Berlin, 28. Januar 2020

KNE-Wortmeldung

Windenergie versus biologische Vielfalt? Ein Spannungsfeld am Beispiel Fledermäuse in den Blick genommen

Die Umfrageergebnisse wurden in einem Artikel im Journal for Renewable and Sustainable Energy veröffentlicht. Sie finden sie hier: https://aip.scitation.org/doi/pdf/10.1063/1.5118784?class=pdf.

Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) hat die Ergebnisse einer Umfrage zum Thema Windenergie veröffentlicht. Erfragt wurden Meinungen und Einschätzungen zur Windenergie in der Energiewende und zu möglichen Grün-Grün-Konflikten zwischen Klimaschutz und Biodiversitätsschutz mit dem Fokus auf Fledermäusen. Rund 500 Expertinnen und Experten, die in Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen (WEA) involviert sind, haben sich beteiligt.

1. Einordnung der Umfrage

Die Umfrage ist hinsichtlich der Verteilung der Teilnehmenden auf die Interessensgruppen zwar nicht repräsentativ, trägt aber die Sichtweisen vieler Akteure zusammen, die mit dem Thema Fledermausschutz und Windenergie befasst sind. Und sie zeigt Tendenzen, Stimmungslagen und Diskussions- und Handlungsbedarfe auf.

2. Zusammenfassung der Umfrageergebnisse

Windenergie, Energiewende und Naturschutz

  • Mehrheitlich wird eine naturverträgliche Energiewende befürwortet und die Windenergie als eine Schlüsseltechnologie einer erfolgreichen Energiewende angesehen.
  • Nur eingeschränkte Zustimmung findet die Aussage, dass die Energiewende zum Naturschutz beiträgt.
    • Nur die Teilnehmenden aus der Windbranche sehen hier sehr wohl einen Beitrag.

Windenergie und Biodiversität

  • Eine überwiegende Mehrheit hält die Stromproduktion aus Windenergie nicht für wichtiger als die Erreichung der Biodiversitätsziele, und sie sieht die globale Erwärmung auch nicht als drängenderes Problem an als die Biodiversitätskrise.
    • Die Vertreter der Windenergie haben zu diesen Aspekten zumindest teilweise eine gegensätzliche Auffassung.
  • Über alle Akteursgruppen hinweg gibt es deutliche Zustimmung, dass es mehr Anstrengungen für die Vereinbarkeit von Windenergieausbau und Biodiversitätszielen geben müsse.

Möglicher Beitrag der Windenergie zum Biodiversitätsschutz

  • Fast alle Teilnehmenden (90 Prozent) halten es für akzeptabel, dass zur Erreichung von Biodiversitätszielen die Betreiber von Windenergieanlagen Ertragsverluste (durch Schutzabschaltungen) hinnehmen müssen.
    • Bei der Windbranche findet dies nur wenig Zustimmung.
  • Eine Mehrheit hält zeitliche Verzögerungen beim Ausbau der Windenergie für hinnehmbar, wenn dadurch Biodiversitätszielen besser Rechnung getragen wird.
    • Dies lehnen die Teilnehmenden der Windenergiebranche überwiegend ab.
  • Folgende konkrete Maßnahmen erhalten die meiste Unterstützung, um den Konflikt zwischen Stromproduktion durch Windenergie und Fledermausschutz zu minimieren : „mehr Forschung“ (68 Prozent), „Energie-Einsparungen“ und „kontextabhängige Abschaltungen“ (jeweils 61 Prozent), „mehr Energie aus Photovoltaik und anderen erneuerbaren Quellen“ (53 Prozent). Eine „stärkere Kommunikation zwischen den Akteursgruppen“ und ein „strengeres Rechtsregime“ unterstützen nur jeweils die Hälfte der Befragten.

Möglicher Beitrag der Gesellschaft zum Biodiversitätsschutz

  • Jeweils über die Hälfte der Antwortenden aller Akteursgruppen sieht auch die Gesellschaft in der Verantwortung – zur Finanzierung von Artenschutzmaßnahmen im Zusammenhang mit der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien beizutragen – etwa durch Aufwendung von Steuergeldern.

3. Einordnung der Umfrageergebnisse

Sowohl das Klima als auch die Biodiversität sind von globaler Bedeutung. Die Umfrage sensibilisiert für das Spannungsverhältnis beider Ansprüche an verantwortungsbewusstes politisches und gesellschaftliches Handeln. Die Botschaft der Umfrage ist klar: Schutz des Klimas und der Erhalt der biologischen Vielfalt – hier am Beispiel der Fledermäuse – dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern sollen zusammen gedacht und umgesetzt werden.

Die Umfrage-Ergebnisse spiegeln die aktuellen Einschätzungen und Themen wider, wie sie auch dem KNE in Gesprächen, Veranstaltungen, Beratungen und Diskussionen zum Fledermausschutz und Windenergie vorgetragen werden. Auch in den derzeitigen Arbeitsprozessen zur Aktualisierung von Windenergieerlassen und Artenschutzleitfäden in den Ländern werden diese – zu bestimmten Aspekten unterschiedlichen – Sichtweisen und Haltungen deutlich.

Trotz bestimmter Diskrepanzen und Differenzen wird aber auch deutlich: Alle Akteure sind für den Ausbau der erneuerbaren Energien und für die Erreichung der Biodiversitätsziele. Um die Energiewende naturverträglich zum Erfolg zu führen, braucht es die Zusammenarbeit aller Akteure und es braucht die politische Unterstützung für die Umsetzung konkreter Vorhaben. Das bedeutet: Dialog und Kommunikation auf allen Ebenen sowie möglichst klare fachliche und rechtliche Rahmensetzungen.

Das KNE unterstützt diesen anspruchsvollen Prozess mit seinen Angeboten zur Fachberatung, Konfliktvermeidung und Dialoggestaltung.

Ihr Ansprechpartner im KNE:

Holger Ohlenburg
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