vorgegebene Schutzniveau an einzelnen Anlagen des Windparks nicht mehr eingehalten wird, weshalb wir derzeit empfehlen, diese nicht zur Steuerung von Abschaltungen zum Fledermausschutz zugrunde zu legen. Der Niederschlag kann als ergänzender Parameter berücksichtigt werden, sofern entsprechende Grenzwerte angelegt werden bzw. die eingesetzten Sensoren verlässliche Messwerte liefern. Die Luftfeuchtigkeit sollte erst als zusätzlicher Steuerungs-Parameter herangezogen werden, wenn weitere Studien zur Korrelation von Fledermausaktivität und Luftfeuchtigkeit durchgeführt bzw. nachvollziehbar publiziert wurden. Gleiches gilt für die Helligkeit.

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