Zur räumlichen Bündelung von Verkehrswegen und PV-FFA aus naturschutzfachlicher Perspektive
Peter et al. (2023): Lebensraumverbund und Wildtierwege – erforderliche Standards bei der Bündelung von Verkehrswegen und Photovoltaik-Freiflächenanlagen
Die räumliche Steuerung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) ist im Zuge des verstärkten und beschleunigten Ausbaus von großer Bedeutung. Die Flächen entlang von bestehenden Infrastrukturen gelten aufgrund ihrer Vorbelastung als konfliktarm und vorrangig nutzbar. Um eine Lenkung auf diese Flächen zu erreichen, wurde in §35 Baugesetzbuch (BauGB) eine Teilprivilegierung und damit ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für PV-FFA im Nahbereich (bis 200 m) zu Autobahnen, mehrgleisigen Schienen und parallel zu Verkehrswegen eingeführt (§35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB). Zudem macht die Vergütung nach §37 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für PV-FFA in bis zu 500 Meter Entfernung zu Autobahnen und mehrgleisigen Schienenwegen die Nutzung dieser Flächen attraktiv (§37 Abs. 1Nr. 2c EEG).
Der Artikel widmet sich der räumlichen Bündelung von Verkehrswegen und PV-FFA aus naturschutzfachlicher Perspektive und wurde in Folge eines Workshops an der internationalen Naturschutzakademie auf der Insel Vilm (INA) erstellt.
Die Autorinnen und Autoren gehen zunächst auf den politischen und rechtlichen Kontext ein und zeigen die Bedeutung der Bündelung von PV-FFA und Verkehrswegen auf. Durch eine Nutzung dieser Flächen für PV-FFA können zusätzliche Landschafts- und Habitat-Zerschneidungen vermieden und ein besserer Biotopverbund geschaffen werden. Des Weiteren werden auch mögliche negative Folgen der Bündelung thematisiert. Hierbei werden beispielsweise die kumulative Wirkung der PV-FFA, eine erhöhte Mortalitätsrate für Wildtiere und fehlende Ruhebereiche für die Tiere nach Querung der Verkehrswege erwähnt. Zudem wird der Begriff der „Bündelung“ genauer erläutert, unterschiedliche Definitionen sowie Beispiele aus der Praxis werden angeführt. Anschließend werden zu beachtende Aspekte im Planungs- und Abwägungsprozess der Bündelung erläutert, wie beispielsweise die Sicherung von Wildtierkorridoren, die Beachtung der Flächen des Biotopverbundes und der übergeordneten Regelungen der Bundesländer. Als Abschluss der Veröffentlichung werden Hinweise zu erforderlichen Standards der Standortwahl und zur Gestaltung der PV-FFA an Verkehrswegen formuliert. Hierbei werden acht Ergebnisse präsentiert. Es wird empfohlen, dass
- obligate Tabuflächen für die Errichtung von PV-FFA entlang von Verkehrswegen freizuhalten sind. Dazu gehören beispielsweise ausgewiesene Flächen des Biotopverbundes und prioritäre Bereiche für Wiedervernetzungsmaßnahmen.
- keine wilddichten Zäune um die PV-FFA errichtet werden.
- eine Barrierewirkung durch eutrophe und/oder dicht und hochwachsende Begrenzungssäume vermieden wird.
- durch die obligate Errichtung von Wildtierkorridoren eine Mindestdurchlässigkeit für Tiere erhalten werden soll.
- Freihalteflächen im Umkreis von Querungshilfen an Verkehrswegen vorgesehen werden.
- Mindestabstände von PV-FFA zu Gewässern, kleineren Querungshilfen und Waldrändern berücksichtigt werden.
- die Ausgestaltung und Pflege der Wildtierkorridore auf den Landschaftsraum und die Ziele des jeweiligen Lebensraumverbunds ausgerichtet sein sollten.
- Beleuchtung zu vermeiden ist, welche auf die Tiere abschreckend, störend oder attrahierend wirken könnte.
Der Artikel gibt einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand des Wissens zum Thema der Einbindung von PV-FFA in den Lebensraumverbund und bietet eine Orientierungshilfe für Genehmigungsbehörden. Durch die erwähnten neuen gesetzlichen Regelungen werden die Flächen entlang von Verkehrswegen immer wichtiger für den Ausbau von PV-FFA. Eine standortangepasste und naturverträgliche Gestaltung dieser Anlagen ist daher entscheidend, um mögliche negative Folgen der Bündelung zu verhindern und die positiven Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen.
Quelle: Peter, F., Reck, H., Trautner, J., Böttcher, M, Strein, M., Herrmann, M., Meinig, H., Nissen, H., Weidler, M. (2023): Lebensraumverbund und Wildtierwege – erforderliche Standards bei der Bündelung von Verkehrswegen und Photovoltaik-Freiflächenanlagen. „Natur und Landschaft“ 98. Jahrgang (2023) – Ausgabe 11, S. 507-515
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(Artikel nicht frei verfügbar)