11.10.2024

Von der Idee zur konkreten Umsetzung von naturverträglichen Solarparks

Regionaler Workshop in Baden-Württemberg im Rahmen des FuE-Projektes SuN-divers 

Wie sehen naturverträgliche Solarparks in der Praxis aus? Am 10. Oktober fand in Reutlingen der fünfte regionale Workshop im Rahmen des FuE-Projektes „Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen“ (SuN-divers) statt. Teil des Workshops war auch die Besichtigung eines Solarparks in Münsingen.

Mehr als 30 Teilnehmende aus Regierungspräsidien, Landkreisen, Regionalverbänden, Planungsbüros und Naturschutzverbänden, sowie Projektentwicklerinnen und Projektentwickler und Akteure von verschiedenen, relevanten Netzwerken kamen in der Stadtbibliothek in Reutlingen zusammen. Thema des Workshops und der anschließenden Exkursion war die Frage, wie Solarparks naturverträglich gestaltet werden können und welche Herausforderungen und Chancen bei der Umsetzung auftreten.  

Informationsaustausch und Diskussion 

In Solarparks kann sowohl ein Beitrag zum Klimaschutz, als auch zur Stärkung und Wiederherstellung von rückläufiger Biodiversität geleistet werden. Dies zeigte Elisabeth Wolfram (KNE) in ihrem Einstiegsimpuls auf. Sie führte den aktuellen Faktencheck Biodiversität an, der erstmals umfassend den Zustand der Biodiversität in Deutschland erfasst. Erstellt wurde er von 150 und gibt konkrete Empfehlungen für zukunftsfähiges Handeln. Im Vortrag wurde deutlich, welches Potenzial Solarparks einerseits für die Energieerzeugung und andererseits für die Erhöhung der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft haben können. Zudem wurden Anregungen gegeben, an welchen Punkten in der Bauleitplanung sowie darüber hinaus die Möglichkeit besteht, auf eine naturverträgliche, biodiversitätsfreundliche Ausgestaltung hinzuwirken. Die Teilnehmenden brachten sich mit vielen Beiträgen aus der eigenen Praxis in den von Simone Zeil (KNE) moderierten Austausch ein.

Die Diskussion zeigte, wie wichtig Austausch und Dialog zwischen den Flächeneigentümerinnen und -eigentümern, den Flächenpächterinnen und -pächtern, Gemeinden, Behörden und Projektentwicklerinnen und -entwicklern ist, um im gegenseitigen Verständnis zu konstruktiven Lösungen zu kommen. Hierzu ist Baden-Württemberg mit verschiedenen Netzwerken wie dem Dialogforum Naturschutz und Energiewende, der Plattform Erneuerbare Energie oder dem Solarcluster Baden-Württemberg gut aufgestellt. Die kleinräumige Flächeneigentümerstruktur in Baden-Württemberg führt dazu, dass man ohne Dialog mit der Vielzahl an Eigentümerinnen und Eigentümern kaum mit Energiewendeprojekten vorankommt: kommunikative Herausforderung und Chance zugleich. Es wurde deutlich, dass die stark zunehmenden Flächennutzungskonflikte für alle Akteure eine große Herausforderung sind. Eine vorausschauende Standortwahl ist ein Schlüsselelement für den Erhalt und die Wiederherstellung lokaler Artenvielfalt. 

Exkursion zum Solarpark in Münsingen 

Im zweiten Teil des Workshops führte Jörg Dürr-Pucher (Leiter Projektentwicklung, solarcomplex AG sowie Präsident der Bodensee Stiftung) die Teilnehmenden durch den Solarpark in Münsingen: Ein Ost-West-Solarpark, der mit verschiedenen biodiversitätsfördernden Maßnahmen geplant und umgesetzt wurde.

Auf der Fläche wurde im letzten Jahr der landwirtschaftlichen Nutzung nur noch geringfügig gedüngt. Wegen eines langwierigen Prozesses zur Bereitstellung eines außerhalb des Solarparks liegenden, aber angrenzenden Lerchenfensters wurde bereits vor dem Bau der Module artenreiches Grünlandsaatgut auf der Fläche ausgebracht. Dieses konnte sich in dem Jahr der Verhandlungen zum Lerchenfenster etablieren, so dass bei Beginn des Solarparkbaus eine weitgehend geschlossene Pflanzendecke bestand. Unter den Modulen wird nach dem Bau weiter erprobt, welche Pflanzen oder Insekten sich bei geringen Licht- und Wasserverhältnissen wieder ansiedeln lassen

Bereits vorhandene Hecken sollen erweitert und gepflegt werden. Zudem wurden am Zaun Nistkästen befestigt. Der Betreiber wünscht sich, dass regionale Naturschutzverbände wie bereits in anderen Solarparks noch weitere Biotope auf der Fläche entwickeln und pflegen.

In der Diskussion wurde ebenfalls deutlich, dass ursprünglich gute Ideen auf dem langen Weg in die Umsetzung verloren gehen können. Die Planung der Solarparks erfolge oft in entfernt gelegenen Büros. Gegebenheiten vor Ort wie Relief, Bodenbeschaffenheit, Anfahrtswege etc. würden im Vorhinein nicht immer richtig eingeschätzt, so dass einzelne Maßnahmen oder Vorgaben kurzfristig angepasst werden müssten.

Zudem wurde diskutiert welche Möglichkeiten es gibt, in einem konstruktiven Miteinander zwischen Behörden, Verbänden und Betreibern oder auch durch Fördermaßnahmen Anreize zu schaffen, neue, aber auch bereits bestehende Solarparks fortlaufend mit naturschutzfachlichen Maßnahmen weiterzuentwickeln. 

Noch mehr fachlicher Austausch gewünscht 

In der Abschlussrunde wurde viel positives Feedback zur Vernetzung und zur Besichtigung eines naturverträglichen Solarparks geteilt, auch wenn viele fachliche Fragen offen blieben. Wie und wer kann die Pflege und das Monitoring von naturschutzfachlichen Maßnahmen im Solarpark langfristig leisten? In welchen Foren können naturschutzfachliche Fragestellungen besser zwischen Verwaltung und Praxis miteinander verhandelt werden? Wie können Kommunen unterstützt werden, sich aktiv und gestaltend in eine naturverträgliche Flächenplanung einzubringen? In der Abschlussphase des Projektes SuN-divers wird das KNE diese Fragen aufgreifen und mit der Entwicklung einer Informationsplattform dazu beitragen Wissenslücken zu schließen.  

Vielen Dank an alle Beteiligten für diesen sehr interessanten und aufschlussreichen Workshop. 

Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen 

Das FuE-Projekt „Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen – SuN-divers“ soll dazu beitragen, dass Naturschutzbelange bei der Implementierung von Solarparks auf kommunaler Ebene stärker als bisher Berücksichtigung finden. Um diese Ziele zu erreichen, werden verschiedene Veranstaltungsformate genutzt. Hierzu zählen online durchgeführte Workshops, Werkstattgespräche in kleiner Runde und bundesweite Veranstaltungen für eine große Teilnehmendenzahl sowie die regionalen Workshops vor Ort mit Exkursionen zu guten Beispielen von naturverträglich gestalteten Solarparks. 

Die nächsten regionalen Workshops mit Besichtigungen von Solarparks sind bereits geplant Alle Informationen dazu sind auf der Internetseite zum Projekt „SuN-divers“ zu finden.  

Projektseite: FuE-Vorhaben Solarenergie und Naturschutz 

Das Projekt wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. 

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