Fragen & Antworten

© stockpics - stock.adobe.com

Sie fragen – wir antworten

Das KNE erreichen zahlreiche Anfragen aus der ganzen Bandbreite der Themen der naturverträglichen Energiewende. Wir bearbeiten alle Fragen gewissenhaft und ausführlich, informieren über den aktuellsten Wissensstand und ordnen diesen ein. Wir bieten Hintergrundinformationen und empfehlen weiterführende Literatur.

[369] Zeiträume phänologischer Abschaltungen von Windenergieanlagen für kollisionsgefährdete Brutvogelarten

? Frage

Aufgrund der Zumutbarkeitsgrenzen im Bundesnaturschutzgesetz 2022 sind die Zeiträume für Abschaltungen für Vögel begrenzt. Sie decken nicht mehr die gesamte Brut- und Fortpflanzungszeit ab. Welche Phasen gelten als besonders sensibel und gibt es fachliche Vorgaben und weitere Grundlagen für die Wahl artspezifischer Abschaltzeiträume?

! Kurzantwort

Aufgrund der starken Brutplatzbindung und zugleich einer hohen Flugaktivität in Brutplatznähe gelten die Phasen der Jungenaufzucht und die Zeit um das Ausfliegen der Jungvögel als besonders sensibel. Phänologische Abschaltungen haben daher in diesen Zeiträumen die höchste Minderungswirkung des Kollisionsrisikos.

Die Länderleitfäden beinhalten zwar mehrheitlich übergreifende Hinweise zu phänologischen Abschaltzeiten, machen jedoch bislang nur vereinzelt Vorgaben dazu, in welchen Brutzeitphasen diese vor dem Hintergrund der gesetzlichen Beschränkung idealerweise umgesetzt werden sollen. Beispiele hierfür sind Brandenburg und Nordrhein-Westfalen, die auf die Aufzuchtzeit der Jungen bzw. auf die Zeit um den Ausflug der Jungvögel fokussieren.

Das KNE hat aus Fachquellen für die besonders relevanten Arten eine Übersicht erstellt, aus der Zeitfenster einzelner Brutzeitphasen ersichtlich sind [im Anhang der PDF-Version]. Die Übersicht kann bei der Festlegung und Priorisierung von Abschaltzeiten Orientierung bieten, bis eine entsprechende Bundesempfehlung vorliegt bzw. bis weitere Länder entsprechende Zeitfenster definiert haben, in denen phänologische Abschaltungen liegen sollten, um eine größtmögliche Schutzwirkung zu entfalten.

Ausführliche Antwort

[361] Abschaltung von Windenergieanlagen in den Trudelbetrieb

? Frage

Zur Senkung des Kollisionsrisikos für Vögel und Fledermäuse an Windenergieanlagen (WEA) sieht das Bundesnaturschutzgesetz unterschiedliche Formen der Abschaltung als fachlich geeignete Schutzmaßnahmen vor. Abschaltung bedeutet jeweils, dass der Rotor in den sogenannten „Trudelbetrieb“ versetzt wird. Wie ist dieser eigentlich definiert und mit welcher Rotordrehzahl ist dabei zu rechnen? Wie schnell kann dies erreicht werden und welche Rolle spielt das im Kontext der Anwendung von Antikollisionssystemen als Schutzmaßnahme?

! Kurzantwort

Bei einer Abschaltung (synonym auch Abregelung) wird die Windenergieanlage in den Trudelbetrieb versetzt. Dies geschieht, indem die Rotorblätter „aus dem Wind gedreht“ werden („Pitchen“). Im Trudelbetrieb ist die WEA immissionsschutzrechtlich gesehen nicht „in Betrieb“. Vom Trudelbetrieb kann somit kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko ausgehen. Aus rechtlicher Sicht gilt dies unabhängig von der Drehgeschwindigkeit des Rotors. Ein Stillstand des Rotors ist nicht gefordert.

Bei der bedarfsgerechten Abschaltung mit Antikollisionssystemen (AKS) kommt es für die Vermeidungswirksamkeit auf eine rechtzeitige Verringerung der Rotordrehzahl an. Damit diese Anforderung erfüllt werden kann, wird eine Mindest-Reaktionsdistanz festgelegt, bei deren Unterschreitung abzuschalten ist. Um diese zu bemessen, müssen Annahmen für die Rotordrehzahl und die Zeit bis zum Erreichen des Trudelmodus (Trudelzeit) getroffen werden. Im Mittel wird hierfür eine Rotordrehzahl von zwei Umdrehungen pro Minute und eine Zeitspanne von 30 Sekunden angenommen.

Ausführliche Antwort

[362] Begrünung von PV-Freiflächenanlagen mit Regiosaatgut

? Frage

Nach den Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes muss für die Begrünung von Solarparkflächen oder die Anlage von neuen Gehölzstrukturen gebietseigenes Saat- und Pflanzgut (Regiosaatgut) verwendet werden. Warum ist dies verpflichtend und wie kann die Verfügbarkeit von Regiosaatgut sichergestellt werden?

! Kurzantwort

Nach § 40 BNatSchG dürfen seit dem 3. März 2020 in der freien Natur nur noch gebietseigene Pflanzen ausgebracht werden. Das Saat- und Pflanzgut wird von Pflanzen gewonnen, die bereits über einen langen Zeitraum in einem Gebiet vorkommen. Zur „freien Natur“ zählen neben unberührter Natur oder Schutzgebieten auch „sonstige Flächen“, wie Solarparks.

Durch die gesetzliche Pflicht ist die Nachfrage nach gebietseigenem Saatgut stark gestiegen. Auch der Ausbau der Solarenergie trägt hierzu bei, wenn aufgrund der Änderungen im EEG zukünftig mehr Solarparks entstehen werden. Da die Produktion des Regiosaatgutes aufwändig und die Zahl der Anbieter begrenzt ist, können Beschaffungsengpässe nicht ausgeschlossen werden. Sie können vermieden werden, indem der Zeitpunkt der Begrünung verschoben wird, auf einzelne Arten einer Mischung verzichtet oder auf subregionales Saatgut ausgewichen wird. Wichtig ist, dass Projektierer frühzeitig die Verfügbarkeit für ihre geplanten Maßnahmen sicherstellen.

Ausführliche Antwort

[367] Blend- und Reflektionswirkung von Solarparks auf fliegende Vögel

? Frage

Inwieweit können Solarparks überfliegende Vögel blenden oder ablenken? Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um dies zu reduzieren?

! Kurzantwort

In wissenschaftlichen Publikationen und Gutachten werden aktuell keine negativen Auswirkungen reflektierender Solarmodule auf überfliegende Vögel in Deutschland beschrieben. Untersuchungen von Greifvögeln beim Überflug von Solarparks zeigen kein Meideverhalten aufgrund von Lichtreflexionen. Vielmehr nutzen sie Solarparks als Jagdhabitat, wenn die Anlagen entsprechende Freiflächen, weite Reihenabstände und ausreichend Nahrung bieten. Für Rast- und Gastvögel gibt es in der Literatur keine Hinweise auf Verhaltensänderungen durch Lichtreflexe.

Lichtreflexionen können durch eine Antireflexbeschichtung der Solarzellenoberfläche oder durch strukturierte Oberflächen minimiert werden. Diese Beschichtung wird weniger wegen der Auswirkungen auf die Fauna empfohlen, als vielmehr um die Blendwirkung für Anwohnende und Erholungssuchende zu reduzieren. Die Antireflexbeschichtung steigert darüber hinaus die Stromerzeugung der Solarzellen, ein Effekt, der vor dem Hintergrund der Flächeneffizienz vorteilhaft ist.

Ausführliche Antwort

[360] Umgang mit Vogelansammlungen in artenschutzrechtlichen Prüfungen nach § 45b BNatSchG sowie nach § 6 WindBG

? Frage

Wie ist mit Ansammlungen von Vögeln in der Artenschutzprüfung nach § 45b BNatSchG und in der modifizierten Artenschutzprüfung nach § 6 WindBG umzugehen?

! Kurzantwort

Für Vorhaben zur Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen im Anwendungsbereich des § 45b BNatSchG sind artenschutzrechtliche Konflikte der Anlage mit Ansammlungen von Vögeln nach den bestehenden Regelungen der Länder sowie nach den etablierten fachwissenschaftlichen Standards zu prüfen. Für Vorhaben, für die § 6 WindBG anwendbar ist, dürfte nur die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zum Schutz von Vögeln in Ansammlungen in Anlehnung an den Maßstab des § 45b Abs. 6 BNatSchG zu prüfen sein. Im Übrigen dürften artenschutzrechtliche Konflikte der Anlage mit Ansammlungen von Vögeln auch in Verfahren im Anwendungsbereich des § 6 WindBG nach den bestehenden Regelungen der Länder sowie nach den etablierten fachwissenschaftlichen Standards zu prüfen sein.

Ausführliche Antwort

[366] Solarparks in Überschwemmungsgebieten

? Frage

Sind Solarparks in gesetzlich festgelegten Überschwemmungsgebieten zulässig und sind Errichtung und Betrieb mit dem Hochwasserrisikomanagement vereinbar?

! Kurzantwort

Die Errichtung von baulichen Anlagen ist gemäß Wasserhaushaltsgesetz (WHG) in Überschwemmungsgebieten nicht zulässig. Ausnahmen von dieser Regelung sind nur unter strengen Auflagen möglich. Die immer häufiger auftretenden verheerenden Hochwasser in Deutschland mit Todesopfern, großem Leid für die Betroffenen und enormen wirtschaftlichen Schäden zeigen, dass Maßnahmen zum Hochwasserschutz dringend ausgeweitet werden müssen. Entsprechend dem länderübergreifenden Raumordnungsplan für den Hochwasserschutz (BRPH) soll dies vorrangig durch den Wasserrückhalt in der Fläche erreicht werden. Die Freihaltung der Überschwemmungsgebiete von Bebauung ist daher weiterhin geboten.

Ausführliche Antwort

[364] Funktion und Einsatz von Laser Rangefindern

? Frage

Welche Informationen liegen zur Funktionsweise und zum Einsatz von Laser Rangefindern (LRF) bei der Vogelerfassung vor? Gibt es Erfahrungswerte/Studien?

! Kurzantwort

Laser Rangefinder (LRF) werden als Entfernungs- und Positionsbestimmungsgeräte eingesetzt, um die Position von Vögeln im Luftraum und/oder deren Flugbahn zu ermitteln. Neben der Besenderung und telemetrischen Erfassung sowie der kameragestützten Erfassung von Flugbewegungen bieten LRF) eine vergleichsweise niedrigschwellige Möglichkeit, Flugbewegungsdaten zu ermitteln. Die Kosten für eine solches System liegen nach Auskunft von Gutachterbüros bei ca. 15.000 Euro. Die Bedienung ist einfach zu erlernen.

Für die Erprobung von AKS in Feldstudien sind LRF der Regelfall. Sie sind das praktikabelste Referenzsystem und liefern hinreichend genaue Referenzdaten zum Abgleich der Positionen und Flugwege. LRF können die Position eines Vogels dreidimensional erfassen und dokumentieren (Zeitstempel, GPS-Position). Ein leistungsfähiges Gerät, wie es bei Erprobungen eingesetzt wurde, ist einer Experteneinschätzung hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Genauigkeit deutlich überlegen. Es kommt entsprechend der Anforderungen an die Überprüfung der Detektionsleistung von AKS bei deren Erprobung regelmäßig zum Einsatz.

Ausführliche Antwort

[365] Kollisionsgefährdung von Uhu Rohrweihe Wiesenweihe

? Frage

Ist es aus fachlicher Sicht korrekt, dass bei Brutplätzen der Rohrweihe im Nahbereich von Windenergieanlagen auch bei höheren Rotorunterkanten als 30, 50 bzw. 80 Metern kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko anzunehmen ist? Oder trifft dies auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse nicht vielmehr auf den Uhu zu und müsste nicht daher der Uhu anstelle der Rohrweihe in der Fußnote in Anlage 1 Abschnitt 1 zu § 45b BNatSchG aufgeführt sein?

! Kurzantwort

Studien zu Flugverhalten und Flughöhen des Uhus, der Rohrweihe und der Wiesenweihe geben Hinweise darauf, dass das Gesetz hier einen redaktionellen Fehler enthält. Bei Rohr- und Wiesenweihe wurden zumindest gewisse Anteile der Flugzeit in Höhen des Rotorbereichs festgestellt. Zudem liegen Informationen darüber vor, dass größere Flughöhen insbesondere in Brutplatznähe erreicht werden. Uhus überschreiten die in Fußnote 1 in Anlage 1 Abschnitt 1 zu § 45b BNatSchG genannten Flughöhen in der Regel weder im Nahbereich noch im zentralen Prüfbereich. Daher sollte der Uhu anstelle der Rohrweihe in der Fußnote aufgeführt sein. Folglich würde für den Uhu gelten, dass bei Brutplätzen im Abstand des Nahbereichs auch bei höheren Rotorunterkanten als 30, 50 bzw. 80 Metern kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko anzunehmen ist

Ausführliche Antwort

[358] WEA und PV-FFA in FFH-Gebieten und Vogelschutzgebieten

? Frage

Wie viele Windenergieanlagen und wie viele PV-Freiflächenanlagen stehen in Deutschland in FFH-Gebieten und in Europäischen Vogelschutzgebieten und wie ist die Verteilung auf die Bundesländer?

! Kurzantwort

Windenergieanlagen (WEA) und PV-Freiflächenanlagen (PV-FFA) stehen nur in einem vergleichsweise geringen Umfang in FFH- und Vogelschutzgebieten. 2020 lagen bundesweit 90 WEA-Standorte in FFH-Gebieten und 471 Standorte innerhalb von Vogelschutzgebieten, die meisten davon in Hessen.  PV-FFA lagen bundesweit mit einem Anteil von 56 Hektar innerhalb von FFH-Gebieten und 471 Hektar innerhalb von Vogelschutzgebieten, mit Schwerpunkten in Brandenburg und Bayern. Eine Aufsummierung der errichteten Anlagenzahlen (WEA) bzw. Flächen (PV-FFA) ist nicht möglich, da sich die Schutzgebietskategorien teilweise räumlich überlagern. Grundsätzlich ist es möglich, dass die genannten Anlagen mit entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen in bestehende Schutzgebiete hinein geplant wurden, aber auch, dass es erst nach Bau der Anlagen zu den Schutzgebietsausweisungen kam.

Ausführliche Antwort

[357] Ausgleichszahlungen nach WindBG und BNatSchG

? Frage

Unter welchen Voraussetzungen kann der Vorhabenträger bei der Genehmigung von Windenergieanlagen die Leistung jährlicher Ausgleichszahlungen in das nationale Artenhilfsprogramm vermeiden oder verringern und stattdessen Schutzmaßnahmen umsetzen?

! Kurzantwort

Die Beantwortung der Frage hängt davon ab, in welchem Zulassungsverfahren die Windenergieanlagen genehmigt werden. Werden die Anlagen nach § 6 WindBG genehmigt, kann der Vorhabenträger die jährlichen Zahlungen in das Artenshilfsprogramm verringern, indem er Abschaltmaßnahmen für Vögel oder Minderungsmaßnahmen mit Investitionskosten in Höhe von mindestens 17.000 Euro je Megawatt Anlagenleistung umsetzt. Gänzlich vermeiden kann er die Zahlungen, wenn er durch die umzusetzenden Maßnahmen sicherstellt, dass sämtliche artenschutzrechtliche Zugriffsverbote eingehalten werden. Hierfür kann der Vorhabenträger auch verlangen, dass die Behörde unzumutbare Maßnahmen anordnet. Werden die Anlagen nicht nach § 6 WindBG genehmigt, kann die Zahlungspflicht nur entstehen, wenn eine artenschutzrechtliche Ausnahme beantragt wird. Die Höhe der Zahlungen kann der Vorhabenträger durch die Umsetzung von Schutzmaßnahmen verringern oder auch gänzlich vermeiden, indem er selbst populationsstützende Maßnahmen umsetzt.

 

Ausführliche Antwort